säer und Heuchler." Redner kam auch auf die Militärvorlage zu sprechen und empfahl, wie schon öfter, Börsen- und Luxussteuern zur Deckung der Kosten. Eine Wappen- und Titelsteuer wäre ganz besonders empfehlenswert: für einen Edelmann 2000 Mk., einen Freiherrn 4000 Mk. und so steigend bis zu den Fürsten und den „sonstigen Herren" ohne Amt. Für den neuen Adel wäre der zwanztgfache Satz gegenüber dem alten Adel angemessen (Beifall und Heiterkeit.) Diese Vorschläge werde er in den nächsten Wochen im Reichstage machen (Lebhafter Beifall.) In den Zeitungen werde man dann freilich lesen, der früher schon zu sieben Achtel verrückt gewesene Ahlwardt sei jetzt ganz verrückt geworden (Heiterkeit.)
* Der Aufruf zur Bildung eines Wahl- Vereins der Freisinnigen Vereinigung ist nunmehr erschienen und enthält folgende Stellen: Die jüngsten Reichstagswahlen liefern ein so trauriges Bild von der politischen Zersetzung in Deutschland und zeigen eine so bedenkliche Steigerung des Par- tikulartsmus, der Jnteressenpolitik, der antisemitischen Verhetzung, eine solche Verschärfung der Gegensätze zwischen Stadt und Land, zwischen den verschiedenen Berussklassen, zwischen den Arbeitern und der übrigen Bevölkerung, daß eine nachdrückliche Geltendmachung liberaler Grundsätze mehr als je geboten erscheint. . ... An den liberalen Grundsätzen, auf welchen das freisinnige Programm von 1884 beruht, halten wir fest, aber innerhalb des Rahmens der Grundsätze muß dem einzelnen freie Bewegung gestattet sein. Große Parteien können nicht durch Zwang in Fragen, die das Programm nicht berühren, zusammengehalten werden. Das Fraktionswesen der Parlamente darf nicht mechanisch auf politische Wählerschaften übertragen werden. Die Wähler sollen nicht lediglich die Parole von der Zentralleitung empfangen und befolgen, sondern eine selbständige politische Thätigkett entwickeln; ihnen gebührt die Mitstimmung der politischen Gesamtrichtung und eine fortlaufende Einwirkung auf alle wichtigen Angelegenheiten der Partei. Die Aufgaben, welche dem Liberalismus in Deutschland obliegen, sind schwere und verantwortungsvolle. Es gilt, die schwer errungenen freiheitlichen Institutionen zu erhalten, zu befestigen und auszubauen, der rücksichtslosen Jnteressenwirtschaft, das Staatswohl dem Streben nach Privilegien und Sondervorteilen auf Kosten der Gesamtheit die Sorge für die Schwächeren entgegenzusetzen; das bestehende Retchswahlrecht, die Gleichberechtigung der religiösen Bekenntnisse zu verteidigen, die Unabhängigkeit und freie Entwicklung der Schule zu sichern: an der Förderung der wichtigen wirtschaftlichen und sozialen Fragen, welche die heutige Entwickelung in den Vordergrund stellt, mit voller Kraft sich zu bethätigen und damit allen Staatsbürgern wieder Vertrauen zu den Grundlagen unserer staatlichen und gesellschaftlichen Einrichtungen einzuflößen.
* Hamburg, 6 . Juli. Seit gestern abend 8 Uhr wütet inAltona ein großes Feuer. Dasselbe entstand in der Caffeesortteranstalt von Stucken und Andaassen, äscherte den Getreidespeicher von Georg Wohnert ein und dehnte sich bis an die Elbe aus. Die Schiffe wurden rechtzeitig weggeholt. Um Mitternacht hoffte man die Weiterverbreitung hindern zu können. Der Schaden beträgt mehrere Millionen.
* Altona, 6 . Juli. Bis nach Mitternacht gelang es, den Feuerherd zu beschränken. Morgens 6 Uhr rückte die Hamburger Feuerwehr ab. Zwei Altonaer Feuerwehrleute, sind schwer verletzt. Etwa 400 Personen sind beschäftigungslos. Im Innern wird das Feuer noch tagelang fortdauern. Sämtliche Speicher sind Ruinen geworden.
Ausländisches.
* Von den 117 Distanzradfahrern, welche die Tour Wien-Berlin am letzten Donnerstag angetreten haben, sind innerhalb der festgesetzten 50 Stunden nur 37 am Ziele angelangt und zwar 31 Deutsche und 6 Oesterreicher. Der zuerst eingetroffene Radfahrer Josef Fischer aus München ist mit 31 Stunden auch der schnellste geblieben. Am Sonntag veranstalteten die Radfahrer in Berlin einen hübschen Korso, woran sich nachmittags ein Wettfahren in Halmsee schloß. Ein Vergleich ergiebt: der schnellste Retter im Distanzrttt gebrauchte 71 Stunden 40 Min. Ein Schnellzug durcheilt die Strecke in 14Stunden 10 Min.; ein Personenzug in 18—19 Stunden. Der Münchener Radfahrer Fischer gebrauchte genau 31 Std. u. 22 Vs S ek., eine ganz außerordentliche Leistung.
* Aus derSchweiz. Seit einiger Zeit machten sich in der Göschener Voralp Lämmergeier bemerkbar, welche den gegenwärtig auf den Alpen weidenden Schaf- und Ziegenherden häufige Besuche abstatteten. Kürzlich gelang es nun, erzählt das „Luz. Tagbl.", dem kühnen Franz Z'graggen, den Horst dieser schädlichen Gäste am steilen, zerklüfteten und äußerst schwer zu besteigenden Salbitschyn zu entdecken. Im Momente, wo das Weibchen das im Neste befindliche, bereits flügge gewordene Junge füttern wollte, konnte Z'graggen dasselbe mit einem wohlgezielten Schüsse herunterholen. Das Junge, welches durch den Schuß erschreckt, sich an den Rand des Nestes wagte, wurde ebenfalls geschossen, fiel jedoch in das Nest zurück und es wird schwer halten, dasselbe zu bekommen. Die Flügelspannweite des erlegten Geiers beträgt 2,35 r».
* Die Berner Krawalle kamen im Großen Rat von Bern zur Erörterung. Ueber die Vorfälle des 19. Juni erstattete Regierungspräsident Marti dem Großen Rat Bericht mit dem Antrag: der Große Rat wolle die von der Regierung zur Aufrechterhaltung der Ruhe und Ordnunh getroffenen Maßregeln, insbesondere das militärische Aufgebot genehmigen und die nötigen Kredite bewilligen, ferner Vollmacht erteilen, alle weiteren Vorkehrungen zu treffen, die für die Aufrechterhaltung der Ruhe und Ordnung für nötig erachtet werden. Nach längerer Diskussion wurde der Antrag der Regierung einstimmig angenommen.
' Aufsehen erregt in Italien die Verfügung des Kriegsministers, daß vom 1. Juli ab aus Sparsamkeitsrücksichten die Speiserationen für die Soldaten herabgesetzt werden sollen und zwar: das Fleisch von 220 Gramm täglich auf 200 Gramm, Mehlspeise oder Reis von 200 auf 180 Gramm, und Speck von 20 auf 15 Gramm. (Wahrscheinlich werden die Soldaten zu dick!) Nur die Brotration ist nicht herabgesetzt worden.
* Paris, 5. Juli. Der Aufruhr dauerte bis 4 Uhr morgens unter fortgesetzten Attaken der Kavallerie fort. Um Mitternacht zündeten die Meuterer
das Wachthaus der Stadtsergeantenwache an, nachdem sie dasselbe erstürmt hatten. Darnach wurde ein Zeitungskiosk in der Hauptstraße des Quartier Latin angezündet. Die Feuerwehr suchte vergebens zu löschen unter Attaken der Polizei, die Alles niedersäbelte. Die Meuterer rissen mit Eisenstangen und Balken die Straßen auf und begannen eine regelrechte Straßenschlacht. Die Kavallerie griff im Galopp an; dieselbe wurde mit Revolversalven empfangen: auf beiden Seiten sind zahlreiche Verwundete. Der Redakteur des Matin erhielt 6 Säbelbayonettwunden und wurde, tödlich getroffen, fortgebracht. Der Redakteur der Ltbre Parole wurde fast vollständig zertreten; er liegt im Sterben. Das Quartier Latin ist mit Trümmern bedeckt.
* Parts, 5. Juli. Die Gesamtzahl der verwundeten Excedenten wird auf 300 geschätzt, darunter 40 schwer. Auf Seiten der Polizetagenten wurden 50 verwundet, darunter 2 lebensgefährlich. Unter den 26 wegen Ausschreitungen am Montag gerichtlich verfolgten Personen befanden sich nur 5 Studenten.
* Paris, 6 . Juli. Auf dem Boulevard Saint Michel hat seit nachmitttags 5 Uhr die Erregung zugenommen. Ansammlungen auf dem Bastilleplatz wurden von der Polizei zerstreut. In späten Abendstunden fanden auf dem Boulevard Saint Michel und in den benachbarten Straßen mehrere Zusammenstöße mit der Menge, vornehmlich Gassenjungen und Arbeitslose, statt. Vor der Arbettsbörse kam es ebenfalls zu mehreren Zusammenstößen. Die Polizei gebrauchte ihre Waffe. — Der Kutscherstreik ist beendet.
* Paris. Deroulede richtet an die Wähler einen Brief, worin er mitteilt, daß er ein neues Mandat annehmen wolle, wenn der Prozeß Ducret - Norton vor den Wahlen beendet sein werde; andernfalls würde er sich für vier Jahre ganz von der Politik zurückztehen.
* Paris, 6 . Juli. Die Regierung zog, obwohl die Ruhe hergestellt zu sein scheint, 3 Regimenter Infanterie heran. Gestern wurde aus der Seine der Leichnam des in der Nacht auf Mittwoch von den Meuterernins Wasser geworfenen Polizisten aufgefunden.
* Paris, 6 . Juli. Nach Meldungen aus Satnt- louis (Senegal) ist dort die Cholera aasgebrochen. Nur Schwarze sind bis jetzt von der Krankheit betroffen. Die tägliche Durchschntttsziffer der Sterbefälle beträgt 5.
* London, 6 . Juli. Nach einer Reutermeldung aus Honolulu ist eine Verschwörung von Royalisten, die durch Dynamit eine Katastrophe herbeiführen wollten, durch die Verhaftung dreier Engländer vereitelt worden. Die Verschwörer beabsichtigen, von dem Regierungsgebäude Besitz zu ergreifen und die Regierung zu stürzen. Unter den Verschwörern befanden sich 9 frühere Kabinetsmttglteder.
* New-Jork, 6 . Juli. Die amerikanische Nationalbank stellte ihre Zahlungen ein. Die Aktiven betragen IV 4 Mill. und die Passiven 635000 Dollars. Man glaubt, daß die Bank die Geschäfte demnächst wieder aufntmmt. Infolge dieser Zahlungseinstellung schloffen 3 andere Banken, welche von den Deponenten um ihre Depot zurückzuziehen bestürmt wurden, ihre Schalter.
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(Ortsvorsteherwahl betreffend)
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Postdampfer nach
Aew-Iork w-r Aotterdam
Mittwochs u. S onnabends.
Nähere Auskunft erteilt
die Verwaltung in Rotterdam
die General-Agenten H. Anselm u. Co., Stuttgart; sowie die Agenten: Fr. Schmidt, G. Knödels Nachf., Nagold; I. Kaltenbach, Egenhausen.
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im Lokal.
Keilte Samstag de« 8 . ds. Mts. abends 8 V 2 Uhr
Versammlung
Vollzähliges Erscheinen erwartet
der Vorstand.
Durch Sammet« von
Mutterkorn (eluvieW purpurbu),
auch Roggenmütterchen genannt
schöner Nebenverdienst
da vr. Julius Denzel in Guvinge« für das Kilo schöner Ware 2 Mk. bezahlt und bei mehr Porto oder Fracht vergütet.
Die Kerre» Lehrer feie» hierauf im Interesse armer Ktudrr besonders aufmerksam gemacht.
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