oare Zeit zu rasch verstrich. Die meisten Gäste entführte uns zu bald der Zug 6 Uhr 18. Mögen dieselben wieder wohlbehalten :zu Hause angekommen sein'und mögen sie namentlich der Stadt Altensteig ein freundliches gutes Andenken bewahren. Die Wes. Mitglieder mit Familien vergnügten sich noch mehrere Stunden bei den Klängen unserer beliebten Stadtmustk, die wieder Gediegenes bot. Für die nächste Haupt­versammlung ist Neuenbürg an der Reihe.

* Da manche Landwirte, besonders ärmere Leute an der gemeinsamen Bestellung von Futtermitteln sich nicht glauben beteiligen zu können, weil ihnen das nötige Geld fehlt, seien sie hiemit auf die Fürsorge der Kgl. Regierung verwiesen, wonach unverzinsliche oder doch nieder verzinsliche Vorschüsse aus öffent­lichen Mitteln mit entsprechend weit bemessenen Rück­zahlfristen gewährt werden. Wer solche braucht, hat sich an die Gemeindebehörden zu wenden. Sicherlich werden solche Bedürftige der Kgl. Regierung dafür Dank wiffen, daß es ihnen auf diese Weise ermöglicht wird, ihr Vieh zu erhalten, das sie jetzt oder wenig­stens bis zum Winter zu Schleuderpreisen verkaufen und im kommenden Frühjahr wieder zu außerordent­lich hohem Preise ersetzen müßten.

* Nagold, 28. Juni. Die Sägmühle von Werk­meister Wilhelm Benz mit kleinerem Dampfbetrieb ist gestern nachmittag abgebrannt. Das nahestehende Wohnhaus war in Gefahr, ist aber gerettet.

* Freudensta dt, 26. Juni. Bei der heutigen Generalmusterung wurde ein bereits als tauglich (?) ausgehobener Rekrut, Sohn eines hiesigen Nagel­schmieds, von einem epileptischen Anfall befallen und mußte vom Rathaus nach Hause getragen werden. Da sämtliche drei hiesigen Aerzte aus Anlaß einer Gerichtsverhandlung abwesend waren, leistete der Stabsarzt mit dem Lazaretgehilsen dem Kranken, der längere Zeit nicht zum Bewußtsein kam, die nötige Hilfe.

* Rottweil, 26. Juni. (Schluß der Dchwurgerichtssitzunz gegen Weikert und Frau von Freudenstadt.) In der Heuligen Hauptverhandlung giebt die Frau Weikert die, wie hier be­merkt sein mag, nach der Erklärung ihres Verteidigers Rechtsan­walts Steinhäuser diesem vor der Verhandlung ein volles Ge­ständnis ablegte, das sie aber in der Verhandlung selbst trotz mehrfacher entsprechender Vorhalte nicht wiederholte zu. daß sie die Anna kurz vor dem Tode mit einem Meerrohr geschlagen habe; wohin sie dieselbe getroffen, wisfe sie wegen der Aufregung, in der sie sich damals befunden habe, nicht. Stadtschultheiß Hartranft, welcher dem Weikert, der ein braver, ordentlicher Mann sei, ein gutes Zeugnis giebt, bezeichnet die Angeklagte nach der allgemeinen Ansicht in Freudenstadt als eine Frau, die lieber zum Fenster hinaussehe, als ihrem Geschäfte nachgehe. Als Ursache des Todes des Kindes bezeichnen die Sachverständigen Oberamts­arzt Dr. Lieb und Oberamtswundarzt Dr. Büttner in Freuden­stadt in eingehend motiviertem Gutachten eine unmittelbar oder doch in kürzester Frist vor dem Tod erfolgte Mißhandlung des Kindes, dadurch zugefügt, daß es mit einem schweren Stock, nicht mit einer blosen Rute auf Kopf, Rücken, Lende und Extremitäten ge­schlagen worden sei, wobei es, wie Spuren am Halse zeigten, auch noch gewürgt worden sei, vermutlich um es am lauten Schreien zu verhindern. Die Schläge auf den Kopf haben eine Gehirnerschütterung und diese den Tod zur Folge gehabt. Der in der Hauptverhandlung anwesende Medizinalrat Dr. Rembold aus Stuttgart, der das auf Antrag des Verteidigers eingeholte Obergutachten des K. Medizinalkollegiums vertrat, führte ebenfalls des Näheren aus, daß das Kind nicht eines natürlichen Todes, sonder« in Folge von unmittelbar oder doch kurze Zeit vor dem Tode ihm zugefügten Verletzungen durch dritte Hand gestorben sei. Der die Anklage vertretende Erste Staatsanwalt Fricker ließ diese aus Grund der Verhandlung, di« weitere belastende Momente

gegen den Ehemann Weikert nicht ergab, gegen letzteren fallen, hielt sie aber gegen die Ehefrau Weikert in vollem Umgänge auf­recht, die von dem Verteidiger jR.-A. Steinhäuser beantragten mildernden Umstände mit aller Energie bekämpfend. Der Wahr­spruch der Geschworenen lautete bezüglich des Ehemanns Weikert auf Nichtschuldig, bezüglich der Frau Weikert auf Schuldig, zu­gleich wurde die auf mildernde Umstände gerichtete Frag« besaht. Die Angeklagte wurde hierauf wegen eines Verbrechens der Körper­verletzung mit nachgefolgtem Tod und eines hiemit in Einer Handlung zusammentreffenden Vergehens der Körperverletzung im Sinne des § 223» des Str.-G.-Bs. zu der Gefängnisstrafe von 2 Jahren und 6 Monaten verurteilt und auf Antrag der K. Staats- anwaltschaft Haftbefehl gegen sie erlassen. Straferhöhend berück­sichtigte das Gericht die von der Verurteilten an den Tag gelegte Gefühllosigkeit und Brutalität, mit der sie so lange Zeit hindurch ein im zarten Alter stehendes Kind mißhandelt, namentlich die am 2. September an den Tag gelegte Grausamkeit und die schnöde Pflichtverletzung, die sie sich als Stiefmutter zu Schulden kommen ließ, strafmildernd der Umstand, daß die Angeklagte eine sehr reizbare und nervöse Frau ist und sich zur Zeit der That in schwangerem Zustande befand.

* Hetlbronn, 26. Juni. Hier regi sich auch die Privathilfe für die notleidenden Viehbesitzer; es sind in wenig Tagen 70 000 Mk. an freiwilligen Beiträgen, verzinslichen und unverzinslichen Darlehen zur Beschaffung von Futtermitteln gezeichnet worden.

* Von den Ellwanger Bergen, 27. Juni. Ein Wirt verkaufte an einen Metzger eine Kuh um hundert Knackwürste.

' Friedrtchshafen, 27. Juni. Der Boden­seestand hat sich in den letzten 3 Tagen um 18 om gehoben; es beweist das, daß das Erdreich gesättigt ist und die fallenden Regenmengen den Flußläufen folgen.

* (Verschiedenes.) Der Witwer Götzfried von Unterkochen, welcher in dem Eisen- und Drahtwerk Erlau als Drahtziehermeister thätig war, hatte schon seit längerer Zeit über Kopfschmerzen zu klagen. Man verbrachte ihn daher in. die Knelpp'sche Kuranstalt in Wallerstein. Das Leiden ging aber allmählig in Schwermut über und in einem solchen Anfall stürzte sich der allgemein geachtete und brave Mann von einem Felsen herab und war alsbald tot. Eine wenig zärtliche Schwiegertochter ist die Frau des Söldners Stelzle in Wössingen. Dieselbe warf ihre Schwiegermutter zur Thüre hinaus, wobei die hochbetagte Frau so schwere Verletzungen davon­trug, daß sie kaum mit dem Leben davonkommen wird. Die Staats-Anwaltschaft ist bereits eingeschritten.

In Schwennin gen hat sich der 21 Jahre alte Uhrmacher Ehr. Heinzemann, gebürtig von Peter­zell, auf dem Felde erschossen. Motiv vollständig unbekannt. Von den Heuer zahlreich ausgetretenen Maikäfern wurden im Oberamtsbezirk Besigheim 34,584 Liter abgeliefert und hiefür 1327 Mk. 47 Pf. bezahlt. In Heilbronn übergab ein auswärtiger Herr einer Frau aus dem Mainhardter Wald, welche Heidelbeer feil hatte, einen 100 Mark-Schein zum Wechseln; die Frau verschwand eiligst mit dem Schein, ohne bis jetzt wieder zurückgekommen zu sein.

* Mannheim. Eine Straßenrevolte fand hier infolge der sozialistischen Wahlniederlage statt. Die Polizei schritt mit Revolver und Säbel ein, auch seitens der Exzedenten wurde geschossen.

* Kehl, 24. Juni. DasKehler Wochenblatt* berichtet von einem Heudiebstahl, der in einer Ge­meinde des Amtsbezirks vorgekommen. Ein sofial-

Aer zweite Mann.

Erzählung von Ewald August König.

(Fortsetzung.^

Was wollen Sie dagegen machen?" erwiderte der Advokat .mit bedauerlichem Achselzucken.Wenn Sie aufrichtig sein wollen, so werden Sie zugeben müssen, daß Sie an der Schuld Ihres Bruders nicht zweifeln."

Und gesetzt, ich gebe das zu, was beweist das in bezug auf meine Person?"

Nichts, aber es fällt dabei auch auf Sie ein Verdacht, der nur durch ein offenes Geständnis Ihres Bruders entkräftet werden kann. Und soweit ich Grüner kenne, wird er sich zu einem solchen Geständ­nis nicht verstehen. Sie werden also in Geduld ab- warten müssen, bis die Untersuchung beendet ist und die Akten geschlossen sind."

Nehmen Sie denn gar keinen Anteil an meiner peinlichen Lage?" fragte Elisabeth entrüstet " Sie haben mir Ihre Freundschaft angeboten, als der schwere Schicksalsschlag mich traf und nun o, Herr Doktor, ich hatte geglaubt, auf Ihr Wort ver­trauen zu können!"

Was kann ich für Sie thun?"

Viel, wenn Sie es wollen. Sie können bei dem Richter für meine Schuldlosigkeit eintreten und Auf­hebung dieser polizeilichen Bewachung beantragen. Sie können Auslieferung meines Vermögens fordern"

Sie vergessen, daß ich hier ein Fremder bin und die hiesigen Gesetze nicht kenne."

Wenn Sie mit einem hiesigen Advokaten da­

rüber beraten wollten, so würde er Ihnen gewiß die Wege angeben, die etngeschlagen werden müssen," be­merkte Eliabeth.

Ich habe Ihnen schon gesagt, daß dieses frucht­los sein würde," erwiderte Gustav in kühlem Tone. Solange der Verdacht nicht entkräftet wird"

Dieser Verdacht ist ein Unsinn!" fiel Elisabeth mit steigender Gereiztheit ihm in die Rede.Welche Vorteile hätte mir denn der Tod meines Gatten bringen können?"

Ich weiß das nicht. Griesheim hatte sich eines entehrenden Vergehens schuldig gemacht, er war auf der That ertappt und als Betrüger entlarvt worden, seine Schande mußte auf seine Angehörigen zurück­fallen. Auch der beste Schauspieler muß von den Brettern abtreten, wenn er seiner Rolle nicht mehr gewachsen ist."

Sie schlagen da einen seltsamen Ton an, Herr Doktor! Mein Bruder sprach die Vermutung aus, daß er seine Verhaftung Ihnen zu verdanken habe; ich wollte das nicht glauben, nun aber entstehen doch Zweifel in mir."

Und hätte Ihr Bruder recht, so dürfen Sie mir darum noch leinen Vorwurf machen, im Gegen­teil, Sie selbst haben mich gezwungen, eine Rolle zu spielen, die meinem Charakter widerstrebte."

Elisabeth blickte ihn starr an, er hatte diese Worte in einem Tone gesprochen, der sie erkennen ließ, daß sie getäuscht worden war und daß sie auf keine Scho­nung mehr rechnen durfte.

So also liegen die Dinge?" fragte sie und ein

demokratisch gesinnter Bauer hatte danach seinen Wiesenertrag 9 Haufen Heu zur Abfuhr auf dem Felde bereit liegen. Als er sie morgens auf­laden wollte, lagen nur noch 3 Haufen da, wobei an einer Stange ein Zettel angeheftet war, mit der Be­merkung: Als Sozialdemokraten hätten die Genossen nach dem Grundsätze der Teilung nur ihren Anteil geholt und den seinigen ihm übrig gelassen!

* Würzburg, 27. Juni. Vier Unteroffiziere des 5. Chev.-Reg. zu Sarrgemünd wurden wegen Hafer-Defraudation in das hiesige Militärgerichts- gefängnis abgeltefert.

* Leipzig, 28. Juni. Das Reichsgericht ver­urteilte den Gastwirt Emil Fahrer aus Bisheim wegen versuchten Landesverrats zu 7 Jahren Zucht­haus und 10 Jahren Ehrenverlust, und erkannte auf Vernichtung deS Notizbuchs des Angeklagten, worin die Skizze eines Forts in Neubreisach enthalten war.

* Berlin, 28. Juni. Dem Bundesrat ist der Entwurf einer Verordnung über das Verbot der Aus­fuhr von Streu- und Futtermitteln zngegangen.

* Berlin, 28. Juni. In Abgeordnetenkreisen verlautet, die Präsidentenwahl im Reichstage werde erst am Donnerstag erfolgen, um den Fraktionen Zeit zu geben, sich über die Persönlichkeiten zu einigen. Die Wiederwahl Levetzows ist zweifellos. Die Mtli- tärvorlage soll mit Rücksicht auf die zahlreichen neuen Mitglieder in der Kommission erörtert werden, jedoch nur kurze Zeit, so daß die Session etwa 3 Wochen beanspruchen würde.

* Insgesamt sind bei den diesmaligen Reichstags­wahlen am 15. Juni nach offiziösen Angaben rund 7400090 Stimmen abgegeben worden, statt 7228000 im Jahre 1890. Es sind also mehr abgegeben wor­den 172000 Stimmen.

* Berlin, 28. Juni. Bezüglich der russischen Handelsvertragsverhandlungen steht fest, daß Deutsch­land den russischen Minimaltarif, d. h. die jetzigen Zölle als Gegenzugeständnis für die Gewährung nied­rigerer Getreidezölle nicht annimmt.

^Berlin, 28. Juni. Dem Bundesrat ist ein Gesetzentwurf, betreffend die Gewährung von Unter­stützungen an die Invaliden aus dem Krieg von 1866, sowie an deren Hinterbliebenen behufs Gleichstellung mit denen des Krieges von 1870/71, zugegangen. (Es würde sich dabei nicht nur um die Invaliden in Preußen, sondern auch um diejenigen der anderen Bundesstaaten, die am Krieg von 1866 beteiligt wareu, handeln.) _

Ausländisches.

"Wien. Ein Menschenleben um einen Gulden! Die WienerDeutsche Ztg." schreibt: Sie liest sich traurig, recht traurig, die Geschichte der armen kleinen Blumenmacherin, von der derPolizeianzeiger" zu erzählen weiß. Das arme Mädchen, Hildegard S., hatte einen Gulden verloren, für den sie Zubehör kaufen sollte, und da fürchtete sie Strafe. Ein Sprung in den Donaustrom sollte der Ausweg sein. Hilde­gard S. wurde glücklicherweise gerettet und in das Spital der Barmherzigen Schwestern gebracht. Es wäre denn doch zu billig gewesen, ein Menschenleben um einen Gulden!

* Wie aus Budapest gemeldet wird, treffen

Basiliskenblick traf ihn aus den Augen, die ihn einst bezaubert hatten.Hätte ich das ahnen können" Ich wiederhole Ihnen, Sie selbst verschulden es, Sie benutzten die Waffe niederer Verleumdung, um mich mit meiner Verlobten zu entzweien. Sie verleumdeten mich, wohl wissend, daß Fräulein Hall- städt alle diese Lügen ihrer Freundin berichten würde" Ich sagte ihr nur die Wahrheit!"

Ist es Wahrheit, daß ich die Sache meiner Verlobten nur übernommen habe, um Sie zu warnen und zu schleuniger Flucht zu veranlassen? Später verleumdeten Sie meine Braut, Sie wagten sogar die Behauptung auszuspechen, daß Fräulein Hagen den Schuldschein Ihres Mannes gefälscht habe, um meine Teilnahme zu erregen und durch solche nichts­würdige Mittel mich zu kappern. Hätten Sie das nicht gethan, so würden wir, meine Braut und ich, geschwiegen und Ihnen den Raub überlassen haben."

Das geht zu weit!" rief Elisabeth zornig auf­fahrend.

Lassen Sie mich aus reden. Gelang es Ihnen auch damals, mich zu täuschen, so bin ich heute doch zu gut unterrichtet, als daß es Ihnen noch einmal gelingen könnte. Nachdem Sie mich gezwungen hatten, meine Ehre und die Ehre meiner Braut zu schützen, habe ich energische Schritte gethan, um den Beweis zu finden, daß Ehre und Wahrheitsliebe Ihnen fremd sind. Ich kann Ihnen jetzt durch eine Zeugin be­weisen , daß Sie in alle Betrügereien Ihres ver­storbenen Mannes eingeweiht waren; Sie empfingen sogar die betrogenen Gläubiger, um sie mit leeren