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vathäusern. Beim Bankett wurden noch verschiedene Toaste ausgebracht, auch mehrere Telegramme verlesen, welche dem Liederkcanz Nagold von auswärtigen Vereinen Glückwünsche zu seinem 50jährigen Jubiläum brachten.
* Stuttgart, 22. Juni. Der hiesige Gemeinderar hat mit 12 gegen 11 Stimmen beschlossen, das Ortsstatut über die Sonntagsruhe aufzuheben und die Kgl. Stadtdirektion zu bitten, vormittags von 8—9 und nachmittags von 11—3 Uhr den Verkauf zu gestatten. Bei der Abstimmung gab der Stadtvorstand mit seiner Stimme den Ausschlag.
* Stuttgart, 24. Juni. Das etngetretene Regenwetter hat die Hoffnungen unserer Landwirte bedeutend gestärkt. Auf dem Viehmarkt des hiesigen Schlachthauses, wo anfangs der Woche schöne Jungrinder zum Preis von 25 Pfg. p. Pfd. lebend Gewicht, ja sogar noch niedriger von den hartbedrängten Viehbesitzern stürmisch angeboren waren, haben die Preise seit gestern erheblich angezogen. Die Viehbe- sttzer fordern jetzt bereits 10 bis 12 Pfg. mehr p. Pfd. lebend Gewicht und bekommen die so erhöhten Preise auch gerne bezahlt.
*Vom Rothenberg, 22. Juni. Die Heuer so günstige Blüte der Reben ist nun im allgemeinen vorbei, und es kann festgestellt werden, daß der Stand der Weinberge ein sehr erfreulicher ist, sowohl hinsichtlich der Blätter, die frisch und gesund sind, als besonders hinsichtlich der Fruchtansätze, die in manchen Berggewänden so reichlich angesetzt haben, daß man mitunter von einem vollen Herbst sprechen hört, wenn alles einen gedeihlichen Fortgang nimmt.
* Schorndorf, 24. Juni. Das Notstands- komite für den Oberamtsbezirk ist nun in Aktion getreten. Dank der hochherzigen Gesinnung des H. Fabrikanten A., llr., der dem Komite die Summe von 100 000 Mark unverzinslich auf unbestimmte Zeit zur Verfügung stellte, konnten am 22. Juni 20 Waggons Welschkorn unb 10 Waggons Futtermehl im Gesamtwert von 40 000 Mk. angekauft werden. Außerdem soll noch nach Gerste und Stroh Umschau gehalten werden. In nächster Woche werden die aufgekauften Futtermittel hier eintreffen. Der landwirtschaftliche Verein wird die Verteilung und Abgabe der Futter» mittel an die Vtehbesttzer zum Selbstkostenpreis besorgen. Den weniger bemittelten Leuten wird der Kaufpreis unverzinslich geborgt. Aber auch der Himmel hat nun ein Einsehen gehabt. Es sind daher die Aussichten auf einen bedeutenden Oehmdertrag die besten; auch ist die nachträgliche Anpflanzung verschiedener Futterkräuter ermöglicht. Der auf der Landbevölkerung gelastete schwere Alp ist gehoben.
" Heilbronn, 21. Juni. Der Fr. Ztg. wird von hier geschrieben: Im Weinsberger Thal und im Hohenloheschen ist die Futteruot aufs höchste gestiegen. In manchen Dörfern verläßt die erwachsene Einwohnerschaft zur Nachtzeit ihre Wohnung, um in den entferntesten Wäldern Gras und Laub zu erbeuten; im Weinsberger Thal ist es dabei schon zu ernstlichen Zusammenstößen mit den Waldhütern gekommen. Die Bauern geben Kälber zu 3 Mk. und 6 Mk., Kühe zu 15 Mk. und 20 Mk. ab, weil sie das Vieh nicht mehr ernähren können, sie bedenken nicht, daß sie beim
lösen könnten.
Im Hohenloheschen hat sich ein Bauer, der seine Kuh um 20 Mk. verkaufen mußte, im Stall an der Raufe erhängt. Die Sommerfrucht leidet gleichfalls unter der Dürre; die Kleeäcker stad ausgebrannt, daß auch kein Regen sie zum Leben rufen könnte.
* Hetlbronn, 22. Juni. Der Gemetnderat beschloß die Einsetzung einer Notstandskommission, welche die Verhältnisse der Viehbesitzer untersuchen und im Auge behalten soll, damit man über die zur Hilfeleistung einzuschlagenden Schritte orientiert sei.
* (Verschiedenes.) Während eines heftigen Gewitters schlug am Mittwoch abend in Deißlingen der Blitz in das Gebäude, das Gemeindescheuer und Farrenstall enthält, so daß dasselbe sofort in Flammen stand und niederbrannte; Schaden etwa 12 000 Mk. — In Oberndorf hatte der Fabrikarbeiter Markus Haas, gebürtig aus Hochmössingen die abgeschossenen Gewehrläufe aus dem Schießraum wegzutragen. Ein unbegreiflicher Weise noch nicht entladenes Gewehr entlud sich auf dem Transport und die Kugel ging dem Arbeiter durch den Hals, wodurch der Tod sofort eintrat. — In Frommen hat es bet dem Gewitter am Mittwoch abend in das Wohnhaus des Oekonom Hauser eingeschlagen. Der Blitzstrahl betäubte die Tochter des Besitzers, tötete eine Kuh im Stalle und richtete auch einigen Schaden an dem Gebäude an, zündete aber zum Glück nicht. — Aus Rotienbnrg wird berichtet: In der Kirche im Weggenthal versuchte ein fremder Mann mit Brechinstrumenten den inhaltreichen Opferstock zu plündern. Eine Frau, die ihn beobachtete, entfernte sich rasch und schloß die Kirchenthüre zu, wodurch es gelang, den Thäter, es ist der 49jährtge Joseph Pfeiffer aus Gomaringen, zu verhaften. — Dienstag Nacht schlug auf dem Hagenhos O.-A. Mergentheim der Blitz in Wohnhaus und Scheuer der Oskonomen Kuhn und Wächter. Beide Gebäude brannten nieder.
* Pforzheim, 22. Juni. Ein Vorfall, der lebhaft an die Affaire Hänsler in Mannheim erinnert, bildet hier das Tagesgespräch. Ein gewisser August Lutz, eine lokale sozialdemokratische Größe, ist heute früh wegen Untreue und Unterschlagung verhaftet worden. Lutz war Kassier des hiesigen Sanitätsvereins, in dessen Kasse bei der vorgenommenen Revision 6000 Mk. fehlten. Man erzählt, daß noch weitere Verhaftungen bevorstehen.
* Freiburg i. Br., 21. Juni. Ein Einjährig- Freiwilliger des hiesigen Infanterieregiments Nr. 113 ist wegen Majestätsbeleidizung in Untersuchungshaft abgeführt worden. Der Verhaftete studierte an der hiesigen Hochschule Rechtswissenschaft.
* In Mannheim unterlag Dreesbach (Sozialist) gegen Bassermann (nat.-lib.)
* Frankfurt a. M., 23. Juni. Bei der heutigen Stichwahl siegte Schmidt (Soz.) über Dr. Oslo alt (natl.)
* Berlin, 24. Juni. Durch die heutige Stichwahl verliert die freisinnige Volkspartei drei Berliner Sitze an die Sozialisten. — Dresden ging an die Konservativen über. — Straßburg, wo "Petri (nat. lib.) gegen den Sozialdemokraten Bebel unterlag, ist durch Hilfe der Ultramontanen an die Sozialisten
verloren. — Danzig wählte den Führer der freist uni- ' gen Vereinigung Rtckert wieder. — Krupp (nat. lib.) gewann von den Ultramontanen den Essener Wahlkreis.
* Berlin, 24. Juni. Dem hiesigen amerikanischen Generalkonsulat ist heute von der Unionsregierung in Washington folgende Depesche zugegangen: Die Einwanderungsakte vom 3. März 1893 findet nur auf ausländische Einwanderer Anwendung. Personen, welche die Ver. Staaten besuchen, werden weder der durch diese Akte vorgeschriebenen Registrierung noch einer Befragung unterzogen.
* Die Nachricht der „Kreuzzeitung*, daß die russische Regierung in Berlin einen beleidigend extremen Maxtmal-Tarif vorgelegt habe, ist sofort nach Gebühr zurückgewiesen worden. Aber mit der Ausarbeitung eines Maximaltarifs will Rußland gleichwohl Vorgehen, und genau dieselben Nachrichten kehren wieder, durch die gegen Schluß des vorigen Jahres die deutsche Handelswelt aufgeregt wurde. Schon damals hieß es, die russischen Zugeständnisse würdenfauf der Grundlage erfolgen, daß Rußland uns gegenüber den jetzigen Tarif beibehalten wolle, wenn wir die Ermäßigung der Getreidezölle zugestehen, daß dagegen ein erhöhter Tarif eintreten solle, wenn wir diese Konzession ablehnen. Es ist klar, daß auf solcher Basis diesseits überhaupt nicht verhandelt werden konnte, und obwohl derartige Vorschläge hier niemals gemacht wurden, so ist dem Petersburger Kabinett doch wahrscheinlich bedeutet worden, daß ohne eine andere leitende Richtschnur der russischen Wirtschaftspolitik aus den Vorverhandlungen nichts werden könne. Bestätige,! sich die neuerlichen Nachrichten aus Petersburg, wie es leider den Anschein hat, so ist zwar eine Aehnltchkett der jetzigen mit der damaligen Situation vorhanden, aber der Unterschied ist der, daß die russische Regierung durch die Wiederholung ihrer Absichten ihren Willen zur ErzwingungeineS nur ihrenJnteressen entsprechenden Abkommens zeigt. Die Aussichten auf ein Zustandekommen eines Handelsvertrages mit Rußland erscheinen hiernach jedenfas nicht gebessert.
* Der Fall, daß englische Rhedereien auf deutschen Werften Dampfer bauen lassen, dürfte bis jetzt noch nicht oft dagewesen sein, wenn gleich umgekehrt die deutschen Rhedereien sehr häufig ihre Schiffe lieber in England erbauen lassen, als deutschen Werften ihre Aufträge zuzuwenden. Jetzt hat die Schiffswerft der Firma R. C. Rickmer in Bremen von der Londoner Petroleumfirma Samuel u. Cie. den Auftrag erhalten, einen Petroleumdampfer von etwa 800 Tons zu bauen, welcher für die ostindische resp. chinesische Küstenfahrt bestimmt ist. Derselbe soll von größeren Petroleumdampfern seine Ladung übernehmen und nach diesem oder jenem Hafen, den die größeren Dampfer nicht erreichen können, befördern.
* Wie in eingeweihten Kreisen verlautet, hat der Kaiser die geplante Reise nach Spanten für dieses Jahr endgültig aufgegeben.
* Wie nach der „Magd. Ztg." verlautet, hat sich durch die eingeleiteten Erhebungen betreffs der Sonntagsruhe in Industrie und Handwerk herausgestellt, daß einzelne geplante Bestimmungen geradezu unausführ bar sind.
" Mit dem Montag ist, abgesehen von zwei oder drei, durch mögliche Doppelwahlen veranlaßten Nach
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Der zweite Wann.
Erzählung von Ewald August König.
(Fortsetzung.)
„Die sich auf Wahrheit stützen! Die Tasche enthält einen kurzen, aus Leder geflochtenen und mit einer Bleikugel versehenen Stock, einen sogenannten Totschläger, mit dem man ohne Mühe einen Menschen niederstrecken kann. Sie haben sich dieser Waffe bedient, um Ihr Opfer zu betäuben. Sie haben den Riemen der Tasche durchschnitten und darauf den Bewußtlosen ins Wasser geworfen. Wollen Sie es eingestehen?"
Grüner stampfte mit dem Fuß auf den Boden.
„Ich sage es noch einmal, es sind Vermutungen, aber die Beweise fehlen," erwiderte er. „Ich kenne diese Tasche nicht —"
„Die Beweise sind genügend. Ich verhafte Sie iw Namen des Gesetzes!"
Grüner machte eine heftige Bewegung, als ob er mit der Hand in die Brusttasche greifen wollte, aber in demselben Moment hielt auch schon die Faust des Beamten sein Handgelenk umklammert.
„Ich protestiere als deutscher Bürger energisch gegen diese Behandlung," rief er. „Unser Konsul muß mich schützen! Ich errate, wer mich verleumdet und diesen entehrenden Verdacht auf mich geworfen hat; nimmermehr hätte ich geglaubt, daß Beamte der freien Schweiz solchen aus persönlicher Feindschaft entsprungenen Verleumdungen Gehör geben würden. Der Advokat Varnay ist der Verleumder, er glaubt, durch
solche Mittel das.Huhn beseitigen zu können, das ich noch mit ihm zu pflücken habe."
„Wollen Sie den Beamten gutwillig folgen, oder muß ich Sie fesseln lassen?" fragte der Richter kalt. „Bevor Sie gehen, werden Sie den Inhalt Ihrer Taschen hier niederlegen. Und nun vorwärts; durch Ihr trotziges Gebahren ist mir schon viel zu viel Zeit verloren gegangen."
Grüner mochte einsehen, daß weiteres Protestieren erfolglos blieb, zähneknirschend kam er der Aufforderung, seine Taschen zu leeren, nach, und nachdem er mit seiner Schwester verstohlen einen bedeutungsvollen Blick gewechselt hatte, folgte er den Beamten, welche ihn in Untersuchungshaft führten. Elisabeth wollte ebenfalls das Zimmer verlassen, der Richter befahl ihr aber, zu bleiben, um der ferneren Haussuchung betzuwohnen.
Nicht nur eine bedeutende Geldsumme, sondern auch mehrere Pakete Wertpapiere wurden teils in den Schubladen des Schreibsekretärs, teils unter den Kissen und Matratzen des Bettes gefunden und ein schwerer Seufzer entrang sich den Lippen Elisabeths, als der Richter dies alles zusammenpackte, verschnürte und mit seinem Siegel versah.
„Die Untersuchung wird das weitere ergeben," sagte der Richter mit gemessenem Ernst, „ich kann Ihnen nicht verhehlen, daß Ihre Aussagen auch Sie verdächtigen. Aus diesen Aussagen geht hervor, daß Sie Kenntnis von dem Verbrechen hatten —"
„Nicht die geringste!" unterbrach Elisabeth ihn rasch, „wohl aber, ich leugne das nicht, sagte mir
eine dunkle Ahnung, daß ein Verbrechen hier vorliegm könne. Fragen Sie mich nicht, woraus diese Ahnung sich gestützt habe, ich weiß das selbst nicht, ich that auch nichts, mir Gewißheit zu verschaffen, weil ich diese Gewißheit fürchtete."
„Wäre es nicht vielmehr Ihre Pflicht gewesen, das Verbrechen zu rächen?"
„Unter anderen Verhältnissen — gewiß! Aber der Mann, auf dem der Verdacht ruhte, war mein Bruder, ihn mußte diese Rache vernichten. Ich weiß nicht, wie Sie in solchem Falle gehandelt haben würden, ich konnte es nicht übers Herz bringen, die Anklage zu erheben."
„Will ich Ihnen deshalb auch keinen Vorwurf machen, so haben Sie doch, als von anderer Seite die Anklage erhoben war, den Thatbestand zu verdunkeln und die Untersuchung zu erschweren versucht," sagte der Richter, während er das Protokoll schloß, „und hierauf gründet sich der Verdacht der Mitschuld."
„Ich rufe Gott zum Zeugen an —"
„Lassen wir das, Madame, die Untersuchung wird's ja klarstellen. Bis auf weiteres dürfen Sie dieses Haus nicht verlassen, von der Verhaftung will ich einstweilen Abstand nehmen, aber der geringste Fluchtversuch, der leiseste Verstoß gegen meine Anordnungen würde sie zur Folge haben."
„UndwielangesolldieseHaftdauern?" fragteElisa- beth, aus deren Augen ein Strahl der Entrüstung zuckte.
„So lange, bis Grüner ein offenes Geständnis abgelegt hat und Ihre Schuldlosigkeit erwiesen ist."