so kommt es, daß für solche Lose der 4- und S-fache Anschlag erlöst, das Futter somit teuer wird. Das einfachste wäre wohl, daß unter die Zahl der ange­meldeten Bedürftigen einer Gemeinde eine gleiche An­zahl Lose bestimmt und zum Anschlagspreise verlost würde. Eine Versteigerung auf Mehrgebot widerspricht übrigens den bei der diesbezügl. Kammerverhandlung um Ausdruck gekommenen Wünschen. Schwer ist es reilich immerhin es Allen recht zu machen.

* Dornstetten, 7. Juni. Wegen hohen Alters hat Hr. Stadtschultheiß Braun hier sein Amt, das er mit Treue und Gewissenhaftigkeit 38 Jahre lang ersprießlich verwaltete, niedergelegt.

* Stuttgarts. Juni. Wie wir hören, hat sich vas Ministerium des Innern anläßlich des herrschenden Futtermangels mit dem hiesigen Konsul der Vereinig­ten Staaten von Nordamerika ins Benehmen gesetzt, um Erhebungen über die Möglichkeit einer etwaigen Einfuhr von amerikanischem Heu nach Württemberg zu veranstalten. Die Bemühungen sind zuverlässigem Vernehmen nach insofern von Erfolg gekrönt gewesen, als ein Angebot von Amerika vorliegt, wonach prima amerikanisches Heu bei einem Bezug von mindestens 10000 Ztr. um 4 Mk. 40 Pf. loco Rotterdam erhältlich ist. Mündliche Rücksprache müßte von dem amerikanischen Konsul in Stuttgart, Herrn Gottschalk aber vor dem 15. Juni genommen werden, da der betreffende Unternehmer bereits hier eingetroffen ist und bis zu dieser Zeit hier verweilen wird. (Schw.-B.)

* Stuttgart, 8. Juni. In der Siegelberger Mustkhalle hielt am Dienstag abend der antisemitische Kandidat Rübling seine Programwrede vor einer zahlreichen Zuhörerschaft, die aber zum Teil aus Gegnern bestand. Rübling bekämpfte den Kandidaten der deutschen Partei, Siegle, weil er zumlinken manchesterlichen Flügel" der Nationalliberalen gehöre und für die Herabsetzung der Getreidezölle und gegen das Wuchergesetz gestimmt habe. Zur Militärvorlage erklärte Rübling, er halte die Vorlage nicht für die beste, man hätte etwas besseres an ihre Stelle setzen können, aber er könne sich nicht ablehnend verhalten. Schließlich erklärte er. wie er durch die Erfahrungen eines Wucherprozesses, der in Ulm spielte, aus einem Konservativen ein Antisemit geworden sei. Nach Rübling sprach ein gewisser Abraham Gumpel, der aber bald aufs Wort verzichten mußte, sodann Rab­biner Grün in versöhnlicher Weise, schließlich suchten die Sozialdemokraten die Versammlung in eine Ulk­stimmung überzuführen. Nach derUlm. Schnellp." will eine Anzahl von Stuttgarter Handwerksmeistern für Rübling wirken.

* Das Ministerium des Innern hat dieser Tage verfügt, daß diejenigen Mitglieder der Amtsversamm­lung, die weder Gemeinde- noch Körperschaftsbeamte find, die Taggelder, Diäten rc. von Gemeinderäten erhalten, also bei Geschäften innerhalb des Gemeinde­bezirks 3 Mk.; für Geschäfte außerhalb des Gemeinde­bezirks einschließlich der Diäten 5 Mk. 50 Pf., wozu für jedes Uebernachten ein Zuschlag von 2 Mk. tritt.

* (Gegen die Wanderlager.) Auf sehr einfache, aber desto wirksamere Weise haben neulich einige Kauf­leute in Leonberg einen Wanderlagerer zum Städtchen hinausgebracht. Derselbe ließ sich unter dem üblichen Reklamegeschrei im Gasthaus zum Waldhorn in Leon­

berg nieder. Fünf Kaufleute errichteten um das Waldhorn" herum mit gemeinderätlicher Genehmigung in sog. Meßständen je eine Verkaufsstelle außer ihren Läden, und sie verkauften ihre Waren nicht billiger als sonst, aber heißt ein Wunder letztere waren auch um keinen Pf. teurer als im Ramschwarenlager, dagegen um vieles besser und solider. Das Publikum merkte bald, daß die Wanderlager keine reellen Geschäfte sein können und blieb weg. Der Wander­lagerer aber mußte mit Schaden von Leonberg wieder abziehen. Zur Nachahmung empfohlen.

* Tuttlingen,?. Juni. In den 5 verseuchten Gemeinden diesseitigen Oberamtsbezirks sind in den Monaten Avril und Mai im ganzen 143 Stück Rind­vieh an der bösartigen Maul- und Klauenseuche ge­fallen und verscharrt worben.

* Mergentheim, 6. Juni. Endlich ist der längst ersehnte Regen in der Nacht vom 5. Juni auch bei «ns eingetreten. Es reicht zwar bei weitem noch nicht, denn die Aecker und Wiesen find wie aus­gebrannt, da wir seit 11 Wochen keinen Regen mehr hatten; allein der Regen hat lOOtausende genützt. Die Kartoffeln wären vermodert und die Sommer­früchte abgestorben, wenn nicht noch in letzter Stunde der Regen gekommen wäre. Der Regen hat nun viel gut gemacht. Doch, so viel ist sicher, eine Futter- und Strohnot bekommen wir, denn der erste Schnitt Futter fällt schlechter aus, als man vermutete.

* Ulm, 7. Juni. Das Kriegsministerium ia Berlin hat die Erlaubnis zur Erbauung von zwanzig Arbeiterwohnhäusern im ersten Rayon vor dem Stutt­garter Thor außerhalb des Walles gegeben, und zwar ohne Revers, also mit Entschädigungsrecht bet Zerstörung. Hiemit ist die oberste Front der Festung für die Ausdehnung der Stadt freigegeben, was hier freudig begrüßt wird. Bekanntlich hat die Stadtver­waltung vor kurzem gerade an dieser Stelle ein um­fangreiches Gut, die Untere Bleiche, angekauft.

* (Verfchtedenes.) Bei einer Rauferei zwi­schen Metzinger und Kohlberger Burschen wurde einer der letzteren durch einen Stich ins Herz getötet. In Blaubeuren erhängte sich ein Schuhmacher- Ehepaar an dem Tage, wo ein Wechsel eingelöst werden sollte, zu dem keine Deckung vorhanden war.

* München, 8. Juni. Bei prachtvollem Wetter wurde heute mittag die deutsche Landwirtschaft?- Wanderausstellung eröffnet. Anwesend waren sämt­liche Prinzen und Prinzessinnen Ludwig und Leopold, der Minister des Innern, der Ministerpräsident, der Finanzmintster, die Spitzen der Behörden. Präsident Prinz Ludwig hob in seiner Ansprache hervor, Bayerns kleiner und mittlerer Landbesitz überwiege die Lati­fundien. letztere bieten bei Selbstbewirtschastung ein Vorbild und Muster, es sei wünschenswert, daß den Einzelstaaten ihre Finanzlage ermöMche, dir Land­wirtschaft kräftiger zu unterstützen. Selbsthilfe sei jedoch unerläßlich. Eine kaufmännische und industrielle Betrtebsführung sei den Landwirten dringendst anzu­empfehlen. Der Prinz schloß mit einem Hoch auf den Prinzrcgenten und den Kaiser.

* Berlin, 5. Juni. Von verschiedenen Setten ist es der Regierung nahegelegt worden, außer der Militärvorlage in der bevorstehenden ersten Tagung

des neuen Reichstages noch einige andere dringende Angelegenheiten abwickickn zu lassen. Wie ein Korre­spondent derSt. P." auf Grund sorgfältigster Er­kundigungen mit Bestimmtheit melden kann, haben diese Anregungen nicht auf Berücksi chtigung zu rechnen. Laut an bester Quelle eingeholten Erkundigungen bleibt die Regierung dabei stehen, daß augenblicklich das dringendste Interesse der neuen Militärvorlage ge­hört, sowie daß angesichts der vorgeschrittenen Jahreszeit eine möglichst schnelle Abwickelung der parlamentarischen Geschäfte geboten sei. Es wird, abgesehen von einigen rein formellen Angelegenheiten, die erste Tagung des neuen Reichstags ausschließlich mit der neuen Militär- Vorlage befaßt werden. Die politische Gesamtlage bietet allerdings dank einer ganz ungewöhnlichen di­plomatischen Zurückhaltung des russisch französischen Zweibundes augenblicklich, das heißt für diesen Sommer, keinen unmittelbaren Grund zu Besorgnissen; allein seit dem Frühjahr haben sich die Bedenken er­heblich vermehrt, welche ein Stehenbleiben bei dem gegenwärtigen Zustande der Landesverteidigung als rein unmöglich erscheinen lassen.

* Berlin, 7. Juni. DieNordd. Allg. Zig." teilt mit: Der endgiltige Finanzabschluß der Reichs­post- und Telegraphenverwaltung für das am 31. März 1893 beendigte Etatsjahr ergiebt einen Ueber- schuß von 24 598 078 Mk., gegen das Vorjahr mehr 2765 251, gegen den Etat mehr 3 375140 Mk.

* Berlin, 8. Juni. Dem Vorwärts zufolge be­sagt ein angeblicher geheimer Erlaß des Kaisers an die Armee, daß Sozialdemokraten nicht zu Gefreiten und Unteroffizieren avancieren dürfen. Das träfe be­sonders auch sozialdemokratische Einjahrig-Freiwillige; infolge dessen sei bei einzelnen Regimentern, die sich aus Bezirken rekrutieren, in welchen die Sozialdemo­kratie stark vertreten ist, ein Mange! an passendem Gefreiteumaterial eingetreten.

* Ueber einen Kronleuchter für das neue Rsichs- tagsgebäude macht dieM. Allg. Z." folgende An­gaben: Die Firma L. A. Rtedtnger, Maschinen- und Bronzewarenfabrik in Augsburg, hat von der Reichs­tags-Verwaltung in Berlin den Auftrag erhalten, für den Kuppelbau des neuen deutschen Reichstagsgebäudes einen Kronleuchter zu liefern, der wohl der größte aller bis jetzt existirenden Kronleuchter werden dürfte. Er übertrifft an Größe den berühmten Barbarofsa- Lustre in Aachen fast um 3Vr denn er erhält einen Durchmesser von 8 w und wird ausgcstattet mit 12 Bogenlampen sowie mit 250 Glühlampen. Die Form dieses Kronleuchters ist die eines großen, reich mit Wappen und Figuren geschmückten Reifes, in welchem die Statuen berühmter Staatsmänner und Helden alter Zeit angebracht werden; seine Auf­hängung (in Gestalt der allen Hohenzollernburg) trägt die deutsche Kaiserkrone. Entworfen wurde dieses Kunstwerk von dem Architekten der Firma L. A. Riedinger, Hrn. Oskar Dedreux.

Wie sich die Zeiten ändern! Ein Führer des Zentrums als Lovredner des Fürsten Bismarck! Wer hätte sich das noch im vorigen Jahre denken können, als die bayerische Zentrumspartei bei dem Besuch deS Altreichskanzlers in München den Fürsten mit Hohn und Spott, mir den wildesten und zügellosesten An­griffen förmlich überschüttete! Und heute singt Graf

Ich hatte keine Ahnung von dem furchtbaren Unglück, das Sie betroffen hat," sagte er in teil­nehmendem Tone.Ich wußte nicht anders, als daß Ihr Gatte verreist sei"

Ich ebenfalls nicht," unterbrach sie ihn,um so entsetzlicher war mir diese unerwartete Hiobspost."

Wann erhielten Sie dieselbe?"

Gestern abend gegen 11 Uhr."

Ihr Bruder war inzwischen wohl von Brunnen zurückgekehrt?"

Erst kurz vorher," nickte Elisabeth, tief auf­seufzend;aber Sie irren, wenn Sie glauben, daß ich in dieser schweren Stunde eine Stütze an ihm ge­habt hätte. Er war nur mit seinen eigenen Angelegen­heiten beschäftigt; erst heute morgen konnte ich ihn bewegen, Nachforschungen anzustellen, die in dieses dunkle Ereignis Klarheit bringen."

Sie glauben, daß Ihr Mann das Opfer eines Verbrechens geworden ist?"

Nein," erwiderte sie hastig,ich glaube daran so wenig wie at! einen Selbstmord."

Wo fand mar, die Leiche?"

In der Nähe der alten Brücke. Mein Mann wird über die Brücke gegangen sein, als er sich in der vorigen Nacht zum Bahnhofe begab, ich kann mir nicht anders denken, als daß er einen Fehltritt ge- than hat. Er hatte viel getrunken, ich bat Willy, ihn zu begleiten, aber mein Mann fand darin eine Beleidigung, er duldete nicht, daß sein Schwager ihm weiter als bis zur Brücke das Geleite gab."

Die Schatten auf der Stirne Varnays wurden

immer dunkler, ein böser Verdacht stieg in seiner Seele auf, aber er wagte nicht, ihn auszusprechen.

Kann ich die Leiche seh n?" fragte er.

Ich rate Ahnen nicht dazu, es ist ein häßlicher Anblick," erwiderte Elisabeth zögernd, wenn Sie es wünschen, weshalb sollte ich es nicht erlauben? Kommen Sie!"

Sie erhob sich, Gustav folgte ihr in das Zim­mer, in dem der Tote lag.

An die Möglichkeit einer Komödie war nicht zu denken, es war in der That eine Leiche und zwar die Leiche Griesheims. Aeußere Spuren einer Verletzung waren, soweit Varnay danach suchen konnte, nicht zu entdecken, dennoch wollte der schlimme Verdacht nicht weichen.

Haben Sie sofort einen Arzt rufen lassen?" fragte er nach einer geraumen Weile.

Ich that's, trotzdem ich wußte, vaß es nutzlos war. Er konnte mir nichts weiter sagen, als daß die Leiche schon vierundzwanzig Stunden im Wasser gelegen habe."

Sie kehrten in den Salon zurück, Elisabeth ließ sich auf dem Divan nieder, ihr gegenüber nahm Gustav in einem Sessel Platz.

Eine zufällige Verunglückung läßt sich doch hier schwer annehmen," sagte er,auch dann nicht, wenn Griesheim auf dem Wege zum Bahnhofe einen kleinen Rausch hatte. Sind seine Kleidungsstücke schon durch­sucht und vermissen Sie nichts?"

Die junge Frau hatte die Lippen fest aufeinander

gepreßt, es sch en ihr schwer zu fallen, die Frage zu beantworten.

Ich weiß nicht, was er mitgenommen hat," er­widerte sie,er ist im Aerger von mir gegangen, und nach solchen Dingen durfte man ihn überhaupt nicht fragen. Uhr Mid Börse fand ich noch in seinen Taschen. Läge ein Verbrechen vor, so würde man ihm auch diese geraubt haben."

Hat die gerichtliche Untersuchung schon stattae- funden?"

Ich weiß es nicht, aber man darf wohl anneh­men, daß dies gestern abend sofort geschehen ist."

Der Advokat schüttelte sinnend das Haupt, er sah nicht, daß der forschende Blick Elisabeths ihn durchdringend streifte. (Fortsetzung folgt.)

An die Ko se.

Ewig trägt im Mutterschoße,

Süße Königin der Flur,

Dich uno mich die stille, große, Allbelebende Natur.

RöSlein! unser Schmuck veraltet, Sturm entblättert Dich und mich, Doch der ew'ge Keim entfaltet Bald zu neuer Blüte sich.

K o m o « y m.

Von einem Volk ich mich Als Gott verehren ließ,

Mein Ansehn längst entwich, Weil mich das Volk verstieß.

Auslösung folgt in

Ich bin nicht recht gescheidt Erdulde Spötterein Kommst Du zur späten Zeit Laß ich Dich nicht herein, nächster Nummer.