der Beratungen stehen, ergiebt sich mit einem Male eine ganz unerwartete Differenz. Dies sei nur da­durch erklärlich, daß man sich eine panikartige Er­scheinung denke, die sich der Gemüter bemächtige. Ein alter Herr dieses h. Hauses habe ihm (dem Minister) gleich nach Erscheinen des Etats gesagt, es gehöre Mut dazu, daß ein neuer Ftnanzminister gleich mit einer Steuererhöhung jhervortrete.Ich habe diesen Mut heute noch und vertrete meinen Antrag unbe­dingt vor Ihnen, vor dem Lande und S. M. dem König." Ich bitte daher, den Kommisstonsantrag ab­zulehnen. Der Minister begründet nun zunächst die Erhöhung des Betriebskapitals der Hauptkasse. Daß man mit einer Nachexigenz nicht erst kommen dürfe, wenn der Fehlbetrag da ist, sollte jeder Rechner be­greifen. Was den Notstand anbelangt, so habe der Regen in den letzten Tagen seine gute Wirkung ge­habt. Sollte sich der Notstand vergrößern, so werde die Regierung ihn zu lindern suchen, vorausgesetzt, daß das h. Haus die Mittel dazu bewillige. Alles mögliche verlange man von der Regierung, und wenn sie Geld dafür fordere, weise man ihr Steine statt Brot. Ist das staatsmännisch gehandelt? Sollten wir etwa die indirekten Steuern erhöhen, die ich scheue mich es nicht auszusprechen den Aermeren, den Arbeiter treffen? Von dem Notstand merke man an Sonn- und Feiertagen nichts. Gegenüber der Kommissions-Mehrheit bemerkt der Minister, daß deren Politik eine falsche sei, der er nicht folgen werde. Wir dürfen nicht von der Hand in den Mund leben. Werde der Reg.-Antrag abgelehnt, so sei auch die Durchführung der lange gewünschten Steuerreform in Gefahr. Der Minister giebt namens des Gesamt­ministeriums die Erklärung ab, er sei fest entschlossen, an der Vorlage festzuhalten. Der Präsident weiltest hierauf einen Antrag von Hofacker, Leibbrand, Ebner, und Gen., das Betriebskapital.der Staatshauptkafse auf 7 Millionen zu erhöhen, worauf 6^/4 Uhr die Sitzung geschloffen wird.

* Stuttgart, 30. Mai. (50. Sitzung.) Fort­setzung der Steuerdebatte. Dr. v. Göz: Bei den gestrigen Ausführungen des Finanzmintsters, die reich an Ausfällen gegen die Kommission gewesen, muß manchen die Ansicht beschlichen haben, daß wir in der Wahl der Komm, recht unglücklich gewesen, zumal dieselbe kopflos der Regierung alle Mittel vor­enthalten wollte und es auch an der nötigen Höflich­keit habe fehlen lasten. So schlimm stehe die Sache aber nicht, vielmehr glaube er, daß sich der Minister durch übergroße Empfindlichkeit habe leiten lassen. Wenn .der Minister gestern auch von der Ehre der Nation gesprochen, so gehöre dieser hohe Gesichtspunkt ebensowenig in die Frage hinein, wie in die der Pen­sionierung der Ortsvorsteher, in welche sie neulich hineingemischt worden sei. Wenn der Minister auch von der Möglichkeit der Mobilmachung gesprochen, so gehöre auch dies nicht hieher, da würden unsere 3 Mill. Mk. nicht viel nützen. Mag nun aber das Votum der Kammer ausfallen wie es will, der Minister solle sich dadurch an der Arbeit der Steuerreform nicht irre machen lassen. Der Beweis der Notwendig­keit, das Betriebskapital von 6 auf 7 Mill. Mk. zu erhöhen, sei dem Minister gelungen. Was die anderen Nachweise anbelangt, so sind die Ausführungen

nicht scharf urteilen; Elisabeth ist natürlich erbittert auf Ihre Freundin, und in ihrer gereizten Stimmung mag sie Vermutungen aus der Luft gegriffen haben, denen man, sei es nun mit Recht oder Unrecht, den Vorwurf absichtlicher Verleumdung machen kann."

Nennen Sie das Offenheit?" fragte Theodore ironisch.

Wenn ich sage, was ich weiß, was sollte ich dann noch hinzufügen?"

Sie wollen mich nicht verstehen; wie ich über Ihre Schwester urteile, müssen Sie nun wissen; ich bedaure, daß wir in diesem Punkte nicht miteinander übereinstimmen."

Fordern Sie von mir den Bruch mit Elisabeth und meinem Schwager, so werde ich keinen Augen­blick mich bedenken, Ihnen die Erfüllung dieser Be­dingung zu versprechen und mein Ehrenwort dafür zu verpfänden. Ich will ja alles zugeben, was Sie wünschen, will die Resultate Ihrer Beobachtungen anerkennen"

Das genügt mir nicht!"

Was verlangen Sie noch mehr?"

Daß Sie in jene dunklen Geheimnisse, die meiner Freundin ein Rätsel geblieben sind, mich einweihen und mir nichts verbergen."

Grüner hielt noch immer das Haupt gesenkt, ein harter, böser Zug umzuckte seine Mundwinkel.

Weshalb beharrte sie bei dieser Bedingung? Sollten an ihr seine Hoffnungen scheitern?

Wenn er ihrem Verlangen nachkam, gab er eine Waffe in ihre Hände, die auch ihn verderben konnte,

des Ministers nicht stichhaltig genug, um eine Steuer­erhöhung zu motivieren. Redner bringt sodann den Antrag seiner Fraktion, der sich auch andere Abg. angeschloffen haben, ein, pro 1893/94 es bei dem alten Steuersatz zu belasten, dagen die Erhöhung auf 3,9 °/g und 4,8°/g pro 1894/95 zu genehmigen. (Bravo.) v. Wöllwarth steht diesem Antrag sympathisch gegenüber. In einigen Monaten werde die Regierung ja die Frage des Fehlbetrags pro 1892/93 übersehen können und dann werde, so Gott will, auch die Militär­vorlage angenommen sein. Wenn man die Konse­quenzen der gestrigen Ministerrede ziehen müßte, müßte man die Kammer eigentlich auflösen, aber solch eine liebe Kammer finde die Regierung so bald nicht wieder und mtt dem Rücktritt der Minister, die in den letzten Wochen so viel Schönes gesprochen, sei uns auch nicht gedient. Als einziges Mittel, uns eine ausgiebige Steuerquelle zu schaffen, steht Redner die Einführung des Tabakmonopols an. Die Klagen über landw. Notstand seien übertrieben. Prälat v. Lechler be­zeichnet das Steuerzahlen als eine große und heilige Pflicht des Volkes und tritt für die ganze Regierungs- Vorlage ein. Prälat Ege bestreitet, daß wir an der Leistungsfähigkeit angekommen feien. Tritt ebenfalls für die Regierungs-Vorlage ein. Haug betont gegen Wöllwarth, daß wir in der That vor einem Notstand stehen. Er habe mit schwerem Herzen dem Majorttäts- anlrag zugestimmt, halte aber jedenfalls die Erhöhung des Betriebskapitals der Staatshauptkaffe von 6 auf 7 Mill. Mk. für notwendig. Minister v. Riecke: Wenn seine gestrigen Worte nicht überall angenehm berührt haben, so bedaure er das, er sei eine offene Natur, er trete mit Wärme für eine Sache ein. Was die Steuererhöhung anbelangt, so hält auch heute noch der Minister, ven Vorschlag der Regierung als der Sachlage am meisten entsprechend. Hauß- mann (Balingen) bemerkt gegen v. Wöllwarth, daß die Unzufriedenheit auf dem Lande noch weit größer sei, als die Demokratie es ausspricht. Nach einigen persönlichen Bemerkungen der Abg. v. Sachs und von Wöllwarth, schreitet man zur Abstimmung. Mit 60 gegen 20 Stimmen stimmte man der Erhöhung des Betriebskapitals der Staatshauptkafse auf 7 Mill. Mark zu, ebenso dem Antrag v. Göz zur Frage der Steuererhöhung (Genehmigung nur pro 1894/95 mit 61 gegen 17 Stimmen.)

Lavdesuachrichteu.

* Alten steig, 3 Juni. Seit Eröffnung unserer Lokalbahn regt sich's merkwürdig in Verbesserung der Verkehrsverhältniffe, namentlich was die Anlage neuer Straßen betrifft und wenn man nur von diesem einen Gesichtspunkte aus den wohlthätigen Fortschritt betrachtet, zu welchem ja die neue Bahn den Anstoß gegeben hat, so ist ihr Segen ein wirklich großer. Im letzten Jahre wurde die neue schöne Straße nach Garrweiler und Grömbach dem Verkehr über­geben, gegenwärtig ist man eifrig daran die obere Nagoldthal st raße auszubauen, das alte Schmer­zenskind, die Bern eck er Steige, kam auch ganz in Mißkredit, denn wacker wird an einer Konkurrenz­straße gearbeitet und wahrlich nicht mit Wehmut werden in Zukunft die Rosselenker auf das alter­tümliche Ueberbleibsel zurückschauen, wenn sie auf der

und wer bürgte ihm dafür, daß dies nicht in ihrer Ab­sicht lag.

Theodore, lassen Sie uns dieses Thema abbrechen," sagte er;es führt ja doch zu nichts, daß wir es weiter verfolgen. Was kümmern uns meine Ver­wandten? Sie sollen unser Glück nicht trüben, das verspreche ich Ihnen, wie ich ferner gelobe, Sie auf den Händen durch das Leben zu tragen."

Welchen Wert kann ihr Versprechen für mich haben, wenn Sie sich weigern, eine unverfängliche Frage offenherzig und ohne Rückhalt zu beantworten?" er­widerte Theodore achselzuckend.Denken Sie, es sei Eigensinn, was mich bewegt, an dieser Frage festzu­halten und auf ihre Beantwortung zu dringen."

Und wenn ich Ihnen nun sagte, daß Ihre Ver­mutungen begründet seien, was hätten Sie davon?"

Mit einer so einfachen und kurz angebundenen Antwort würde ich mich nicht begnügen; ich verlange die volle Aufklärung des dunklen Rätsels."

Im eigenen Interesse, oder in dem Interesse Ihrer Freundin?" fragte er, das Haupt erhebend, und Theodore erschrack vor dem tückischen Blick, der aus seinen Augen sie traf.

Sie vergessen, daß es nur eine Probe sein soll!"

Eine Probe, mit der Sie das Verderben meiner Schwester beabsichtigen. Sie können und dürfen das nicht verlangen. Theodore, meine Liebe zu Ihnen ist so groß, so stark, daß Sie jedes, auch das größte Opfer von ihr fordern dürfen; ich will mich sogar verpflichten, Ihrer Freundin die verlorene Summe zu ersetzen, wenn Sie diese Bedingung stellen." (Forts, f.)

neuen bequem angelegten Straße den Berg erklommen haben. Auch vonEbhausen nach Ebershardt arbeitet man gegenwärtig an einer neuen Straße und energisch trägt man sich in Göttel fingen mit dem Plane der Göttelfinger Steige, welche im bösen Ruf der Bernecker nicht nachsteht, den Krieg zu er­klären und eine für Menschen und Tiere gangbarere Straße anzulegen. Die Vorbereitungen sind so weit gediehen, daß die Inangriffnahme der Bauarbeiten nicht mehr lange auf sich warten lassen wird. Es tagt also im Hinteren Bezirke und wenn erst die neuen Straßen alle eröffnet sein werden, so wird nicht blos der Tourist, sondern auch der Fuhrmann mit mehr Recht als noch im letzten Jahrzehnt aus- rufen können:Hie gut Württemberg in allweg." Gestern und heute haben Nachtfröste den Bohnen und Kartoffeln nicht übel mitgesptelt; in den höheren Lagen sind diese zarten Gewächse fast alle verbrüht. Ein ergiebiger Regen läßt auch noch immer auf sich warten, und es besteht bei der aufs neue eingetrete­nen heiteren Witterung keine Aussicht auf baldige ergiebige Regenfälle.

* Wildbad, 31. Mai. Heule abend 6 Uhr traf Se. Maj. der König mittels Sonderzugs zur Eröffnung der morgen beginnenden Jigdperiode hier ein und nahm im K. Badhotel Adstergquartier.

* Stuttgart, 29. Mai. Wie weit es die Uhrenindustrie gebracht hat, zeigen die in zahlreichen hiesigen Bazaren ausgestellten gut (?) gehenden Re- montoiruhren, deren Preis nur 3 Mark beträgt.

* Stuttgart, 30 Mai. Zur Geschäftslage und zum Submisstonswesen teilen wir folgenden an­fangs dieser Woche vorgekommenen Fall mit. Baum- schulbesttzer Gaucher, welcher infolge Verkaufs seines Anwesens an den Staat zu Eisenbahnzwecken neue große Baulichkeiten erstellen läßt, gab diese in Sub­mission. Auf die Flaschnerarbeiten wurden bei einem Betrag von etwas über 5000 Mk. 40 Proz. von einem hies. Flaschner abgedoten.

* Stuttgart, 3l. Mai. Vor der Zivilkammer fand heute wieder Verhandlung statt in dem bekann­ten Entschädtgungsprozesse, welchen die Eltern des im Jrrenhause verstorbenen früheren Soldaten Schmtd von Schützingen, OA. Maulbronn, gegen den früheren Unteroffizier Sigle von Iptingen, OA. Vaihingen, angestrengt haben. Es wurde das Gutachten des Obermedtziualrats Dr. v. Hölder verlesen, dahin lautend, daß die von Sigle ausgeübten Mißhand­lungen, welchen Schund preisgegeben war, wesentlich dazu beigetragen haben, die bet Schmtd vorhandene körperliche unv geistige Anlage zu einer wirklichen Geisteskrankheit zu steigern. Das Urteil wird am 17. Juni verkündet werden.

* Heilbronn, 31. Mai. Eine Versammlung der Volkspartei in Kirchheim a. N. nahm einen sehr bemerkenswerten Verlauf. Rechtsanwalt Rosen- gart sprach über den in Aussicht stehenden Handels­vertrag mtt Rußland. Der Redner erklärte dabet, daß seine Partei einem solchenmit vollem Herzen zusttmmen werde", auch wenn er eine Ermäßigung der Getreidezölle bringe. Mtt diesen Ausführungen war aber die Versammlung absolut nicht einver­standen; es erhob sich ein immer größer werdender Widerspruch, so baß sich Herr R. genötigt sah, diesen

Zaubert«, rr.

Laß tief in dir mich lesen Verhehl auch dies mir nicht,

Was für ein Zauberwehen Aus deiner Stimme spricht.

So viele Worte dringen An's Ohr uns ohne Plan,

Und wahrend sie verklungen Ist alles abgethan.

Doch drängt auch nur von Ferne Dein Ton zu mir sich her,

Behorch' ich ihn so gerne,

Vergeh ich ihn so schwer.

Ich hebe dann, entglimme Bon allzurascher Glut:

Mein Herz und deine Stimme Versteh'» sich gar zu gut.

Wort-NätfeL.

Das Erste liebt die gold'ne Jugend,

Da hat es Lebenslust und Mut Da läßt sich's küssen ohne Tugend,

Da glüht und sprüht das junge Blut.

Der Geizhals nur, der sich vom Munde Das Brot darbt, meint ein and'res Gut. Er wühlt nach ihm in düst'rer Stunde Er scharrt und wühlt mit stiller Wut.

Da wird der Erste ihm zum Zweiten, Macht ihn zum Sklaven ganz und gar, Statt zu genießen ihn bei Zeiten,

Bringt er sich ihm als Opfer dar.

Das Ganze ist ein Mann von Würden, Der in Vereinen viel erscheint Und Ehrenamtes Nebenbürden Mit der Berufspflicht oft vereint. Auflösung folgt in nächster Nummer.