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Samstag dm 3. Juni
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je 8 ^ di«
1spalt.Zeile
1893.
Amtliches.
In Zavelstein. OA. Calw, wurde eine Telegraphenanstalt errichtet; dieselbe hat Telephonbetrieb und wird am 3. Juni d. I. mit beschränktem Tagesdienst für den öffentlichen Verkehr eröffnet werden.
Auf den I. Oktober d. Js. können in die Gartenbauschule Hohenheim wieder 12 Zöglinge eintreten. Die Bewerber werden aufgefordert, sich spätestens bis Freitag den 30. Juni schriftlich bei der K. Jnstitutsdirektion zu melden und sich sodann, wenn sie nicht durch besonderen Erlaß vorher zurückgewiesen werden sollten, zur Aufnahmeprüfung am Montag den 17. Juli d. I. vormittags 7 Uhr in Hohenheim einzufinden. Näheres ist aus der diesbezügl. Bekanntmachung im „Staats-Anz." Nr. 125
D Die Wehrsteuer.
In der Presse werden jetzt die verschiedenartigsten Steuerprojekte besprochen; auch Frhr. v. Schorlemer- Alst erhebt in seinem Wahlaufrufe von neuem die Forderung nach einer Wehrsteuer. Diese Steuer ist für den Reichstag nichts neues, sie wurde schon vor zwölf Jahren vom Fürsten Bismarck warm empfohlen, fand aber damals so viel Gegner, daß der Altreichskanzler den Plan wieder fallen ließ.
Neuerdings hat die Wehrsteuer in staatswirtschaftlichen Schriften eine freundlichere Aufnahme gefunden. Ja bezug auf sie stehen sich zwei ideale Auffassungen gegenüber. Die eine betont die Wehrsteuer als ausgleichende Gerechtigkeit; Fürst Bismarck wies auf die Empfindungen hin. die der die Muskete tragende Manu haben müsse, indem er seinen gleich kräftigen Nachbar ungestört seinen Privatgeschäften nachgehen sehe, weil dieser überzählig oder mit einem geringen körperlichen Fehler behaftet sei. Den entegengesetzten Standpunkt, von dem in der Wehr- euer nicht die Herstellung einer Rechtsgleichheit, sondern itne im Begriff verfehlte Gleichmacherei, ein Abwägen von Geld gegen Ehre erblickt wird, vertrat namentlich der Abg. v. Treitschke. Gegenüber dem vom Schatzsekretär hervorgehobenen fiskalischen Gesichtspunkte wurde von mehreren Seiten bemerkt, daß die Steuer unmöglich so hoch gegriffen werden könne, daß der dienstpflichtige Mann in der Zahlung des Dienstfreien einen wirklichen Ausgleich sehen könne. Auch ist die Befürchtung ausgesprochen worden, aus der Steuer würde sich ein Loskauf entwickeln, und die Ersatzkommissionen würden mit Rücksicht auf die Steuer zu einer laxen Handhabung des Gesetzes ge
langen. Die Vorlage ist auch von den meisten konservativen Abgeordneten zurückgewiesen worden.
Wenn die Frage an den in das Militär einzureihenden jungen Mann so gestellt würde: Entweder dienen oder monatlich einen bestimmten Teil deines Arbeitseinkommens als Entschädigung für das Nichtdienen an die Staatskasse abliesern, dann würde man darin einen „Loskauf" erblicken können. Wenn aber die Wehrpflicht wirklich zu einer allgemeinen werden würde, wie dies die neue Militärvorlage anstrebt, so daß nur körperliche Untauglichkeit vom Militärdienst befreite, so erhielt die Wehrsteuer allerdings den Charakter einer Abgabe für körperliche Gebrechen.
Mittlerweile ist die Wehlsteuer, die schon lange in der Schweiz und Oesterreich besteht, auch in Frankreich eingeführt worden. Seit drei Jahren wird sie dort erhoben, zu einer Jahresstcuer von 6 Frank treten Taxen, die sich teils nach den persönlichen und Wohnungssteuern des Befreiten, teils nach den Steuer- Verhältnissen der Eltern richten. Der Einwand, daß der Dienst mehr eine Ehre als eine Pflicht sei, ist auch in der französischen Kammer gemacht worden, aber cs wurde entgegnet, daß die Steuer nicht ein Ausgleich für die Wehrpflicht, sondern nur der aus dieser sich ergebenden wirtschaftlichen Nachteile sei. Das französische Gesetz ist dem deutschen Entwürfe von 1881 sehr ähnlich, in diesem war eine Jahressteuer von 4 Mark vorgeschlagen, welcher ein Einkommensteuerzuschlag hinzutreten sollte, bet Einkommen von 1000 Mk. mit 1 pCt. beginnend und bei größeren bis zu 3 pCt steigend.
Die Gegner der Wehrstcuer machen ferner geltend, daß für die Masse der Wehrpflichtigen der Dienst in Wirklichkeit keine Beschädigung, sondern eine Förderung durch körperliche Entwickelung sei, während anderseits die Steuer in den meisten Fällen nicht die dienstfreien Personen, sondern ihre Eltern belaste. Besonders hart sei es, wenn der Vater eines wegen Gebrechens oder Krankheit dienstfreien, aber auch nicht in vollem Maße arbeitsfähigen Sohnes für dieses Unglück noch besteuert werde. Dies erscheint gewiß unrecht, wenn der Vater sich in bedrängten Verhältnissen befindet, daher müßte eine Wehrsteuer die kleinen Einkommen sreilassen und bei mittleren mit niedrigem Prozentsätze beginnen. In der Schweiz
werden außer einer festen Wehrsteuer von 6 Frank Zuschläge zur Einkommen- und Vermögenssteuer er» hoben, anderthalb Prozent von dem 600 Frank übersteigenden Einkommen und weiter anderthalb vom Tausend von dem 1000 Frank übersteigenden Vermögen.
Es ist nicht ausgeschloffen, daß die Reichs-Regierung dieses Steuerprojekt in Betracht zieht.
Württembergischer Landtag.
Kammer der Abgeordueteu.
* Stuttgart, 29. Mai. (49. Sitzung.) Eingelaufen ist eine Petition von Heilbronn betr. Ablehnung des Gesetzentwurfes über die Kunstweinfabrikation. Beratung der Kommisfionsauträge zu den direkten Steuern. Die Kommission beantragt mit 10 gegen 2 Stimmen, die Verstärkung des Betriebskapitals der Staatshauptkasse von 6 auf 7 Mtll. Mk. abzulehnen, ebenso die Erhöhung der direkten Steuern auf 3,9°/g und von 4,4 auf 4,8 °/g. Berichterstatter v. Hofacker, welcher für den erkrankten Abg. v. Luz den Komm.- Bericht vorträgt, bemerkt, er sei gleichzeitig der Referent der Minderheit und habe das Referat nur übernommen, um den allseitig gewünschten Schluß des Landtags zu ermöglichen. Die Minderheit geht der Hauptsache nach davon aus, daß die Steuererhöhung die kleineren Leute nur in minimalem Maßstabe treffen würde und daß die Hauptlast auf die Schultern der vermöglichen Steuerzahler gelegt würde. Sachs begründet den Antrag der Majorität, indem er ausführt, mit den verfügbaren Mitteln könne die Regierung noch auskommen. Sollte später die Regierung in der Lage sein, pro 1894/95 eine Nachtragsexigenz einzubringen, so werden sich die Stände diesem Ansinnen dann nicht entziehen können. Aber der gegenwärtige Moment, wo wir einen Notstand haben, sei zu einer Steuererhöhung sehr wenig geeignet. Gegenüber der Behauptung Hofackers, daß bei Ablehnung der SLeuererhöhung wir den Wohlhabenden und Reichen eiu Geschenk machen, erinnert Sachs daran, daß wir Ertragsstcuern haben und die Schulden mitoersteuert werden müssen. Finanzminister v. Riecke: Bei der bisherigen Etatsberatung habe durchweg das beste Einverständnis zwischen Regierung und Ständen geherrscht und jetzt, wo wir am Abschluß
Der zweite Mann.
Erzählung von Ewald August König.
(Fortsetzung.)
„Zürnen Sie mir nicht," bat er, während er mit dem Hute in der Hand vor ihr stand, „dem Verlangen, Sie noch einmal wiederzusehen, ehe Sie von hier scheiden, konnte ich nicht widerstehen. Aus den Worten Ihres Herrn Vaters mußte ich entnehmen, daß Ihre Abreise schon morgen erfolgen kann und für mich lag die Befürchtung nahe, daß Sie die Vermutung milnehmen, Elisabeth und ich seien an dem Vergehen meines Schwagers beteiligt."
„Wie könnte ich das vermuten?" erwiderte Theodore ruhig, „mein Vater hat nur mit Herrn Griesheim gespielt und er selbst ist weit entfernt, diese Vermutungen zu hegen."
„Ich brauche Ihnen also nicht zu versichern, daß ich keine Ahnung von jenem Betrug gehabt habe?"
„Nein — wozu auch? Ich bedaure sehr, daß dies vorgefallen ist, nun aber kann leider das Geschehene nicht mehr ungeschehen gemacht werden."
„Und wie denkt Ihr Herr Vater über mich?" fragte Grüner mit einem forschenden Blick auf seine Begleiterin, die an seiner Seite langsam weiterschritt.
„Er hat sein Urteil über Sie nicht geändert."
„Und Sie, Theodore?"
Sie schlug die dunklen Augen zu ihm auf und blickte ihn unbefangen an.
„Verlangen Sie von mir, daß ich Ihnen eine Schmeichelei sagen soll?" erwiderte Theodore in scherzendem Tone.
„So rechnen Sie die Tage, die Sie mir an Ihrer Seite zu verbringen gestatteten, zu den angenehmen Ihres Lebens?" fragte Grüner.
„Sie fragen sehr kühn!"
„Verzeihen Sie mir, Theodore, eine kühnere Frage schwebte mir auf den Lippen, aber noch weiß ich nicht, ob ich sie wagen darf. Wollen Sie mir gestatten, sie auszusprechen?"
„Noch nicht; und überdies kann ich sie ja wohl erraten. Hoffen Sie nicht, daß ich so rasch eine Antwort geben werde; der Mann, der um meine Liebe werben will, muß es sich gefallen lassen, daß ich ihn erst prüfe."
„Wohlan, prüfen Sie mich!" sagte Grüner, der sich schon dem ersehnten Ziele nahe glaubte; „ich hoffe, daß ich aus dem Examen mit einer glänzenden Zensur hervorgehen werde."
Theodore hatte sich auf eine Bank niedergelassen, sie lud ihn durch einen Wink ein, neben ihr Platz zu nehmen, sie wollte nicht tiefer mit ihm in den Park hineingehen.
„Vor allen Dingen fordere ich Offenheit," sagte sie „und ich fürchte, daß ich sie bei Ihnen nicht finden werde."
„Stellen Sie mich auf die Probe!"
„Meine erste Bedingung wäre, daß Sie mit Ihren Verwandten gänzlich brechen müßten", sagte Theodore.
„Auch mit meiner Schwester?" fragte Grüner.
„Ja, auch mit ihr! Geben Sie zu, daß Elisabeth meine Freundin verleumdet hat?"
„Aber wie kommen Sie nur zu dieser Frage?"
„Ich will Ihre Offenheit prüfen."
„Und woraus schließen Sie die Thatsache der Verleumdung?"
„Aus meinen eigenen Beobachtungen."
„Dann beschuldigen Sie wohl auch mich —"
„Wenn ich es thäte, würde ich dann auch diese Fragen an Sie richten? Ich kenne auch den Zweck jener Verleumdung. Elisabeth fürchtet den Verlobten meiner Freundin, weil er damals sich der Betrogenen so energisch angenommen hat. Die Sache selbst ist mir ziemlich gleichgültig, ich komme nur deshalb auf diese Angelegenheit zurück, weil ich mich überzeugen will, ob ich von Ihnen Offenheit erwarten darf."
Grüner hatte das Haupt gesenkt, er zeichnete mit seinem Stocke Figuren in den Sand.
Für ihn unterlag es jetzt keinem Zweifel mehr, daß das Mädchen Elisabeth durchschaut hatte. Aber wenn er dies zugab, lag nicht für ihn selbst Gefahr darin?
War es wirklich nur die Absicht, ihn zu prüfen, was sie zu dieser Frage bewogen hatte, oder lag der Frage ein anderer Zweck zu Grunde?
„Eine sichere Antwort vermag ich Ihnen darauf nicht zu geben," sagte er nach einer langen Pause.
„Von dem Betrug, dessen mein verstorbener Schwager beschuldigt wurde, ist mir nichts bekannt und ich glaube auch kaum, daß meine Schwester Kenntnis davon gehabt hat, mir gegenüber hat sie wenigstens kein Wort geäußert, aus dem ich eine Beteiligung ihrerseits schließen dürfte. Und was die Absicht der Verleumdung betrifft, so möchte ich sauch hierüber