tragen, der auch zu früh für die Seinen zur großen Armee einrückte. Es ist Restaurateur Martin Trick zur Post, welcher am Dienstag von einer Lungenent­zündung ganz rasch dahingerafft wurde. Das Trauer- gelette war ein überaus großes, namentlich beteiligten sich auch die Mitglieder der Kriegerderetne von Pfalz­grafenweiler und den Nachbarorten zahlreich bei der Erweisung der letzten Ehre. Trick erreichte ein Alter von 49 Jahren.

* Im Finanzministerium wird zurzeit eifrig an eine: Neuorganisation der Steuerbehörden gearbeitet. Es soll die Zahl der Bezirkssteuerämter vermehrt werden. Die Neuorganisation wird auch die Schaffung neuer Stellen für die niederen Kandidaten des Finanz­faches mit sich bringen.

* Dobel, OA. Neuenbürg, 8. Mai. Gestern fand unter starker Beteiligung der ganzen Nachbar­schaft das Wasserfest nach der so gelungenen Aus­führung der Wasserleitung mit Gottesdienst, Festessen und Musik in hiesiger Gemeinde statt. Es war ein freudiger Tag für unsere Gemeinde. Die Freude über das Gelingen des Werkes läßt die großen Opfer, welche dasselbe gekostet, vergessen.

* Ellwangen, 9. Mai. Am 29. v. Mts. fand hier die Vollversammlung der Landarmenbehörde statt. Nach Abnahme der Landarmenpflegerechnung vom 1. April 1891/92 und Entlastung des Rechners kam der Etat für 1. April 1893/94 zur Beratung. Der Abmangel beträgt 93400 Mk. Hievon sollen durch das im Rechnungsjahr 1891/93 voraussichtlich ver­fügbare Restvermögen 11400 Mk. gedeckt und der Fehlbetrag von 82 000 Mk., wie voriges Jahr, durch Umlage aufgebracht werden. Der Voranschlag der laufenden Einnahmen beträgt 42165 Mk., der der Ausgaben 135 565 Mk. Auf den Antrag des Aus­schußes wurde die Jahresrente für den Fonds zur Gründung einer Beschästigungsanstalt für Landarme gegegenüber dem Vorjahr von 2000 Mk. auf 7000 Mark erhöht. Nach Ansicht des weit überwiegenden Tells der Landarmenbehörde wird die Errichtung einer Anstalt in nicht ferner Zeit nötig werden. Die Unterbringung vieler Landarmen hat im Lauf des letzten Winters große Schwierigkeiten verursacht und sie wird sich in Zukunft ohne eine Anstalt noch schwie­riger gestalten. Auch mit Rücksicht auf die teilweise erschwerte Unterbringung ortsarmer Personen wurde die Errichtung einer Anstalt als sehr wünschenswert bezeichnet. Für eine Verschiebung der Ausführung gaben Gründe der Zweckmäßigkeit den Ausschlag. Auch in diesem Jahr hat die Landarmenbehörde sich be sonders für gute Unterbringung verwahrloster Kinder mit Erfolg bemüht. Unter ihren Pfleglingen befinden sich auch 11 Kinder von Zigeunern, welche obwohl zum Teil längst im schulpflichtigen Alter stehend, noch keine Schule besucht hatten, bisher mit ihren Eltern herumgezogen waren und nun, um sie der gänzlichen Verwahrlosung zu entziehen, von denselben getrennt wurden. Sie haben sich in die neuen Verhältnisse so gut eingelebt, daß sie von der Rückkehr zu ihren Eltern nichts mehr wissen wollen. Gute Erfahrungen wurden auch mit der Unterbringung von aus der Schule entlassenen Knaben als Lehrlingen bei Landwirten ge­macht. Sie erhalten nach Umfluß 3jähriger Lehrzeit eine Sparkassen-Einlage von 100 Mk>, welche von

dem Lehrherrn mit einem kleinen Zuschuß des Land­armenverbands aufgebracht werden. Nach der vor­läufigen Berechnung auf 31. März 1893 stehen in fortdauernder Unterstützung: 115 Famlien, 330 einzel- stehende Männer und Frauen, 298 Kinder und 34 Lehrlinge.

* U lm, 9. Mai. Wie die Ulmer Schnellpost an­kündigt, wird hier auch die antisemitische Partei in den Wahlkampf eintreten und, sobald die bereits eingeletteten Unterhandlungen zu Ende geführt find, den Namen ihres Kandidaten und das Wahlprogramm bekanntgeben.

* (Verschiedenes.) In der Gminder'schen Spinnerei zu Neckartenzlingen war nach Schluß der Arbeitszeit der 16jährige Sohn des Schmieds Kirchner aus Mittelstadt noch mit dem Reinigen seiner Spinnmaschine beschäftigt. Von ihm ganz un­bemerkt setzte sich indessen der Spinnwagen gegen Pie Cylinder in Bewegung und trennte ihm das ganze Schädeldach vom Kopfe, so daß K. sofort seinen Geist aufgab. In Balingen wurden dieser Tage die Bauarbeiten zur Erstellung einer Wasserleitung ver­geben. Die Gesamtkosten sind auf 64 580 Mk. ver­anschlagt. Am Montag abend verunglückte der Vikar Ntll von Unterensingen durch einen Sturz vom Pferde; derselbe liegt seither bewußtlos dar­nieder. Der Maurer Weihing von Pliezh ausen, welcher am Turnhallenbau in Cannstatt arbeitete, verunglückte dadurch, daß ihm ein Stück Holz so wuchtig auf den Kopf fiel, daß er bewußtlos vom Platze getragen werden mußte. Er starb nach weni­gen Stunden. JnHerrenalb wurde am Diens­tag nacht der mit der Hut des Waldes beauftragte Albert Dußler in den Oberschenkel geschossen, was alsbald seinen Tod herbeiführte. Als Seltenheit kann mitgeteilt werden, daß eine Kuh eines Oekonomen inNeufra (Riedlingen) in der Zeit von 3Vs Jahren 8 Kälber zur Welt gebracht hat. Die Stadt Hetlbronn hat behufs Durchbruchs der Kram­gasse das Kameralamtsgebäude angekauft; der Staat verlangte ursprünglich 200 000 Mark, hat es nun aber um 170000 Mk. abgegeben. Ein Bauer von Sulzdorf zog sich durch einen Stoß gegen einen eisernen Eggenzahn eine leichte Verwundung am Schien­bein zu, welcher er keine wettere Beachtung schenkte. Es trat jedoch Blutvergiftung ein, und am folgenden Tag war der im besten Mannesalter stehende Oekonom eine Leiche. In Tettnang hat sich der Steuer­wächter Stierle iu. Keller mit seinem Dienstgewehr erschossen. In Wittershausen ist der seltene Fall vorgekommen, daß in einem ganzen Jahr keine erwachsene Person gestorben ist, auch kein Schüler, nur einige kleine Kinder raffte der Tod hinweg, was sich selbst alte Leute nicht denken können. In Tros­singen sind in den letzten Tagen 20 Stück Rind­vieh nebst einer Anzahl junger Schweine an der Maul- und Klauenseuche verendet, so daß der Gesamt­verlust in Geldwert wohl über 6000 Mk. beträgt. Die gefallenen Tiere sind meist die bestgenährtcsten Kalbinnen und jungen Kühe. In 4 Ställen fielen je 2 Stücke.

* Karlsruhe, 9. Mai. Bereits ein halbes Dutzend badischer Abgeordneter haben die Annahme

einer Kandidatur für den nächsten Reichstag abgelehnt. Es sind dieses Konsul Mcnzer (konservativ), Dillinger (Demokrat), Fieser (nat.-ltb.), Lender und Marbe (Ztr.)

* In Offenburg wurde am Sonntag der Ober­ingenieur Scholl des Eisenbahnfahramts verhaftet. Dem Vernehmen nach handelt es sich um Verdacht langjähriger, mittels Buchfälschung betriebener Unter- schletfe. Der große Aufwand, welchen der Verhaftete sich in seiner Lebenshaltung gestattete, hatte schon seit langem Verwunderung erregt. Scholl war eine Reihe von Jahren hindurch Abgeordneter für Offenburg.

* Mannheim, 8. Mai. Ein eigenartiges Ge­schick schwebt über dem 1. Preis der diesjährigen Maimarktlotterie. Derselbe ist nämlich, wie sich jetzt herausstellt, von einem jungen Manne gewonnen worden, der inzwischen nach Amerika ausgewandert ist. Der betreffende, von Mingolsheim stammende Bursche war ein Bruder Thunichtgut und deshalb vor etwa acht Wochen von seinem Vater nach Amerika geschickt worden. Auf seiner Reise nach der neuen Welt machte er noch einmal in Mannheim Halt, um hier mit einem Kollegen noch ein Paar frohe Stunden zu verleben. Bei dieser Gelegenheit wurde dem Aus­wanderer ein Maimarktlos angeboten und auch von ihm erworben. Es kommt nun darauf an, ob daS Los beigeschafft werden kann. Ist dies nicht der Fall, fällt der Preis dem Mannheimer Maimarkt- komite zu.

* In Berlin sind gegenwärtig 9000 Tischler beschäftigungslos.

* Daß der Wahltermin auf den 15. Juni anbe­raumt ist, wurde bereits mitgeteilt. Im Falle der Reichstagsauflösnug greift die Bestimmung des Artikels 25 der Retchsverfassung Platz, welche lautet:Im Falle der Auflösung des Reichstags müssen innerhalb eines Zeitraumes von 60 Tagen nach derselben die Wähler, und innerhalb eines Zeitraums von 90 Tagen nach der Auflösung der Reichstag versammelt wer­den." Die Wahlen hätten also bis zum 5. Juli hinausgeschoben werden können, finden also fast drei Wochen vor Ablauf der verfassungsmäßig gestellten Frist statt, während die Einberufung des Reichstages spätestens zum 4. August erfolgen muß. Uebrigeus ist der zum Wahltage ausersehene 15. Juni bekannt­lich der Tag des Regierungsantritts des Kaisers Wilhelm II.

* Der sozialdemokratische Wahlaufruf fordert die Parteigenossen auf, mit ganzer Kraft in den Kampf einzutreten, ungesäumt die letzte Hand an die Organi­sation des Wahlkampfes zu legen und namentlich auch dafür zu sorgen, daß die für diesen Kampf er­forderlichen Mittel in ausreichendem Maße zur Ver­fügung stehen.

* Unser freundlicher Nachbar im Westen bekommt einen kleiner Dämpfer auf seine Freudenausbrüche über den Fall der deutschen Militärvorlage. Die Reichstagsverhandlungen der letzten Tage hatten ihn fast sein eigenes Leid mit Panama und Ministerkrisen vergessen lassen. Jetzt kommt ein kleines, jämmer­liches Käterchen angeschltchen, das auf das hübsche Fremdwort Defizit hört. Der Staatshaushalt Frank­reichs für 1894 wird nach dem Anschläge der Re­gierung einen Fehlbetrag von 131 Millionen zeigen, der durchErsparnisse" getilgt werden soll. Der

Der zweite Mann.

Erzählung von Ewald August König.

(Fortsetzung.)

Ich verspreche nichts."

Dieses Versprechen liegt in Ihrem eigenen In­teresse. Ich gebe Ihnen nochmals mein Wort darauf, daß Ihre Rechte gewahrt werden sollen. Wollen Sie mir die Karten anvertrauen, so werde ich sie einer scharfen Prüfung unterziehen."

Geben Sie sich keine Mühe," unterbrach der alte Herr ihn, der jetzt vor der Thür des Salons stand;ich weiß sehr genau, was ich zu thun habe."

Theodore erschrak, als sie in das totenbleiche Antlitz des eintretenden. Vaters blickte; er stand vor ihr, ehe sie Zeit fand, eine Frage an ihn zu richten.

Wir müssen dieses Haus verlassen, mein Kind," sagte er in einem Tone, der keinen Widerspruch dul­dete.Du wirst auf dem Heimwege das Vorge­fallene erfahren."

Elisabeth blickte fragend ihren Bruder an. Er zuckte die Achseln, als ob er sagen wollte, er könnte ihr jetzt keine Erklärung geben.

Schweigend ging Theodore hinaus, um Hut und Mantel anzulegen. Grüner folgte ihr.

Glauben Sie nicht alles, was Ihr Herr Vater in der Erregung sagen wird," flüsterte er,und vor allen Dingen halten Sie ihn zurück, Schritte zu thun, die er später als übereilte Handlungen bereuen müßte. Ich werde morgen nach Brunnen kommen und mich bemühen, die Angelegenheit in Ordnung zu bringen."

Bemühen Sie sich nicht," sagte Hallstädt, der in demselben Moment aus dem Salon heraustrat, als Grüner nach seinem Hut griff;den Weg zum Schiff können wir allein finden."

Grüner verbeugte sich und wechselte mit Theodore einen bedeutungsvollen Blick. Einige Minuten später war er mit seiner Schwester allein. Die langver­haltene Wut gegen den Schwager brach sich jetzt Bahn.

Er hat alles verdorben;" rief er.Hallstädt weiß, daß dein Mann aus dem falschen Spiel ein Gewerbe macht; er hat tausend Thaler an ihn ver­loren und will die Geschichte der Polizei anzeigen."

Die Wangen der jungen Frau erbleichten, auf ihrer Stim zeigten sich Falten des Unwillens.

Abscheulich!" sagte sie.Die Leute befanden sich als Gäste zum ersten Male unter diesem Dache -aber wie hat Hallstädt Kenntnis davon er­halten s"

Sein auffallender Verlust hat ihn auf die Ver­mutung gebracht, daß er betrogen sein müsse."

Ist es nur Vermutung, dann liegt die Gefahr noch nicht so nahe"

Er wird bald Gewißheit haben; er hat eines der gezeichneten Kartenspiele mitgenommen und mir erklärt, daß er dasselbe samt dem Rest seiner Zigarre der Polizei übergeben wolle."

War es eine von den bewußten Zigarren?" fragte Elisabeth.

Jawohl; der Chemiker muß das Opium ent­decken und die Anklage hat dann einen sicheren Be­

weis, auf den sie sich stützen kann. Ich begreife diese Dummheit und Rücksichtslosigkeit nicht. Griesheim kannte unsere Projekte; fast scheint es, als habe er absichtlich sie durchkreuzen wollen. Er mußte ja vor­aussehen, daß der alte Mann Verdacht schöpfen würde, zumal er schon in Andermatt ihn gerupft hatte. Er durste ihn gar nicht zum Spiele auf­fordern."

Ich hatte es ihm auch verboten," sagte Elisabeth entrüstet.

Der kleine Gewinn will gar nichts bedeuten; beschäftigt die Polizei sich mit der Sache so"

Das darf nicht geschehen, um jeden Preis muß es vermieden werden."

Griesheim trat in diesem Augenblicke ein, mit höhnischem Lächeln hörte er die Beiden an.

Was ist denn so Furchtbares geschehen?" fragte er sarkastisch.Ich habe für die Bezahlung der Zeche gesorgt, und mit seinen albernen Vermutungen und Behauptungen jagt der alte Mann mir keinen Schrecken ein. Eure Projekte, soweit sie sich auf Fräulein Hallstädt beziehen, find Illusionen, die sich niemals verwirklichen können; da ist mir der Spatz in der Hand lieber, als die Taube auf dem Dach."

Das heißt mit anderen Worten, du sorgst nur für dich, nimmst dabei auf uns keine Rücksicht," er­widerte Grüner auffahrend. Wenn Hallstädt nun seine Entdeckungen dem Advokaten Varnay mitteilt, sind wir alle verloren."

Ich hoffe, er wird mit ihm nicht mehr Zusammen­kommen," sagte Elisabeth.