Süddeutschland verstanden werden. (Beifall.) Der Jubel in Paris, daß die Vorlage vielleicht abgelehnt wird, der Druck der Franzosen auf die Elsäßer, daß sie hiehergereist sind, um gegen die Vorlage zu stimmen, das ist doch verständlich genug! Die Klugheit sollte die Elsäßer lehren, im eigenen Interesse für die Vorlage zu stimmen. Im Volke erkennt man die Gerechtigkeit der Vorlage an. Mancher Abg. stimmt vielleicht gegen die Vorlage nur aus falscher Furcht vor den Wählern. Die Fraktionspolitik ist ein Stück der alten deutschen Eigentümlichkeit, das Zentrum ist dafür ein bezeichnendes Beispiel. Vergessen Sie niemals, daß Sie Vertreter des ganzen Volkes sind, stimmen Sie in diesem Sinne ab! (Beifall.) — Graf Preysing-Straubing (Zentr.): Der Reichskanzler hat andeutungsweise gesagt: „Es thut mir in der Seele weh, daß ich Dich in dieser Gesellschaft seh'." (Heiterkeit.) Ich mag mich aber vom Zentrum nicht trennen. Ich glaube, daß ich dem Reiche so besser diene. Noch lebt das Zentrum, es ist weder demokratisch noch aristokratisch, sondern es sucht die richtige Mitte. Ich werde das meinen Wählern wiederholen, wir werden prüfen, was zu thun ist, in voller Treue zum Reiche. — v. Horn- stein (wild): Er werde im Sinne der badischen Bevölkerung für den Antrag Hüne stimmen. Gegen die Falschmünzerei, die in der Presse die katholische Sache (der v. Hornstein treu ergeben ist) und die Militärvorlage vermengt, lege ich Verwahrung ein. Wir Badener stimmen nicht mit den Elsäßern, welche nach Meldungen aus Paris dort bejubelt worden find. (Lebh. Beifall.) — Nach erfolgtem Schluß der Debatte erfolgt die Abstimmung. § 1 der Regierungsvorlage (Präsenzstärke) wird gegen die Stimmen der Konservativen abgelehnt. Es folgt die namentliche Abstimmung über § 1 des Antrags Hüne:
Die Friedenspräsenzstärke des deutschen Heeres an Gemeinen, Gefreiten.und Obergefreiten wird für die Zeit vom 1. Okt. 1893 bis 31. März 1899 auf 479229 Mann als Jahresdurchschnittsstärke festgestellt. An derselben find die Bundesstaaten mit eigener Militärverwaltung nach Maßgabe der Bevöt- kerungSziffer beteiligt. Die Einjährig-Freiwilligen kommen auf die Friedenspräsenzstärke nicht in Anrechnung. Die Stellen der Unteroffiziere unterliegen in gleicher Weise wie die der Offiziere, Aerzte und Beamten der Feststellung durch den Reichshausbalts- Etat. In offenen Unteroffizierstellen dürfen Gemeine nicht verpflegt werden.
Die Abstimmung ergiebt die Ablehnung mit 210 gegen 162 Stimmen, eine Enthaltung. (Es sind also von 394 Abg. 373 anwesend; es fehlten nur 21, zumeist Kranke, auf Reisen Befindliche rc.1 Der Reichskanzler verliest darauf eine kaiserliche Botschaft, welche den Reichstag auflöst.
Württembergischer Landtag.
Kammer der Abgeordneten.
* Stuttgart, 5. Mai. (38. Sitzung.) Gegenstand der Tagesordnung: Kommissionsanträge zu Artikel 9 und 10 des Finanzgesetzes samt Nachtrag zu Artikel 10. Ehe in die Tagesordnung eingetreten wird, giebt Minister von Schmid eine Erklärung dahin ab, daß die von ihm am 19. April gemachten
Der zweite Mann.
Erzählung von Ewald August König.
(Fortsetzung.)
„Liegen die Dinge so?" Du bist meiner überdrüssig ?
„Ereifere dich nicht," erwiderte Griesheim, ihm in die Rede fallend; ,-unlösbar sind die Bande, die uns aneinander fesseln, niemals gewesen. Wir können ja beide unseren Weg allein finden und auf deinen Rat lege ich keinen Wert."
„Und wenn ich mich nun mit jenen Beiden verbündete ?"
„Bah, das zu wagen, bist du zu feig ? Du würdest in dein eigenes Verderben hineinrennen."
„ES geschähe euch recht, ließe ich euch hineinrennen." sagte Grüner verächtlich, „und ich würde es ohne Bedenken thun, wenn deine Frau nicht meine Schwester wäre!"
„Oder richtiger gesagt, wenn dadurch nicht deine eigenen Pläne in die Brüche gingen!" spöttele Griesheim. „Nicht auf uns nimmst du Rücksicht, sondern auf Fräulein Hallstädt; aber gelingen wird dir dieses Projekt doch nicht."
„Das sind meine Sachen, ich fordere deine Hilfe nicht und darf mir also auch alle Glossen darüber verbitten. Wie gesagt, ich sollte die Dinge ihren Gang gehen lassen, aber ich will, trotzdem ich weiß, daß ich nur Undank ernten werde, mein möglichstes thun, um die Gefahr von euch abzuwenden."
..„So? Und was soll geschehen?"
Mitteilungen bezügl. der von Reg.-Präsident Häberlen abgehaltenen geheimen Sitzung der bürgerlichen Kollegien von Heilbronn auf einem amtl. schriftl. Bericht des Präsidenten von Häberlen vom 17. April beruht haben, das sei die Urkunde, von der er gesprochen habe. Da nun die Behauptung aufgestellt worden sei, dieselben entsprechen nicht dem wirklichen Sachverhalt, so habe er Einleitung getroffen, den Tatbestand amtlich festzustellen und behalte sich dementsprechend das Weitere vor. Artikel 9 des Kommtsstons- antrags den Betrag der für den Verzicht Ihrer Maj. der verstorbenen Königin Witwe auf den Ihrer Maj. zugestandenen Anspruch auf Einräumung einer standesgemäß meublierten Residenz und eines anständig meublierten K. Luftschlosses zum Sommeraufenthalt neben einer lebenslänglichen Rente von 15000 Mark vereinbarten einmaligen Leistung von 47000 Mark den Mitteln der Restverwaltung zu entnehmen, wird debattelos angenommen. Zu Artikel 10 giebt Minister von Rieke allgemeine Bemerkungen über die Grundsätze der Restverwaltung, die Quellen ihres Vermögens, und die Zwecke von dessen Verwendung und kommt dann eingehender auf die allgemeine Lage des Staatshaushaltes zu sprechen, v. Weizsäcker sprach hiefür den Dank des Hauses aus. Hierauf Beratung der einzelnen Exigenzen. Verwilligt werden als letzte Raten: 620 000 M. für das neue Justizgebäude und Gefängnis in Ulm; 600 000 M. zur Herstellung eines Neubaus für die Sammlungen. Institute und Kanzlet- gelasse der gewerbl. und landwirtschaftl. Zentralstelle in Stuttgart; 212 000 M. zur Errichtung einer Jrren- kltnik an der Universität; 495 000 M. zum Bau eines elektrotechnischen Instituts, sowie eines 2. chemischen Laboratoriums an der technischen Hochschule. Nachtrag zu Artikel 10. 1. Zu einem Staats-Bettrage an die Stadtgemeinde Stuttgart zur Erstellung eines Gebäudes für die neu zu errichtende 2. Realanstalt daselbst 160000 Mk. Berichterstatter von Göz begründet die Ex-genz mit dem absolut dringenden Bedürfniseinerwetteren selbständigen Realanstalt. Haffner würde den Antrag unterstützen, wenn es möglich wäre; auch andere dringende Bedürfnisse in den übrigen Landesteilen zu befriedigen. Die Stadtgemeinde Stuttgart wolle nur bauen unter der Voraussetzung, daß der Staat mindestens 25°/, der Kosten betsteure. Wohin es führen würde, wenn andere Gemeinden ein Gleiches verlangten? Warum Stuttgart einer besonder Staatssürftrge bedürfen solle, sei ihm unerfindlich. Redner beantragt, die Summe auf 80 000 Mark zu ermäßigen. Stälin betont dem gegenüber, daß die Stadt Stuttgart Millionen für Errichtung von Volksschulen ausgegeben habe, ohne Staats beitrüge in Anspruch zu nehmen. Er führt sodann die Berechtigung der Forderung näher aus und bittet, den Gegensatz zwischen Stadt und Land, der in letzter Zeit nur selten hervorgetreten sei, nicht wieder zu verschärfen. Nachdem nun auch Minister von Sarwey den erhobenen Bedenken entgegengetreten und die Debatte sich noch eine Zeit lang nach beiden Rich langen weiter bewegt hat, wird der Antrag der Kommission mit 44 gegen 20 Stimmen adgelehnt, der der Abgeordneten Haffner, Stockmayer und Mcyder mit großerMehrheitangenommen. DteübrigenKommissions- anträge werden debattelos genehmigt. 2. Gegenstand
„Könnte man die beiden verschwinden lassen, so wäre das wohl das einfachste —"
„Ich danke, an solchen Geschichten beteilige ich mich nicht."
„Ich denke auch nicht daran, ich glaube, ein besseres Mittel gefunden zu haben, den Agenten unschädlich zu machen. In einer Stunde reise ich mit dem Nachtzuge nach Basel, morgen in aller Frühe bin ich wieder hier."
„Und was willst du dort?"
„Nur dieses Telegramm aufgeben."
Grüner holte sein Notizbuch aus der Tasche und schrieb einige Zeilen nieder, die er darauf seinem Schwager zeigte.
„Was willst du damit bezwecken?" fragte Griesheim achselzuckend.
„Kannst du es nicht erraten?"
„Ja doch, aber helfen wird es nichts, und ist die Sache fehlgeschlagen, dann fällt der Verdacht auf uns."
„Diesem Verdachte sollst du Vorbeugen. Das Dienstmädchen muß glauben, daß ich die Nacht über zu Hause gewesen bin, damit sie es im Notfälle beschwören kann. Du wirst dafür wohl sorgen können."
„Wenn es sein muß, allerdings, aber ich sehe keinen Vorteil darin."
„Versuchen wir es wenigstens."
„Advokat Varnay wird für den Agenten in die Schranken treten."
„Er soll für sich selbst sorgen; wer für einen Verdächtigen eintritt, der macht sich selbst verdächtig."
der Tagesordnung: Kommissionsanträge zum Etat. Kapitel 117, Badeanstalt Wildbad. Berichterstatter Freiherr v. Wöllwarch. Eine Debatte erhebt sich nicht, wie auch nicht zu dem 3. Gegenstand, Kapitel 123: Verschieden: Einnahmen bei der Staatshauptkaffe.
Lavdesvachrichtev.
-r. Alten steig, 6. Mai. Zu der vom hiesigen Gewerbeverein gestern veranstalteten Gewerbelehrlings- Prüfung hatten sich erfreulicherweise 18 Lehrlinge gestellt (sonst waren es nur 4 oder 5). Es waren 5 Bäcker, 4 Schneider, 2 Schlosser, 1 Schmied, 1 Schreiner, 1 Küfer, 1 Steinhauer, 1 Gerber, 1 Schuhmacher, 1 Weber. Sie hatten Gesellenstücke ausge- arbettet und aufgestellt, die Schaumeister prüften über die Anfertigung derselben und in Materialienkunde, die hies. Lehrer in Lesen, Aufsatz, Rechnen und Zeichnen. Die Leistungen in den 4 letzten Fächern waren im allgemeinen weniger gut. Nach der Prüfung wurde den Geprüften ein kleiner Imbiß verabreicht. Außer dem Lehrzeugnis (Formular von der K. Zentralstelle) groß Format, erhalten sie ein Duplikat auf Karton in einem Futteral von Taschenformat, das sie jederzeit auch auf der Reise vorweisen können. Am Schluffe hielt Herr Stadtpfarrer Hetterich an die jungen Leute eine warme Ansprache mit beherzigenden Winken für ihre künftige Laufbahn. Herr Gewerbevereinsvorstand Maier sprach seinen Dank der Prüfungskommission aus für das Interesse, das sie der Prüfung entgegenbrachte.
-r. Nagold, 6. Mai. Gestern war hier die staatliche Viehprämierung. Die Kommission bestand aus den Herren: Reg.-Rat Clausnitzer. Landwirtschaftsinspektor Römer beide von Stuttgart, OA.-Tierarzt von Herrenberg und Ökonom Walter von Aach. Es waren nur wenige Tiere vorgeführt, 2 Farren und 12 Kühe. Die Ausstellung war wohl auch beeinflußt von dem herrschenden Futtermangel. Von den beiden Farren erhielt einer den III. Preis (100 M.), er gehört dem Farrenhalter Mohrhardt in Ueberberg. Von den 12 Kühen wurden 6 mit Preisen bedacht. Einen II. Preis erhielt Bühler von Gültlingen (100 M.) einen III. (80 M.) Gutsbesitzer Link von Tröllens- hof, auch Mühlebesitzer Schill von Altensteig, einen IV. (69 M.), Gasthofbesitzer Sailer zur Traube in Alrenstcig, ebenso Posthaller Luz von hier und Schuster Dengler vön Ebhausen. Am Festessen in der Post nahmen etwa 20 Personen teil. Nach dem Essen wurde ein Ausflug auf den Tröllenshof gemacht, wo das auf die Ausstellung nach München bestimmte Vieh, 2 Farren, 5 Kühe, 3 trächtige Kalbeln und 3 Jungen zur gemeinsamen Fütterung und Pflege aufgestellt sind. Em Imbiß bet H. Lenk wurde dankbar angenommen.
* Calw, 4. Mai. Heute mittag nach 1 Uhr ertönten die Feuerglocken; es brannte im Badischen Hof von Häring, früher Thudium; das Hintergebäude nebst Keg (bahn wurde ein Raub der Flammen. Das Hauptgebäude wurde gerettet.
* Calw, 5. Mat. Kaum war man der gemeldeten Feuersbrunst im Badischen Hof Meister geworden, als gegen Abend aufs neue Feuer gemeldet wurde. Das Fabrikgebäude von Banmann (Kratzen- fabrtk), ehemalige Walkmühle, war. wie es scheint.
Griesheim schüttelte zweifelnd das Haupt.
„Ich rate dir entschieden ab," sagteer, „du bringst nur uns selbst in Ungelegenheiten, denn auf uns wird alles zurückfallen. Wir steigern nur dadurch das Mißtrauen und den Verdacht, und sobald den beiden wieder die Hände frei geworden sind, werden sie nur um so schärfer gegen uns Vorgehen.
„Bis dahin haben wir weitere Mittel und Wege gefunden —"
„Bis dahin bin ich längst über alle Berge," unterbrach Griesheim ihn; „zu deinen Mitteln und Wegen habe ich kein Vertrauen."
Grüner zuckte verächtlich die Achseln und erhob sich.
„Darüber wollen wir morgen weiter reden," sagte er, „jetzt ist es Zeit, daß ich zum Bahnhof gehe."
Er nahm seinen Hut und trat ans Büffett, u« seine Zeche zu berichtigen; ohne den Schwager, der vor der Weinflasche sitzen blieb, noch eines Blickes zu würdigen, ging er hinaus.
7.
Elisabeth ging über die Mitteilungen, die ihr Bruder ihr den nächsten Morgen über seine Entdeckungen machte, leichter hinweg, als dieser erwartet hatte.
Sie bestritt, daß Varnay ihr eine Maske gezeigt habe, um sie zu täuschen; für sie unterlag es keinem Zweifel, daß die Verlobung des Rechtsanwalts mit Paula Hagen gelöst war.
Mochte auch der Agent mit ihm zusammenge- kommen sein, um ihm seine Vermutungen mitzuteile«.