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auftNr. 77 788, je 1000 auf Nr. 43844, 41884, je 500 ^ auf Nr. 4402, 78119, 79519, 4634. (Ohne Gewähr.)

Cannstatt 23. Aug. (Straßen­leerung.) Die Teerung der Waiblingerstraße vom Krankenhau» zum Lindle hat sich wohl bewährt. Dabei ist sofort sichtbar, daß die Strecke, die doppelt geteert ist, sich außerordent­lich gut hält und eine vorzüglich glatte Bah« darstellt, während bei der Einfachteerung bereit» wieder die nackten Steinspitzen sichtbar sind. Ein Hauptwert der Teerung bestand aber darin, daß vor der Teerung die vielen Lücken mit feinem Straßenschotter gefüllt und mit Teer gut aus- gegofsen wurden, und daß diese Mängel hier ganz verschwanden, während sie sich auf der angrenzen­den Strecke sehr fühlbar machen.

Bin»dorf OA. Sulz 23. Aug. Vor einige» Tagen ging ein biederer Bauersmann mit seinen Zugkühen auf da» Feld um Garben zu holen und ließ eine dritte Kuh, die er gerade nicht benötigte, im Stalle zurück. Diese mochte sich gelangweilt haben, denn sie riß sich lo» von der Krippe und schaute sich im Hause »ach einer anderen Wohnung um, ging in den HauSgang und von da in die untere Stube, die von den Bewohnern al» Schlafzimmer benützt wird. Direkt vor dem Bett setzte sie sich auf eine runde, schwarze Bettvorlage. Hierauf schaute sie in aller Gemütt­ruhe zum oberen Teil de» Fensters heraus, zum Gaudium der Passanten und wartete hier die Zurückkunft ihrer Genossinnen ab, bi» der Eigen­tümer sie wieder an ihren alten Platz brachte.

Rottenburg 23. Aug. Stadtschultheiß Winghofer hat an Hopfenhändler Clemens Heck hier einen Ballen Frühhopfen aus dem Versuchsgarten de» Hopfenbauverein» zu 400 ^ de» Zentner verkauft, ein Prei», wie er seit 1876 nicht mehr gelöst worden ist. Aber auch damals erreichten die Hopfenpreise erst im September diese Höhe, mit Beginn der Ernte find hier »och nie 400 ^ für 1 Ztr. Hopfen gelöst worden. Schmiedmeister Egeler in Tail­fingen hat ebenfall« 1 Ztr. F.ühhopfen um 400 ^ verkauft.

Reutlingen 23. Aug. (Erhebungen über die Futternot.) Die K. Zentralstelle für die Landwirtschaft stellt gegenwärtig Erheb­ungen an über evtl. Futter und Streumaterialien- mangel in den einzelven Oberamttbrz-rken und erbittet fernerhin Ratschläge, welche Maßnahmen zu Erhaltung der Viehbestände getroffen werden können. Um zu ermitteln, wie e» in dieser Be­ziehung bei uns steht, hat da» K. Oberami ent­sprechende Fragebogen an die Bezirksgemeinden hinausgesandt, die jetzt zurückgekomme» sind und gesichtet wurde«. Der verstärkte Ausschuß de»

Landw. Bezirk»«erein» hat auf Grund der eiu- gegangenea Antworten festgestrllt, daß in den meisten Gemeinde« des Bezirk» «och ziemlich viel altes Heu vorhanden ist und daß die Vieh­bestände bei sparsamer Einteilung de» Rauhfutter« unter Zugabe von Stroh und Zukauf von Kraft- futtermittela durch de» Winter gebracht werden können. Der geringe Atttfall der Kartoff-l- und Rübenernte läßt e» al» geboten erscheinen, durch sofortige Aussaat von Futterroggen zum Frühjahr für baldige» Grünsutter zu sorgen. Regierungrseitig sollte eine Frachtermäßigung auf Kraftfutter und Düngemittel und die Abgabe von Waldstreu an die Gemeinden in» Auge ge­faßt werden Maßnahme», die durch Erlaffe de» Ministerium» des Innern und der Forst- direktio« bezw. der Generaldirektion der K. württ. Staatseisenbahnen inzwischen getroffen worden sind.

Laugenbeutingen ON Oehringen 23. Aug. (Hagelschlag) Ein schwere» Ge­witter brachte unserer und den benachbarte» Markungen einen bösen Gast, den Hagel. Zentnerweise liegt da» halbreife Obst unter den Bäumen, die halb entlaubt dastrhen. Die Tabak­felder sind zum größten Teil vernichtet. Die Weinberge in de» höheren Lagen find der letzte» Hoffnungen beraubt. Ueberall begegnet man einem traurigen Bild der Verwüstung. Die zum Glück abgeerntete« Felder boten lange Zeit den Anblick einer Schneelandschaft, wa« die Dürre noch zurückgelafsen hatte und worauf der Landman» noch rechnen zu dürfen glaubte, wenn der ersehnte Regen einireten würde, das hat da» Unwetter vollend» vernichtet.

Weinsberg 23. Aug. In de» Weins­berger Steinbrüchen (Besitzer Ganzenmüller und Haar) ereignete sich gestern nachmittag ein starker Fel» rutsch. Gegen 3 Uhr mittags stürzten unter fürchterlichem Getöse mächtige Felsen zu­sammen, einen großen Teil der Steivbrüche zu­deckend. Die Besitzer, einige Arbeiter und ein Fuhrmann hatte« gerade dis Steinbrüche ver­lassen. Meuschenlrbrn sind glücklicherweise nicht zu beklage».

Crailsheim 23. Aug. Der Stromer, der vor 10 Tagen in der Wirtschaft in Neuhavs einen Einbruchsdiebstahl verübt und dabei über 200 ^ in Bargeld sowie verschiedene Wertsachen erbeutet hat, wurde in Ulm ermittelt und ver­haftet, bevor er sich de» Gestohlene» bi» zur Neige gütlich tun konnte. I» den untere« Jagstgärten hier ist zur Zeit ei» Apfelbaum zu sehe», der »eben beinahe reife» Früchten einen Zweig der schönsten Blüte» aufweist.

Winterstettenstadt 23. Aug. Der älteste hiesige Bürger, der frühere Weber Andrea» Greis ing, der da» hohe Alter von 81 Jahren

erreicht hatte, wurde dieser Tage zu Grabe ge­tragen. Mit ihm ist zugleich der letzte Vertreter de« Weberhandwerk« au« dem hiesigen Orte ge­schieden. Noch um die Mitte de» vergangenen Jahrhundert» wurde da» Weberhandwerk hier eifrig betrieben, im 17. und 18. Jahrhundert stand in dem damaligen Stadtflecken Winterstetteu da» Webergewerbe besonders in Blüte, und wie» die Weberzunft fast stet» am meisten Mitglieder auf. Mit Beginn der fabrikmäßigen Verarbeitung der Gespinstpflanzen und infolge Rückgang de» Flachsbaues ging da« Webergewerbe immer mehr zurück, und so Hai nun auch dem letzten hiesigen Weber sei» letztes Stündlein geschlagen.

Ulm 23. Aug. Ein unbekannter 20 Jahre alter Bursche badete gestern in der Donau und ging, obwohl er nicht schwimmen konnte, trotz Verbots zu weit in die freie Donau. Plötzlich verlor er dev Bode» unter den Füßen und wurde vom Wasser fortgerifse». Da er jämmerlich um Hilfe rief, entkleidete sich der des Wegs kommende Bäckerlehrling Adolf Köberle, sprang in da» Wasser und e» gelang ihm mit Hilfe zweier 16jähriger Jungen, de« Verunglückten ans Land zu bringen, wo er sich bald wieder erholte.

Ulm, 23. Aug. Die Orkonomenehefrau Moser au« Schiesse« wurde mit ihrem 9jährige« Sohne, die mit Seegrasrupfen beschäftigt waren, von einem Reh bocke überrascht. Auf da» Händeklatschen de» Knaben, der den Rehbock verscheuchen wollte, griff dieser den Jungen au und riß ihm die Kleider vom Leibe. Die hinzu­eilende Mutter verletzte er sehr erheblich am Fuße. Erst als noch mehrere Frauen herbeieilten, nahm der Bock Rrißau».

Gammertingen 23. Aug. Gestern abend 11 Uhr brach auf der Fürstlich Hohen- zoller'schen Domäne Birkhof ein Brand au». Der Viehhof wurde total ring« äschert, wobei 68 Stück Vieh de» Tod in den Flammen fanden. Al» EntstehungSursache wird, wie bei den in letzter Zeit abgebrannten fürstliche» Höfe«, Selbstentzündung de» Futters angegeben.

Pari» 23. Aag. Betreff» de» Dieb­stahl» der Gioconda fehlt noch immer jeder Anhaltspunkt, der zur Entdeckung der Diebe führe» könnte. Die Polizeibeamtrn erklärte« dem Berichterstatter, daß gegenwärtig im Louvre ver­schiedene Bauarbeiten ausgeführt werde» und die Diebe wahrscheinlich al» Maurer verkleidet waren. Denn nur so sei e» zu erklären, daß sie un­behelligt mit ihrer Beute abziehe» konnten. Der radikale Deputierte Chastenet kündigte an, er werde die Regierung über die Nachlässigkeit und Unerfahrenheit der Verwaltung der staatlichen Museen und insbesondere de» Louvre interpellieren Da» Louvre-Museum bleibt bi» Freitag geschlossen-

Aber er konnte beim besten Willen ei« gewisses Schuldgefühl ihr gegenüber nicht lo» werden. Zwar hatte er die Sache ja sehr geschickt bemäntelt, indessen, fatal war e» doch. Daß auch dieser schwatzhafte Schwalbing just mit ihr hatte zusammentreffe» müssen!-

Na, so mochte sie den» in Gotte» Namen da» nötigste wisse», und sich einbildev, daß e» ihmBedürfnis" war, ihre Ansicht darüber zu höre«.

So erfuhr Frau Lore, daß er nicht nur seine Stellung am Theater, sondern auch an der dramatischen Anstalt aufgegeben hatte, weil da» Projekt mit der Zellulosefabrik sich verwirklicht hatte.

Er war früher in Deutschland längere Zeit an einer ähnlichen Fabrik angestellt gewesen, war nachher al» Vertreter derselben gereist und hatte die Stellung nur aufgeben müssen, weil das Unternehme» an der Unfähigkeit seiner Unternehmer zugrunde ging.

Immer aber hatte er den Wunsch gehabt, die damals erworbenen Fachkenntnisse und Verbindungen später einmal selbständig weiter zu verwerte».

Dieser Wunsch wurde besonder» lebhaft, al» da» Schicksal ihn nach Oesterreich verschlug, wo e» »och keine derartigen Fabriken gab, und er sich goldene Berge von einem solchen Unternehmen versprach.

Nu» hatte ihn ein günstige» Schicksal ei» Glückpilz war er ja eigentlich immer gewesen, wie er lächelnd einschaltete, mit diesem Jonathan Schwalbing zusammengeführt, der Geld wie Heu besaß und nicht wußte, wa» er damit anfangeu sollte.

Im Grunde war der Schwalbing, der Sohn eine» durch Armeeliefer- «ugeu reich gewordene« Fleischers, ei» ganz ungebildeter Mensch, der keinen Schimmer Fachkenutniffe besaß. Aber da» war eben da» Gute: so blieb er i« Grunde der eigentliche Herr de» Unternehmen».

Schwalbing gab da» Geld her, er, Lanzrndorf, leitete alle». Der Reingewinn würde geteilt werde». Bi» derselbe etue anständige Höhe erreicht habe» würde, zahlte Schwalbing ihm eine« Jahresgehalt von 12000 Krone». Mau hatte Vorarbeiter au» Deutschland komme» lassen

und die Gebäude der vor kurzem verkrachten Papierfabrik in der Leibig- straße angekauft. In acht Tagen vielleicht noch früher sollte die ganze Geschichte in Betrieb komme».

Frau Lore folgte mit staunender Bewunderung den Ausführungen de» Schwiegersöhne». Sie verstand wenig von Geschäfte», gar nicht» von Gründungen, aber e» schien ihr großartig, daß er de» Mut und die Tat­kraft hatte, da» alle» sozusagen au» dem Nicht» herau» in» Leben zu rufen.

Sie saß da, die Hand Assuntas in der ihren, und fühlte mit jeder Minute deutlicher, wie ihr der Mann dort imponierte.

Und al» Assunta sich zuletzt begeistert an Lanzendorf» Brust warf und arttrief:Ist er nicht wie ein Held, wie ein Pionier moderner In­dustrie, der im Begriff steht, G. eine neue Welt zu erschließen?", da fand sie, daß Assunta im Grunde da» richtige Wort gefunden hatte.

Wa» wohl Peter Lott zu diesen Neuigkeiten sage» würde? Dabei erinnerte sie sich an ihr Gespräch mit dem Schwager, und legte Assunta «ahe, ihn durch ei» paar Zeilen einzuladen.

Ach, wir gehe» doch morgen ohnehin beide zu ihm," sagte Assunta lebhaft,nicht wahr, Ferry?"

Gewiß, mein Süße»."

Ich freue mich ja auch schon unbändig auf die Musik! Der schöne

neue Flügel-wie da» klingen wird zu seinem Cello, wenn wir da»

erste Mal wieder Beethoven spiele». Kindisch freue ich mich darauf!"

ES war spät geworden. Fast Mitternacht. Frau Lore konstatierte es erschrocken und erhob sich, worauf e» sich Lanzendorf nicht nehmen ließ, sie trotz ihre» Proteste» die paar Minuten weit bi» zur Villa Fabriziu» heimzubeglriten.

Er bot ihr de« Arm und war die Liebenswürdigkeit selbst. Bei« Tor küßte er sie herzlich.

Hast keinen Groll mehr gegen mich, wa» Mama?"

Sie drückte ihn a» ihre Brust.

(Fortsetzung folgt.)