Billigkeit zu befriedigen. Minister v. Schmid führt a»S, daß ein ähnlicher Fall wie der Hegelmaiersche in der ganzen württembergischen Geschichte dieses Jahrhunderts nie vorgekommen sei. Die riesigen Dimensionen, die derselbe angenommen, seien geradezu beispiellos, und er (der Minister) habe daher gerne dem Zeitpunkte entgegengesehen, wo durch eine Kommission, die frei von -jeglichem Vorurteil an die gründliche objektive Prüfung gegangen, ein erschöpfender Bericht dem Landtag vorgelegt werden sollte. Der Bericht entspreche bis auf eine kleine unbedeutende Irrung in einer Zeitangabe vollständig dem Inhalt der Akten, die jederzeit auf die Richtigkeit dieser Angaben geprüft werden können. Jene Akten, die gegenwärtig dem Disziplinar- hofe vorliegen, enthalten nicht weniger als 76 Anschuldigungen gewichtiger Art gegen Hegelmaier; viele weitere kleinere Delikte habe man ganz beiseite gelaffen. Unter dieser Voraussetzung sei die Regierung gerne bereit, ihren Standpunkt gegen die ihr gemachten Vorwürfe, von welcher Seite sie auch kommen mögen, zu vertreten, v. Luz giebt namens der Landespartei die Erklärung ab, daß dieselbe in ihrer gestrigen Fraktionssttzung beschlossen habe, dem Bericht der staatsrechtlichen Kommission in allen Punkten zuzustimmen. Ebner-Ulm spricht namens der Linken. Dieselbe wollte den Fall Hegelmaier sofortnachdemWiederzusammentrittder Kammern zur Sprache bringen. Redner erhielt damals vom Präsidenten zur Antwort, daß der Bericht der Kommission über die Beschwerde Hegelmaiers abzuwarten sei. Mit Rücksicht auf das jetzige Erscheinen des Berichts, der die Sache formell wie materiell behandle, sei die Fraktion der Linken davon abgekommen, einen eigenen Antrag in der Sache zu stellen. Sie erkläre sich mit den Anträgen der Kommission ebenfalls einverstanden, nicht aber mit deren Motivierung. Die Beschwerde Hegelmaiers über die Suspension sei nach dem Gesetz durchaus berechtigt. Wenn wir uns aber alles dessen erinnern, was in der Sache vorgegangen, so finden wir die Suspension gerechtfertigt. Auch aus der Verzögerung des ganzen Verfahrens vermag Ebner der Regierung keinen Vorwurf zu machen. Wenn dagegen Hegelmaier sich über die Veröffentlichung des Medizinalkollegiums beschwert, so habe man es hier zweifellos mit einer großen Taktlosigkeit zu thun, und wenn die Veröffentlichung durch eine Regierungsbehörde erfolgt sein sollte, so verdiene dies einen scharfen Tadel. Zum Schluß meint Redner, die guten Freunde Hegelmalers hätten ihm den Rat geben sollen, freiwillig von feinem Posten zurückzutreten, dann wäre er auch in finanzieller Hinsicht besser gefahren, v. Wolff nimmt das Vorgehen der Regierung nach allen Richtungen unbedingt in Schutz, v. Göz teilt mit, daß die Fraktion der deutschenParlei beschlossen habe, dem Antrag der Kommission beizutreten.
Laadesaachrichten.
* Alten steig, 21. April. Wenn die
Wetterpropheten „vom Fach* in Bälde einen Witterungsumschlag prophezeien, so dürfte Ihnen diesmal zu glauben sein, alle Voraussetzungen für Gewitterbildungen find vorhanden und wir dürfen hoffen, daß sie uns den ersehnten warmen Regen bringen werden — je mehr, je lieber! Die Sommerfrucht soll gesät werden, was bei dem trockenen Boden fast unmöglich ist und überall sehnt man sich nach ausgiebigen Niederschlägen. In den letzen Tagen war die Hitze eine sehr empfindliche und trocknet alles noch mehr aus, als es infolge der langen regenlosen Zeit schon ausgetrocknet ist. Schon im Interesse der Wälder — abgesehen von allem andern — wäre baldiger Regen sehr erwünscht, da alsdann die gefahrdrohenden Waldbrände wohl aufhören würden. Fast scheinen die Recht behalten zu sollen, welche uns abermals einen trockenen Jahrgang gleich dem vorausgegangenen in Aussicht stellen.
* Calmbach, OA. Neuenbürg, 17. April. Unter überaus großer Beteiligung wurden heute die Opfer der letzten Brandkatastrophe, der Mechaniker Haußmann und dessen 3 Kinder, beerdigt. Der vierte Knabe ist nun ebenfalls seinen schweren Verletzungen im Krankenhaus in Wildbad erlegen.
* Stuttgart, 19. April. Bei dem heute zu Ende gegangenen Pferdemarkt war die Be- - teiligung offenbar eine geringere als in früheren
Jahren. Nur nach Luxuspferden war starke Nachfrage. Entgegen andern Nachrichten wird der Gesamtverkauf nicht größer gewesen sein als etwa 400 Stück. Der Erlös bet der Auktion der Pferde aus den K. Gestüten und dem Leib- stall war ein verhältnismäßig günstiger. Es wurden durchschnittlich 1000 Mark per Pferd erzielt.
* Von der bayerischen Grenze, 19. April. Eine aus sechs Personen bestehende Bauernfamtlie in dem Weiler Mögersbronn bei Schopfloch hatte von dem Fleisch eines erkrankten und deshalb geschlachteten Lammes mehrmals verspeist und erkrankte darauf unter allen Anzeichen einer Vergiftung. Zwei Mädchen starben. Der Bauer, ein Sohn und eine Tochter liegen noch schwer darnieder; die Hausfrau ist nahezu genesen.
* (Verschiedenes.) In Großheppach stürzte der 59 Jahre alte W.'ingärtner Gotthilf Mayer vom Dachs durch daslosezugedeckte Garbenloch auf die Scheuerntenne so unglücklich herab, daß er nach wenigen Minuten den Geist aufgab. — In Nürtingen geriet das 9jährige Söhnchen des Pflästerers Schmid unter einen beladenen Steinwasen und erlitt hiebei so schwere Verletzungen, daß es tags darauf starb. — In Wasseralfingen wurde das zwei- spännige Fuhrwerk des Müllers Ladenburger von Hüttlingen, als es das Geleise des Hüttenwerks überschreiten wollte, von der daherfahrenden Lokomotive erfaßt und bei Seite geworfen. Ein Pferd wurde dabet derart verwundet, daß es wahrscheinlich getötet werden muß. — In
Hofsgrund wurden in der Nacht vom Sonntag auf Montag 2 Brüder in ihrer Wohnung von mehreren Italienern überfallen und mittels Stöcken und Steinen so schwer verletzt, daß sie sofort ärztliche Hilfe in Anspruch nehmen mußte». — Ein am Dienstag abend in Freudenstadt ausgebrochener Brand zerstörte den Dachstuhl der Bierbrauerei zum Falken und die Kupferschmied-Werkstätte von Bernhardt. — Zwischen Dettenhausen und Neuenhaus wurde der Leichnam eines neugeborenen Kindes aus der Schaich gezogen. Eine der That verdächtige Frauensperson aus Dettenhausen wurde verhaftet. — Werkmeister Gärtner von Gmünd hat auf dem Tonnhof bei Reilerstaffel eine Linde erworben, welche in Deutschland zu de« größten zählen dürfte. Dieselbe hat an der Wurzel einen Umfang von ca. 17 Meter. — In Heidenheim stürzte die dortige Obsthändlerin, Frau Ziegler, eine Treppe hinunter und starb an den erlittenen Verletzungen, ohne daß sie zuvor noch einmal zum Bewußtsein gekommen ist. — Am Dienstag nacht sind i« Schwenningen 2 Häuser abgebrannt. — InSaulgau wurde der Besitzer der „Franzen- mühle" als Urheber des dort ausgebrochenen Brandes verdächtig in Haft genommen; ob mit oder ohne Grund wird die etngeleitete Untersuchung zeigen.
* Aus der Pfalz, 19. April. In Ger- mersheim ereignete sich in der sich dort gegenwärtig aufhaltenden Falk'schen Menagerie ein aufregender Vorfall: Die Löwenbändigerin, Frl. Falk, wurde beim Betreten des KäfigS von einem Löwen angefallen, zu Boden geworfen und durch mehrere Bisse des Tieres lebensgefährlich verletzt.
* Berlin, 17. April. Das Kaiserpaar bringt dem König Humbert und seiner Gemahlin Margherita zur Feier ihrer silbernen Hochzeit unter den Geschenken eine in Silber ausgeführte Statuette der „Jtal!a" dar, welche Prof. Begas im Auftrag des Kaisers modelliert hat. Die Statue hat die Inschrift: 8smxr» avanti Savoia, (Immer vorwärts, Savoyen).
* Berlin, 19. April. Das Kaiserpaar ist gestern abend um 10 Uhr 50 Min. mit Gefolge vom Anhalter Bahnhof über München, Innsbruck u. s. w. nach Rom abgcreist. Eine zahlreiche Menge brachte dem Herrscherpaar die herzlichsten Huldigungen dar.
* Berlin, 20. April. Der „Reichsanzeiger* teilt jetzt auch mit, daß das deutsche Kaiserpaar dem Papst am 23. April einen Besuch in den Formen des 1. Besuchs des Kaisers vom Jahr 1888 abstatten wird.
* Berlin, 18. April. Die Petitionskommisston des Reichstags beschloß, über die Petition der Tierschutzvereine gegen den Distanzritt Wien-Berlin beim Hause Uebergang zur Tagesordnung zu beantragen.
* Berlin, 18. April. Die Sozialdemokratische Parteileitung hat, in sicherer Erwartung der Auflösung des Reichstags, bereits
Theodore wollte mit ihrem Vater bis zum zweiten Zuge bleiben. Gustav nahm Abschied von ihnen und fuhr bald darauf nach Vitznau hinunter.
Die Mitteilungen Theodores hatten seinen Groll gegen Elisabeth und ihren Bruder gesteigert — statt der Liebe, die ihn einst an diese Frau fesselte, fand heute nur noch der Haß Raum in seiner Seele.
War es nicht genug damit, daß sie damals ihn betrogen hatte? Was hatte er ihr gethan, daß sie heute wiederum das Glück seines Lebens vernichten wollte?
Nach solchen Erfahrungen durfte er keine Rücksichten mehr nehmen, keine Schonung walten lassen; der Kampf hatte eine Wendung genommen, die ihm alles zu rauben drohte, was seinem Leben Wert verlieh.
Bei der Ankunft in Vitznau lag das Schiff schon zur Abfahrt nach Luzern bereit. Gustav wählte einen guten Platz und musterte mit raschen prüfenden Blicken seine Reisegefährten.
Noch immer strömten die Passagiere auf das Schiff, das kaum Raum genug hatte, alle aufzunehmen, und während die Spitzen der Bergen noch in Wolken gehüllt waren, spiegelte die Sonne sich in den blauen Fluten des Sees.
Ein korpulenter Herr nahm, mühsam nach Atem ringend, neben Gustav Platz; es währte eine geraume Weile, ehe er sein Handgepäck untergebracht hatte, und nun trocknete er, tief aufatmend, mit dem Taschentuche seinen kahlen Kopf, von dem der Schweiß in großen Tropfen niederrieselte.
„Ist das eine Hetzjagd!" seufzte er. „Ein Gedränge, das man nicht — aber weiß der Teufel, sind Sie's denn wirklich, Herr Doktor?"
„Freilich, Herr Schüller," erwiderte Gustav, in die dargebotene Hand einschlagend. Sie kommen auch von Rigi?"
„Versteht sich," nickte der korpulente Herr lebhaft; „bin mit dem
Sonnenuntergang fast jedesmal angeführt worden, so oft ich in früheren Jahren oben war, und werde trotzdem nicht klug. Hol der Kuckuk den ganzen Schwindel — im Diorama in Luzern kann man's besser und billiger haben. Wo haben Sie denn logiert?"
„Bei Schreiber."
„Ach so — ich war in dem alten Hotel; ich finde es da gemütlicher und das ist für mich die Hauptsache."
(Fortsetzung folgt).
Aöendstilke.
Nun hat am klaren Flühlingstage Das Leben reich sich ausgeblüht;
Gleich einer ausgeklung'nen Sage Im West das Abendrot verglüht.
Des Vogels Haupt ruht unterm Flügel, Kein Rauschen tont, kein Klang und Wort; Der Landmann führt das Roß am Zügel, Und alles ruht an seinem Ort.
Nur fern im Strome noch Bewegung,
Der weit durch's Thal die Fluten rollt:
Es quillt vom Grunde leise Regung,
Und Silber säumt sein flüssig Gold.
Dort auf dem Strom noch ziehen leise Die Schisse zum bekannten Port,
Geführt vom Fluß im sichern Geleise — Sie kommen auch an ihren Ort!
Hoch oben aber eine Wolke Von Wandervögeln rauscht dahin;
Ein Führer streicht voran dem Volke Mit Kraft und landeskund'gem Sinn Sie kehren aus dem schönen Süden
Mit junger Lust zum heim'schen Nord, Nichts mag den sichern Flug ermüden, Sie kommen auch an ihren Ort!
Und du, mein Herz! In Abendstille Dem Kahn bist du, dem Vogel gleich,
Es treibt auch dich ein starker Wille,
An Sehnsuchtsschmerzen bist du reich. Sei's mit des Kahnes stillem Zuge,
Zum Ziel doch geht es immer fort;
Sei's mit des Kranichs raschem Fluge — Auch du, Herz kommst an deinen Ort.
W ä t s e t.
Ich bin sührwahr Ganz gleich dem Eis So kalt und klar,
Wenn draußen heiß.
Jst's draußen Eis Und winterkalt Komm' ich in Schweiß Trag Blumen bald.
Auflösung des Rätsels folgt in nächster Nr.