«nd 34, welche den für den Betrieb von Eisenbahnen und Telegraphen notwendigen polizeilichen Schutz gewähren, gab Ministerpräsident Dr. Freiherr v. Mittnacht die Zusicherung, es solle hier seitens der Verwaltung mit möglichster Liberalität vorgegangen und insbesondere bei Legung von Lettungsdrähten den im Weg stehenden Bäumen so viel wie möglich, wo es ohne erhebliche Mehrkosten geschehen könne, ausgewichen werden. Die Endabstimmung über das Gesetz wird stattfinden nach Anfertigung der Zusammenstellung der Beschlüsse. Darauf trat das Haus in die Beratung des Etats des Justizdepartements ein. Zu Kap. 10 (Ministerium, Kollegien und Staatsanwaltschaft 1564 571 M. pro Jahr) ist die Schaffung der Stelle eines Kanzleidirektors im Justizministerium, sowie zweier neuer Landrichterstellcn in Ulm und Tübingen beantragt. Sachs sprach sich gegen die Anstellung eines Kanzleidirektors aus, die jedoch von Minister v. Fab er als absolute Notwendigkeit bezeichnet wurde. Der Posten wurde darauf mit 60 gegen 19 Stimmen angenommen. Bei den weiteren Titeln dieses Kapitels wurden noch mancherlei Anfragen und Wünsche vorgebracht betreffs Besserstellung der Gerichtsschreiber, Lieferung einer Dienstkleidung an die Landgerichtsdiener u. s. w., ohne daß der Minister jedoch ein Entgegenkommen zu ver- spr.chen vermochte. Das Kapitel 10 wurde schließlichnachdemRegterungsantragangenommen und damit die Beratung abgebrochen.
* Stuttgart, 12. April. (23. Sitzung.) Der Etat des Justizdepartements wurde heute durch Annahme der Kommisstonsanträge erledigt. Bei Kap. 11 sprach Schnaidt den Wunsch aus, daß württembergische Pflegschaften auch in Reichsanleihe möchten angelegt werden können, worauf Minister v. Fader versprach, der Sache anläßlich der Einführung des bürgerlichen Gesetzbuchs näherzutreten. Bei Kap. 12 brachten Prälat v. Wittich und Frhr. v. Seckendorfs die Frage der Seelsorge in den bezirksgerichtlichen Gefängnissen zur Sprache, worauf der Justizminister unter Betonung des Grundsatzes der Gewissensfreiheit versprach, daß bei den neuen Hausordnungen die Erleichterung des Zutritts der Geistlichen in die Bezirksgefängnisse in Betracht gezogen werden solle. Auf weitere Anregungen Haußmanns machte der Minister Mitteilungen über die Beschäftigung der Gefangenen in Amtsgerichtsgefängnissen und versprach, die Frage größerer Erholungspausen für die Zuchthausaufseher, namentlich in Stuttgart, in Erwägung zu ziehen. An der geforderten Summe für Verpflegung der Gefangenen mit je 367,298 Mk. empfahl die Finanz- kommisston mit Rücksicht auf die billigeren Preise von Kernen und Weizen je 20,000 Mk. abzustreichen. Spieß trai für Verköstigung der Gefangenen mit dem billigeren Hammelfleisch ein, worauf Ministerialrat Dr. Weizsäcker Mitteilung machte, daß schon ungeordnet worden sei, Hammelfleisch in Abwechslung
mit Ochsenfleisch zu reichen; es komme auf das Resultat dieses Versuches an, ob sich ersteres in gewissen Grenzen in unseren Gefängnisseil einbürgern könne. Der von der Kommission beantragte Abstrich wurde angenommen; die folgenden Kap. 13, 14, 15 gaben zu keiner Debatte mehr Anlaß.
Laadesaachrichtea.
* Alten steig, 14. April. Gestern mittag um 1 Uhr wurde die Feuerwehr allarmiert, da im Staatswald Geiselthann ein bedrohlicher Waldbrand ausgebrochen war. Durch Leute, die auf dem Felde arbeiteten, wurde der Brand nahezu gelöscht bis die eilends abgegangene Feuerwehr erschien und konnte dieselbe bald wieder heimkehren. Der Schaden ist kein beträchtlicher.
-r. Nagold, 13. April. Gestern war auch hier Rekrutenmusterung. Einer der dabei zum Militär tüchtig erfundenen jungen Leute fand noch am gleichen Abend ein schreckliches Ende. Er wollte als Sohn des Bahnwärters auf der Strecke von hier nach Emmingen den Nachhauseweg auf dem Geleise machen, dabei wurde er vom letzten Zug überrascht, wich nicht zeitig aus und wurde überfahren. Sein eigener Vater mußte beim letzten Kontrollegang die schrecklich verstümmelte Leiche seines Sohnes auffinden; zuerst fand er einen Arm, dann ein Bein und endlich die Leiche selbst. Man kann sich den Schrecken und den Schmerz des Vaters kaum denken. Bei diesem Rekruten hieß es: „Heute rot — morgen tot!" Der Verunglückte war ein Schreiner und stand hier in Arbeit. Seine letzte Arbeit war die Anfertigung eines Sarges für seinen vorgestern verstorbenen Meister. Bet derselben ahnte der junge Mann wohl nicht, daß auch er in den nächsten Tagen das Häuschen aus 6 Brettern beziehen müsse.
tz Nagold, 14. April. Bet der hier vorgestern vorgenommenen Rekrutenmusterung gings nicht ohne Störung ab. Einige junge Leure hatten sich so sinnlos betrunken, daß es dem Arzte unmöglich war, dieselben zu mustern. Doch das that nichts. Man bedeutete den angehenden Kriegern, oder vielmehrihren Kameraden, die sie in den Musterungssaal schleppen mußten, selbige haben übermorgen sich zur Visitation nach Calw zu begeben. Sonst war natürlich, wie es am Rekrutentag nicht anders zu erwarten war. hier ein reges Leben. Auch an Musik fehlte es nicht. Die hiesigen Rekruten beriefen um schweres Geld (man spricht von 160 Mk.!) von Ludwigsburg eine Regimentsmusik. Em Beweis, daß immer noch übrig Geld unter den Leuten ist, trotz der manchfachen Klagen über schlechten Verdienst. Einen sehr traurigen Ausgang nahm der Rekrutenballabend für den dabei beteiligten Sohn des Bahnwärters Rumpel. Derselbe geriet beim Nachhausegehen auf die Eisenbahnlinie und wurde von dem heranbrausenden Eisenbahnzug überfahren und gräßlich verstümmelt. Der eigene Vater
fand beim Begehen seiner Bahnstrecke die auf den Schienen zerstreut herumliegenden Körper - reste des unglücklichen Sohnes. Welch ein Anblick für einen Vater!
* Ein sonderbarer Wagen kam Ende voriger Woche nach Mönchberg, den man leicht hätte für einen Komödtamenwagen halten können, allein die Jnsaßen desselben waren keine Künstler, sondern Bienen. Ein Herr aus Nagold will seine Bienen den Honig von den vielen blühenden Kirschbäumen sammeln lassen. Hiezu ist der Wagen sehr zweckmäßig konstruiert, so daß derselbe wohl 100 „Völker" zu fassen vermag, denn an den beiden Längsseiten befinden sich je gegen 50 Fluglöcher. Der Honig der Kirschenblüte ist von vorzüglicher Güte und wird mit honettem Preise bezahlt.
' Wildbad. 12. April. Am 30. April, 1. und 2. Mai d. I. hält der h esige Schützenverein zur Feier seines 50jährigen Bestehens ein Festschicßen, und soweit es die Verhältnisse gestatten, sind bereits zahlreiche Einladungen ergangen.
"Stuttgart, 13. April. Die Kammer der Standesherren erledigte den Gesetzentwurf, betreffend die Abstufung der Malzsteuer, ganz in Uebereinstimmung mit den Beschlüssen des anderen Hauses.
* Oberbürgermeister Hegelmaier inHeilbroun erhob Widerspruch gegen seine vom Gericht beschlossene Beobachtung in einer badischen Heilanstalt.
* Vom Lande, 12. April. Ist der 1. April, ein kritischer Tag nach Falb, in Bezug auf das Wetter spurlos vorübergegangen, so glaubt der Wetterprophet um so sicherer, auf nächsten Sonntag einen vollständigen Wetter- Umschlag Voraussagen zu können. Falb glaubt nicht, daß wir für diesen kritischen Tag erster Ordnung wieder „ein solches Dementi von fetten der Natur zu fürchten haben." Der 16. April weise für alle 25 kritischen Tage dieses Jahres den höchsten Flutwert aus, der dadurch verursacht wird, daß wir an diesem Tage Neumond haben, kurz zuvor der Mond im Aeguaror steht und am folgenden Tage in Erdnähe sich befindet. Außerdem erhalte der kritische Termin noch einen besonderen Flutwert infolge der an .diesem Tage stattfinvenden Sonnenfinsternis.
* (Verschiedenes.) In Stuttgart wurde ein verheirateter Knecht festgenommen, welcher seinem Dienstherrn mehrere Schuhwaren gestohlen hat. Von diesen gestohlenen Waren hat derselbe einen Teil einer ledigen Schwägerin gegeben, welche in einem Wirtshaus gedient und ihrer Dienstherrschaft Schmalz, Eier, Fleisch und Wein entwendet und ihrem verheirateten Schwager, bezw. ihrer Schwester gegeben hat. Der Bräutigam dieser Dienstmagd hat ebenfalls von diesen Schuhwaren erhalten und ist bei den gegenseitigen Diebstählen beteiligt. Die beiden letzteren wurden ebenfalls verhaftet. — In Großengstingen sind am Dienstag nachmittag 2 Bauernhäuser abgebrannt. — In
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wir die Leute kennen, so können für uns keine bösen Folgen daraus erwachsen, den kleinen Verlust wirst du verschmerzen."
„Und deine Freundin hat keinen Vorteil davon."
„Ich habe mir fest vorgenommen, ihr den Dienst, um den sie mich bittet, zu leisten; meinen Entschluß werde ich ausführen. Ich werde Frau Griesheim besuchen und ihren Bruder —"
„Dieser Mann ist noch gefährlicher wie Griesheim!"
„Ich will das nicht bestreiten, aber ich glaube auch, daß er kein Bedenken trägt, seine Schwester an den Pranger zu stellen, wenn dies in seinem eigenen Interesse liegt. Er ist jetzt schon auf dem besten Wege, um meine Hand zu werben; ich will ihn soweit kommen lassen, wie meine Ehre und meine Selbstachtung mir erlauben —"
„Und dann?" fragte Hallstädt in sehr bedenklichem Tone.
„Dann soll Grüner beichten, wenn er es nicht vorher schon ge- than hat; ich werde ihn zwingen zu einem Geständnis, mit dem ich diese Frau Griesheim vernichten kann."
„Kind, Kind, wohin kann dieser Haß führen? Und ist es denn bewiesen, daß die Frau sich wirklich an jenem Betrüge beteiligt hat? Kann nicht ihr verstorbener Gatte allein die Sache eingefädelt und das Geld vergeudet haben?"
„Ihre verleumderischen Lügen —"
„Was thut man nicht, um sich von einem entehrenden Verdachte
zu reinigen! Ich füchte, du hast ein gefährliches Mittel gewählt; deine
Absichten werden bald durchschaut werden und auf dich allein fällt alsdann alles zurück. Ich will dir ja gern beistehen, die Wahrheit zu erforschen und die Bande unschädlich zu machen, aber ich sage dir noch einmal, wir begehen eine Thorheit, durch die wir uns selbst nur Unannehmlichkeiten zuziehen können."
„Doktor Varnay wird ja auch in den nächsten Tagen eintreffen,
Papa; bis dahin wollen wir uns darauf beschränken, die Leute zu beobachten und über ihre Verhältnisse uns die genaueste Auskunft zu verschaffen."
„In ihre Verhältnisse habe ich schon so tief bineingeschaut, daß mich nicht danach verlangt, noch tiefer zu blicken. Und mich von diesen Bauernfängern noch weiter rupfen zu lassen, dazu habe ich auch keine Lust," sagte Hallstädt.
„Das kann ja verhindert werden," entgegnete Theodore.
„Hm, wer weiß, welchen Plan sie schon ausgebrütet haben, um ihre Börsen aus meiner Tasche zu füllen! Ich werde ihnen freilich nicht den Gefallen thun; aber ist man einmal in den Händen solcher Gauner, dann kann man sich vor Betrug nicht mehr schützen."
„Ich sehe das alles nicht so schwarz an," scherzte Theodore; „und auf halbem Wege will ich nun auch nicht stehen bleiben; das einmal Unternommene muß zu Ende geführt werden." (Fortsetzung folgt.)
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Zur Konfirmation.
Kind, bleibe treu! Du willst's geloben Hent vor dem heiligen Altar:
Bleib' stark, damit sich kann erproben Ob echt dein Wort, dein Glaube wahr!
Doch ohne Kreuz ist keine Krone, Und ohne Liebe nichts die Welt,
Nur ernstes Ringen führt zum Lohne! Wirk' treu, wo Gott dich hingestellt!
Bedenk' es recht zu allen Zeiten Bedenk' eS, Kind, zu jeder Frist,
Daß reich an Mühen, Kämpfen, Streiten DaS Leben jedes Christen ist!
Drum tritt mit festem Herz und Sinne An den Altar, mein teures Kind.
Ein neues Leben heut' beginne:
O bleibe fromm, bleib brav gesinnt!
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Wätsel.
Der Mann ist's, nicht das Kind;
Der Herr, nicht das Gesind';
Der Kaiser, nicht der Graf,
Der Graf, nicht der „Herr Schaf."
Und ohne Kopf dients jedem gern,
Am liebsten doch dem eig'nen Herrn.
Es hat oft viel, oft wenig Wert,
Mit einem Wort: — es ist ein Pferd. Auflösung des Rätsels folgt in nächster Sir.
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