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. Erscheint ivöchentl. 3mal: Dienstag, Donnerstag
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Samstag dm 15. April
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Gestorben: Kaufmann Heß, Göppingen; Ober, präzeptor Kerker, Ehingen a. D.; KorpS-Roharzt Findeisen, Stuttgart; Schlossermeister Widemann, Stuttgart;
L Das Reichsseuchengesetz.
Vor etwa zwei Monaten wurde der Entwurf eines Gesetzes zur Bekämpfung gemeingefährlicher Krankheiten veröffentlicht, der alsdann dem Bundesrate vorgelegt, von diesem vielfach geändert und in dieser geänderten Form vor wenigen Tagen dem Reichstage zugestellt wurde.
Es ist bekannt, daß über „ansteckende" Krankheiten in der wissenschaftlichen Welt zwei Lehrmeinungen sich schroff gegenüberstehen. Die eine davon (Kochsche Richtung) schiebt die Schuld an der Entstehung der Seuchen den Krankheitserregern, mikroskopisch kleinen Lebewesen zu, Bacillen, Bakterien, Sporen und wie man die winzigen Ungeheuer sonst noch nennt. Die andere Richtung (Pettenkofer) meint, diese Pilze seien zumeist nur die Folgeerscheinungen, nicht die Ursache der Krankheiten. Die letztere Lehrmeinung legt das Hauptgewicht darauf, die Menschen „seuchenfest" zu machen, d. h. sie zur Mäßigkeit und Reinlichkeit anzuhalten und den Körper gegen schädliche Einflüsse möglichst abzuhärten: gesunde reine Luft, ptlzfreics Trtnkwasser, unverdorbene Speisen seien die k stcn Schutzmittel gegen die Krankheit, weit bessere jedenfalls als alle die in ihren Wirkungen noch lange nicht genügend erprobten Arten von Medizin, die Impfungen und dergleichen.
Es mag gleich vorweg bemerkt werden, daß der Reichsseuchengesetzentwurf es mit der ersteren Auffassung hält und demgemäß wesentlich Absperrungsmaßregeln vorschlägt. Der ursprüngliche Entwurf bezeichnet« als solche „ansteckende" Krankheiten, auf die sich das Gesetz beziehen soll, auch Darmtyphus, Diphtherie, Croup, Rückfallfieber, Ruhr und Scharlach. Der Bundesrat hat sich begnügt, Erkrankung und Todesfall an Cholera (astatischer), Flecksieder (Flecktyphus), Gelbfieber, Pest (orientali
sche Beulenpest), Pocken (Blattern), sowie jeden Fall, der den Verdacht einer dieser Krankheiten erweckt, zum Gegenstand der Gesetzgebung zu machen. In diesem Sinne sind sämtliche Bestimmungen abgeändert, die zugleich die erstgenannten Krankheiten betrafen, hinsichtlich der Anmeldung, der Ermittelung der Krankheit, der eventuellen Sektion, der dagegen zu verhängenden Schutzmaßregeln. Gestrichen wurden ferner die Bestimmungen über Kindbettfieber und die bedrohliche Ausbreitung übertragbarer Augenkrankheiten.
Abgeändert sind zunächst die Bestimmungen über die Anzeigepflicht. Der Entwurf in der ursprünglichen Fassung verlangte gleichzeitige Anzeige an die Ortspolizeibehörde und den beamteten Arzt. Der Bundesrat war der Ansicht, daß die Mitteilung an den beamteten Arzt nicht Sache des zur Meldung Verpflichteten sei, und erklärte die einfache Benachrichtigung der zuständigen Polizeibehörde für genügend. Nach dem ersten Entwurf hatten Anzeige in einer bestimmten Reihenfolge auch die zum Haushalte gehörigen großjährigen Familienmitglieder und die sonstigen Haushaltsgenossen zu erstatten. Der Bundesrat hat sich dafür entschieden, daß zur Meldung verpflichtet sind 1) der behandelnde Arzt, 2) jede sonst mit der Behandlung oder Pflege des Erkrankten beschäftigte Person, 3) der Haushaltungsvorstand, 4) derjenige, in dessen Wohnung oder Behausung der Erkrankungs. oder Todesfall sich ereignet hat. Die Verpflichtung der unter Nr. 2 bis 4 genannten Personen tritt nur dann ein, wenn ein früher genannter Verpflichteter nicht vorhanden ist.
Geringfügiger Natur find die Abänderungen der ursprünglich vorgesehenen Schutzmaßregeln, zunächst die der Absonderung der krankheits- und ansteckangsverdächtigen Personen. Ursprünglich hieß es, wenn der beamtete Arzt es für „erforderlich" hält, könne die Ueberführung in ein Krankenhaus oder in einen anderen geeigneten Unterkunftsraum angeordnet werden, sofern der Vorstand der Haushaltung, in der sich
der Kranke oder Verdächtige befindet, die geforderten Einrichtungen, die verhindern, daß der Kranke oder Verdächtige für die Dauer der Absonderung mit anderen als den zu seiner Behandlung und Pflege bestimmten Personen in Berührung kommt, nicht treffen kann. Der Bundesrat ersetzte das Wort „erforderlich" durch „unerläßlich und ohne Schädigung des Kranken zulässig hält."
Inhaltlich unverändert sind die Paragraphen betreffs der Entschädigung auf polizeiliche Anordnung durch Desinfektion vernichteter oder beschädigter Gegenstände geblieben; ergänzend wurde nur noch hinzugefügt, daß es für den Anspruch genügt, wenn diese Gegenstände infolge der Desinfektion in ihrer bisherigen Art nicht mehr verwendet werden können. Durchaus unverändert sind die „allgemeinen Vorschriften" geblieben, darunter die von parti- kularistischer Sette angefochtene Bestimmung über den neu einzurtchtenden Reichs-Gesundhettsrat; sie lautet wie in dem ersten Entwürfe.
In Verbindung mit dem kaiserlichen Gesundheitsamt wird ein Reichsgesundheitsrat gebildet. Die Geschäfts-Ordnung wird vom Reichskanzler festgestellt. Die Mitglieder werden vom Bundesrat gewählt. Der Reichsgesundheitsrat hat das Gesundheitsamt bei der Erfüllung der diesem Amte zugewiesenen Aufgabe zu unterstützen. Er ist befugt, den Landesbehörden auf Ansuchen Rat zu erteilen. Er kann sich, um Auskunft zu erhalten, mit den ihm zu diesem Zwecke zu bezeichnenden Landesbehörden unmittelbar in Verbindung setzen, sowie Vertreter absenden, die unter Mitwirkung der zuständigen Landesbehörden Aufklärungen an Ort und Stelle einziehen.
Württembergischer Landtag.
Kammer der Abgeordneten.
* Stuttgart, 11. April. (22. Sitzung.) Fortsetzung der Beratung des Entwurfs, betr. das landwirtschaftliche Nachbarrecht. Die Artikel 27 bis 35 (Schlußbestimmungen des Entwurfs) wurden angenommen. Zu Artikel 33
Der zweite Mann, «druck verbot.)
Erzählung von Ewald August König.
(Fortsetzung.)
Griesheim warf das Haupt zurück, ein trotziger Zug umzuckte seine Mundwinkel.
„Du wirst nicht verlangen, daß ich so große Rücksichten auf dich nehmen soll," sagte er in barschem Tone; „um deine Projekte kann ich mich nicht kümmern, es sind Privatzwecke, von denen ich nichts habe."
„Willst du feindlich mir entgegentreten?" fuhr Grüner auf.
„Nein, das liegt nicht in meiner Absicht, aber ich will mir auch die Hände nicht binden lassen. Verfolgen wir in dieser Angelegenheit unsere eigenen Wege, das ist nach meiner Ansicht das beste."
Griesheim wandte mit diesen Worten seinem Schwager den Rücken und ging in den Speisesaal, in dem Hallstädt und die Damen schon an der Tafel Platz genommen hatten.
Auch heute zogen Vater und Tochter, Ermüdung vorschützend, sofort nach dem Abendessen sich zurück.
Ihre Zimmer lagen nebeneinander, die Thür, die sie miteinander verband, war offen.
Theodore trat in das Gemach ihres Vaters, der langsam auf und nieder wanderte.
„Hast du Entdeckungen gemacht?" fragte sie leise.
Er war stehen geblieben, über sein hageres Gesicht glitt ein duukler Schatten.
„Eine, die mir genügt," erwiderte er; „sie liefert mir den Beweis, daß die Mitteilungen deiner Freundin sich auf Thatsachen stützen."
„Und welche Entdeckung ist es?"
„Kannst du schweigen?"
„Muß ich es nicht, wenn ich meinen Zweck erreichen will?"
„Ja, freilich, und es wäre auch gefährlich, über meine Entdeckung zu plaudern, so lange übersührende Beweise fehlen. Griesheim spieÜ mit gefälschten Karten."
„Weißt du das sicher?"
„Ja, aber, wie gesagt, es ist zu schwierig, den Beweis zu führen, wenn man nicht die Gelegenheit wahrnimmt, ihn auf frischer That zu ertappen."
„Und das wäre doch leicht?"
„Nicht so leicht, wie du denkst; solche Leute sind stets auf ihrer Hut und jeden Augenblick auf einen Angriff vorbereitet. Griesheim wird diese Kunst drüben aus dem Grunde gelernt haben; ich kann mir jetzt denken, durch welche Mittel er in Amerika so rasch reich geworden ist. Und wird ein solcher Gauner ertappt, dann greift er ohne Bedenken zum Revolver, in Amerika ist das so Gebrauch."
Theodore wiegte sinnend das Haupt, ihr Blick ruhte voll fieberhafter Erwartung auf dem Vater, der seine Wanderung wieder ausgenommen hatte.
„Du hast die Anklage mit solcher Zuversicht gestellt, daß du unzweifelhafte Beweise haben mußt," sagte sie.
„Die habe ich auch, liebes And. Griesheim schlug das Spiel vor; ich hegte sofort Mißtrauen und sah ihm scharf auf die Finger; hätte ich das nicht gethan, würde ich wahrscheinlich nichts bemerkt haben."
„Und du hast ihm gegenüber keine Silbe davon erwähnt?"
„Nein, ich habe ihm den Gewinn ausgezahlt und mich jeder Bemerkung enthalten. Er scheint mit seinem Zwillingsbruder auch die Neigung zur Schurkerei gemein zu haben; ich glaube, wir thun besser, uns mit diesen Leuten nicht mehr zu beschäftigen."
„Angenehm ist es freilich nicht," erwiderte Theodore, „aber da