848
Bauern. Die Trauben, in die der Wein ein- schirßt, werden infolge de» Regen« großbeerig und voller. Die Zwetschgen bleiben nun auf de» Bäume».
Besigheim, 22.Aug. (Regen —Obstpreis.) Nachdem e» schon Sonntag nacht etwa» geregnet, hatten wir gestern nachmittag seit langen Wochen den ersten ergiebigen Gewitterregen. — Bei der Versteigerung de« Gemeindeobste» in Neckarwestheim wurde die Summe von 500 M. erzielt. Der Preis für den Zentner beträgt etwa 6 Mark.
Eberstadt OA. Weinsberg 22. Aug. (Hagelschlag.) Bei dem gestern »iedergr- gangenen Gewitter hat ein srch» Minuten dauernder Hagrlschlag an den Obstbäume» und in den Weinbergen großen Schaden angerichtet. Der Schaden beträgt ca. 40°/°, in Hölzern 70 bi» 80°/°. Die Schlossen waren so groß, daß sie Ziegel und Fenster zertrümmert haben.
Göppingen 22. Aug. Durch einen Teil der Presse ging dieser Tage die Nachricht, daß die sozialdemokratische Partei des 10. Wahlkreise» beabsichtige, de» derzeitige» sozialdemokratischen Vertreter im Landtag, Dr. Linde- manv, seiner stark revisionistischen Haltung wegen und wegen seiner Teilnahme am letzten Ministereffe« für die nächste Landtag»periode nicht mehr alk Kandidaten aufzustellen, sondern an dessen Stelle de» Vorsitzenden der Stuttgarter sozialdemokratische» Partei, Westmayer, auf den Schild erhebe» wolle. Von sozialdemokratischer Seite wird nun diese Nachricht al» ein Schwindelmanöver bezeichnet. Die Partei habe sich überhaupt «och nicht mit der Aufstellung eine» Kandidaten für den Landtag beschäftigt.
Backnang 22.Aug. Mehrere Gewitter entluden sich gestern nachmittag 5 Uhr über unfern Bezirk. Gewaltige Regenschauer ergossen sich auf da» dürre Land, da» nun wieder »ach so lange» heißen Sommertageu Feuchtigkeit bekam und da» Wach»tum der Pflanzen in Flur und Feld kräftig fördern dürfte.
Gaildorf 22. Aug. (Wieder einmal Viehmarkt.) Nach sechsmonatiger Pause fav d gestern wieder zum erste» Mal ei» Viehmarkt statt, der sowohl in Zufuhr wie sonstigen Marktbesucher» sehr gut besucht war, die Preise blieben jedoch sehr gedrückt. Unsere Produzente» wollen ihr Vieh »och nicht verschleudern und warten immer »och auf Regen, der gestern früh, wenn auch mäßig, einsrtzte. Zageführt waren 130 Ochsen, 78 Kühe, 234 Stück Jungvieh. Umfassende Vorsichtsmaßregeln waren gegen die Verschleppung der Maul- und Klauenseuche getroffen. Die au» dem bisher verseuchten Fischertal
ankommende» Marktbesucher mußten sich einer Stiefel- und KleiderreinigungS-Prozedur mit Lysol unterziehen.
Crail»heim 21. Aug. (GuteJagd- aussichten.) Eine gute Rebhühnerjagd steht dieses Jahr in sicherer Aussicht. Die jungen Feldhühner find nicht nur sehr zahlreich, sondern auch außergewöhnlich entwickelt und werden in starken Ketten angetroffen. Infolge der Trockenheit hat sich auch das Kleingetier ungeheuer vermehrt, da» den Hühnern die Nahrung liefert. Der Tisch ist stet» reichlich gedeckt gewesen und niemals gab e» Heuer Not unter dem Wildgeflügel.
Erbach OA. Ehingen, 22. Aug. Am vergangenen Sonntag abend brachte uns ein Gewitter de« langersehnten Regen, der am anderen Morgen 5 Uhr wuchtig seine» Fortgang »ahm, aber schon nach einer halben Stunde erstarb. Ueber den gestrigen Nachmittag war aber trotz der morgendlichen Abkühlung eine drückende Hitze, die 30 Grad 0. erreichte. Ihr zufolge zog abend» wiederum ei« Gewitter über unsere Markung, da» stundenlange» Regen im Gefolge hatte.
Ulm 22. Aug. Vorgestern kam au» Nruburg die telegraphische Traurrnachricht, daß Leutnant Friedrich Keller de» 12. Infanterieregiments in Neu-Ulm, der dort al» Quartiermacher weilte, beim Baden in der Donau ertrunken sei. Dem Vernehmen nach hat sich der bedauerliche Unglücksfall so zugetragen, daß Leutnant Keller bei einem Kopfsprung auf dem kiesigen Grunde aufstieß und sich verletzte oder betäubt wurde. Die Leiche ist «och nicht gefunden.
Von der bayerischen Grenze 22. Aug. Gestern nachmittag wurde di« Stadt Nördlingen wiederum durch Feuerrufe erschreckt. E» brannte in dem Wohu- und Geschäftshaus des Kaufmanns Hahn, dem erst vor kurzer Zeit sein große» Lagerhaus niederbrannte. Da» Feuer konnte lokalisiert werden, sodaß nur der Dachstock zerstört wurde. In wenige» Wochen hat es zum 7. Mal in der Stadt gebrannt. E» herrscht eine furchtbare Aufregung.
Düsseldorf 21. Aug. Das Luftschiff „Schwaben", dessen Ankunft in Düsseldorf für den 23. d». angekündigt war, wird vorläufig nicht »ach Düsseldorf fahre«. Wann es dorthin überfiedrln wird, ist noch nicht bestimmt. Möglicherweise wird e» Ende September werden, bi» da» Luftschiff »ach Düsseldorf kommt. Die Ursache dieser Verzögerung ist in der anhaltende« Hitze und Trockenheit der letzten Woche« zu erblicke». Wie die Delag der Stadtverwaltung mitgeteilt hat, ist e» den für die Gaslieferung in Betracht kommenden Firme» nicht möglich,
Wafferstoffga« für da» Luftschiff zu liefern, da die Arbeite» wegen des Wassermangel« eingeschränkt werden mußten.
Paris 22. Aug. Heute nachmittag «ahmen die Diener de« Louvre-Museum» zu ihrer größten Bestürzung wahr, daß eine» der berühmteste» Bilder der Sammlung Giocondo, von Leonardo da Vinci, verschwunden war. Von dem Bild, das im Salon de Pari» de« Ehrenplatz eingenommen hatte, war nur der Rahmen zurückgeblieben. Der Polizeipräfekt, der hiervon verständigt wurde, ließ sofort die Gallerie- Räume und da» Louvre Museum absperren. Man glaubt zuerst, daß einige Photographen, welche die Bewilligung zur Reproduktion der Giocondo erhalte« habe», da» Bild vielleicht in da» Atelier geschafft hätte», doch stellte sich diese Annahme al» irrig heraus. Man hält es kaum für mögl'ch, daß ein wirklicher Diebstahl vorliegt, da e» ausgeschlossen erscheint, diese» weltberühmte Bild zu Geld machen zu können. E» heißt, auf der Polizei neige man zu der Ansicht, daß e» sich um einen schlechten Scherz eine» Reporter» handle, der hiedurch beweisen wolle, daß die Ueberwachung des Louvremuseums, die schon oft gerügt wurde, in der Tat eine sehr mangelhafte sei.
London 22.Aug. (Unterhaus.) Bei Eröffnung wurde der Minister de« Innern Churchill von Seite» der Arbeiterpartei und von de» Radikalen mit Fragen nach der Lage im Eisenbahner streik überhäuft. Besonder» wurde auf die Entsendung von Truppen in da» AuSstandSgebiet ohne vorhergehende» Ersuchen der Zivilbehörden hingewiesen. Churchill erwiderte, bei der gegenwärtige» Lage seien die Militärbehörden mit der allgemeinen Pflicht betraut worden, das Eigentum der Eisenbahngesellschaften zu schütze», Gesetz und Ordnung zu sichern, und de» Verkehr aufrecht zu erhalten. Für diese Aufgabe sei ei» große» Trvppenausgebot verwendet worden. Ich bin glücklich, sagen zu können, erwiderte der Minister, daß weitaus in der Mehrzahl der Fälle die Truppe» nicht benötigt worden sind. Sie sind unter den Befehl verschiedener Generale gestellt worden, die auf verschiedene Bezirke verteilt wurden. Diese« Offizieren ist Vollmacht erteilt worden, den Umstände» gemäß zu handeln, und diese Vollmacht werden sie auch weiter ausüben. (Beifall, vereinzelte Rufe auf Seiten der Arbeiterpartei: Kriegsrecht!) Premierminister Akquith sprach in kurzen Worten den Dank aus, de» die Nation allen schulde, dir mitgewirkt hätte» bei der Wiederherstellung des Frieden». Er bat, eine Erörterung der vorangegangenen Ereignisse zu vermeiden. Mac Dounald erklärte, der Vergleich
nicht einmal erlaubt, der Mutter einen armseligen Gruß zu sende». Da» war der Sohn, dem sie Mutter hatte sein wollen!
Draußen fuhr ein Wagen an und Stimme» wurden laut. Sie hörte e» nicht. Erst, al» sich zwei Arme bebend um sie schlangen und ein tränenüberströmtes Gesicht sich an da» ihre preßte, kam sie zu sich. „Mama — meine Mama!" tönte eine geliebte Stimme an ihr Ohr.
Und im selben Moment kam e» mit blitzartiger Erkenntnis über sie: Assunta durfte nie erfahren, daß ihr Mann schon wochenlang um de« Tod ihre» Vater» gewußt hatte, ohne e» ihr zu sagen. Denn da» hätte sie ihm bei aller Liebe nie verzeihe» könne», dafür kannte sie ihr Kind.
Woher sie die Kraft nahm, ihrem Schwiegersohn die Hand reichen und seinen Kuß zu dulde«, wußte sie selber nicht. Sie war doch sonst keine Meisterin der Verstellungskunst. Aber ei» Blick in Assunta» verweinte» Gesicht, in dem so viel echter, ehrlicher Schmerz lag, gab ihr die Kraft, gefaßt zu scheine» und Worte de» Tröste» zu finde«, al» die junge Frau sich immer wieder leidenschaftlich anklagte, ahnungslos glücklich gewesen zu sein, während die Ihre« so schwere» Leid betroffen hatte.
Nur al» Assunta dann auf Lanzendorf» Wunsch sich vor dem Esse» umkleiden ging und sie inzwischen mit dem Schwiegersohn allein blieb, verstummte sie und ein finsterer Zug breitete sich um ihre Mundwinkel.
Und al» er cyrch jetzt noch fortfuhr, de« „unglücklichen Zufall" zu bedauern, der sie beide so spät von dem Unglück erfahren ließ, da heftete« sich Fra« Lore» Auge« mit seltsamer Härte auf sein hübsches Gesicht und sie sagte kalt: „Wozu lügst Du jetzt noch, da wir doch allein find? Herr Schwalbing, Drin Kompagnon, hat Dir meine» Manne» Tod doch schon vor Woche« mitgeteilt."
Einen Augenblick war er doch faffungungSlo».
„Du hast mit Schwalbing gesprochen?"
„Ja. Er war hier, um eine« Strauß für Assunta zu bringen."
Da setzte er sich neben sie, nahm ihre Hand in die seine und sagte so liebenswürdig und herzlich wie nie zuvor: „Verzeih', liebe Mama,
und glaube mir — ich mache mir selbst die bittersten Vorwürfe über die Sache. Ja, e» war unrecht von mir — schändlich, wenn Du willst — aber ich lieb sie so rasend, daß ich'» nicht über sie brachte, sie weinen zu machen. Sie war so glücklich — so strahlend — wie ein Henker wäre ich mir vorgekomme», wen» ich'« ihr gesagt hätte. Einmal mußte e« ja sein. Aber ihr die goldenste» Tage de« Leben» stören — nein, ich konnte
e» nicht. Und Du bist ja so engelrgut-so klug, Du wirst auch
da« verstehen, nicht wahr, und mich nicht verdammen?"
Er beugte sich tief zu ihr hinab und in seinen dunklen Augen lag so viel Reue, daß sie nicht ander» konnte — sie drückte ihm schweigend die Hand.
E» war au» Liebe zu ihrem Kinde geschehe« — da» löschte seine Schuld in de« Augen der Mutter. Keine Frage „und an mich hast Du dabei gar nicht gedacht?" Wa» lag denn schließlich an ihr? Assunta war glücklich gewesen — durch ihn — durften sie ihm da «och zürne»! Nein.
„Wir wolle» da» beide vergessen," sagt« sie einfach, „und nie mehr darüber reden."
Instinktiv empfand er etwa» von der schlichten Seelengröße dieser Frau, und e» verwirrte ihn da» mehr, al» tausend tadelnde Worte getan hätten.
Er beugte sich auf ihre Hand und küßte sie fast ehrfürchtig. I« diesem Augenblick kam Assunta zurück.
Sie trug ein lose», schwarze» Spitzengewand, da», Hals und Arme sreilassrnd, der Weiße ihrer Hand schimmernd hob. Natürlich war e» durchaus kein Traueranzug, aber sie hatte e» angelegt, weil e» da» einzige dunkle Gewand war, das sie momentan überhaupt besaß. Ihr Man» liebte sonst ausschließlich Helle Farben.
Lanzendorf trat zu ihr, schloß sie in die Arme und küßte ihre verweinte« Auge«.
(Fortsetzung folgt.)