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Amts- und AnMeblaü siir den Oberamtsbyirk Calw. 8«. ra-lMz

ErscheinungSlage: M«ntaa. Dienstag. Mittwoch. A»nn«r«t»g. Freitag und Samttag. Jnsertiontprei» il Psg. Pro Feile für Stadt u. Bezirksorte; außer Bezirk 1» Psg.

Tagesuevigkette«.

Calw. Die Invaliden-und Hiuter- bliebeuenversicherung nach den Bestim­mungen der Reichsversicherungsordnung tritt am 1. Januar 1912 in Kraft. Die Bestimmungen sind von allgemeinem Interesse und von großer Bedeutung für die Behörden, alle größere» und kleineren kauf­männischen und gewerblichen Betriebe, die Landwirte und Gutsbesitzer, und namentlich für die viele» Tausende, die, sei e» als Arbeitgeber, sei e« als Arbeiter, von ihnen betroffen werden. In den Kreise» der Arbeitgeber und Versicherten herrscht über die für sie so wichtige Versicherung «och zum größten Teil eine kaum glaubliche Unkenntnis. Von der Selbstversicherung und der Weiterversicherung der Handwerker, kleinen Gewerbetreibende», Landwirte», a., ebenso von der Versicherung in einer höheren Lohn - klaffe ist bisher nur ei» sehr geringer Gebrauch gemacht, lediglich au» Unkenntnis der einschlägigen gesetzlichen Bestimmungen. ES ist zu wenig bekannt, wie große Vorteile die Invali­denversicherung bei nur geringen Opfern bringt. Von großer Bedeutung für alle Ver- ficherungSpflichtige und Versicherungsberechtigte ist die Hinterbliebenenfürsorge, die Gewähr­ung von Witwengeld und Waisenaursteuer, wie sie die Reichsversicherung neu einführt. Niemand, der unter die Bestimmungen der Invaliden- und Hinterbliebrneuversicherung fällt, darf sich die großen Vorteile, welche ihm die Versicherung bringt, entgehen lassen. Dazu gehört aber, daß er die Bestimmungen kennt. Wir beginnen/de«- halb zur Aufklärung der beteiligten Kreise in einer Reihe von Nummern unseres Blattes mit gemeinverständlichen Abhandlungen über die

Mittwoch, -en 23. August 1911.

Invaliden- und Hinterbliebenenversiche­rung nach den Bestimmungen der Reichsversicher- ungSordnung, denen wir vorerst eine Abhandlung überWas bringt die ReichtversicherungS- ordnung?" vorwegschicke». Mit Rücksicht auf die Wichtigkeit der Bestimmungen empfehlen wir die Abhandlungen auszuschneide» und aufzuheben.

Echterdingen 22. Aug. Die Kraut­preise haben Heuer eine Höhe wie seit Jahrzente« nicht. So kaufte gestern W. Hornung Filder- sauerkrautfabrikEdelweiß" hier den Ertrag eine» Krautackers von IV» Morgen von Johannes Steckroth hier, geschätzt zu ca. 5000 Stöcklingen für 1500 Der Kraulkopf kommt demnach auf ca 35 A Aller Voraussicht nach wird der Preis für Filderkraut noch wesentlich höher. Händler werden deshalb gut tu« ihren Bedarf möglichst bald zu decke».

Stuttgart 22. Aug. (Die Erfolge de» Luftschiffs Schwaben.) Da» Luft­schiffSchwaben" hat bis jetzt 53 Fahrten ge­macht, von denen 11 Probefahrten und 42 Paffagierfahrten waren. Die Probefahrten be­gannen am 26. Juni, die Paffagierfahrten am 16. Juli. Während der 42' Pafsagierfahrten bis zum 20. August wurden in 90 Stunden 6000 Kilometer zmückgelegt und ausschließlich de» Personals 843 Personen befördert. Während der ganzen Zeit ist kein Zwischenfall eingetreten, wobei besonders zu beachten ist, daß die große Hitze der letzten Woche« für die Luftschiffahrt wenig günstig war, da der Auftrieb darunter sehr leidet. ' Die Leistungen derSchwaben" verdiene» trotz dieser wenig günstigen Fahrtver- hältnifse um so größere Anerkennung, als man von Tagrsfahrten anderer Luftschiffe in dieser Zeit nichts gehört hat. Da» Zeppliu'sche Luft­

BezugSpr. i. d. Stabt Lrägerl. Mk. 1.28. PostbezugSpr.

f.d.OrtS-u.NachbarortSverk. V.jährl. Mk. 1.20, im Fernverkehr Mk.1.30. Besteüg. in Württ.S0Psg., in Bayern u. Reich 42 Ps».

schiff hat damit erneut seine Ueberlegenheit gegen­über anderen glänzend bewiese».

Stuttgart 22. Aug. (Marktpreise.) Dem Kartoffelgroßmarkt waren 150 Ztr. zugeführt. Preis 5,205,40 ^ per Ztr. Auf dem Krautmarkt kostete Filderkraut 4045 ^ per Stück. Zufuhr etwa 400 Stück. Dem Mostobstmarkt auf dem Wilhelmi- platz waren etwa 30 Ztr. Fallobst zugeführt. Preis 5 ^ per Ztr.

Cannstatt 22. Aug. Die Stuttgarter Stadtverwaltung wird beim Volksfest am Sonntag den 24. September Pferde-Trab- und Galopprennen, am Montag de« 25. September Schaufahren zur Darstellung de« Fuhrwesen» veranstalten. E« werde« hiebei im Gruppen- und Einzelfahren Fuhrwerke verschiedener Arten au» alter Zeit, sowie da» moderne Fahrzeug in der durch die Verkehr»e»twicklu«g hervorgebrachten Mannigfaltigkeit, wie Luxuswagen, Lastwagen, Droschke», verschiedenartige Automobile rc. zu sehen sei».

Brackenheim 22. Aug. (Eine neue Plage.) Mäuse und Hamster nehmen im Oberamt stark überhand. In verschiedenen Ge­meinden wird Mausgift gelegt. Dazu wird Hafer mit dem Löffler'schen Mäusebazillu» ver­wendet. Für da» Wegfangen der Hamster wer­den von den Gemeinden Prämien bezahlt.

Vom Zabergäu 22. Aug. (Endlich Regen!) Gegen Abend tauchte» gestern am südwestlichen Horizont Gewitterwolken auf und bald brach unter starkem Donner und heftigem Blitzen ein Gewitter lo», da» de« längstersehnten Regen brachte. Die ganze Natur atmete auf. E» regnet Wein und Zwetschgen, sagte» die

Frau Lores Lebenswerk.

19) Roman von Erich Ebenstein.

«Fortsetzung.)

Ah, Frau Dr. Fabriziu»? Sehr angenehm! Bin entzückt, die Mutter der charmante« Frau meine» Kompagnon» kennen zu lerne». Mein Name ist Ihnen wohl bekannt, gnädige Fra«? Jonathan Schwal- bivg"

Ich bedaure-"

Wie, er hat Ihnen nichts geschrieben? Famoser Racker, dieser Lanzendorf! Also wirklich reinen Mund gehalten! Na jetzt ist'S ja kein Geheimnis mehr, da unsere Fabrik nächsten« eröffnet wird. Die Firma Schwalbing-Lanzendorf ist schon protokolliert, alle» in Ordnung jetzt warten wir nur noch auf die Millionen. Werden schon komme«! Ihr Schwiegersohn, der versteht'». Ein geschäftliche» Genie, sag' ich Ihnen,

gnädige Frau! War nur auf falschem Boden bisher-aber jetzt

großartig, sag' ich Ihne», wie der alle» im Handumdrehen arrangierte! Famo»! Exquisit! Ist ihm zu gönnen, die entzückende Fra«, die er hat. Da» ist eine Glückseligkeit du lieber Himmel!"

Er hielt inne, um Atem zu schöpfen.

Frau Lore, die wie betäubt zugehört hatte, blickte jetzt überrascht auf.

Sie kenne» meine Tochter?"

Herr Schwalbing lachte.

Wo werd' ich denn nicht! War doch dreimal unten in dem kleinen Nest am Gardasee, wo sie ihre» Honigmond verbrachten. Reizender Ort, nur ei« bische» zu einsam, kein Mensch dort, aber da» war ihnen eben recht. Dort haben wir unseren Handel ja richtig gemacht, und dabei charmante Frau, die Fra« Tochter ! Gratuliere! Hab eben einen kleinen Tribut meiner ergebensten Verehrung oben placiert weiße Rose».

Sinnig, was? Rote schiene» mir nicht recht paffend, da sie auf der Heim­reise doch die Trauernachricht erfahre» soll. Arme Kleine!"

Er lächelte mitleidig.

Au» Frau Lore« Antlitz war jeder Blutstropfen gewichen. Jetzt packte sie in leidenschaftlicher Erregung Herrn Schwalbing» Arm.

Er er mein Schwiegersohn hat also gewußt?"

Aber natürlich. Ich selbst brachte ihm doch die traurige Nachricht, al» ich da» erstemal hinunterfuhr."

Und-" Fra« Lore sank auf den nächsten Stuhl, ihre Beine

versagten plötzlich den Dienst,und-er kam nicht-sagte

ihr nicht»?"

Aber ich bitte Sie, liebste, beste, gnädige Frau. Da» ist doch so natürlich! Flitterwochen hat der Mensch doch nur einmal im Lebe», und schließlich wa» hätte die arme, kleine Frau dem Tote« helfen könne»? Da wollt' er ihr» eben ersparen, so lange e» ging aber nun will ich nicht länger stören, sie könne» ja gleich hier sein gnädige Frau, ich lege mich Ihne« zu Füßen!"

Er machte sich eilig davon. Der starre verzweifelte Blick der alten Frau war ihm »«heimlich. Lanzendorf hatte ganz recht gehabt, al« er einmal behauptete, seine Schwiegermutter sei eine hypersentimentale Person. Brr, wa» die für Augen machen konnte! Die reiue Niobe.

Fra« Lore merkte sein Gehen gar nicht. RegungSlo» starrte sie vor sich hin, während ein Heer wilder bitterer Gedanke» ihr Hirn durchbrauste.

Lanzendorf hatte e» also gewußt und geschwiegen. Absichtlich hatte er ihr Kind von ihr ferngehalle», wo e» ihrer beider Recht gewesen wäre, vereint um de« Toten zu weinen. Bloß, damit ihm Lanzendorf die Flitterwochen nicht gestört würde»! Aber noch mehr! Fremde hatten seinen Aufenthalt gewußt, Fremde hatten mit ihrem Kinde gesprochen, während sie, die Mutier, nicht einmal wissen durste, wo e» war. Geschäfte hatte er erledigt, sich eine ueue Lebe»»stell«ng gegründet und seiner Fra»