* Zur Witterung schreibt man der Str. Post: Ist der Avril trocken, so bleibt es auch meistens der ganze Sommer. Als Belegs für diese Regel sind die Sommer von 1842, 1846, 52, und 59. ferner 1871—67, 1873, 74 und 76 anzuführen. Seitdem ist eine völlige Verschiebung der Jahreszeiten eingetreten, welche in dem unglaublich widerwärtigen Sommer 1888 ihren Höhepunkt erreichte. Es wäre daher bloß eine natürliche Ausgleichung, wenn, nachdem man sich schon über den letzten Sommer nicht beklagen konnte, überhaupt jetzt wieder unmittelbar nacheinander einige warme Sommer- und somit gute Weinjahre kämen.
* Heilbronn,5.März. (Hegelmaier.) Der „Deutschen Reichs»." wird von hier geschrieben: „Wie man aus zuverlässiger Quelle erfährt, soll Oberbürgermeister Hegelmater auf Grund eines Urteils des hiesigen Landgerichts und nachdem eine Beschwerde beim Oberlandesgericht abgewiesen worden sei, gegen seinen Willen auf sechs Wochen in die Irrenanstalt Jllenau in Baden zur Beobachtung seines Geisteszustandes verbracht werden."
* Ebingen, 27. März. Wie man bestimmt vernimmt, wird hier beabsichtigt, im evangelischen Vereinshaus, worin bisher 3 Wohnungen mietweise vergeben waren, in nächster Zeit ein Mädchenheim zu errichten. Vorerst sollen circa20 Schlafstellen geschaffen und an fremde, in hiesigen Fabriken arbeitende Mädchen vergeben werden. Zwei hiesige ledige Frauenzimmer, die in freigebigster Weise ihr Privatvermögen für diesen Zweck verwenden wollen, übernehmen die Leitung der Anstalt.
* (Verschiedenes.) Großes Aufsehen erregt die Verhaftung des Schultheißen M. von Adolzfurth (Oehringen). Derselbe ist erst seit 9 Monaten im Amt und zeichnete sich durch große Geschäftsgewondtheit aus. Es soll sich um mehrere Unterschlagungen mit zus. 1200 M. handeln. — Ein auf dem Heimweg befindlicher Bürger aus Alt heim (Horb), der in Seebronn mehrere Säcke Saatkorn geholt hatte, war auf seinem Fuhrwerk eingeschlafen. Während dieser Zeit fiel ihm seine Zigarre in ein Bündel Stroh, auf dem er saß. Er merkte dies erst, als seine Beinkleider brannten. Er trug nicht unerhebliche Verletzungen davon und sein Korn verbrannte zu zwei Drittteilen. — Im Remsthal stehen die Bäume in voller herrlicher Blüte. Auch in der Gegend von Heilbronn hat die Kirschenblüte allgemein begonnen. — In Neusten (Herrenberg) brachte der 9jähr. Sohn eines Schreiners die rechte Hand in die Futterschneidmaschine, wobei ihm dieselbe an der Wurzel abgeschnitten wurde. Ohne einen Klagelaut hob der unglückliche Knabe die Hand auf und brachte sie dem entsetzten Vater. — Im Cal wer Stadtwald, rechts am Wege nach Zavelstein, entstand am Donnerstag ein Brand, der zum Glück rechtzeitig entdeckt und gelöscht werden konnte. Die verkohlte Strecke ist etwa einen Morgen groß.
* Karlsruhe, 8. April. Wohin die Familie gebracht werden kann, wenn sich die Frau durch Leichtsinn. Putzsucht und Sucht, glänzen zu wollen, leiten läßt und der Mann schwach genug ist, seiner Frau nicht die Züge! zu halten, davon lieferte eine Strafkammer- Verhandlung des hiesigen Landgerichts ein Bild. Einige Blätter beschäftigten sich schon seit letztem Herbst mit den Famtltenverhältnissen des Be triebsdirektors der großherzoglichen Eisenbahnwerkstätten Janson. Als solcher bezog Janson einen beträchtlichen Gehalt, den er nach seiner Aussage ganz der Frau überließ. Trotzdem kam Frau Janson mit diesem Wirtschaftsgelde nicht aus, sie befand sich in steter Geldnot und griff, um sich Mammon zu beschaffen, zu den ehrenrührigsten Mitteln. Wechsel wurden hinter dem Rücken des Mannes, der mit seinen Diäten seine Bedürfnisse bestritt, gefälscht, Schuldscheine unterschrieben, überall gepumpt, selbst Dienstmädchen wurden damit nicht verschont, die Stellung ihres Mannes zum Stellenverkauf mißbraucht, kurz, der Frau Janson waren alle Mittel heilig, die es ihr ermöglichten, glänzende Feste zu feiern, bei denen der Champagner in Strömen stoß, und großartig zu leben. Schließlich fiel sie einem Agenten in die Hände, die Wogen schlugen über ihr zusammen und sierttz ihre Familie mit hinab in den moralischen Sumpf, in dem sie untersank. Ihr Mann wurde entlassen, sie selbst bezog Quartier hinter den spanischen Gardinen. Sie hatte 32 Wechsel im Gesamtbeträge von 4390 Mk. gefälscht und 6 Schuldscheine im Betrage von 1150 Mk. Der Gerichtshof erkannte sie schuldig der Urkundenfälschung und des Betrugs in 25 Fällen, uud in je einem Falle der einfachen Fälschung und des einfachen Betrugs. Das Urteil lautete auf 2Vz Jahre Gefängnis unter mildernden Umständen.
* Offenburg, 4. April. Wegen Soldaten- mißhandlung wurden der Unteroffizier Metz in Mülhausen mit 10 Monaten Festung und der Unteroffizier Reff von Hofweier mit 9 Monaten, sowie mit Entfernung aus dem Heere bestraft.
'Dresden, 6. April. Die sächsische Stadt Wurzen erfreut sich seit längerer Zeit einer in ihrer Mehrheit sozialdemokratischen «rtadtverord- neten Versammlung. Dieselbe beschloß dieser Tage mit 9 gegen 6 Stimmen, einen der höheren Töchterschule bisher gewährten Zuschuß von 2000 Mark in Zukunft, und zwar mit der Begründung zu streichen, daß die höhere Töchterschule nur dem Standesdünkel der reicheren Klaffen, sowie dem Bedürfnis nach Absonderung ihre Entstehung verdanke.
* Berlin, 7. Aprtl. Wie aus der jetzt vorliegenden Begründung der Eisenbahnvorlagen ersichtlich ist, sollen die für Beschaffung von Betriebsmitteln für die bestehenden Staatsbahnen geforderten 15 Millionen zur Beschaffung von etwa 100 Lokomotiven, 409 Personenwagen und 2000 Gepäck- und Güterwagen verwendet werden.
* Berlin, 7. April. Der Herausgeber der „Zukunft", Maximilian Harden, wegen Majestätsbeleidtgung, begangen durch einen Artikel „Monarchenerziehung", angeklagt, wurde in der heutigen nichtöffentlichen Verhandlung der Strafkammer I fretgesprochen. Nach den „Münch. Neuesten Nachrichten" wird tn der Begründung des freisprechenden Urteils ausgeführt: Der Artikel enthalte zweifellose Wahrheiten. Die Ehrfurcht vor den Fürsten bestehe darin, daß man auch vor ihnen die Wahrheit Hochhalte und nicht ihnen byzantinisch schmeichelnd zu Füßen liege. Es sei wahr, daß ein Fürst sich selbst erziehen müsse. Sticht beleidigend, sondern wahr sei, daß der Kaiser tn seiner jugendlichen Thalkraft geglaubt habe, mir seinen Reformen schneller durchoringen zu können.
* Aus Anlaß der Auflegung eimr neuen Retchsanlethe von 160 Millionen hebt die „Freis. Ztg." besonders hervor, daß diese jetzige Reichsanleihe noch keinerlei Mittel vieler zur Durchführung oer neuen Heeresverstärkung. Das Blatt teilt dann noch mit: Nach einer dem Reichstage mirgeterlten Uebersicht waren am 15. November r892 noch Anleihekredite offen im Betrage von 140 Millionen Mark. Dazu ist durch, das Etatsgesetz pro 1893/94 eni neuer Anlethekredit von 130 Mtll. Mark gekommen. Dies ergiebt zusammen Anleihe- kredtre von 270 Millionen Mark. Nun soll allerdings die Regierung seit November neue dreteuihalbprozenttgeKonfolS frechänoigveräußert haben. In welchem Umfange dies geschehen, ist nicht bekannt. Wir nehmen an, daß die Regierung gegenwärtig noch üvec 250 Millionen Mark Kredite verfügt. Da der Erlös aus der neuen Anleihe 138Vs Millionen Mark nicht übersteigen wird, so behält auch nach der Realisierung dieser Anleihe die Regierung noch für 111 Vs Millionen Mark Anleihekreüite tu der Hand. . . . Am 15. Novdr. 1892. betrugen die: verzinslichen Reichsschulben 1697 Mtll. Mark. Rechnet man, daß inzwischen etwa für 20 Millionen Mark drelprozentige Konsols veräußert sind, so würoe die verzinsliche Reichsschuld durch die neue Reichsanlerhe von 160 Millionen Mark steigen auf 1697 st- 20 -j- 160 — 1877 Millionen Mack. La außerdem die unverzinsliche RelchSschuto (Reichskassenschetne> 120 Millionen Mark beträgt, so würde die Reichsschulü insgesamt sich schon m diesem Frühjahr auf 1997 Millionen Mark belaufeL.
Ausländisches.
* Wien, 7. April. Einiges Aufsehen erregt eine Ansprache des Papstes an die rumänischen Pilger, worin der hl« Vater es als seine Sorge bezeichnet«, die Rumänen, die darüber klagen, der Wohllhaten des katholischen Glaubens zu entbehren, einst in den Schoß der Mutterkirche zurückführen zu können. Es ist das erstemal, daß der Papst eine so deutliche Aeußerung über seine Stellung zu der Frage
Zer zweite Mann, ^°2i>ruck verboten.)
Erzählung von Ewald August König.
(Fortsetzung.)
„In solcher Lage greift man zu jedem Mittel, um dieser Sorgen ledig zu werden. Der Advokat Gustav Varnay soll nicht nur ein schöner, sondern auch ein sehr weichherziger Mann sein; gelang es der jungen Dame, seine Teilnahme zu wecken, so hatte sie das Spiel schon halb gewonnen."
„In der That, diese Anschauung stützt sich auf große Wahrscheinlichkeit," nickte Elisabeth.
„Ich habe den Vertrag, den mein Schwager geschrieben haben soll, nicht gesehen," fuhr Grüner fort; „nichtsdestoweniger glaube ich jetzt behaupten zu dürfen, daß er gefälscht war. In großen Städten findet man immer Leute, die aus solchen Fälschungen ein Geschäft machen, und der Advokat hatte keine Ahnung von dem unwürdigen Spiel, das mit ihm getrieben wurde, die Dame hat ihren Zweck erreicht und jetzt fürchtet sie, daß wir jenes Spiel durchschauen; daher der gereizte Ton in der Antwort, die Sie erhalten haben, mein wertes Fräulein."
Theodore wiegte zweifelnd das Haupt/ es fiel ihr schwer, ihre Entrüstung zu verbergen.
„Ich kann und will darüber nicht urteilen," sagte sie; „und im Grunde genommen interessiert mich auch die Sache sehr wenig."
„Sie werden den Brief ihrer Freundin nicht beantworten?" fragte Elisabeth.
„Was soll ich antworten?"
„Unsere Pflicht wäre es eigentlich, dem Advokaten Varnay reinen Wein einzuschenken," sagte Grüner in nachdenklichem Tone; er ist dir
gegenüber damals so zuversichtlich aufgetreten, jetzt sollte man ihm beweisen, daß er dazu in keiner Weise berechtigt war."
„Wozu?" erwiderte Elisabeth sarkastisch. „Hat er sich betrügen lassen, so ist das seine Sache; uns kümmerts nicht, und ich sehe es nicht ein, daß wir uns deshalb Unannehmlichkeiten machen sollen."
„Die Versicherungsgesellschaft hat derzeit also die Summe gezahlt?" fragte Theodore.
„Sie konnte die Zahlung nicht verweigern und sobald ich das Geld besaß, reiste ich nach Bern zu meiner Tante. Die alte Dame ist sehr vermögend; sie steht allein und ich durste überzeugt sein, daß sie mich mit offenen Armen aufnehmen würde. Die Zinsen meines kleinen Vermögens reichten ja nicht aus, mir eine standesgemäße Existenz zu sichern, ich war also gewissermaßen aus die Tante angewiesen."
„Und dann kam Friedrich aus Amerika zurück," schattete Grüner ein.
„Das klingt auch wie ein Märchen, und doch ist es Wahrheit," fuhr Elisabeth fort. „Mein jetziger Gatte ist der Zwillingsbruder, meines ersten Mannes; hätten Sie früher die beiden Brüder nebeneinander, gesehen, Sie würden erstaunt gewesen sein über die frappante Aehnlich- keit. Ich erfuhr damals nicht, daß beide Brüder mich liebten und daß Friedrich nur deshalb auswanderte, um seinem Bruder das Feld zu räumen und jedem Zwiespalt vorzubeugen. Zeugte das nicht von edler Gesinnung?"
„Gewiß," meinte Theodore, „aber diese opferfrendige Liebe soll man in der Regel bei Zwillingen finden."
„Mag sein, aber ich zweifle doch, ob Roderich das Opfer gebracht haben würde. Friedrich hatte drüben sein Glück gemacht, er war binnen kurzer Zeit ein reicher Mann geworden. Kaum erhielt er die Nachricht von dem Tode seines Bruders, als er auch unverzüglich sich einschiffte, um mir in seiner raschen Weise. seine Hand und sein Vermögen anzu-