* Nagold, 2. April. Allgemeine und herz­liche Teilnahme wird von Seiten der ganzen Einwohnerschaft unserem hiesigen, strebsamen, um das Allgemeinwohl sehr verdienten Mit­bürger, dem Konditor Heinrich Gauß und dessen Familie entgegengebracht, die durch einen Unfall schwer heimgesucht wurden. Vor etwa 10 Tagen ritzte sich der Betreffende ganz leicht an der Hand durch einen Nagel. Er schenkte der kaum bemerkbaren Verwundung keine Beachtung, aber die Hand schwoll nach einigen Tagen an und die berufenen Aerzte mußten Blutvergiftung fest­stellen, welche zur Folge hatte, daß der ganze Arm heute früh abgenommen werden mußte. Nach vollzogener Operation starb heute Nacht Gauß im Alter von 43 Jahren, betrauert und beweint von einer Frau mit 4 Kindern und unvergessen von seiner Mitbürgerschaft. (S. M.)

Atchelberg, O.-A. Calw, 3. April. Am heutigen Ostermontage vorm. 10Vs Uhr brach im Staatswalde in der Nähe von Hühnerberg- Meistern infolge unvorsichtigen Reisbrennens ein Waldbrand aus, der bei der herrschenden Trockenheit leicht hätte größeren Schaden ver­ursachen können. Glücklicherweise waren aber die Einwohnerschaft von Hühnerberg-Meistern und die Feuerwehr von Aichelberg mit den Forstschutzwächtern von der Rehmühle und von Aichelberg bald zur Stelle. Auch Herr Ober­förster Kuplan von Hofstett fand sich bald ein und unter dessen Leitung war man durch an­gestrengte und zweckmäßige Arbeit über das Feuer Meister geworden, so daß die ebenfalls auf dem Brandplatz erschienene Feuerwehr von Neuweiler nicht mehr in Thätigkeit treten mußte. Das Feuer hatte immerhin eine Fläche von etwa 1 La, betroffen, sich aber glücklicher­weise hauptsächlich nur über einen Kahlschlag ausgedehnt, so daß von den angrenzenden Kulturen nur ein schmaler Streifen ergriffen wurde und der Hochwald ganz geschützt werden konnte. (Nach einer weiteren Korrespondenz, für welche wir ebenfalls bestens dankbar sind, war durch den Brand ein 30jähriger Holzbe­stand sehr in Gefahr. Völlig verkohlt ist eine 3 lla große 2jährtge Fichtenkultur und das Feuer erstreckte sich über eine Fläche von ca. 10 La, die zum größten Teil (ca. 7 üs,) aus einem Kahlschlag besteht. Der Holzhauer, durch dessen Fahrlässigkeit das Feuer entstand, arbeitete so riesig an der Löschung, daß es ein wahres Wunder ist, daß er mit dem Leben davon kam.)

* Freuden st adt, 1. April. Eine auf den Gründonnerstag nach Forbach (Baden) ein- bervfene Versammlung württembergischer und badischer Interessenten beriet über die Frage des Baus einer Murgthalbahn von Freuden­stadt nach Gernsbach. Sämtliche Redner, wo­runter die Vorstände der Städte Freudenstadt und Gernsbach, eine Reihe Großindustrieller von Baiersbronn, Reichenbach u. Gernsbach sprachen sich einstimmig für eine durchgehende normal- spurige Bahn und für entschiedene gemeinsame

Stellungnahme in dieser für das bevölkerte, gewerbreiche Murgtbal hochwichtigen Frage aus.

* Stuttgart, 3. April. Der Personen­verkehr auf dem hiesigen Bahnhof über die Osterfeiertage war, wohl infolge des anhaltend schönen Wetters, in diesem Jahre erheblich stärker als in den vorangehenden Jahren. Die hiesige Bahnhofkaffe hatte über die letzten Feier­tage eine Einnahme von 71250 Mk. gegen 59830 Mk. im Jahre 1892 und 49 206 Mk. im Jahre 1891.

" Göppingen, 31. März. Eine ebenso originelle wie nützliche, die Bewohner waldreicher Gegenden jeden­falls besonders interessierende und speziell für Holzhauer praktische Erfindung wurde in letzter Zeit gemacht. Der Mechaniker Anton Messing in Göppingen konstruierte einen Keil, der in Zukunft beim Bäumefällen verwendet und an Stelle der seither gebräuchlichen Keile (sog. Scheiden) treten soll. Der Keil ist rund und spitz, nach rückwärts mit zunehmender Stärke und mit einer schraubenartig vor­stehenden Kante versehen. Diese Beschaffenheit hat folgende Vorteile: Der Keil wird wie die seitherigen in den Säge- schnitt eingesetzt, und mittels einer an die am Ende des Keils angebrachten kreuzweise zu einander stehenden Bohr­ungen eingesetzte Hebelstange ohne große Mühe in den Sägespalt getrieben und so der angesägte Baum durch die zunehmende Erweiterung des Spaltes nach einer bestimmten Richtung zu Fall gebracht. Infolge des schraubenartigen Ansatzes und Eingreifens desselben in die beiden Schnitt­flächen ist ein Zurückweichen des Keils, selbst im Winter und bei vereisten Bäumen oder ein zufälliges Ausweichen desselben nach einer anderen als der ihm angegebenen Richtung unmöglich. Die Gewißheit, daß der Baum mittels des angewandten Keils unbedingt nach der be­stimmten Richtung fallen muß, wird für jeden Holzhauer eine Beruhigung werden. Die in letzter Zeit mehrfach in den Staats- und Gemeindewaldungen um Göppingen mit dem Keil unter den verschiedensten Verhältnissen gemachten Versuche haben ein vollständig befriedigendes günstiges Resultat ergeben. Auch sonst bieten die Schraubenkeile besonders in schwierigen Standorten, steilen Halden, Klingen u. s. w., wo die Handhabung der schweren Spaltärte oft sehr schwierig, manchmal unmöglich ist, viele Vorteile für die Sicherheit der Arbeiter und zur Abwendung von Be­schädigungen des Bestandes. Die Keile werden auf dem deutschen Patentmarkt bei der Weltausstellung in Chicago aufgelegt sein.

* (Verschiedenes.) Der 30 Jahre alte Schuhmacher Karl Kurz ausBetzingen, OA. Reutlingen, wurde am Feldberg an einer Stelle tot aufgefunden, woselbst der Schnee noch über 2 Meter tief liegen soll. Der Tod dürfte durch Erfrieren eingetreten sein. InHöfen, OA. Neuenbürg wurde der Taglöhner Philipp Groß- mann in dem Enzkanal des Rothenbachwerks tot aufgefunden. In Biberach wurde einer gerade allein zu Hause befindlichen Frau von einem Kunden eine Rechnung bezahlt. Das am Tisch befindliche kleine Töchterchen ergreift ein 3-Mark-Stück und schiebt es so weit in den Mund, daß dieses sich im Schlunde festsetzt. Wohl glückt es nach vieler Mühe der Mutter das Geldstück loszubrtngen. Allein die darauf folgende Geschwulst des Halses führte trotz so­fortiger ärztlicher Hilfe den Erstickungstod des armen Kindes herbei. Einem Bürger in Rommelshausen, der im vorigen Jahr beim Eisenbahnübergang durch unangemelveres Ablassen des Schlagbaumes am Kopf so schwer verletzt wurde, daß seine Arbeitsunfähigkeit voraussichtlich für immer beeinträchtigt blerbt,

wurde durch die K. Eisenbahndirektion ein jähr­liches Grotial von 600 M. verwtlligt, nachdem ihm schon früher zur Bestreitung von Kurkosten700Mk. ausbezahlt wurden. Dem Malzfabrikanten Stängle in Heidenheim wurden am Sams­tag nacht 20 Stück junge Bäume von bübischer Hand teils abgeknickt, teils abgeschnitten. Am Samstag mittag wurde auf demHessen- thaler Bahnhof ein Reisender beim Ueber- schreiten des Geleises von einem gerade ein­fahrenden Zug überfahren und ihm hiebei ein Bein gänzOch abgedrückt. Steinbruchbesttzer Sch. inRodt stürzte sich in eine in seinem Stetn- bruch befindliche tiefe Wasserlache, wo er als Leiche herausgezogen wurde. Die in den letzten Wochen in der Kirchengemeinde Freuden- st ad t zum Zweck der Heizbarmachung der evang. Stadtkirche veranstaltete Haussammlung hat die Summe von 1440 Mk. ergeben. In Großküchen ist das Gasthaus zum Lamm sowie 7 weitere Wohngebäude abgebrannt. In den Markungen Untertürkhetm und Tübingen fanden am Sonntag nachmittag Waldbrände von kleiner Ausdehnung statt.

* In Pforzheim beging Lehrer Wilhelm Schifferdecker sein 50jähriges Lehrerjubiläum. Seine früheren Schüler, seine Freunde und die Eltern der jetzigen Schüler überreichten dem verdienten Manne als Ehrengabe 6000 Mk. 3-proz. deutsche Reichsanleihe nebst einem Braunschweiger 50-Thaler Los.

* München. Der durch seine Teufelaus- tretbung bekannt gewordene, inzwischen verstor­bene Pater Aurelian hat vor seinem Tode das der Frau Herz zugefügte Unrecht bereut. Er hat einen Freund zu der Erklärung ermächtigt, daß er sein Unrecht erkannt habe, für Frau Her; täglich bete und den Weg zu finden hoffe, noch alles wieder gut zu machen. Ehe er dies ausführen konnte, ist der Pater gestorben.

* München, 1. April. Wie die Polizei­direktion mitteilt, gestand der verhaftete Karl Guttenberger den vierfachen Dietkirchner Raub­mord allein verübt zu haben.

* Dresden. In den Waldungen der Dresdener Heide zeigt sich an einigen Stellen die gefährliche Nonne. Die Verwaltung des Forstes läßt den Schädling in energischer Weise verfolgen. Die von dem Insekt befallenen Bäume werden ihrer Rinde entkleidet. Meist stehen dieselben ganz nahe in Gruppen zusammen. Tausende von anderen Bäumen werden 1 Meter vom Boden entfernt mit einem klebrigen Ringe umzogen, um dem Ungeziefer das Hinauskriechen am Stamm zur Unmöglichkeit zu machen. Durch diese rechtzeitig ergriffenen Maßregeln hofft man, der gefürchteten Verbreitung der Nonne ein Ziel gesetzt zu haben.

* Der Wetterprophet Rudolph Falb hatte dieser Tage selbst einmal einen seinerkritischen Tage." Er enthüllte da nämlich in einem zu Görlitz gehaltenen Vortrage seinen erstaunten Zuhörern, welchen Segen Europa vom Pariser

wer konnte wissen, welche anderen Gründe hinzugetreten waren, um ihr die Beseitigung des Gatten wünschenswert erscheinen zu lassen!

Es war ein furchtbarer Verdacht, aber er ließ sich jetzt nicht mehr zurückdrängen. Gustav Varnay fühlte, daß er keine Ruhe fand, bis er sich volle Gewißheit verschafft hatte.

Wo aber sollte er sie suchen?

So lange sein Verdacht sich nicht auf bessere Beweise stützen konnte, durste er nicht die Oeffnung des Grabes verlangen; überdies wünschte er auch alles zu vermeiden, was den Vorwurf der Gehässigkeit auf ihn laden konnte.

Je länger er über das alles nachdachte, desto mehr befestigte sich der Entschluß in ihm, jener Frau noch einmal gegenüberzutreten und ihr die schwere Anklage ins Gesicht zu schleudern; die Wirkung dieses An­griffs sollte ihm Gewißheit geben, ob sein Verdacht begründet war oder nicht.

4.

Auf dem Balkon des GasthofesZum weißen Kreuz" in Fluelen saßen die drei Personen: Frau Elisabeth Griesheim mit ihrem zweiten Gatten und ihrem Bruder.

Auf dem sauber gedeckten Tische perlte in geschliffenen Gläsern der köstliche Vino d'Afti und während Elisabeth auf den Vierwaldstädter See hinunterblickte, unterhielt Grüner sich leise mit seinem Schwager, der an diesem Gespräch nur geringes Interesse zu nehmen schien.

Der Gatte Elisabeths war ein hübscher Mann, schlank gebaut, mit blondem Haar und rötlichem Vollbart, nach der neuesten Mode ge­kleidet und ebenso wie sein Schwager mit schwerer, goldener Kette und blitzenden Ringen geschmückt. Stirn und Mangen waren leicht gebräunt und buschige Brauen überschatteten die blauen Augen, deren unstäter Blick eine seltsame innere Unruhe verriet.

Das prächtige Dampfboot, das von Luzern kam, hatte eben ge­landet, auf der Brücke, die zum Ufer führte, drängten sich die Passagiere, die scharenweise ausstiegen.

Auf ihnen ruhte jetzt der sinnende Blick Elisabeths und ein spöttisches Lächeln glitt plötzlich über ihr feines Antlitz.

Fräulein Hallstädt mit ihrem Vater!" sagte sie in geringschätzen­dem Tone;erinnerst du dich noch unserer ersten Begegnung mit ihr, Friedrich?"

Es wäre besser gewesen, wenn diese Begegnung niemals stattge­funden hätte," erwiderte ihr Gatte.

Weshalb?" fragte Grüner sarkastisch.Glaubst du sie fürchten zu müssen?"

Fürchten? Wer weiß! Sie wird ihrer Freundin alles mitgeteilt haben und über den Bräutigam dieser Freundin hat Elisabeth sich eben nicht zart aus gedrückt."

Was kann es uns kümmern, wenn wir unfern Zweck erreichen!" sagte die junge Frau achselzuckend.Sie kommen hierher, spielen wir die begonnene Rolle weiter."

Und ich hoffe ebenfalls, meinen Zweck zu erreichen", erwiderte Grüner mit gedämpfter Stimme;wir müssen diese Beute an uns zu fesseln suchen."

Das dürste uns schwer fallen," spottete Griesheim;aber ver­suchen kann man es immerhin."

Elisabeth erhob sich rasch und ging dem Mädchen, das an der Seite des Vaters an den Balkon trat, entgegen.

(Fortsetzung folgt.)

tz»

Auflösung des Rätsels in Nr. 39 (Beilage): Ach Fach Bach Schach Dach.