und Stalin die Frage des Handfertigkeitsunterrichts berührt. Stälin sprach den Wunsch ans, es möchte bei allen Schnlkomplexen Stuttgarts den Schülern Gelegenheit geboten werden, dem Handfertigkeitsunterricht in ihren freien Stunden anzuwohnen, wofür der Aufwand nur gering sei; doch betonte Redner ausdrücklich, daß der Unterricht nicht obligatorisch werden dürfe, sondern fakultativ bleiben müsse. Bei Kapitel 93 Kunstschule und Kunstsammlungen wies der Berichterstatter Dr. v. Göz darauf hin, daß die hiesige Kunstschule im Vergleich zu denjenigen in München und Karlsruhe nicht zu rechter Blüte gelangen wolle, wovon die Ursache in verschiedenen Umständen gesucht werde. Der Minister meinte, es gebe wohl keine Kunstschule, die nicht Angriffen ausgesetzt sei; wenn die hiesige Anstalt nicht die Frequenz habe, die man wünschen möchte, so könne die Verantwortung dafür weder dem Manne, der an ihrer Spitze stehe und der sich um die Schule wie um das hiesige Kunstleben, z. B. durch Veranstaltung der letzten Gemäldeausstellung, große Verdienste erworben habe, noch auch den übrigen Lehrern an der Anstalt betgemeffen werden. Die Angriffe, die gegen einzelne Lehrer an der Kunstschule gerichtet werden, sind nach Ansicht des Ministers der Ausfluß subjektiver Anschauungen einer kleinen Künstlerschar, denen jede Begründung fehle; in den weiteren Kunstkreisen werden diese Anschauungen nicht geteilt. Der Etat des Kultdepartements wurde darauf vollends ohne Debatte erledigt.
Stuttgart, 22. März. (15. Sitzung.) Zunächst wurde der Rechenschaftsbericht des ständischen Ausschusses über seine Amtsthätigkeit während der Vertagung der Ständeversammlung vom 20. Jan. bis 14. März erledigt, bei welcher Gelegenheit der Berichterstatter v. Hofacker die Mitteilung machte, daß der ständische Ausschuß bereits Schritte gethan habe wegen der vom Gemeinderat Stuttgart gewünschten Entfernung des Balkonvorbaus am ständischen Hauptgebäude an der Kronprinzstraße. Dann folgte die Beratung des Gesetzentwurfs, betr. den Zuschlag zur Liegenschaftsaccise durch die Gemeinden. Die Erhebung dieses örtlichen Zuschlags soll im Höchstbetrage von 80 Pfg. auf je 100 M. des der staatlichen Accise unterliegenden Werts solchen Gemeinden erteilt werden können, bei welchen die zur Bestreitung der Gemeindebedürf- uiffe durch Umlagen auf Grundeigentum, Gebäude und Gewerbe aufzubringendcn Mittel den Betrag der Staatssteuer übersteigen. Die Erlaubnis wird durch das Ministerium des Innern für eine bestimmte Zeitdauer erteilt, die den 31. März 1897 nicht überschreiten darf. Das Gesetz fand allgemeine Zustimmung, wenngleich mehrere Redner, wie namentlich Sachs u. Stälin, es lieber gesehen hätten, wenn die ganze Liegenschaftsaccise (der staatliche Betrag derselben ist 1,2 °/o oder 1,20 Pfg. von je 100 M.) den Gemeinden überlassen würde. Die Generaldebatte über den Entwurf wurde zu Ende ge
führt und dann der ganze Entwurf in der Einzelberatung erledigt, worauf die ganze Gffetzes- vorlage einstimmig angenommen wurde.
LavdeSvachrichteu.
-r. Alten steig, 22. März. Wegen unserer Schmalspurbahn, der ersten im Lande, ist schon mancher Besuch gekommen, der sich für die Anlage, den Bau und den Betrieb der Bahn interessiert hat. Gestern kam sogar eins Abordnung aus Frankreich, bestehend aus 5 höheren Regierungstechnikern, welche unter Führung von dem Hrn. Bezirksbetriebsinspektor in Calw und dem Hrn. Direktor der Maschinenfabrik Eßlingen von unserer Bahn und ihren Betriebsmitteln sich Kenntnis verschaffen wollten. Sie interessierten sich besonders für unsere drei Transporteure, der trefflichen Konstruktion, welche gestattet, rasch und mit wenig Kraftaufwand die großen Wagen der Normalspurbahnen zu verladen und auf dem Schmalspurgeletse zu befördern. — Am Montag von 4—7 Uhr war hier die Prüfung der gewerblichen Fortbildungsschule. Die Schule wurde von 33 Schülern im Alter von 15 und 16 Jahren besucht. Unterrichtet wurde im Schönschreiben, Kopfrechnen, fchriftl. Rechnen, Geometrie, geometrisches Rechnen, Physik, Geschäftsaufsatz und gewerbliche Buchführung. In letzterem Fache wurde Heuer das erstemal hier unterrichtet und haben die Schüler Tagebuch, Kassenbuch und I. und II. Inventar angelegt. Der Unterricht wurde in allen Fächern von allen Schülern regelmäßig besucht.
-r Altensteig, 23. März. Heute wurde in Nagold das vom landw. Verein in der Schweiz aufgekaufte Zuchtvieh, 11 Farcen und
9 Rinder zur Versteigerung gebracht. In dankenswerter Weise wurden, dem Wunsche der hies. Versammlung von Viehzüchtern am 18 d. Mts. entsprechend (s. Nr. 35 dieses Blattes), die Ankaufspreise bekannt gegeben. Verkauft wurden
10 Farren und 7 Kalbeln, unverkauft blieben also 1 Farren und 2 Kalbeln. Die Farren wurden bis auf 755 Mk. gesteigert, niederster Preis war 335 Mk., die Kalbeln kosteten 290 bis 610 Mk. Die Farren kamen nach Effringen (600 Mk.), nach Gültlingen (640), Ebershard (550), Altensteig (755), Walddorf (580), Spielberg j.750), Alrensteig-Dorf (600), Haiter- bach (335), Wildberg (450), Nagold (450). Die hiesige Farrenhaltung hat also den schönsten und teuersten Farren sich erworben.
* Altensteig, 24.März. Es geht uns folgende Einsendung zu: In dem am Palmsonntag nachm, um V»4 Uhr im Festsaal des Seminars Nagold stattfindenden Konzert wird das Oratorium Paulus von Mendelssohn ausgeführt werden. Als Solisten werden Frl. H. Weber von Wildberg (Sopran). Herr E. Müller aus Heilbronn (Tenor) nnd Herr Reallehrer Müller aus Nagold (Baß) Mitwirken.
. * Stuttgart, 21. März. In der heutigen Sitzung der Kammer der Standesherren nahm vor Eintritt in die
Tagesordnung der Fürst zu Hohenlohe-Langenburg das Wort zu einem Prorest gegen das Urteil, welches Landgerichtsrat a. D. Gaupp in der Versammlung der deutschen Partei vom 8. Februar ds. Js. über die Wirksamkeit der Kammer der Standesherren gefällt hat. Die Worte des Herrn Gaupp, gesprochen innerhalb einer Partei, die von maßgebendem Einfluß in der Abgeordnetenkammer sei, und von der damaligen Pirteiversammlung nicht zurückgewiesen, sondern vielmehr gebilligt und mit Beifall ausgenommen, dürfen nicht unwidersprochen bleiben. Man könne ja darüber verschiedener Meinung sein, ob das Ein- oder das Zweikammersystem den Vorzug verdiene; aber die Erste Kammer als schädliches Institut bezeichnen, wie Gaupp es gethan, gehe über den Rahmen einer berechtigten Kritik hinaus. Die politischen Errungenschaften, deren sich Württemberg erfreue, das allgemeine direkte Wahlrecht, die Gemeindeordnung u. s. w., all das sei zu stände gekommen durch das Zusammenwirken beider Kammern; durch solche Aeußerungsn, wie diejenigen des Landgerichtsrats Gaupp, werde die geplante Verfassnngsrevifion nur erschwert. Das Haus schloß sich diesem Proteste an.
* Ravensburg, 23. März. Dis Resultat der Reichstagssrsatzwahl wiro heute wie folgt angegeben: Rembolo (Z:ntr.) 117l3 St., Saurer (Volksvartn) 5423, Müller (Deutsche Partei) 813, Tauscher (Soz.) 541. Bei der letzten Reichstagswahl 1890 erhielt der verstorbene Göser 12034, Mlyser (koas.) 1 658, Kuller (Volkspartei) 2 655, Bconnenmayer (Soz.) 373 Stimmen.
„Du kennst wahrscheinlich auch ihren Vater persönlich —"
„Gewiß, er ist ein ehrenwerter und herzensguter Mann, dabei in seinem Auftreten schlicht und einfach."
„So dürfte man es also wagen, eine Bitte an ihn zu richten," sagte der Advokat noch immer in Sinnen versunken. „Mir liegt viel daran, über die Verhältnisse nnd die Lebensweise der Frau Griesheim, ihres jetzigen Mannes und ihres Bruders genaue Auskunft zu erhalten, und diese Auskunft könnte deine Freundin mir verschaffen, wenn sie der Einladung jener Frau Folge leisten und dabei ein wenig heucheln wollte."
„Wenn ich Theodore darum bitte, wird sie es gewiß thun."
„Und ich lege einen Brief an ihren Vater bei."
„Was soll Herr Hallstädt bei der Sache thun s"
„Ich werde ihm reinen Wein einschenken und auch ihn bitten, Erkundigungen einzuziehen und die saubere Familie zu beobachten."
Paula wiegte ablehnend das Haupt.
„Thue das lieber nicht," sagte sie, „überlasse es ruhig meiner Freundin, ob sie ihren Vater in die Sache einweihen und seine Hilfe beanspruchen will. Hallstädt könnte aus deine Bitte hin oie Angelegenheit mit allzugroßem Eifer betreiben, und du wirst zugeben, daß dadurch der Erfolg in Frage gestellt würde."
Dagegen ließ sich allerdings nichts einwenden. Gustav mußte die Vortrefflichkeit dieses Rates anerkennen.
„Je nachdem die Auskunft lautet, würde ich mich vielleicht selbst nach Luzern begeben, um persönlich das weitere zu veranlassen," erwiderte er. „Die Sache läßt mir jetzt keine Ruhe mehr, ich muß das Rätsel um jeden Preis lösen!"
„Und gelingt es deinem Bemühen, Frau Griesheim ins Zuchthaus zu bringen, so wird auf dich der Vorwurf fallen, du habest an ihr Rache nehmen wollen."
Vertraue.
Das Leben wird irübe und trüber!
So seufzest und klagest Du gern. —
Die Wolken, sie ziehen vorüber,
Und ewiglich strahlet der Stern!
Die Freude, o nenn sie nicht Schimmer! Nur froh dem Geschicke vertraut! —
Du hast nach den Wolken nur immer Und nie nach den Sternen geschaut.
Logogriptj
Mit L dient es dem Drucker Von Buch und Zeituugsblatt.
Mit R es wohl in Nöten Jedweder gerne hat.
Besuchet hätt's mit V jüngst Gern auf dem Lande ich.
Da macht' es durck die Rechnung Mit W mir einen Strich.
Auflösung des Rätsels folgt in nächster Skr
.5? ULE—»
* Karlsruhe, 22. März. Der Raubmörder Weyell ans Appenheim, der im Jnlt v. I. bet Malsch den Holzhäadler Schneider ermordete und beraubte, wurde heute hinzerichket.
* Berlin, 22. März. Der bekannte Deutsch- afrikareisende Dr.Stnhlmann machte einem Redakteur der Jndependenc: belge die M tteilunz, daß alle über Emin Pascha in Umlauf gesetzten Gerüchte der Begründung entbehren.
" Berlin, 22. März. Der Eingang zum Reichstagsgebäude war heute von einer großen Menschenmenge belagert, die teils Einlaß begehrte, teils ihre Neugier befriedigen wollte. Die Abgeordneten hatten die größte Mühe den Eingang zu erreichen. Ahlwardt wurde von einigen jungen Leuten mit Hochrufen begrüßt, was von den Umstehenden mit großem Gelächter begleitet wurde.
Berlin, 22. März. Der Sitzung des Seniorenkonvents des Reichstags wohnte der Reichskanzler bei. Außerdem wohnten noch mehrere hohe Reichsbeamte, sowie Ahlwardt selbst der Beratung bei. Der Konvent hat jedoch in den vorgelegten Akrenstücken nichts gefunden, was Ahlwardts Behauptungen irgendwie unterstützen würde.
* Es stellt sich immer klarer heraus, daß es in der Absicht der Regierung liegt, gegen Ende April den Reichstag anfzulösen, falls es bis dahin nicht zu einer Verständigung über die Militärvorlage kommt. Der Entschluß der Auflösung hat nach der Verfassung durch den Bundesrat mit Zustimmung des Kaisers zu erfolgen, und man muß daher, wenn immer bestimmter die Auflösung als bevorstehend bezeichnet wird, annehmen, daß an der Bereitwilligkeit des Bundesrats kein Zweifel ist.
„Ich muß das dann über mich ergehen lassen; die Furcht vor verleumderischem Gerede darf mich nicht abhalten, meine Pflicht zu erfüllen."
„Dennoch möchte ich noch einmal dich bitten, die Sache auf sich beruhen zu lassen," sagte Paula in besorgtem Tone, „sie bringt dir nur Aerger. Ueberdies hast du auch keine Zeit, um in die Schweiz zu reisen."
„Zeit genug, liebes Kind," unterbrach er sie lächelnd.
„In vierzehn Tagen beginnen die Gerichtsferien, sie dauern sechs Wochen, und da wir unsere Hochzeit erst nach diesen Ferien feiern wollen, so —"
„Aber du sagtest mir früher einmal, deine Arbeit ruhe auch während der Ferien nicht."
„Ich muß später nachholen, was während meiner Abwesenheit versäumt worden ist," fuhr er achselzuckend fort; „im übrigen kann ich dem jungen Referendar, der in meinem Büreau arbeitet, meine Vertretung ruhig übertragen, er ist ein tüchtiger Jurist. Also sei so gut und schreibe in diesem Sinne an deine Freundin, vielleicht lerne ich sie später persönlich kennen."
(Fortsetzung folgt.)