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Samstag dm 25. März
Einrückungspreis der Ispalt. Zeile für Altensteig I und nahe Umgebung bei Imal. Einrückung 8^1 ^ 893
bei mehrmaliger je 6 auswärts je 8 j
Gestorben: Konditor Agner, Eßlingen; Eduard Gogel, Stuttgart; Ministerialkanzlist, Dallmus, Stuttgart.
Deutscher Reichstag.
* Berlin. 20. März. (Dritte Lesung des Etats.) Ahlwardt spricht sich für die Militärvorlage. aber gegen die Branntweinsteuer aus. Er hält seine Behauptungen bezüglich der Gkwehrläufe aufrecht und wird zur Ordnung gerufen, weil er Löwe des Meineids bezichtigt. Reichskanzler Caprivi erklärt, die Achtung vor dem Reichstage hindere ihn zu sagen, was er sonst Ahlwardt gesagt hätte. „Die Löwe- schen Gewehre sind durchaus gut: Ahlwardt kann sprechen, soviel er will, er wird niemals das Ansehen der Militärverwaltung und der Justiz erschüttern.* (Lebhafter Beifall.) Kriegsminister von Kaltenborn widerlegt die Behauptungen Ahlwardts im einzelnen und konstatiert, daß die Löwe'schen Gewehre ebenso brauchbar sind wie die in den Staatsfabrtken angefertigten, und in jeder Beziehung den Anforderungen der Kriegsbrauchbarkeit genügen. Ahlwardts Behauptungen über die Löwe'schen Gewehre werden auch vom sächsischen Generalmajor von Schlicken aufs schärfste zurückgewiesen. Lieb ermann (Antisemit) erklärt, für ihn sei die Gewehrangelegenheit durch die Erklärung des Kriegs Ministers erledigt gewesen, denn ein preußischer Offizier und Kriegsminister könne nicht die Unwahrheit sagen. Buhl (nat.- lib.) erklärt, Löwe sei ein Ehrenmann. Richter kritisiert das Verhalten Ahlwardts aufs schärfste. — Die Etats des Reichskanzlers und des Reichsamis des Innern werden ohne erhebliche Debatte erledigt.
* Berlin, 21. März. Der Reichstag genehmigte definitiv den Gesetzentwurf, betr. die Verlängerung des Zollprovisoriums gegenüber Spanten und Rumänien. — Bei der 3. Beratung des Mtlitäretats widerlegte der Kriegs- Minister eine Reihe von durch Richter und Bebel bei der 2. Etatsberarung vorgebrachten Fällen angeblicher Soldatenmißhandlungen. Generalauditeur der Armee Ittenbach weist den Vorwurf zurück, daß die Militärgerichte
ungerechte Urteile fällten; die Militärgerichte urteilten ebenso wie die Civilgerichte unparteiisch. Wenn auch das Militärgerichtsverfahren Mängel habe, so sei doch die Armee bisher gut damit gefahren. Sodann wurde in 3. Lesung der Militär-, Marine- und Justizetat genehmigt. Beim Etat des Reichsinvalidenfonds weist der Staatssekretär v. Maltzahn die Insinuation Ahlwardts zurück, daß die reichlichere Dotierung des Fonds durch Verhandlungen, welche hinter den Coulifsen mit Börsengrößen stattgefunden hätten, hintertrieben werde. Ahlwardt: Ich wurde veranlaßt, das Wort zu ergreifen, weil sich hier eine Anzahl von Leuten ausspielte, als ob sie es mit den Invaliden wohl meinten (Unruhe); ich wollte Nachweisen, daß die Fürsorge für die Invaliden seinerzeit eine viel bessere hätte sein können, wenn man den Jnvaltdenfonds so eingerichtet hätte, wie es der gesunde Menschenverstand vorschreibt. (Große Heiterkeit.) Damals kam es nicht darauf an, ob man den Fonds um einige Millionen höher dotierte. Die Zinsen hätten ausreichen müssen, dann wäre der Fonds unangetastet geblieben. Starb dann der letzte Invalide, dann besaß Deutschland ein freies Kapital der allerbedeutendsten Art. Dieses Kapital hätte Deutschland von den großen Börsenjuden unabhängig gemacht, und das wollten diese nicht. Bekanntlich kann der Krieg gar nicht erklärt oder geführt werden, wenn die großen Börsenjuden nicht wollen; aus dieser Gefahr wären wir herausgekommen. Man hat aber vorgezogen, den Fonds niedriger zu dotieren. An der Einrichtung, wie sie getroffen wurde, hatten außer der Börse noch die damaligen Oppositionellen Interesse, denn der preußische Verfassungskonstikt war eben erst zu Ende gegangen. (Lachen links.) Nun ist klar, daß alle Abmachungen hinter den Coulifsen sich der Oeffentlichkeit entziehen und nicht offiziell sind. Ich habe elf Aktenstücke mit Unterschriften von Herren, die noch hier sitzen, und von einem Herrn, der jetzt eine hohe Stellung in der Regierung einnimmt, darin ist nachgewiesen, daß
bei ähnlichen Dingen Verhandlungen der schlimmsten Art thatsächlich geführt worden find. (Große Bewegung auf allen Seiten des Hauses; Rufe: Namen nennen!) Es ist jetzt nicht möglich, so nahe am Schluffe des Reichstages eine tagelange Debatte anzufangen. Der Name des jetzigen preußischen Finanzmtnisters ist auch darunter. (Große Bewegung.) Es wird sich zeigen, daß von diesen Leuten das deutsche Volk um Hunderte von Millionen betrogen worden ist! (Rickert ruft: Ist der Mann gesund?) Es fitzen hier auf allen Seiten Freunde des Judentums, die ihr eigenes Volk verraten! (Rufe: Schluß! Herunter von der Tribüne!) Staatssekretär v. Maltzahn: Der Vorredner hat sich nicht entblödet, den Vorwurf des Verrats gegen Bismarck und die damaligen Mitglieder des Reichstags auszusprechen; seine Behauptungen widersprechen direkt der Wahrheit. (Beifall.) Präs. v. Levetzow: Er habe den direkten Vorwurf des Verrats nicht gehört. Ahlwardt erklärt sodann, er werde die angeführten Aktenstücke sofort nach Ostern auf den Tisch des Hauses legen. Richter: Man muß solche Leute (wie Ahlwardt) bis in ihre Schlupfwinkel verfolgen. Rickert beantragt, die Sitzung zu vertagen, um Ahlwardt Gelegenheit zu geben, die Schriftstücke morgen beizubringen. Ein solcher Vorwurf dürfe auf der Regierung keine 24 Stunden sitzen, v. Mante uffel unterstützt den Antrag im Interesse der Regierung. Die Vertagung wird einstim- mig beschlossen.
Württembergischer Landtag.
Kammer der Abgeordneten.
* Stuttgart, 21. März. (14. Sitzung.) Fortsetzung der Etats-Beratung. Bet Kapitel 77 trat der Abg. Essich für die Turnvereine ein und empfahl die Gewährung von Staatsbeiträgen an Gemeinden für die Errichtung von Turnstätten, worauf Minister Dr. v. Sarwey bemerkte, daß Staatsbeiträge an Gemeinden bisher schon gegeben werden. Bei Kapitel 79 Schullehrerseminarien wurde von Haffner
Z)er zweite Mcrnn. ^druck verbot.)
Erzählung von Ewald August König.
(Fortsetzung.)
„Freilich nicht, aber andere Bedenken sind in dieser Stunde in mir aufgestiegen, und hier die Wahrheit zu erforschen, halte ich für meine Pflicht. Der plötzliche Tod Griesheims, der hohe Betrag der Lebensversicherung, die Flucht der Witwe und ihres Bruders — dies zusammen- aenommen, weckt in mir die Vermutung, daß hier ein Verbrechen geschehen ist, aber vergeblich sinne ich darüber nach, welcher Art es sein könnte."
„Wie kommst du nur auf diesen Gedanken?" fragte Paula, mit zweifelnder Miene das Haupt wiegend.
„Er liegt nahe, so nahe, daß ich ihn schon früher hätte fassen müssen, aber, wie gesagt, es ist noch ein dunkles Rätsel und ich fürchte, daß die Lösung mir schwer fallen wird."
„So verzichte darauf, die Lösung zu suchen!"
„Nicht doch; der Betrug, der an dir verübt wurde, fordert Vergeltung, zudem läßt sich annehmen, daß diese Betrügereien auch heute noch fortgesetzt werden. Ist es da nicht unsere Pflicht, die Betrüger zu entlarven und unschädlich zu machen? Auf dem Wege der gerichtlichen Klage werde ich das nicht erreichen, unsere Beweisführung enthält manche Lücke und will man solche Leute angreifen, dann muß man gute Waffen besitzen."
„Und was soll nun geschehen?" erwiderte Paula.
„Seit wann bist du mit Fräulein Hallstädt befreundet?" fragte rr gedankenvoll.
„Ich lernte sie in der Schule kennen, ihre Eltern wohnten damals hier; erst vor zwei Jahren, nachdem ihr Vater sein Geschäft niedergelegt hatte, zogen sie fort."
„Ihr Vater, der frühere Bankier Hallstädt?"
„Jawohl, Balthasar Hallstädt und Kompagnie — du wirst dich der Firma noch erinnern."
„Gewiß! Ich entsinne mich noch, daß man sich damals das unerwartete Erlöschen dieser Firma nicht erklären konnte."
„Und doch lagen dafür Gründe vor, deren Triftigkeit man erkennen mußte. Herr Hallstädt hatte kurz vorher seine Frau verloren, sie starb plötzlich durch einen Unglücksfall —"
„Stürzte sie nicht selbst sich zum Fenster hinaus?"
„So wollten böse Zungen behaupten, aber es ist nicht die Wahrheit. Die arme Frau litt am Herzkrampf und ein solcher Anfall traf sie am offenen Fenster; das Unglück war geschehen, ehe man ihr zur Hilfe eilen konnte. Dem Vater Theodores wurde dadurch das Haus verleidet, hier erinnerte ihn alles an das entsetzliche Ende der geliebten Frau, zudem besaß er nur die einzige Tochter und keinen Sohn, dem er später das Geschäft übertragen konnte. Er hatte Reichtümer genug gesammelt und er sehnte sich nach Ruhe."
„Das sind der Gründe allerdings genug," nickte Gustav. „Wo wohnt Hallstädt jetzt?"
„Er hat eine Villa in der Nähe von Baden-Baden gekauft; aus der Beschreibung Theodores zu schließen, muß es ein prachtvoller Wohnsitz sein," sagte Paula.
„Wenn man nur wüßte, wie lange sie sich noch in Brunnen aufhalten werden."
„Jedenfalls wird meine Antwort Theodore dort noch antreffen."
„Und darfst du die Ueberzeugung hegen, daß die Freundschaft Theodores zu einem Opfer bereit ist?"
„Wenn es kein zu schweres Opfer ist, dann glaube ich, daß sie es bringen wird."