stöhlen. Auch hat der Dieb am Ort der That stch den Wein und das Backwerk schmecken lassen und ein ziemliches Quantum verzehrt. — Der in Stuttgarl angekommene Cirkus Busch führt 5 Riesenelefanten und 50 Hengste mit sich; ein Bär produziert stch als Kunstreiter. — In der Gemeindepflege-Rechnung Riedbach haben stch wie jetzt bekannt geworden, bedeutende Unregelmäßigkeiten herausgestellt. Der Abmangel soll sich auf 2700 Mk. belaufen. Der Gemeindepfleger, dem die Schuld beigemessen wird, ist vor einigen Wochen mit Tod abgegangen.
* Aus Kaiserslautern vom 23. Febr. meldet man dem „Pf. K." folgende erschütternde Familiengeschichte. Die Ehefrau des Schreiners Schmidt ließ gestern ihrem elfjährigen Söhnchen eine empfindliche Züchtigung zu teil werden. Anstatt nachmittags in die Schule zu gehen, begab sich der Knabe, mit einem Körbchen und Messer versehen, in den Wald, angeblich um für den Lehrer Pflanzen zu suchen. Als das Kind stch aber weder in der Nacht noch heute morgen in der elterlichen Wohnung einfand, kam es zwischen den Eheleuten zu heftigen Erörterungen. Während der Mann stch auf die Suche nach dem Kinde begab, erhängte stch die Frau im dunkelsten Winkel des Speichers und wurde dort tot aufgefunden. Von dem Kinde hat man bis jetzt keine Spur. (Nachschrift: Der Knabe begab sich nach Wiesloch und hielt sich dort bei Verwandten auf.)
* (Ein netter Vergleich.) Am königl. Landgericht in München behauptete in einer Verhandlung wegen Üebertretung des Vtehseuchen- gesetzes ein Bauer, daß er seinen Stall desinfiziert gehabt hätte, während ein als Zeuge vernommener Gendarm das Gegenteil behauptete. „Nun," meinte der Vorsitzende, „wie hat denn der Stall ausgesehen, war er ausgeweißt oder schmutzig?" „Keines von beiden, insbesondere aber nicht reinlich! Ungefähr so wie dieser Sitzungssaal hier!" erwiderte der Gendarm. „Sehr richtig!" bemerkte hierzu ein Beisitzender, während alle in ein schallendes Gelächter ausbrachen.
* Berlin, 27. Febr. Die brasilianische Regierung hat nach lang dauernden sorgfältigen in Rio de Janeiro stattgehabten Prüfungen von Gewehren aller bedeutenden Waffenfabriken der hiesigen Firma von Ludwig Löwe u. Co. den Auftrag auf Lieferung von 70000 Gewehren und 35 Millionen Patronen endgültig erteilt.
* Berlin, 28. Febr. Der Börsencourier erfährt von unterrichteter Seite, die deutsch- russischen Handelsvertrags Verhandlungen haben zurzeit die beste Aussicht auf baldigen Abschluß. Der Zar selbst wünsche den Abschluß des Handelsvertrages. Der russische Botschafter Graf Schuwaloff habe das Verdienst, den Zaren in diesem Wunsche bestärkt zu haben. Der Botschafter reist am Samstag nach Petersburg ab, um die deutschen Vorschläge zu überbringen.
* Dem Reichstagsabgeordneten Freiherrn v. Münch, dessen Angelegenheit an den Geschäftsausschuß des Reichstages verwiesen wurde, wurde bis zur Erledigung durch den Reichstag Strafaufschub bewilligt.
* Aus Berlin läßt sich der „Temps" schreiben, die Israeliten erklären sich neuerdings für das Militärgesetz, weil sie hoffen, daß dies ihnen den Schutz des Kaisers gegen die Exzesse des Antisemitismus verschaffen werde.
* Das „St. Tgbl." schreibt: Seltsamerweise tritt in Deutschland jedesmal dann eine Reihe von Personen in Aktion, wenn eine Millionen-Forderung für Heereszwecke Widerstand erfährt, dagegen kommt es selten zu „Bewegungen" für Kulturzwecke. Im „Lande der Denker" ist z. B. das Volksschulwesen durchaus nicht auf der Stufe wie in den mitleidig als „halbkultiviert" erachteten Vereinigten Staaten. Noch für viele andere gemeinnützige Zwecke fehlen die Mittel. Mit Recht macht soeben eine angesehene technische Zeitschrift darauf aufmerksam, daß weder ven staatlicher Seite noch von Reichs wegen Erfindungen, die berufen sind, großartige, wohlrhätige Umwälzungen zu bewirken, gefördert werden. Manche hochbedeutende Entdeckung gelangt nicht in die Oeffentlichkeit, weil es dem Erfinder nicht gelingt, geldkräftige Unternehmer zu gewinnen. Wer jedoch ein neues Gewehrmodell, eine besondere Pulvermtschung, eine praktische Lanze oder dergleichen konstruiert hat, darf mit einiger Sicherheit auf Beachtung rechnen. Fortwährend finden in den Armee-Werkstätten Prüfungen von Modellen statt. Nicht der kleinste Fortschritt auf diesem Gebiete entgeht der Heeresverwaltung. Widmeten die mit den bürgerlichen Angelegenheiten betrauten Reichsämter gleiche Aufmerksamkeit den anderweitigen Errungenschaften der Technik, wären für Versuche Fonds verfügbar, so gelänge es vielleicht, durch die schnellere Entwicklung den Wohlstand zu heben und damit die Kosten der Rüstung minder fühlbar zu machen.
' Oldenburg, 27. Febr. Der Großherzog beging heute sein ckOjähriges Regierungs- Jubiläum, dessen öffentliche Feier auf seinen Wunsch unterbleibt. Zahlreiche Glückwünsche find eingetroffen, auch von Kaiser Wilhelm II.
* Ein fünfzehnjähriger „Räuberhauptmann". Großes Aufsehen erregte in Luckenwalde die Verhaftung eines 15jährigen Burschen, der der Sohn anständiger und wohlhabender Eltern ist und am Sonntag mittag auf der Landstraße nach Berkenbrück einen wohlgelungenen Straßenraub ausgeführt hat. Zwei Maurer liehen sich durch den Revolver des Burschen so einschllchtern, daß sie Geld und Uhr bereitwilligst hergaben. Die Beiden hatten am Sonntag Lohn ausbezahlt erhalten, hatten in einer Wirtschaft gefrühstückt und begaben stch dann auf den Heimweg. In der Wirtschaft hatten sie noch einmal ihre Barschaft überzählt, was der Straßenränder gesehen, der sich gleich entfernte. Kaum fünf Minuten hinter den letzten Häusern ist eine kleine Kiefernschonung. Dort verbarg sich der jugendliche Unhold und als die beiden ahnungslos dort vorbeikamen, sprang er mit den Worten: „Geld und Uhren her!" mit vorgestrecktem Revolver auf sie zu. Die Maurer waren so verblüfft, daß sie beides hinlegten.
Dann fragte das vielversprechende Bürschlein noch: „Ist das auch Alles?" und auf die bejahende Antwort kommandierte der zukünftige Räuberhauptmann: „Nun macht, daß Ihr wegkommt, ich zähle bis zehn und wenn ich noch einen von Euch sehe, schieß ich ihn nieder!" Das ließen sich die Beiden gesagt sein, blickten sich aber noch einmal um und sahen, daß Räuber und Raub im nahen Dickicht verschwunden waren. Nun stieg in ihnen der Mut wieder auf. Sie verfolgten jetzt den Straßenräuber, wobei sich ein in der Nähe wohnender Müller beteiligte. Bald hatte man ihn aufgefunden und festgenommen, ohne daß der Bursche von seinem scharf geladenen 7 Millimeterrevoloer und einem mächtigen Schlächtermesser Gebrauch machen konnte. Wie erstaunt war aber erst der Müller, als er in dem jugendlichen Straßenränder den Sohn einer befreundeten Familie erkannte! Der Raub wurde dem jungen Menschen abgenommen und er selbst der Polizei übergeben.
'Köln, 21. Febr. Ein Bart-Erzeugungsmittel hat in Köln wieder ein Mal seinen Erfinder vor die Schranken des Gerichts gebracht. Angeklagt war der Kaufinann Fr. Wilh. Rothes aus Rheinberg, welcher im Winter 1890 in Köln eine Parfümeriefabrik unter der Firma L. Borghese errichtete und als einzige Spezialität „Prof. Fragellis Bart- Erzeugungsmittel" vertrieb. In den „Fliegenden Blättern" erließ der unternehmungslustige Fabrikant zahlreiche Anzeigen, welche eine Menge von Bestellungen des vielgepriesenen Mittels zur Folge hatten. Interessant war die Erklärung, welche der Angeklagte darüber abgab, wie er zur Herstellung der Bart-Mirtur gekommen: er kaufte nach seiner Angabe mehrere Fläschchen des Barterzeuzungsmittels oon Prof. Migargee, ließ diese Mixtur von einem Chemiker analysieren und machte sich alsdann nach dem gewonnenen Rezept alsbald ans fabrizieren; den 'Namen des angeblichen Erfinders „Professor Fragelli" setzte er hinzu, um die Sache verlockender erscheinen zu lassen. In den „Flieg. Blättern" wurde der „volle, unbedingte Erfolg" des Barterzeugungsmittels schriftlich gewährleistet. Die große Flasche, deren Verkaufspreis Mk. 4.50 war, hatte einen Herstellungswert von 20 Pfg. Die sachverständigen, Chemiker Dr. Kyll und Stadtphysikus Sanitätsrat Dr. Leuifen, bekundeten, daß es überhaupt ein Barterzeugungsmittel gar nicht gebe. Die von dem Angeklagten hergsstellte Mischung sei völlig wirkungslos. Wie ausgedehnt der Vertrieb gewesen sein muß, geht daraus hervor, daß noch nach der Eröffnung der Voruntersuchung von auswärts über 609 Mk. in Briefmarken für Lieferung des Barterzeugungsmittels ein- gesandt wurden. Das Gericht verurteilte den Angeklagten zu 2000 Mk. Geldstrafe.
'Hamburg, 27. Febr. Man befürchtet den Untergang des seit zwei Monaten überfälligen Bremer Vollschiffes Stella, das mit 19 Mann Besatzung von Newyork nach der Weser unterwegs war.
* (Der gefrorene Wein.) Eine wenig tröstt'che Folge des Wetterumschlags entdeckte ein Mann aus Burbach (Elsaß) in seinem Keller. Zur Zeck des strengen Frostes hatte er darin ein umfangreiches Faß Wein abfüllen wollen, aber das Faß gab keinen Tropfen von stch: das Faß war gefroren. Dseser Tage stieg er nun wieder zum Keller hinab, um sein Glück zum zweitenmal zu versuchen. Zu seinem Erstaunen aber war der Erfolg d-r gleiche; wiederum entquoll dem Faß kein Tröpfletn. Bei näherem Zusehen entdeckte er den Grund des seltsamen Vorganges: er hatte bei seinem ersten Versuch den Hahnen nicht zugedreht, was damals allerdings unnötig war, aber b: m Uebergang des Rebensaftes tu den tropfbar flüssigen Zustand das gänzliche Auslaufen des Weines zur Folge gehabt hatte.
Der zweite Mann. (Nachdruck verboten.)
Erzählung von Ewald August König.
(Fortsetzung.)
„Und wenn mir hier eine Gefahr drohen sollte?" fragte sie.
„Dann kehre ich unverzüglich zurück," antwortete er; „in diesem Falle magst du auch die alte Bekanntschaft mit dem Advokaten Varnay wieder erneuern. Der Medizinalrat hat dir ja sein ganzes Haus und seine Familie zur Verfügung gestellt!"
„Ich möchte nicht gern von diesem Anerbieten Gebrauch machen."
„Und ich glaube auch nicht, daß du es nötig haben wirst, aber im Notfälle kannst du dich immerhin daran erinnern. Also auf Wiedersehen in Basel!"
Er nickte ihr noch einmal zu, dann ging er hinaus und einige Minuten später hatte er das Haus verlassen.
Sein erster Gang galt dem Agenten der Versicherungsgesellschaft, der ihn mit kühler Höflichkeit empfing.
„Ich bringe Ihnen jetzt den Schein in optima forma, sagte er; „unser bisheriger Hausarzt, der Medizinalrat Varnay, hat ihn ausgestellt; damit werden wohl alle Schwierigkeiten gehoben sein."
Der Agent zuckte ausweichend die Achsel und bot seinem Gast einen Stuhl an.
„Die Gesellschaft verlangt ja nichts weiter, als den überzeugenven Beweis, daß der Versicherte eines natürlichen Todes gestorben ist," erwiderte er
„Und diesen Beweis liefert ihr der Totenschein."
„Der Herr Medizinalrat war verreist, er hat Ihren Schchwager in letzter Zeit nicht behandelt. Sie müssen diesen Einwand berechtigt finden, Herr Grüner; der Tod des Versicherten ist so plötzlich erfolgt
und die Beerdigung hat so bald nach dem Ableben stattgefunden, daß ein leiser Argwohn wohl begreiflich ist." s U
„So gilt Ihnen auch das Zeugnis des Herrn Doktor Kleinschmidt S ^ nichts?" fragte Grüner mit scharfer Betonung. „Welche andere Be- weise verlangen Sie denn noch?" L
„Ich werde an die Direktion schreiben und ihr die Dokumente einsenden, warten Sie ruhig die Antwort ab, ich zweifle nicht daran, daß Sj H wir uns in Güte einigen werden. Hätten Sie mich nur sofort von dem Ableben Ihres Schwagers benachrichtigt! Ich würde einen Arzt beauf- tragt haben, die Leiche zu besichtigen und ein Attest von ihm wäre dann genügend gewesen. Jetzt läßt sich nicht voraussehen, welche Forderungen die Direktion stellen wird. Sie ist berechtigt, die Ausgrabung der Ni reiche zu verlangen —"
„Dieser Forderung würde die Witwe unter keiner Bedingung nachgeben," unterbrach Grüner ihn entrüstet, „ihre heiligsten Gefühle würden durch solche Entweihung eines ihr teuren Grabes verletzt. Das ist der Gesellschaft so gut bekannt, wie ich es weiß und wenn sie trotzdem diese Forderung stellt, so ist das nur eine Machination, durch die sie ihren Verpflichtungen sich zu entziehen gedenkt. Bedenken Sie denn nicht, daß solche Geschäftsprinzipien Ihre Gesellschaft an den Pranger stellen würden?"
„O nein, wir fordern ja nur Sicherheit und das kann uns niemand verargen. Ich vertrete das Interesse der Gesellschaft —"
„Sie stehen zwischen der Gesellschaft und den Versicherten, Sie sollen auch das Interesse der letzteren vertreten. Ich stütze meine Forderung auf die Atteste zweier Aerzte, die in allgemeiner Achtung stehen;
Sie verlangen dagegen Entweihung des Grabes —"
„Ich verlange durchaus nichts, Herr Grüner; es ist nicht meine