eine brandende See. Erst gegen Morgen fiel das Wasser und war die größte Gefahr vorüber. Ein größerer Schaden ist nicht angertchtet worden, nur find viele Gärten und Felder, besonders in der Umgegend der Waldach, mit Schlamm bedeckt.
* Horb, 3. Febr. Eine schreckliche Nacht liegt hinter uns! Durch den starken anhaltenden Regen find die kolossalen Schneemassen rasch geschmolzen, so daß sich der Stadtbach zu einem reißenden Strome gestaltete; dazu gesellte sich »och das starke Wasser der Bildechinger Steige, und das rasende Element trat in seiner ganzen verderbenbringenden Gestalt hervor, alles mit sich reißend, was ihm hindernd im Wege stand. Nachts zwischen 12 und 2 Uhr hatten die Fluten ihren höchsten Grad erreicht. Zum Unglück verstopfte sich auch mit Geröll, Steinen und allerlei mitgeführten Gegenständen die untere Brücke der neuen Straße, so daß die reißenden Wasser ihren Weg in die untere Stadt nahmen und schreckliche Verheerungen anrichteten. Keller, Stallungen, kurzum alle unteren Lokalitäten der nichts ahnenden Bewohner füllten sich derart mit Wasser, daß man nicht wußte, was zuerst gerettet werden sollte. Die untere Straße bietet ein schauerliches Bild der Verwüstung dar. Sand, Geröll, Steine liegen meterhoch aufge- türmt in der zerrissenen Straße; das entfesselte Element hat schrecklich gehaust. Seit Menschengedenken ist eine solche Wassersnot nicht dagewesen.
* Ulm, 4. Febr. Das Plateau der Alb und alle Thäler sind überschwemmt. Die Lauter gleicht einem reißenden Flusse und ist in Herrlingen in die Häuser eingedrungen. In der Gastwirtschaft von Seitz wurde der Stubenboden vom Wasser in die Höhe gehoben. Das Weiherbachthal steht l'z m unter Wasser. Die Ueberflutung ist die Folge des raschen Schneeschmelzens, während der Boden erst auf 2 bis 2Vs Centimeter aufgetaut ist und daher das Wasser nicht ausnehmen kann.
* Aus dem kleinen Brühl in Calw haben die Obstbäume durch die mit Wucht anprallenden Eisstücke sehr gelitten, viele wurden ganz abgebrochen. In der Lederstraße floß das Wasser 22 ow hoch daher. — In Unterreichenbach stießen die Eisschollen 2 hölzerne Brücken wie Rübschnitze hinweg und schwemmten sie fort. Der Gemeinde entstand dadurch ein Schaden von mindestens 1500 Mk. In Heilbronn haben die Etsmassen das aus Eisen und Balken hergestellte Thor des Winterhafens gesprengt und eine Anzahl Schiffe wurden beschädigt. Untertürkheim ist überschwemmt. Der Eisgang des Rheins ist großenteils gut verlaufen. In Bacherach, Oberwesel und Bingen überflutete das Wasser, vermischt mit gewaltigen Eisschollen, die Ufer. In Frankfurt, Aschaffenburg u. s. w. ging der Eisgang des Mains glücklich vorüber. Im Nahegebiet herrscht Wassersnot, ebenso im Saargebiet. Die Mosel hat das Barbaraufer in Trier überflutet. In
Koblenz stehen die Ufer und Werftstraßen unter Wasser. Haushoch treibt das Eis vorbei. In Kassel ist das Eis der Fulda losgegangen. Ein Haus in der Kruggasse ist eingestürzt.
* Mannheim, 4. Febr. Der Neckar hat abermals alle Felder und Wiesen meterhoch überschwemmt. Bei Seckenheim und Ilvesheim gleicht der Neckar einem großen See. Bedeutender Schaden wurde angerichtet. Das Wasser stieg anhaltend rasch.
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* Alten steig, 6. Febr. Am letzten Samstag fand in Ebershardt die Schultheißenwahl statt. Gewählt wurde Gemetndepfleger Roth fuß (Sohn des verst. alt Schultheißen Rothfuß) mit 36 Stimmen. Die Nächstfolgenden in der Stimmenzahl find: Waldschütz Braun mit25 undJakob Braun mit 15 Stimmen. — Von einem schweren Unglück wurde die Lehrerfamilie Talmou-Groß in Egenhausen betroffen. Am Samstag vergnügte sich das 5 V 2 Jahre alte Töchterchen mit Schlittenfahren auf dem abhängigen Wege beim Schulhaus. Dabei fuhr es unter das Sattelpferd eines unten heraufkommenden Steinfuhrwerks, die Pferde scheuten und dem armen Kind gingen beide Räder über den Rücken. Nach einer Viertelstunde gab es seinen Geist auf. Den Fuhrmann trifft angeblich keine Schuld. (Die Sache liegt so ähnlich wie hier am St.Annaberg, welcher Abhang von der schlittenfahrenden Jugend stark frequentiert wird und es ist nur ein Wunder, daß daselbst noch kein gleiches Unglück geschah.) — Gestern nachmittag hielt der Kciegerverein seine jährliche Hauptversammlung. Dabet wurde beschlossen, das Geburtsfest Sr. Majestät unseres Königs in seither üblicher Weise zu feiern, d. h. mit Kirchgang, Festessen, Abendunterhaltung. Bei den Wahlen wurde der seitherige Vorstand, Kassier und Schriftführer durch Zuruf wieder gewählt und auch in den Ausschuß kamen die alten Mitglieder bis auf 2, welche die Wiederwahl ablehnten; an deren Stelle traten E. Pfeifle z. Bahnhofrestauration und Schuhmacher Zoller.
" Göttelfingen, 4. Februar. Die 11 Jahre alte Tochter des Metzgers Kirn hier hatte am Donnerstag gegen Abend Fleisch in das nahe Schernbach zu tragen. Auf dem Heimweg geriet sie aus Versehen (es war bei ihrem Abgang von Sch. noch Heller Tag) im Walde vom richtigen Weg ab, irrte dann im Walde herum und fand nach eingetretener Dunkelheit gar keinen Weg mehr. Wie bekannt, herrschte selbe Nacht fürchterliches Regen- und Sturm- wetter und es mußte das arme Mädchen die ganze Nacht im Freien zubringen, wobei es seine Hände und Füße so sehr erfroren hat, daß es jetzt schwer krank darntederliegt und fraglich ist ob es mit dem Leben davon kommt.
* In Freuden st adt wurde Ritterwirt Schmid zum dortigen Feuerwehrkommandanten gewählt. Als Vicekommandanten wurden gewählt: L. Schertlin und Chr. Schittenhelm.
* Wegen eines Vergehens gegen § 10 Nr. 1 und 2 des Gesetzes vom 14. Mai 1879 betr. den Verkehr mit Nahrungsmitteln, stand die Pächterin Ruß der Engelwtrtschaft in Rottweil vor dem K. Schöffengerichte unter der Anklage, im Laufe des Sommers und Herbstes v. I. das ihr vom Besitzer der Brauerei zum Ausschank übergebene stets gute Bier verfälscht, das so verdorbene Bier, wissend, daß es verdorben, verkauft und dies gewerbsmäßig betrieben zu haben. Es waren 15 Zeugen geladen, welche Bier über die Straße geholt haben, von denen die einen übelriechendes, insbesondere nach Zigarren und Tabak duftendes, ganz schwarzbraua aussehendes Bier, andere solches mit schwarzem aus kleinkörnigem Peche und Zigarrenasche, wieder andere solches, in welchem Wursthaut, Wurstbändel und andere unappetitliche Gegenstände waren, erhielten. Alle diese eckelhaften Beigaben rührten, wie die Anklage und auch das Gericht annahmen, davon her, daß die Angeklagte, wie wahrgenommen wurde, stehen gebliebene Bierreste, Tropfbier und Bier aus den Untersätzen in einen Krug zusammengeschüttet und mit demselben die zur Hälfte etwa mit reinem Bier gefüllten Krüge den Kunden vollends auffüllte. Bei dieser Sachlage halfen die Bemühungen des Verteidigers nichts, vielmehr wurde die Pächterin, völlig entsprechend der Anklage, in sämtlichen ihr zur Last gelegten Punkten für schuldig erkannt und demgemäß, übrigens unter Berücksichtigung ihres straffreie» Vorlebens zu der Geldstrafe von 50 Mk. und den Kosten verurteilt.
? (Verschiedenes.) In Cannstatt riß ein Stier auf dem Wege zum Schlachthaus seinem Begleiter los und sprang geradewegs in den hochgehenden Neckar. Das stromabwärts treibende Tier konnte erst nach längerer Jagd dem kalten Bad entrissen werden. — In Ludwig s b u r g ließ sich ein Musiker des dortigen Jnf.-Reg. vom Nachtschnellzug überfahren. Der Kopf wurde ihm vollständig zertrümmert. — Am Mittwoch abend fiel der verheiratete, 34 Jahre alte Bauer W. Raff von Bernhausen 3—4 Sprossen hoch die Scheuerleiter herunter, schlug mit dem Hinterkopf auf den in der Tenne stehenden Wagen auf und starb am andern Morgen infolge Hirnerschütterung. Er hinterläßt eine Witwe mit 5 unversorgten Kindern. — In der Heckenmühle bei Ehingen brachte der 18 Jahre alte Schweizer aus Ennabeuren die Hand in die Brtezmaschine, welche, bis dieselbe auf sein jämmerliches Hilferufen abgestellt war, ihm förmlich Stück für Stück abschnitt bis zum Handgelenke. Dem Verunglückten mußte rm Bezirkskrankenhaus der Arm vollends abgenommen werden.
* Heidelberg, 2. Februar. Die hiesige Ortskrankenkaffe hat mit dem gestrigen Tage eine bemerkenswerte Neuerung ins Leben treten lassen. Sie verabreicht nämlich ihren erkrankten Mitgliedern auf ärztliche Anordnung jetzt auch
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Die Tochter des Gauklers.
Original-Roman von Gebh. Schätzler-Perasini.
(Fortsetzung.)
Aber Sabine bekämpfte mit übermenschlicher Kraft die Ohnmacht, die ihr nahen wollte. Mit ausgestreckten Armen stützte sie sich an der Wand; wie ein Eisstrom flutete es über ihr Herz.
„Stehen — Sie auf, Graf Kurt!" stieß sie hervor!
Es klang noch verzweifelt, unvollkommen; aber die ersten Worte sind gefallen, nun wird es schon besser gehen.
Kurt glaubte nicht recht zu hören; mit einem namenlos schmerzlichen Auge blickte er sie an.
Aber standhaft muß sie bleiben, standhaft, und wenn das Herz dabei bricht.
„Es ist hier kein Platz für Sie; ich bitte —"
Er erhob ach nun langsam.
War das seine Sabine, die so sprach?! Erschaute sich um. Sie war's, trotz alledem! Sabine, die kleine Sabine, seine Braut.
„Wo bin ich denn, Sabine ?" rief er ihr zu. „Bist du's denn nicht? Bin ich's selber nicht — Kurt, dein Kurt? Und du bist nicht mehr mein lustiges Sabinchen?"
Er lachte verzweifelt.
„Es war ein Traum — Herr Graf! Vergessen Sie alles - erwachen Sie!"
Er schlug sich mit der Faust vor die Stirn.
„Ein Traum? Ein wilder entsetzlicher Traum ist's noch. Weckt mich auf oder ich werde wahnsinnig!" schrie er.
Mit martervollem Herzen sah sie seinen Verzweiflungsavsbruch mit an; sie hätte doch geglaubt, es träfe ihn nicht gar so schwer. Aber trotz allem — es mußte sein!
Mit Ausbietung aller Kraft nahm Kurt einen ruhigeren Ton an.
„Verzeihe mir, Sabine, meine Wildheit," stammelte er; mir will ja der Kopf zerspringen. Ich weiß nichts von dem, was vorgefallen ist. Du hast mich heimlich in der Nacht verlassen, und dazu mußt du furchtbare Gründe haben. O, ich will ruhig sprechen und mich be- meisteru! Sage, was hat dich dazu getrieben? Ich mußte verzweifeln an dem ganzen Menschengeschlecht, wenn das Lächeln nur Lüge war, dein Gruß am Morgen Lüge — alles Lüge, deine, unsere heiße Liebe erlogen! Ich kam zurück — noch in der Erinnerung deines Abschiedes schwelgend; du hast dich verleugnet. Und nun bist du davon mit einem verkommenen Menschen; ich kenne ihn nicht; ich weiß nicht, wer er ist. Ich hörte — und Lin fortgerast, nur mit dem Wunsche nach dir. Und jetzt, wo ich dich gefunden Hab', Sabinchen, jetzt kommst du doch mit heim? Mag vorgefallen sein was immer — komm! Komm, Sabine!"
Eine Blutwelle trat in ihr weiches Gesicht.
Wie lieb er sie hatte!
Aber sie sagte bestimmt:
„Ich kehre nicht mehr nach Felsberg zurück!"
„Nicht m hr?" schrie er.
„Nie mehr!" hauchte sie leise, aber ruhig.
„Und du — giebst mir keine Erklärung?"
„O doch — doch!" Sabine blickte hilflos zur Seite.
„Jener — verkommene Mensch ist — mein Vater, mein leiblicher Vater!"
Kurt horchte hoch auf.
„Also — nicht tot?"
Sie schüttelte n <r das Köpfchen.
„Er lebte; ich wußte es nicht. Ich traf ihn gestern morgen. Nach sechzehn Jahren kam er und forderte mich zurück — und ich gehorchte."