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M.16.
Erscheint wöchentl. 3mal: Dienstag, Donnerstag u. Samstag u. kostet bei der Erped., sowie im OA.- Bezirk Nagold 90 außerhalb 1 ^ das Quartal.
Iienstag den 7. Ieör.
Einrückungspreis der Ispalt. Zeile für Altensteig und nahe Umgebung bei Imal. Einrückung 8 ^ bei mehrmaliger je 6 auswärts je 8
1893.
Amtliches.
Tas K. Oberamt Nagold erläßt folgende Bekanntmachung, die allgemein gelesen zu werden verdient:
Die Gemeinderäte werden hiemit besonders aus die Bekanntmachung der Verwaltungskommission der König Karl Jubiläumsstiftung im Staatsanzeiger 1893 Nr. 25 S. 172 hingewiesen. Aus den Erträgnissen der König Karl JubilSriinsstiftung werden gewährt: I) Beiträge zur Unterstützung bestehender oder Einführung neuer Industriezweige in armen Gemeinden des Landes. 2) Beiträge zur Unterstützung von Einrichtungen zur Förderung des Kleingewerbes, speziell Beiträge zur Beschaffung an Triebkräften und Maschinen, sofern mehrere Kleingewerbetreibende eines Orts sich zur Beschaffung einer solchen gemeinsamen Einrichtung vereinigen. 3) Reisestipendien an besonders be- iühigte junge Leute des kaufmännischen und technischen Berufs zum Zweck ihrer weiteren Ausbildung oder zur Pflege und Erweiterung der diesseitigen Handelsbeziehungen :c. Gesuche um Beiträge Z. I. sind bis 28. Febr. 1893, Gesuche um Beiträge Z. 2 und 3 sind bis 15. März 1893 bei der Verwaltungskommission einzureichen. Die Ge- meindcräte der ärmeren Gemeinden des Bezirks werden veranlaßt, binnen 10 Tagen unter Mitwirkung der Herren Ortsgcistlichen und Lehrer, um welche hiemit ersucht wird, über die Einführung einer geeigneten Hausindustrie in der Gemeinde zu beraten. „Nach der Aeußerung der K. Zentralstelle für Gewerbe und Handel in Stuttgart vom 14. Nov. v. I. hat eine Hausindustrie in der Regel bloß dann Aussicht auf Erfolg, wenn sie sich an ein bestehendes, leistungsfähiges Geschäft anschließt, das die hergestellten Waren abnimmt und verschließt. Es ist daher Sache der Gemeindebehörden, Fabrik und Handelsfirma ausfindig zu wachen, welche geneigt sind, eine Hausindustrie zu begründen und unter Umständen darauf hinzuwirken, daß diesen Firmen thunlichste Erleichterung und Unterstützung, sei es durch Ueberlossung eines Arbeitslokals oder zeitweise Erlassung der Gewerbesteuer ec. gewährt wird." Die hohe Bedeutung der Einführung einer soliden Hausindustrie für die Hebung des Wohlstandes armer Gemeinden liegt auf der Hand. Für die Gemeinden im Nagold-Thal empfiehlt sich die thunlichste Förderung der Niederlassung von Industriellen in ihren Gemeinden. Die Gewerbe-Vereine in Nagold und Altenfleig und die Gewerbetreibenden der übrigen größeren Gemeinden werden aus Ziff. 2 und 3 vorstehender Bekanntmachung aufmerksam gemacht. DieVerwilligung der Beiträge durch die Verwaltungskommission der König Karl Jubiläumsstistung erfolgt im Juni d. I. Zur Einführung von Hausindustrien haben in den Jahren 1890 und 1891 erhalten: eine Stadtgemeinde 1800 Mk, die Gemeinde Haberschlacht, OA. Brackenheim 1000 Mk., die Gemeinde Beuren, OA. Nürtingen, 1000 Mk., die Gemeinde Schön- vich, OA. Böblingen, K00 Mk. rc. Ein Teil dieser Hausindustrien wird sich für den Schwarzwald weniger empfehlen. Auch die Zentralleitung des Wohlthätigkeitsvereins in Stuttgart unterstützt solche Hausindustrien durch erhebliche Beiträge. _
GerichtSnotar Leonhardt in Freudenstadt ist seinem Ansuchen gemäß in den Ruhestand versetzt worden.
Gestorben: Rechtsanwalt Linder, Laupheim; Pri-
Datier Buck, Göppingen; Kaufmann Weinhardt, Stuttgart.
2 Die politische Lage hat neuerdings für dos Deutsche Reich eine erfreuliche Klärung durch den Besuch des russischen Thronfolgers am Berliner Hofe gefunden. Derartigen Fürstendesuchen im allgemeinen gar zu hohe Bedeutung beizumessen, wäre falsch; denn in gar vielen Fällen sind sie nur das Ergebnis höfischer Etikette, der .Höflichkeit", denen sich Besucher und Besuchende nicht entziehen können, ohne den andern Teil zu verletzen. Einen solchen Eindruck hat beispielsweise der vorjährige Zarenbesuch in Kiel gemacht. Inzwischen aber ist der Wind offenbar umge- fchlagen und der Besuch des Großfürsten-Thron- solgers in Berlin hat den üblen Eindruck des Kieler Besuches wieder verwischt.
Der Zar ist der Form nach ein absoluter Herrscher; er kann thun, was ihm beliebt, was ihm Klugheit oder Neigung zu thun vorschreiben. Indessen — und das ist das Entscheidende — diese äußere Form des absoluten Herrschertums entspricht nicht dem inneren Wesen desselben. Der Zar ist keineswegs so unabhängig von andern, wie es den Anschein hat. Mächtige
Strömungen unter dem hohen Adel Rußlands beeinflussen auch die Politik dieses Landes, und wenn der Zar seinen ältesten Sohn an den Berliner Kaiserhof schickt, so geschieht dies, weil er der Zustimmung der Adelspartei für diesen Akt gewiß sein kann. Die Stimmung ist im allgemeinen in Rußland für das Deutsche Reich nicht günstig; aber man ist in Petersburg stets nur zögernd dem Plane eines Bündnisses mit Frankreich näher getreten, feste Abmachungen scheinen selbst nach Kronstadt noch nicht getroffen worden zu sein und der Panamaskandal war nicht gerade geeignet, die Bündnisfähigkeit der gegenwärtig in Frankreich regierenden Republikaner in einem vorteilhaften Lichte zu zeigen.
Darum ist der Besuch des Großsürsten- Thronfolgers in Berlin ein politischer Akt. Nicht nur gestalte sich der Verkehr des Kaisers mit seinem hohen Gast ungemein herzlich, der russische Thronfolger nahm auch wiederholt Gelegenheit, eine Aussprache mit den leitenden deutschen Staatsmännern herbeizuführen. Diese Thatsache ist nicht zu unterschätzen, denn gerade der russische Thronfolger erfreut sich des besonderen Vertrauens seines Vaters, des Zaren, wie schon daraus hervorgeht, daß er in alle Ausschüsse, in alle Komitees als Vorsitzender delegiert wird, die zu überwachen und in die richtigen Wege zu leiten der Zar ein besonderes Interesse hat. Wenn sich daher der Zarewitsch veranlaßt gefunden hat, mit den deutschen Staatsmännern zu konferieren, so geschah dies sicher im Aufträge und als Vertrauensmann seines Vaters. Man darf daran wohl die Erwartung knüpfen, daß der Austausch der Meinungen manches Mißverständnis beseitigt, in vielen Fragen die fehlende Klärung herbeigeführt haben wird, und daß die vom Zarewitsch gewonnenen Erfahrungen auf die in letzter Zeit keineswegs sehr befriedigenden Beziehungen zwischen Deutschland und Rußland eine erfreuliche Wirkung ausüben werden.
Für Frankreich ist diese Stimmungsänderung insofern unbequem, weil es gerade im gegenwärtigen Augenblicke der Beihilfe seines russischen Bundesgenossen in der ägyptischen und marokkanischen Frage nicht entraten kann. Die allgemeine Ruhe kann aber dadurch nur gewinnen, daß Frankreich nicht herausfordernd auftritt. Die Erfahrungen, die Spanien, England und Frankreich während der letzten beiden Jahre in Marokko machen mußten, haben zu der Erkenntnis geführt, daß einem Staate wie Marokko gegenüber die beste Politik für die europäischen Mächte die Anerkennung und Erklärung der Gemeinsamkeit der Interessen ist, daß man durch gegenseitiges Bekämpfen wohl den Gegner schädigen kann, aber in dem Gegner sich stets auch selbst trifft.
Auch Aegypten gibt keinen Anlaß zu Besorgnissen, dank der Schwäche Frankreichs. Das energische Auftreten Englands dem Vtzekönige gegenüber hat das Ergebnis gehabt, daß der junge Gernegroß klein beigegeben hat und höchstens noch mit seinen Studenten verständnisvolle Blicke austauscht. Die Franzosen haben zu Hause genug zu thun, um sich auch noch um Aegypten zu bekümmern. Daß Hawaii zu keinem Konflikt zwischen Nordamerika und den sonst an den Sandwichs-Jnseln interessierten Mächten herbeiführt, ist schon dargelegt worden. Und so bliebe denn als ewig wunder Punkt nur noch Bulgarien übrig, dem Rußland in unverändert gleicher Unversönlichkeit gegen
übersteht. Aber dieser Zustand dauert schon eine Reihe von Jahren; man hat sich an ihn gewöhnt und betrachtet ihn wohl auch in der Diplomatie als etwas Unvermeidliches.
Im übrigen zeigt der politische Horizont gegenwärtig eine Klarheit, wie selten, was uns natürlich nicht veranlassen darf, Rost an unser gutes Schwert kommen oder unser Pulver naß werden zu lasten.
Deutscher Reichstag.
* Berlin, 1. Febr. Der Reichstag setzte heute die Beratung der Anträge Ackermann in Verbindung mit den entsprechenden Anträgen des Zentrums (Abzahlungsgeschäfte, Hausierhandel rc.) fort. Ackermann (kons.) und Schädler (Zentr.) befürworteten die Anträge. Schneider (freis.) bekämpfte die Beschränkung des Hausierhandels, v. Strombeck (Zentr.) und Holtzmann (natl.) hoben hervor, eine Beschränkung des Hausierhandels würde im Eichsfelde 2000 Hausierer ruinieren und die ganze Bevölkerung des Erzgebirges in ihrer Existenz bedrohen. Bock und Stolle (Soz.) gegen die Anträge. Böckel (Antisemit.) will, die Hausierer sollen nur mit selbstgefertigten Waren Handel» dürfen. Biehl (Zentr.) für die Anträge. Schließlich werden die Anträge Ackermann abgelehnt und der Zentrumsautrag an die Kommission für die Abzahlungsgeschäfte verwiesen. Die Linke, die verhältnismäßig zahlreicher anwesend war, gab den Ausschlag. — Darauf wurde die neulich wegen Beschlußunfähigkeit abgebrochene Beratung über den Antrag Ackermann, Konsumvereine betreffend, wieder ausgenommen und zu Ende geführt. Die Abstimmung blieb zweifelhaft und bet der Auszählung ergaben sich 58 Ja, 67 Nein, zusammen 125 Anwesende und abermals Beschlußunfähigkeit. Die letzte Abstimmung ist demnach ungiltig. Nächste Sitzung Freitag.
LandeSaachrichteu.
* Alten st eig, 5. Febr. Das letzte Hochwasser hat im Gebiet des oberen Nagoldthals doch mehr Schaden verursacht, als man zuerst annahm. Durch dasselbe wurde an vielen Stellen die Beschotterung von den Wegen fortgeführt, ja sogar die Vorlage aufgeristen, und auf den Aeckern, wo das Wasser tiefe Furchen zog, vieler Humus entführt. Doch immerhin sind wir gottlob noch glimpflich daoongekommen, denn die Berichte, die wir nachstehend folgen lassen, geben ein trauriges Bild von den stattgefundenen Ueberschwemmungen. Schon in unserer 13 Km von hier entfernten Oberamtsstadt haben die Wasserfluten schlimm gehaust. Wir beginnen mit dem diesbezüglichen Berichte aus dem „St.-Anz.":
* Nagold, 3. Febr. Nachdem schon vorgestern, Mittwoch, die Feuerwehr hatte aufge- boten werden wüsten, um die durch den Eisgang der Nagold und das Hochwasser der Waldach bedrohten Wohnungen, Mühl- und Sägewerke zu schützen, wurde dieselbe in vergangener Nacht ebenfalls herausgerufen. Die Waldach und ihr Zufluß, die Steinach, wälzten solche Wastermasten in das Thal, daß die Bewohner der sog. Insel, der von den Armen der Waldach umflossenen Vorstadt» wiederum eilen mußten, ihr Vieh, teilweise auch sich selbst in Sicherheit zu bringen. Das Wasser drang in die Wohnungen, Ställe und Scheunen ein. Der Steg über die Waldach wurde von den Wellen fortgeriffen. Die ganze Vorstadt bildete