allerdings nur an jeden Käufer ein Paar, abzugeben begann.
* (Traurig!) Im Landesgefängnis zu Regensburg verstarb dieser Tage ein Häftling eine Stunde vor Ablauf der zu verbüßenden Strafe.
* Der Polizeiverwaltung in Erfurt ist eine höchst ärgerliche Geschichte passiert. Es wurde nemlich ein gefährlicher Einbrecher festgenommen, der längere Zeit daselbst als — Polizei-Sergeant Nachtdienste that. Wie sich jetzt herausgestellt hat, benutzte der Wackere seine Stellung zum Deckmantel einer Reihe verwegener Diebereien. An 40 Diebstähle sind dem Manne schon jetzt nachgewiesen und eine Menge gestohlener Sachen wurde in seiner Wohnung gefunden.
* Berlin, 28. Jan. Ueber eine vertrauliche Konferenz des Kaisers mit dem russischen Thronfolger schreibt die „Frets. Ztg.:" Am Hochzeitstage der Prinzessin Margarete abends 9 Uhr war die Feier im Schloß beendigt; * zlO Uhr war zum Fest in der russischen Botschaft eingeladen. Alles wartete auf den Großfürsten; dieser aber traf erst zwei Stunden darauf, um 11 Uhr 40 Minuten ein. Bis zu diesem Zeitpunkt hatte der Großfürst im Schloß bei dem Kaiser geweilt. Andere Personen sind bei der mehrstündigen Unterredung nicht zugegen gewesen.
* Berlin, 28. Januar. Die Militärkommission beendete heute die General-Diskusston. Schädler (Zentrum) sagte: für ihn sei der Vorschlag Bennigsens nicht annehmbar. Reichskanzler Caprivi erwidert: Die Vorlage sei nicht dazu bestimmt, einer momentanen drohenden Gefahr entgegenzutreten, sondern einem dauernd als gefährlich zu bezeichnenden Zustand zu begegnen. Die verbündeten Regierungen seien der festen Ansicht, daß das Land die geforderten Lasten tragen könne. Wenn der Ernst der Lage völlig klar geworden sei, werde man der Regierung zustimmen. Staatssekretär Frhr. von Maltzahn verteidigt die finanziellen Anschauungen der Regierung. Lieber (Zentrum) erklärt: er sei außer Stande, mehr als das gemachte Angebot zu bewilligen. Reichskanzler Caprivi spricht die Hoffnung aus, daß die Spezialdiskussion den Abg. Dr. Lieber von der Unzulänglichkeit seines Angebotes überzeugen werde.
* Berlin, 29. Jan. So skeptisch man über die Bedeutung von Fürstenbesuchen in unfern Tagen auch denken mag, so liegt heute doch die Thatsache vor, daß der Besuch des Großfürsten Thronfolgers in Berlin in der inländischen, wie in der ausländischen Presse als politisches Ereignis lebhaft besprochen und anerkannt wird. Sein Wert beruht freilich nicht in bestimmten Abmachungen oder gar in einer Wandlung, die er für die Gruppierung der Mächte herbeiführen könnte. Wohl aber legt der großfürstliche Besuch Zeugntß davon ab, daß in St. Petersburg der Argwohn gegen die deutsche Politik sich mindert und einem ehr
lichen Vertrauen Platz zu machen beginnt, das sich vorerst in einer persönlichen Wiederannäherung der einst so innig verbundenen Herrscherhäuser kundgiebt.
* Berlin, 30. Jan. Der „Reichsanz." veröffentlicht einen Erlaß des Kaisers an den Reichskanzler, worin der Kaiser allen, welche an dem Geburtstage seiner gedachten, Dank sagt, und den Erlaß zu veröffentlichen beauftragt. Vor allem habe dem Herzen des Kaisers wohlgethan, so häufig dem Ausdruck der opferbereiten Vaterlandsliebe und des Vertrauens zu begegnen, wodurch seine Zuversicht bestärkt worden sei, daß diesen Bemühungen unter Gottes gnädiger Führung der Erfolg nicht fehlen werde.
* Berlin, 31. Jan. Als verbürgt wird der „Börsenzeitung" aus Fulda gemeldet: Die Jesuiten entfalteten im geheimen eine rege Agitation, daß im nächsten Konklave ein deutscher Kardinal zum Papst gewählt werde. Als Beweggrund wird bezeichnet, daß man einzig auf diesem Wege die Wiederherstellung der weltlichen Macht des Papstes erhoffe.
* Ueber den Wert der Ausstellungen hielt der württbg. Abg. Speiser (Volksp.) im Reichstag im wesentlichen folgende Rede; Ich halte es als süddeutscher Industrieller für zweckdienlich, auch einige Worte über die projektierte Weltausstellung in Berlin zu sprechen. Wir sind damals auch in Süddeutschland mit großem Interesse der Frage, ob wir daran teilnehmen wollen, näher getreten: allein wir haben diesem Enthusiasmus, wie er hier durch verschiedene Vereine u. s. w. ins Leben gerufen wurde, absolut nicht beitreten können. Wir haben die Sache mehr auf nüchterne Weise betrachtet und waren recht froh, als die Entscheidung der Regierung in verneinendem Sinne an uns herangetreten ist. Wir waren zufrieden, daß es auf diese Weise abgemacht war, denn wir Industrielle — ich spreche natürlich von mir und denjenigen Fabrikanten und Gewerbetreibenden, mit denen ich mich darüber unterhalten habe, waren darüber einnig, daß die Aussteller immer die Rechnung zu bezahlen haben, daß sämtliche Kosten in der Regel so bedeutend sind, daß sie zu den Erfolgen, die erzielt werden, in gar keinem Verhältnis stehen. Ich selbst habe noch keine Weltausstellung beschickt, sondern nur Landesausstellungen und Kreisausstellungen, allein ich müßte mich von der Wahrheit weit entfernen, wenn ich sagen würde, je einen Vorteil davon gehabt zu haben. Die Sache hat aber auch eine andere Seite. Man muß nicht glauben, daß bet einer Weltausstellung der wahre Fortschritt der Industrie zum Vorschein kommt. Das ist durchaus nicht der Fall. Jeder Industrielle hat seine bestimmten Spezialitäten und jeder hütet sich, das auszustellen, was neu und durchschlagend ist, denn wenn er das thut, wird seine Ware sofort nachgeahmt und ehe seine Ausstellungsobjekte die Ausstellung verlassen haben, stößt er auf eine solche Konkurrenz in seinen eigenen Artikeln, daß er nichts mehr an seinem Fabrikat
verdienen kann. Alle diese Gesichtspunkte haben wir überlegt, ich kann im übrigen den Ausführungen des Herrn Kollegen Bamberger nur beitreten, daß für jetzt und in absehbarer Zeit wir nicht nötig haben, eine Ausstellung ins Werk zu setzen. Das ist ein überwundener Standpunkt, denn jeder sucht seiner Ware nicht dadurch mehr Absatz zu verschaffen, daß er auf Ausstellungen geht, sondern durch Reisende und andere Mittel, die ihm zu Gebote stehen. Deshalb bin ich auch gegen eine Ausstellung.
* Außer dem Grafen Waldersee hat auch der General v. Skopp, Gouverneur von Köln, einen bemerkenswerten Toast auf den Kaiser ausgebracht. Der General sagte u. a.: „Mancher sei nicht mit der früheren Freudigkeit beim Festmahle erschienen; mancher hege bange Zweifel um die Zukunft. Er lönne nicht sagen, diese Sorge sei überflüssig; denn an unserem politischen Horizont ziehen sich die Wolken dichter und dichter zusammen, in nicht ferner Zeit werde das Gewitter ganz gewiß hereinbrecheu; daher die Sorge um die Zukunft. Aber je ärger die Stürme brausen, desto mehr lehne sich das deutsche Volk an seine Fürsten an. Wer stehe fester als die Hohenzollern? Der Kaiser sei im wahren Sinne des Wortes ein Friedensfürst; wenn er aber das Schwert in die Hand nehme, werde er es nicht eher in die Scheide stecken, bis das Vaterland vom letzten Feinde befreit sei oder bis er mit seinem Volke gebrochen am Boden liegen werde. Der Krieg komme. Gebe Gott, daß er das deutsche Volk um seine Fürsten geschart finde! Wenn nicht, dann hatten wir einen schönen Traum; dann ade, schönes Land! Dann werden die Zetten des dreißigjährigen Krieges wiederkehren! Richten wir deshalb den Blick auf unfern Kaiser!" Es folgte alsdann ein Hinweis auf die Militärvorlage.
* Bonn, 28. Jan. Ein fideles Räuber- leben führten hier im vergangenen Sommer monatelang mehrere junge Burschen. Sie verübten eine große Anzahl Diebstähle und holten sich das zum Lebensunterhalt Bedürftige: Kleider, Brot, Butter und Honig, Käse, Würste und Fleisch in großer Menge, Zucker, ferner Getränke in bedeutenden Quantitäten. In den Waldungen des Venusberges hatten sie ihr Lager errichtet, schmausten und tranken nach Art der alten Deutschen immer noch Eins. Sie hatten's ja! Auch ein Frauenzimmer fehlte bei diesem Räuberleben nicht. .Die Verhandlung gegen sechs der Burschen vor der Strafkammer hörte sich an wie ein Kapitel aus einem Kolportage-Roman. Gegen die Hauptbeteiligten wurden Strafen von 1 Jahr Gefängnis bis 3 Jahren Zuchthaus verhängt.
' Kork (A> Kehl), 28. Jan. Ein Knecht des Schwanenwtrts Keck hier fand vor einigen Tagen hinter der Scheuer eine Henne mit acht Küchlein, welche zwischen der Wand auf dem Komposthaufen während fußhohen Schnees und 15 Grad Reaumur Kälte ausgebrütet worden
Ire Tochter des Haukkers. AL?
Original-Roman von Gebh. Schätzler-Perasini.
(Fortsetzung.)
„Was war's denn, Stanislaus?" fragte die alte Dame.
Er stieß ein kurzes Lachen aus.
„Die Schufte wollten mir einen Besuch machen; ich Hab' sie alle die Treppe hinuntergeworfen! sagte er.
„Allmächtiger Gott!" schrie die Zirkusdame.
„Sei ruhig; von denen bricht keiner das Genick!"
Ueber den Hosraum hinkten fluchend die Artisten; wütend blickten sie nach dem Fenster oben. Ihr Vorhaben, das bleiche Ding zu trösten, war ihnen übel bekommen.
„Geh', Petrouilla," wendete sich Stanislaus an die Alte; „ich habe mit meiner Tochter zu sprechen."
Ohne ein Wort der Widerrede ging die Alte hinaus.
Stanislaus warf einen laugen Blick auf sein Kind. Er ließ sich am Tische nieder und räusperte sich einige Male. Es war doch eine verdammte Geschichte, wenn man ein Kind hat, das den Vater nicht verstand. Wenn dies der Fall nicht wäre,' brauchte Sabine gar nicht so viel Aufhebens von der Geschichte zu machen; dann ging alles glatt ab. Aber dennoch mußte er ihr jetzt das klarlegen, was er beabsichtigte.
Stanislaus Ferina dachte wohl, daß das Verschwinden Sabinens auf Felsbcrg ungeheure Aufregung verursachte und daß zweifelsohne sofort die Gegend nach ihr abgesucht wurde. Lange blieb er nicht verborgen, und das lag auch gar nicht in seinem Plane.
Den heutigen Tag jedoch hoffte Stanislaus noch sicher zu sein. Dann wollte er nach Felsberg selbst die Mitteilung senden, daß sein Kind bei ihm sei — freiwillig. Die Kindesliebe habe alle Bedenken
besiegt; er mache seine Vaterrechte geltend. Allein er habe eingesehen, daß Sabine doch nicht mehr in seine Kreise passe, und er hoffe, durch Zureden sie zur Rückkehr zu bewegen. Natürlich mache er davou die Bedingung abhängig, daß er anständig entschädigt werde; eine aufblühende neunzehnjährige Tochter läßt man nicht ohne weiteres laufen. Den Schein von damals erkenne er nicht an; Vaterrechte ließen sich nicht abkaufen. Aber freiwillig bringe er sein Kind zurück; das heißt, wenn —. Sie könnten auch nicht verlangen, daß der Vater an der Landstraße hungere, während das Kind in Saus und Braus lebe. Aber dann wolle er sich verpflichten, wieder sechzehn Jahre weg zu bleiben, oder auch länger — je nachdem.
Stanislaus Ferina rieb sich behaglich die Finger bei dem Gedanken an das viele Geld, das er doch unbedingt erhalten mußte. Die da oben hatten's ja wie Heu. Was konnte denen an einigen Tausend Thalern liegen? Dafür erhielten sie ein Familienglied wieder — das war ja Sabine, die Braut ves Grafen. O, er könnte schon eine ganze hübsche Summe verlangen; sie mußten ja froh sein, wenn er ihnen sein Kind wiedergab.
Der Gedanke an das Schreiben verursachte Ferina zwar einiges Kopfzerbrechen. Wenn Sabine — doch daran war nicht zu denken. Ah, es wird schon gehen; was sie wissen sollen, finden sie heraus.
Nun mußte er Sabine etwas vorbereiten.
„Ich sehe, Sabine," sagte er, „du fühlst dich nicht wohl in meiner Umgebung." Er that gekränkt. „Wenn du's denn willst, gut, gehe nach Felsberg und laß mich verhungern!"
Sie gab keine Antwort, schaute ihn nicht einmal au.
„Ich begreife ja," fuhr er fort, „daß dir bei mir vieles abgeht, was du dort hattest. Ich bin ein alter Mann und kann dir auch nichts bieten, nicht das geringste — weil ich selber nichts Hab'."