hatte die absolute Majorität, so daß eine Stichwahl zwischen den beiden erstgenannten Herrn nötig wurde, die für Esflch entschied. Am Tage vor Esfichs Eintritt in die Kammer lief eine Anfechtungsschrift, unterzeichnet von 16 Wählern, ein. Die Komm, hat alle die verschiedenen Beanstandungen geprüft und ist zu der Ansicht gelangt, daß u. a. namentlich keine Stimmen gekauft oder verkauft wurden. Ihr Antrag geht auf Uebergang zur Tagesordnung. Haußmann (Balingen) beantragt dagegen, die Wahl Esfichs für ungiltig zu erklären, sowie mit Rücksicht darauf, daß entgegen dem Wunsche der Komm, von eidlicher Vernehmung von Zeugen im Ermittlungsverfahren abgesehen würde, zu beschließen: Die Legitimationskomm, spricht ihr Bedauern darüber aus, daß ihrem Gesuche in genannter Richtung nicht entsprochen wurde. Dieser Antrag ist in der Komm, mit allen gegen 1 Stimme abgelehnt worden. Berichterstatter v. Seckendorf erklärt, die Komm, habe sich auf Grund des Ermittlungsverfahrens überzeugt, daß keine der in Betracht gezogenen Personen eine strafbare Handlung begangen habe, die eine strafrechtliche Verfolgung recht- fertige. Materiell betont Redner, daß nach dem deutschen St.-G.-Buch der Versuch des Stimmen- kaufs nicht mehr strafbar ist. Wenn man dem Oberamtmann von Besigheim vorwerfe, er habe einer Wahlversammlung in der Krone dort angewohnt, sokönneman darin keine Wahlbeeinflussung sehen. C. Haußmann begründet eingehend seinen Antrag und die Momente, die ihn dazu veranlaßten. Redner betont, die Wahlbeeinflussung in Besigheim war eine derartige, daß der geringe Ueberschuß von Stimmen für Esfichs Wahl problematisch war. Hier im Hause seien schon verschiedenerlei Auslegungen des Wahlgesetzes erfolgt. Es sei nötig, daß man alle allgemeinen Gründe, welche für die Ungiltigkeit einer Wahl in Betracht kommen, gelten lasse. Zuerst glaubt Redner, es der Legitimattonskomm. schuldig zu sein, zu begründen, warum sie erst jetzt, nach 2Vq. Jahren, mit ihrem Antrag hervorgetreten ist. Das Ministerium des Innern übergab nämlich die Sache dem Justizministerium und diesesHer Staatsanwaltschaft Heilbronn, von wo sie im April 1891 zurückkam, worauf bald die Vertagung des Landtags eintrat. Für unzweckmäßig hält es Redner, daß das Ministerium des Innern den Oberamtmann mit der Untersuchung wegen Delicte gegen die Schultheißen u. s. w. betraut habe, wegen welcher er ebenfalls beschuldigt war. Die Heilbronner Staatsanwaltschaft habe sich bei dem Ermittlungsverfahren sehr reserviert verhalten. Das Justizministerium habe das Gebot der Komm, auf zeugeneidliche Vernehmung der in die Sache Verwickelten einfach ignoriert. Redner erinnert dabei an die strafrechtlichen Verfolgungen wegen Freibier rc. bei der Reichstagswahl v. Münchs. Be dem Ermittlungsverfahren sei so manches durch- gestckert, was zu der Ueberzeugung führen müsse, daß bei der Besigheimer Wahl so viel Ungesetz
lichkeiten vorgekommen sind wie kaum bei einer andern Wahl. In der Krone sei Freibier verabfolgt worden und in Besigheim sage man, es sei die Rechnung mit 600 Mk. erst zur Hälfte bezahlt worden. (Heiterkeit.) Was dann schließlich die Interpretation, der Wahlgesetze anbelangt, so ist Redner der Ansicht, daß das württ. Wählergesetz von 1868 nicht durch das Reichsgesetz eingeschränkt worden ist. Redner wirft sodann noch dem Oberamtmann Reuß eine amtliche Wahlbeeinflussung vor durch Teilnahme an einer deutschparteilichen Vertrauensmännerversammlung in Besigheim, wobei er für Ssstch Stellung genommen habe. Sehr merkwürdig sei auch eine Korrespondenz des Ministeriums des Innern mit Reuß. Das greife mit dem bekannten Wahlerlaß v. Renners Hand in Hand und erinnere sehr an Wahlkorruption. Wenn die Wahl Esfichs nicht kassiert werde, werde für die Folge das Freibier bei uns wieder in Stcömen fließen. Der Präsident erklärt den Ausdruck der Wahl- corruptton mit der Spitze gegen die Regierung als die Grenzen der parlamentarischen Redefreiheit überschreitend. Minister v. Faber nimmt die Staatsanwaltschaft H. gegen die Beschuldigungen Haußmanns in Schutz. Dieselbe habe die Untersuchung sehr gewissenhaft geführt. Was die Vorwürfe Haußm mns gegen das Ministerium der Justiz anbelangt, so habe er (derMinister),so lange er an der Spitze derJustiz stehe, einer Einflußnahme auf die Staatsanwaltschaften sich enthalten. Zum Fall Münch habe er den Wünschen des Reichstags entsprechen müssen. Minister v. Schund: die Behauptung, daß Obec- amtmann Reuß sich einer amtlichen Wahlbe- einflufsung schuldig gemacht, beschränke sich darauf, daß Reuß einer deutschparteilichen Versammlung angewohnt hat. Etwas derartiges einem Beamten zu verbieten, ginge zu wett. Im übrigen verdiene das Verhalten der Oberamtmanns Lob. Der Minister fordert das h. Haus auf, für den Kommissions-Antrag zu stimmen, um dem durch Agitation erregten Bezirk seine Ruhe wiederzugeben. (Lebhaftes Bravo l) Schnaidt weist auf einen Erlaß eines Oberamtmanns hin, der sich über das Unmoralische des Freibiers bei Gemeindewahlen ausläßt. Warum sollte derselbe nicht auch auf Landtagswahlen anwendbar sein? C. Haußmann wünscht einen Erlaß der Regierung, welcher den Beamten freistellt, nach ihrem eigenen Ermessen zu stimmen. Wenn das geschieht, dann könne es nicht mehr geschehen, daß ein Führer der Volkspartei aus diesem Hause ferngehalten werde und daß eine Zierde wie Herr Esstch hereinkommt. Präsident H o h l fordert Haußmann auf, den letzteren Ausdruck zurückzunehmen. Haußmann: Ich nehme zurück, daß Herr Esstch eine Zierde dieses h. Hauses ist. (Große Heiterkeit.) Der Präsident spricht sein Bedauern über den Vorfall aus. Nachdem noch Minister v. Mittnacht, Klaiß und Schnaidt gesprochen, wird die Debatte geschloffen und zur Abstimmung g-schUtten.
Für die Anträge Haußmann stimmen blos Stälin (D. P.) Probst und 16 Mitglieder der Linken (krank: Ebner, Härle, Haigold). Der Kommissions-Antrag ist somit angenommen. Eingegangen ist noch ein Antrag betr. Wiedereinführung der Wahlcouverts.
LaudeSuachrichtea.
* Altensteig, 23. Jan. Die Notiz in letzter Nummer von Eb Hausen haben wir dahin richtig zu stellen, daß nicht ein, sondern in kleinen Abständen drei Stück Stockholz auf die Schienen gelegt worden sind in der unzweifelhaften Absicht den Zug an der gefährlichen Stelle (nahe der Nagold) zum Entgleisen zu bringen. Der Zug schnitt, wie wir von unterrichteter Seite vernehmen, ein Stück ab, und schleuderte die zwei anderen beiseite, so daß also zum Glück der sträfliche Anschlag mißlang. Am Samstag war die Staatsanwaltschat von Tübingen in Ebhausen zwecks Untersuchung der Angelegenheit, dieselbe führte aber noch zu keinem Ergebnis. — Seit Samstag früh haben wir fast fortwäh.end Schneewehen, so daß jeden Tag die Straßen mittelst Bahnschlitten offen erhalten werden müssen. Der Schnee liegt stellenweise Vs Meter hoch. Die Gefahr einer eintretenden Ueberschwemmung wird .immer größer; sollte, was Gott verhüten möge, rascher Schneegang eintreten, so müßten naturnotwendig, da die Flußbette mit Eis angefüllt sind und der Boden tief gefroren ist, schlimme Eisstauungen, Ueberschwemmungen und Verheerungen eintreten. — Mehr denn je sollte jetzt das Mahnwort beherzigt werden: ^Gedenket der hungernden Vögel!" Und an die Besitzer von Taubenschlägen möchten wir die freundliche Bitte richten, jetzt die Schläge geschlossen zu halten, denn die stärkeren Tauben verscheuchen die Singvögel von dem ihnen ausgeworfenen Futter und so bekommen dann die schwächeren Pfleglinge nichts. Möchte doch wenigstens so lange der tiefe Schnee liegt die Bitte willfähriges Gehör finden.
- Freudenstadt, 20. Jan. Infolge der herrschenden großen Kälte und des damit verbundenen Wassermangels mußte in nahezu sämtlichen Wasserwerken (Mahl- und Sägmühlen) an der Murg und dem Vorbach der Betrieb seit Wochen eingestellt werden.
* Stuttgart, 19. Jan. Die Eingabe mit 28219 Unterschriften aus Württemberg, die ein Verbot des Hausterens und des Detatl- reisens verlangt, ist an den Reichstag abgegangen.
* Stuttgart, 2l. Jan. Die ungewöhnlich starke Ausbreitung der Tierseuchen in Württemberg hat die Regierung veranlaßt, der Schutzimpfung, welche sich in letzter Zeit wohl erprobt hat, größere Aufmerksamkeit zu schenken. Demgemäß soll in diesem Jahr in besonders verseuchten Gegenden die Schutzimpfung staatlich eingeführt werden. Man verspricht sich davon namentlich bei dem Milzbrand und dem
Are Hochler des Gauklers.
Original-Roman von Gebh. Schätzler-Perasini.
(Nachdruck
verboten.)
(Fortsetzung.)
Freilich, er ist an sie gewöhnt seit seiner Kindheit — an die kleine lustige Sabine. Und sie an ihn! Aber auch sie muß vergessen und überwinden lernen, und er ist doch ein Mann und wird es auch ertragen.
Jetzt ist es Zeit, um hinabzugehen.
Draußen im Park ist es dunkel und im Schlosse ruhig.
Und dennoch zögert sie. Wie schwer trennt sich's vom Glücke. Und verloren ist dieses für immer, wenn sie Feisberg verläßt. Und wenn sie bleibt, dann ist es nicht nur sie, sondern alle die Glücklichen hier, die es verlieren!
Vorsichtig stieg sie die Treppen hinunter und verließ das Schloß durch eine Hinterthür, die in den Park hinausführte.
Es begegnete ihr niemand.
Kurt war wahrscheinlich bei seiner Mutter und dem Doktor und sie ergingen ^ich in Mußmaßungen über das unbegreifliche Verhalten Sabinens.
Sabine sah das Licht in den Gemächern der Gräfin. Sie blickte lange hinauf. Als sie sich zum Gehen wendete, schüttelte sie ein Fieber.
Nur spärlich beleuchtete der Mond die Parkwege; aber Sabine hatte selbst bei völliger Dunkelheit jeden Weg und Steg gefunden. Der weite Garten war ja ihr Reich gewesen; den kannte sie besser als die Welt draußen.
Als sie an die Stelle kam, wo sie am Morgen Stanislaus traf, war der Platz noch leer.
Ferina hatte sich nicht beeilt. Daß sein Kind kam, wußte er — so oder so. Dazu war seine gestellte Alternative zu wirksam.
Sabine schritt weiter, dem Wasser zu, das seitwärts lag.
An dieser Stelle brach sie zulammen, wo Kurt ihr ftine Liebe schwur.
Wie ein Regen von Rosen war es vom Himmel über sie gekommen, als sie am Herzen des Geliebten lag; die ganze Welt, schien ihr, mußte mitjubeln in Heller -Freude.
Und heute kniete ein tiefgebeugtes Menschenkind am Boden, im weichen Grase, und Sabinens Augen blickten nach der grünschillernden Wasserfläche. Hilflos und vom Himmel verlassen! Da unten wurde sie ausgenommen — der Grund des tiefen Teiches bettete ihr gewiß ein weiches Ruhekissen. Dann war alles Leid und aller Schmerz vorbei. Und weshalb klammert sich das Herz noch so fest an das junge Leben! Da innen stürmt und tobt es und möchte sich nicht losreißen von der Welt! Kaum das Leben im Frühling genoßen, kaum den Himmel der jungen Liebe gefühlt und nun scheiden von allem! Aber es war doch alles für sie verloren! Weshalb noch dieses Festhalten, dieses Zagen und Zittern vor dem kühlen Bett?!
Am Ufer stand Sabine jetzt.
„Da — nehmt mich- auf und seid barmherzig! Und du, Herr, vergieb mir meine Schuld —"
Aber der laute Ruf: „Sabine!" lähmte sie augenblicklich.
Stanislaus hatte seine Tochter jetzt nicht an der verabredeten Stelle gefunden, und wo er sie richtig vermutet, traf er sie auch. Der Vater hatte gleich an das Wasser gedacht.
„Was fällt dir ein, Sabine?" rief er und riß die Wankende zurück.
Sie fiel vor seinen Füßen nieder und schluchzte krampfhaft:
„O, laßt mich bei meinen Lieben; Ihr wißt nicht, wie Ihr mich martert! Wenn Jhr's begreifen könntet, wie ich leide, Ihr müßtet kein Mensch sein, wenn Ihr nicht von dannen gehen wolltet. Mein Jamme st übermenschlich! Ihr wollt mein Vater sein; seid es doch und be
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