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den im Ruhestand lebenden Geistlichen sind 17 gestorben. Der älteste unter den aktiven Geist­lichen steht im 84. Lebensjahr. Neu besetzt wurden 103 Stellen, darunter 4 Dekanate. Die zweite theologische Dienstprüfung haben 44 Kandidaten erstanden. Erstmals definitiv angestellt wurden 36. Anstellungsfähige Kandi­daten, welche die zweite theologische Dienst­prüfung hinter sich haben, find zur Zeit 84 vorhanden. Die erste theologische Dienstprüfung erstanden 46, im Frühling 7, im Herbst 39, darunter 18, welche außerhalb des Seminars die Theologie studiert haben. Von letzteren ist einer vor dem Eintritt in den Kirchendienst ge­storben. Das Verzeichnis der examinierten Predtgtamtskandidaten auf 1. Januar 1893 zählt deren 342 gegen 333 im Vorjahr. Ab­gegangen find im Jahr 1892 durch definitive Anstellung 36; zugewachfen sind 45. Die Zahl der Studierenden im evang.-theol. Seminar zu Tübingen berechnet sich zur Zeit auf 171, da­runter 15, die als Lehramtskandidaten vom

Studium der Theologie dispensiert sind. Außer- dem studieren evangelische Theologie außerhalb des Seminars 113 Inländer. Im Vorjahr wurden 170 Seminaristen und 114 Opptdant gezählt. Mithin ist sich die Gesamtzahl der Theologie Studierenden mit 284 in beiden Jahren gleich geblieben.

* Stuttgart, 1. Jan. Der französisch- schweizerische Handelskonflikt scheint insbesondere auch unserer württembergischen Industrie zu gut zu kommen. Wie man uns nämlich mit- teilt, sind in den letzten Tagen besonders auch hier in Stuttgart größere Aufträge aus der Schweiz eingelaufen, seitens solcher Industrie­zweige, welche sonst ihren Bedarf regelmäßig im südlichen Frankreich gedeckt haben. Es ist dies insbesondere die Posamenterie, die Konfek­tions- und Textilbranche. Auch die württem- bergische Kästndustrie, soweit sie sich mit der Fabrikation von Weichkäsen befaßt, hat erhal­tenen Nachrichten zufolge in den letzten Tagen sich in der Schweiz einer regeren Nachfrage zu erfreuen. Die meisten württembergischen Industrie­zweige lassen gegenwärtig in Benützung der Um­stände die Schweiz bereisen und die von dort eingelaufenen Nachrichten lauten zum Teil sehr günstig. Man glaubt übrigens in unseren Jndustriekreisen, der Bruch mit Frankreich werde durch Nachgeben Frankreichs bald wieder aus der Welt geschafft sein.

*Hetlbronn, 3. Jan. Das Reichsge­richt har am 2. Januar das Urteil der Straf­kammer des k. Landgerichts Heilbronn vom Mai vorigen I., wodurch Oberbürgermeister Hegelmaier und Stadtpfleger Füger hier von der Anklage der falschen Beurkundung im Amt freigesprochen worden sind, aufgehoben und die Sache zur nochmaligen Verhandlung vor die hiesige Strafkammer zurückverwiesen.

* (Verschiedenes.) In Vaihingen a. d. F. verunglückte ein Bierführer beim Aus­reiten eines Pferdes. Während er über eine durch Schnee bedeckte Eisplatte ritt, stürzte das Tier, er kam unter dasselbe zu liegen und er­litt einen gefährlichen Bruch des Unterschenkels.

In der Neujahrsnacht wütete in Ofter- dingen ein furchtbarer Sturm, der den längst gewünschten Schnee in reichem Maße brachte.

Dem 13jähr. Sohn des Lammwirts Schweizer in Auingen, der sich auch schon am Neu­jahrsschießen beteiligte, wurde durch einen un­vorsichtigen Schuß die linke Hand zerschmettert, so daß der Zeigefinger sofort abgenommen werden mußte. InReutlingen ist Real- lehrer Böklen aus Ludwigsburg, der sich über die Feiertage daselbst aufhielt, an Influenza gestorben. Einen Beweis für die Steigerung im Wert des Grundbesitzes tu Stuttgart liefert das Gebot von 100000 Mk. für einen freigewordenen Streifen Areal von ca. 2 ar an der Eberhardstraße, also 500 Mk. für den Quadratmeter. Bei einer Tanzunterhaltung im Gasthaus zur Krone inNeuenstein wurde der aus Eschelbach gebürtige und über Weih­

nachten beurlaubte Soldat Fr. Schümm von dem ledigen Karl Hermann aus Langensall durch einen Messerstich in den Rücken lebens­gefährlich verletzt. Der Thäter ist verhaftet. Herr Cichorten-Fabrikant Emil Seelig sen. in Heilbronn hat sämtlichen Arbeitern seiner Fabrik aus Anlaß seines Rücktritts die reiche Gabe von 3000 Mk. in Beträgen von 3 bis 100 Mk. zukommen lassen. Am Samstag abend ertrank in einem Altwasser oberhalb Neufra (Rtedlingen) eine 67 Stück zählende Schafherde. Allem Anscheine nach kamen die Schafe durch irgend einen Schrecken auf die nur schwache Eisdecke und brachen ein. Der Schaden ist ein um so größerer, als das Fleisch der ertrunkenen fetten Tiere nicht verkauft wer­den darf. Dem Arbsiterpersonal der Seiden­fabrik von Amanu und Söhne in Bönntg- hetm wurden als Weihnachtsgabe 10 000 Mt. gespendet; kranke und dienstuntüchtig gewordene Arbeiter sollen namentlich bedacht werden.

* Pforzheim, 1. Jan. Unsere Stadt hat eine gewisse Berühmtheit erlangt wegen des Un­fugs, der alljährlich in der Neujrhrsnacht, ins­besondere durch Schießen, getrieben wird. So schlimm wie in der vergangenen Nacht aber war der Spektakel schon lange Zeit nicht mehr. Schon von 7 Uhr abends ab knallte es un­aufhörlich und zwar nicht allein in den entlegenen Straßen, sondern auch im Mittelpunkt der Stadt. Der heillose, bet vielen Goldschmieds­gesellen so sehr beliebte Unfug, aus Revolvern mit scharfen Patronen zu schießen, hat diesmal zu bösen Häusern geführt. Ein Graveur wurde in die Stirne geschossen und war sofort tot, weiter erhielt ein Polizeimeister eine Kugel in den Fuß. Die beiden Vorfälle bilden heute das Tagesgespräch.

* Berlin, 2. Jan. Am Freitag abend um 11 Uhr sollte in Berlin eine Deserteur von zwei ihn transportierenden Soldaten in den Militärarrest in der Lindenstraße abgeliestrt werden. Als er vor der Thür der Kaserne ange­lang: war, ergriff er die Flucht; er wurde von den Transporteuren verfolgt, die auf ihn während der Verfolgung zwei Schüsse abgaben, welche jedoch ihr Ziel verfehlten, glücklicherweise auch sonst auf der menschenerfülllen Straße kem Unglück anrichieten. Von seinen Verfolgern schließlich in die Enge getrieben, flüchtete der Mann in ein Haus zwei Treppen hoch und stürzte sich dort aus dem Flurfenster auf den Hof hinab, wo er schwer verletzt liegen blieb und alsbald von den Soldaten ausgenommen und nach der Kaserne getragen wurde.

* Berlin, 3. Januar. Der Germania zu­folge ließen die Worte des Kaisers an die Gene­rale auf einen bevorstehenden Konfl ki im Innern schließen. Der Vossischen Zeitung wird mit­geteilt, der Kaiser habe besonders von dem Widerstande militärischer Kreise gegen die Mili­tärvorlage gesprochen und mit starker Betonung erklärt, daß er solchesträfliche Disziplin-

Die Tochter des Gauklers.

Original-Roman von Gebh. Schätzler-Perasini.

(Nachdruck

verboten.)

, (Fortsetzung.)

Der Doktor hatte das Mädchen nicht bei sich in der Residenz; dies hatte er in Erfahrung gebracht, da er einige Monate zuvor den Ort berührte. Also wahrscheinlich auf Felsberg. Möglich, daß sich Sabine in Diensten der Gräfin befand; einerlei, helfen mußte sie ihm, in welcher Stellung sie auch war.

Klug mußte er es freilich anfangen, daß der Doktor, der für das Wohl Sabinens sorgte, nichts merkte. Also that er am besten, seine Tochter allein und im Geheimen abzufangen.

Wahrscheinlich wußte sie gar nicht, dl hatte. Stanislaus malte sich mit grausamer raschung seines Kindes aus, wenn er mit dieses

Was kümmerte ihn der Vertrag und di Vater. Wer wollte ihn auch ernstlich hindern, decken? Nur der Doktor, und derbrauchte Vorst

Etwa zwei Stunden von Felsberg entfer^

Vorstellungen.

Stanislaus Ferina hatte sich Tags vorh! zu Fuße nach dem Schlosse.

Als er im Dorfe unten ankam es fand er die Bauern in der freudigsten Aufrel kein Mensch hätte sich um den zerlumpten Fr^ sich dieser nicht, um Auskunft zu erlangen, mist Bauern an einen Tisch gesetzt hätte.

Sie schauten freilich den Unverschämten laus erfuhr doch, was er wissen wollte.

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Im Schlosse oben also war Verlobung! Alle Wetter! Und das ganze Dorf war eingeladen. Das mußte ein glückliches Paar sein! Und die Braut?

Sabine Ferina! Und der Bräutigam? Kurt, Graf von Felsberg!

Stanislaus Ferina verdrehte die Augen und stürzte wie ein Wahn­sinniger zur Thür hinaus, als er den Namen hörte.

Allmählich ward er ruhiger; er brauchte diese Ruhe dringend. Mit der größten Vorsicht mußte er zuwege gehen.

Er wartete also die Nacht ab und schlich sich dann in den Schloß- ark, i n der .tzoffnuna. Sabine zu sehen. Allein er sah sie wohl von ber es war ihm unmöglich, in ihre Nähe zu

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alles fort war, hatte er sich einen Ort gesucht, lenigstens ausruhen konnte, r, nicht eher Felsberg zu verlassen, als bis er

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^ahm er den Hufschlag eines Pferdes; das weckte jvon sich abklopfend, schaute er um sich, srüben, ziemlich gedeckt durch Strauchwerk, sah jben einen jungen Mann und er streckte den Sabine!"

sich zurück; sie mußte ja wieder vorbeikommen.

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ter zurück, Sabine, die glückliche Braut; freude-

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vom Wege standen Blumen; die pflückte sie ab e hängenden großen Hut.