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Einruckungspreis der Ispalt. Zeile für Altensteig und nahe Umgebung bei Imal. Einrückung 8 bei mehrmaliger je 6 auswärts je 8

Dienstag dm 6. Dezör.

Erscheint rvöchentl. 3mal: Dienstag, Donnerstag V 143» Samstag u. kostet bei der Exped., sowie im OA.- Bezirk Nagold 90 außerhalb 1 ^ das Quartal.

Nagold.

Bezüglich der Sonntagsruhe im Handelsgewerbe

macht das Oberamt hicmit ausdrücklich darauf aufmerksam, daß nach seiner Verfügung vom 31. Mai d. Js. an den letzten drei Sonn­tagen vor Weihnachten der Geschäftsbetrieb in allen Verkaufsstellen und d'e Beschäftigung von Gehilfen, Lehrlingen und Arbeitern in allen Kandeksgeweröen während 8 Stunden und zwar in der Zeit von

89 Ahr vormittags und von 12 Uhr mittags bis 7 Ahr abends gestattet ist.

Es ist also an den genannten Sonntagen (2., 3. und 4. Advent) eine ausgedehntere Kaufs- gelcgenheit geboten.

Die Oberamtssparkasse Nagold wird den Be­zirksangehörigen hiemit zur Benützung besonders empfohlen. Einlagen werden von allen Einwohnern des Bezirks in Beträgen von 1 Mk. an zu jeder Zeit angenommen und zwar von Einzelpersonen bis zum Höchstbetrag von 1000 Mk. Eltern dürfen sich für ihre noch nicht 14 Jahre alten Kinder Einlagen bis zum Gesamtbeträge von 2000 Mk. machen. Der Zinsfuß beträgt Die Einlagen

samt kapitalisierten Zinsen sind steuerfrei. Die Garantie für die Kasse leistet die Amtskörperschaft. Gelder werden stets zu möglichst niederem Zinsfuß ausgeliehen.

Gestorben: Anna Salber, geb. Ritzer, Calw; Schult­heiß Weiß, Warthausen; Kaufmann Otto. Nürtingen; Schullehrer Lückert, Hölzern, OA. Weinsberg.

Deutscher Reichstag.

* Berlin, 1. Dez. Fortsetzung der ersten Lesung des Etats. Abg. Buhl (nat.-lib.) Meine Partei hat früher die Forderungen der Heeresverwaltung um so lieber bewilligt, als sie der auswäriiaen Politik der Regierung Ver­trauen schenken konnte und von der Notwendig­keit der Forderungen überzeugt sein durfte. Wir werden die neueren Fo d rungen vorurteils­los prüfen und der j-tz'gen Negierung ohne Liebe und ohne Haß enrgegenkommen. Er verkenne nicht die Vorteile der zweijährigen Dienstzeit und der Verjüngung der Armee, halte aber die

Militärvorlage in dem geplanten Umfange für undurchführbar, zumal die neuen Steuern auf die Dauer nicht ausreichten. Die Behandlung des Projekts der Berliner Weltausstellung, die Bestimmungen über die Sonntagsruhe hätten in weiten Kreisen Beunruhigung erregt, ebenso die Ablehnung des wiederholten Antrags des Reichstags auf Abänderung des militärischen Beschwerderechts und Strafprozesses und auf gerichtliche Entscheidung in Zollstreitigkeiten. Eine zu starke Vermehrung des Heeres sei nicht durchführbar. Die Reichsfinanzen müßten auf solidere Basis gestellt werden.

Capri vi erwiedert auf verschiedene Aus­führungen des Vorredners, und teilt dabei mit, daß die Ablehnung der Resolution des Reichs­tags, betreffend die Abänderung des Beschwerde­rechts der Mtlitärpersonen, aus formellem Grunde erfolgt sei, weil der Bundesrat in Kommandosachen unzuständig sei. Ein Projekt betr. Abänderung der Militärstrafprozeßordnung, liege zur Zeit beim preußischen Kriegsmtnisterium, er hoffe nächstes Jahr eine hierauf bezügliche Vorlage einbrtngen zu können.

Liebknecht schildert die ungünstige wirt­schaftliche Lage, deren Signatur Defizit und Arbeitslosigkeit seien. Nur die Beseitigung der Herrschaft des Kapitalismus, nicht blos des jüdischen, könne Rettung bringen. Die jetzigen Rüstungen seien eine Schraube ohne Ende, die Durchführung der allgemeinen Wehrpflicht sei unter dem jetzigen System ökonomisch unmöglich, man müsse ein Volksheer schaffen. In längerer Auseinandersetzung sucht Redner zu beweisen, daß der Vorwurf der Fälschung der sogenann­ten Emser Depesche auf dem Fürsten Bismarck haften bleibe. Die Politik müsse eine andere werden, Deutschland müsse die Initiative bei bei der allgemeinen Abrüstung ergreifen, sonst könne der Bankerott nicht ausbleiben.

Abg. Fr ege (kons.) polemisiert gegen den Vorredner, bedauert, daß die Militärvorlagc schon bei der Etatsberatung behandelt worden sei und freut sich, daß der Tabak verschont ge blieben, die Börse dagegen, die unpatriotisch

die russische Anleihe begünstigte, und das Bier in der jetzigen Zeit, wo Genußsucht und Ver­schwendung überhand nehmen, zur Deckung der Kosten der Militärvorlage herangezogen würden. Gegen eine Aenderung der Branntweinsteuer müsse er protestieren. Redner wendet sich gegen den Luxus bei öffentlichen Gebäuden, namentlich bei dem Reichstagsbau, und befürwortet Ein­führung der Doppelwährung.

* Berlin, 2. Dez. Fortsetzung der ersten Lesung des Etats, v. Koscielski (Pole) sagt, zur MtUtärvorlage werde seine Partei eine definitive Stellung erst nach den Kommissions­beratungen nehmen; jedenfalls werde sie nach wie vor an der notwendigen Stärkung der Wehrkraft des Vaterlandes Mitarbeiten. Redner klagt über die heftigen Angriffe der national- liberalen Blätter, welche die Haltung der Polen verdächtigen.

Haußmann kommt auf die jüngsten Angriffe zurück, die auf die ausländische Reichs­politik gemacht worden. Er könne sie nicht teilen. Aber die Regierung könne sich nicht wundern, daß ihre Politik verdächtig werde, da sie zwar Weißbücher über Afrika, aber nicht über unsere Beziehungen zu den europäischen Staaten veröffentliche. Ueber unsere Kolonial- poltttk fehle ein festes Programm. Eine er­hebliche Einschränkung thue not. Wenn der Reichskanzler bedaure, daß wegen des Mangels an Schiffen keine größere Vertretung bei der Kolumbusfeier stattfinden konnte, so bemerke er: wenn für die Kaiserfahrten Paradeschiffe übrig seien, könnten auch bei solchen friedlichen An­lässen Schiffe vorhanden sein. Den Unzufriedenen ruft man zu, den Staub von den Füßen zu schütteln, aber andererseits will man die Aus­wanderung erschweren durch Polizeivorschriften. Man müsse die wirtschaftlichen Zustände bessern. Die Regierung, die doch einmal volkstümliche Politik treiben müsse, würde die große Mehr­heit erhalten, wenn sie die zweijährige Dienst­zeit gesetzlich einführte und sich mir den Konse­quenzen derselben begnügte, statt so ungeheure Mehrforderungen zu verlangen. Redner legt

Die Hochler des Gauklers.

Original-Roman von G ebh. S chätz ler-P erasini.

(Nachdruck

verbalen.)

(Fortsetzung.)

Schließlich wird er's ja erfahren. Sein Schaden sollte es nicht sein; das war die Hauptsache.

Als sie an der breiten Treppe angelangt waren, welche die Rück­seite des Schlosses mit dem Parke verband, verspürte Stanislaus einen gelinden Hunger.

Der Doktor wollte viel mit ihm reden; also mochte er nur auch erst für seine Stärkung sorgen.

Sie stiegen die Stufen hinauf.

Bronnig legte sich in Gedanken die zu beginnende Unterhand­lung zurecht.

Herr Sanitätsrat," sagte Stanislaus,dürfte ich vielleicht um eine Kleinigkeit zur Stärkung bitten? Seit gestern habe ich nichts mehr gegessen."

Bronnig hatte keine Erwiderung; er lächelte nur still vor sich hin.

Verdammt hochmütig!" knirschte Stanislaus und ärgerte sich, daß ihm der Sanitätsrat keine Antwort gab.

In dem Zimmer Bromiigs angekommen, drückte der Doktor auf die Tischglocke und befahl dem eintrelenden Diener, ein Glas Wein und etwas kalten Aufschnitt zu besorgen.

Stanislaus atmete erleichtert auf bei dem Gedanken daran.

Setzen Sie sich," bedeutete der Arzt dem Vater Sabinens.

Dieser folgte dem Hinweise und lehnte sich in die weichen Polster.

Etwas unbehaglich wurde ihm doch; um so mehr, da der Sani­tätsrat mit auf der Brust gekreuzten Armen vor ihm hin und her lief, ohne ein weiteres Wort zn sagen.

Ein Diener trat ein und setzte das Verlangte vor Stanislaus auf den Tisch, worauf er sich fast lautlos wieder entfernte.

Jetzt erst, nachdem der Diener weit genug war, sprach der Doktor.

Stanislaus blieben vor Ueberraschung die Bissen im Halse stecken. Nicht im entferntesten hatte er an das gedacht, was nun der Doktor in kurzen, aber hinreichenden Worten vor ihm ausbreitete. Ob er einver­standen wäre? Natürlich! Wer wird das Glück von sich weisen? Nur ein Narr oder ein Tölpel. Der Sanitätsrat gefiel ihm jetzt ungemein. Das war ein Mann, der den Armen thatkräftig unterstützte!

Der Sanitätsrat nahm einen Bogen Papier zur Hand und setzte einen kurzen Vertrag auf.

Können Sie den Taufschein des Kindes beschaffen? fragte er.

Ich habe ihn in der Tasche," erwiderte Stanislaus schnell und förderte dienstbeflissen eine alte Brieftasche zu Tage, welcher er ein Pa­pier entnahm und auf den Tisch legte.

Das ist gut; nun lesen Sie diesen Vertrag und setzen Sie dar­unter Ihre Unterschrift, sobald Sie damit einverstanden."

Sofort!"

Stanislaus griff nach der Feder, um seinen Namen zu schreiben.

Ich wünsche, daß Sie erst lesen!" sagte Bronnig.

Wenn Sie wünschen; ich bitte aber um ein wenig Geduld. Im Lesen bin ich so ziemlich, im Schreiben aber fast gar nicht bewan­dert. Ich bin ein Künstlerkind und in meiner Jugend sah ich wenig Schule"

So lesen Sie langsam und schreiben Sie ebenso."

Stanislaus Ferina verzog sein Gesicht nach allen Richtungen, während er las und dann seinen Namen darunter setzte. Es machte ihm offenbar große Anstrengnng. Endlich war er fertig.Das ist gut so; ich bin's zufrieden," meinte er rasch.