Gästen heute einen so liebenswürdigen und ehrenvollen Empfang bereitet hat, blüht der Gewerbefleiß schon lange; ihren Bürgern möge es nunmehr mit den neuen Hilfsmitteln ge­lingen, die Stadt zu einem respektabeln Mittel­punkt von Handel und Industrie zu machen. Die Regierung kann für Landwirtschaft und Industrie gar nicht besser sorgen, als wenn sie ihnen dieses Verkehrsmittel giebt (allgemeine Zustimmung), welches die unentbehrliche Grund­lage ist für ihre weitere Entwicklung. Er hoffe, schloß der Herr Redner, daß der heutige Tag für Stadt und Bezirk den Beginn einer neuen Blüte, eines neuen kräftigen Gedeihens bedeute. Die neue Bahn sei der Lohn für langes Warten und unermüdliche Bestrebungen. (Die Bahn ist normalspurig gebaut.)

* Heilbronn, 3. Okt. Der suspendierte Oberbürgermeister Hegelmaier ist seit einigen Tagen wieder hier eingetroffen und macht seine täglichen Spaziergänge. Verschiedene Personen, welche sich mit ihm unterhielten, erzählen, daß er einen sehr ruhigen und gelassenen Eindruck mache. Dem Vernehmen nach hat sich die Kom­misston dahin geeinigt, den bürgerlichen Kolle­gien als Pension eine Summe von 2500 Mk. vorzuschlagen; dabei soll von einzelnen Mit­gliedern darauf hingewiesen worden sein, daß, wenn Hegelmaier schon seit einer Reihe von Jahren nicht mehr geistig normal war, auch der Staat eine Verpflichtung dem kranken Hegel­maier gegenüber habe. Nächsten Donnerstag werden die bürgerlichen Kollegien darüber Be­schluß fassen.

* (Verschiedenes.) Am Sonntag hat sich im Rottenburger Stadtwald der etwa 50 Jahre alte frühere Dreikönigwirt G. von Kiebingen erhängt. In Plieningen wur­den vom 14.24. Sept. im dortigen Brachfeld 42,153 Mäuse gefangen und abgeliefert; da für jedes Stück 1 Pfg. aus der Gemeinde­kasse bezahlt wird, betragen die Kosten hiefür 421 Mk. 53 Pf. In Lauterbach ent­wickelte sich zwischen einigen Burschen aus geringfügigem Wortwechsel eine Schlägerei, bei welcher ein hoffnungsvoller 25jähriger junger Mann auf offener Straße niedergestochen wurde, so daß er nach kurzer Zeit seinen Geist auf­gab. Der Thäter ist bereits verhaftet.

* Karlsruhe, 3. Okt.' In verschiedenen Teilen Badens sind heftige Hagelniederschläge niedergegangen, vornehmlich in den Bezirken Lahr und Weinheim.

* Mannheim, 2. Okt. Der sozialdemo­kratische Führer Liebknecht, von Marseille zurück­kehrend, sprach heute nachmittag vor 4000 Zu­hörern im Saalbau. Er behauptete, seine Mar­seiller Rede sei falsch wiedergegeben und falsch gedeutet worden. Er habe den Franzosen gesagt, Elsaß-Lothringen durch Krieg wieder zu gewinnen, sei kein Gedanke. Wenn Frankreich und Ruß­land sich gegen Deutschland wenden würden, so werde jeder deutsche Sozialdemokrat, wie er

selber, zu den Waffen greifen, um die Kultur gegen die Barbarei zu verteidigen. Die sozia­listische Völkerverbrüderung allein werde die el­saß-lothringische Frage lösen.

* Mannheim, 3. Okt. Der wegen Unter­schlagung flüchtige Sozialistenführer Hänsler wurde in Chicago festgenommen. Die Auslie­ferung erfolgt.

* München, 3. Okt. In Anwesenheit des Direktors der württembergischen Zentralstelle für Landwirtschaft, v. Ow, fand heute eine Sitz­ung des landwirtschaftlichen Zentralkomttes statt. Derselben wohnten Prinz Ludwig und der Mi­nister des Innern bei. Graf Lerchenfeld be­dauerte den verminderten Zollvertragsschutz der Landwirtschaft, indem er eine intensivere Bewirt­schaftung anempfahl.

* Berlin, 4. Okt. Oberstlieutenant v. Miklos, der am 1. Okt. früh 7 Uhr 50 Min. ab Floridsdorf bei Wien abgeritten ist, kam heute vormittag 9 Uhr 35 Min., Berliner Zeit, am Tempelhofer Steuerhäuschen als erster an. Er wurde vom Komite und den versammelten zahlreichen Offizierkorps mit frenetischem Jubel empfangen. Miklos wurde vom Pferde Maresa, das lahmt, gehoben und durch Rittmeister v. Keszycki vom ersten Gardeulanenregiment in das Steuerhäuschen geführt.

* Gegen den wachsenden Uebermut der ultramontanen Partei erhebt dieRat. Z." in ausführlicher Darlegung, der nachfolgende Sätze entnommen sind, Einspruch:Niemals war eine Partei weniger berechtigt, über die Angriffe der Andern sich entrüstet zu zeigen, als die klerikale, deren innerstes Wesen seit der Aufhebung der Kulmrkampfgesetze darin besteht, den Protestantismus zu verlästern und den unterirdischen Glaubenskrieg zu schüren. Gegen diese Ueberhebung, gegen diese Unterwühlung des Bodens, auf dem der deutsche Friede und Existenz des deutschen Volkes beruht, unab­lässig anzukämpfen, ist nicht nur eine Aufgabe der protestantischen Kirche, sondern eine allge­meine Forderung der Bildung und der Tole ranz. Kein Staaatsanwalt und keine Strafe wird diesen Kampf verhindern. Wie alle Dinge im Himmel und auf Erden ist auch die katholische Kirche mit allen ihren Ein­richtungen und Gebräuchen der Kritik der Ver­nunft und des Gefühls unterworfen. Das Maßlose der Kritik mag billig gerügt werden, aber der ungeheuerliche Anspruch, die Kritik überhaupt vor dem Syllabus Pius IX. zu beugen, wird immer ein vergeblicher bleiben. Je gleichgiltiger sich Bildung und Wissenschaft in Deutschland den Veranstaltungen und Ein­richtungen der Kirche gegenüber verhalten, um so mehr muß die Presse darauf achten, daß durch dieselben nicht die Verhetzung der Kon­fessionen entflammt und befördert werde. Sieht es doch zuweilen aus, als ob man oben wie unten im deutschen Reiche vergessen hätte, daß wir Deutsche das Volk der Reformation sind, deren heilsame Rückwirkung auch auf die katho­

lische Kirche in besseren Zeiten gebildete Katho­liken rückhaltlos anerkannten."

* Die Mehrkosten der 2jährigen Dienstzeit schon unter Festhaltung der jetzigen Friedens­stärke sollen sich auf 30 Millionen steigern. So schreiben dieHamb. Nachr." an der Hand einer Berechnung derD. Heereszeitung". Das Blatt meint sodann:Finden jene 30 Millionen Ver­wendung in Anlehnung an das jetzt geltende System der Dienstzeit, so würden dieselben hin­reichen, um die jährliche Rekrutenguote um etwa 30,000 Mann zu erhöhen. Man hätte es dann in der Hand, entweder die absolute Friedens­präsenzziffer zu erhöhen und dadurch den Ueber- gang zur Kriegsstärke zu erleichtern, oder jsdie Zahl der Dispofitionsurlauber zu vermehren. Jedenfalls aber ließe sich so unter Aufrechter­haltung eines in drei Kriegen glänzend bewähr­ten Wehrsystems eine bedeutende Steigerung unserer militärischen Leistungsfähigkeit erreichen, ohne die Unzuträglichkeiten und das ungewisse eines Systemwechsels in den Kauf zu nehmen."

* Essen, 3. Okt. In dem Beleidigungs­prozesse Baare-Fußangel wurde heute ein durch den Vorsitzenden des Gerichtshofs gemachter Vergleichs Vorschlag von beiden Teilen ange­nommen. Der Prozeß ist damit beendet.

* Hamburg, 3. Okt. Der englische Dampfer Busybee" rannte gestern nachts auf der Reede von Cuxhaven den spanischen DampferDaviz" an. Der Kapitän, der Steuermann desDaviz" und eine Lootse wurde getötet.Daviz" sank mit der wertvollen Ladung.Busybee" ging mit stark beschädigtem Bug in Reparatur.

* Hamburg, 3. Okt. Der heutige Kranken­stand hat sich abermals erheblich gebessert. Nach Ansicht der Aerzte ist die Kraft der Epi­demie als gebrochen zu betrachten. Die neuer­dings gemeldeten Todesfälle stammen größten­teils ans früheren Erkrankungen her. Die Be- erdigungsMer war heute nicht größer als am Sonntag gewöhnlich. Der allgemeine Verkehr hebt sich bereits wieder. 87 Oberländer Schiffe sind zur Einnahme von Ladung im Hafen ein­getroffen. Die Fremdenlffte weist heute mehr als 100 Namen auf, was seit lange nicht mehr der Fall war.

* Hamburg, 4. Okt. Amtlich werden gemeldet 43 Erkrankungen und 9 Todesfälle, davon entfallen auf gestern 18 und 7, die Transporte 22 und 2.

Ausländisches.

* Wien, 1. Okt. Nach einer uns von voll­kommen vertrauernswürdiger Seite zugehenden Meldung hat der österreichisch-ungarische Bot­schafter beim päpstlichen Stuhle Graf Revetera vor wenigen Tagen einen hochinteressanten Be­richt an das Ministerium des Kaiserlichen Hau­ses und des Aeußern gesandt, welcher das gegen­wärtige Verhältnis der Monarchie zum Vatikan eingehend behandelt. Der Botschafter beklagt, daß er beim Vatikan in keiner Weise Gehör findet, und alle seine Bemühungen, eine Einigung

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der Normannenzeit: Netze, Angelschnüre und Hacken: Speere und Har­punen für den Walfische und Walroßfaug und Armbrüste, an deren mit Widerhaken versehenen Bolzen Leinen befestigt sind, um den angeschos­senen Seehund damit ans Boot zu ziehen. In den oberen Galerien ist eine prächtige, sehr vollständige Sammlung der skandinavischen Fauna untergebracht: Bären und Wölfe, Luchse und Füchse, Lemminge und Vielfraße ; Waldtiere und Seehunde; Land- und Wasservögel; die zahl­reichen Fischarten alles künstlerisch ausgestopfte und wohl erhaltene Exemplare, genau und überstchlich klassifiziert und etikettiert. Die Samm­lungen stehen unter Aufsicht und Leitung sachkundiger Männer der Wissenschaft, die sich denen anderer Länder als ebenbürtig zur Seite stellen dürfen. Das Museum als Ganzes ist ausschließlich aus Ge­meindemitteln ins Leben gerufen worden und alle laufenden Ausgaben werden von der Bürgerschaft Bergens ohne staatliche Subvention be­stritten.

Die Häuser in den Straßen sind einfach, aber sauber; nirgends ist Schmutz bemerkbar und fast aus allen Fenstern lacht dem Vorüber­gehenden eine üppige Blumenpracht entgegen. Mit den Leuten selbst näher bekannt zu werden, dazu fehlte uns Zeit und Gelegenheit. An einem Abend, dem zweiten nach unserer Ankunft, waren wir nach dem Souper auf dem Verdeck unseres Fahrzeuges versammelt. Es war zwischen zehn und elf Uhr, aber der Sonnenschein lag noch hell auf der Landschaft. Uns dünkte es kühl, den Bergenern nicht, denn im Hafen schwärmte eine fröhliche Gesellschaft in Booten herum. Einige dieser wa­ren verankert und die Insassen mit Angeln beschäftigt; von anderen her schwebten Geigentöne und Gesang über die stille Wasserfläche. R. und ich stiegen in die Jolle der Jacht und ruderten nach einer Landspitze, einen Kilometer entfernt. Wir legten unsere Riemen dicht neben einem Boote ein, in dem drei junge Damen und ein Herr saßen. Unser Ver­

such, eine Unterhaltung anzukuüpfen, fand das liebenswürdigste Ent­gegenkommen. Eine der Damen sprach vorzügliches Englisch ein lebhaftes Mädchen, wohlerzogen und weltgewandt. Die Manieren aller waren tadellos, sie gehörten offenbar den besten Kreisen au, aber sie warfen da zum Vergnügen die Angeln aus, wie wenn das von jeher ihre Lebensaufgabe gewesen wäre. Die Mädchen hatten mächtige Schür­zen von ölgetränkter Leinwand vorgebunden; sie holten ihre Beute aus dem Wasser und handhabten Messer, Köder und Leine mit dem Selbst­bewußtsein und der Sicherheit alter Fischer.

Wir wollten unsere Tour womöglich bis zu den Lofoden ausdeh- uen, durften also nicht zu viel Zeit in Bergen verwenden und verließen den Hafen, mit einem Küstenlotsen an Bord, am 6. Juli. Thrond- hjem oder Drontheim, wohin wir die aus der Heimat zu erwartenden Postsendungen dirigiert hatten, war zum nächsten längeren Haltepunkte ausersehen worden. Zur Erreichung des. Zieles standen uns zwei Wege offen: Entweder übers offene Meer, außerhalb der Untiefen und Inseln, die der Küste vorgelagert sind, oder auf der längeren, aber un­vergleichlich interessanteren Route durch das Kanalnetz der Fjorde, wo wir außerdem mit ziemlicher Bestimmtheit darauf rechne.! durften, ruhiges Wasser anzutreffen. Der Anker wurde um 6 Uhr morgens gelichtet und bald schossen wir, mit voller Kraft dampfend, die gewundene Straße entlang, oft durch Passagen nicht breiter als unsere Jacht lang war, dann wieder plötzlich ins Freie hinaus oder in einen Archipel kleiner Inseln hinein. Die Gebirge gehen mit ihren hohen Ausläufern nicht bis dicht zur Küste, sie lassen zwischen sich und dem Meere ein zer­rissenes, flach gewelltes, meist ödes und unbewohntes Vorland. Da und dort verweilte unser Auge auf einem grünen Wiesenflecken, mit vereinzelten Baumgruppen bestanden, aus denen ein einsames Bauern­haus hervorschaute. (Fortsetzung folgt.)

Fayrpian - wcrver, ^