Verein zustande; wir wünschen ihm von Herzen ein rasches Aufblühen. — Samstag gegen Abend entlud sich über unsere Markung ein Gewitter mit Hagel. Es fielen Schlossen in dichter Menge in der Größe von Haselnüssen. Nennenswerter Schaden wurde aber nicht verursacht.
* Wenden, 3. Okt. Leider ist auch hier die Maul- und Klauenseuche aufgetreten und hat von ihrem schlimmen Charakter ein schreckliches Bild gegeben. Einem hies. Bauern verendeten an der Krankheit am Samstag 3 Stück Vieh, wodurch derselbe sehr in Schaden kam. Auch in Warth hat die Seuche Einkehr gehalten, doch ist daselbst noch kein Tier verendet.
:!!: Vom hintern W ald, 2. Okt. Auch in unfern Ortschaften breitet sich die Maul- und Klauenseuche unter dem Viehstand immer mehr aus. Verseucht sind insbesondere Aichelberg OA. Calw und Simmersfeld. Verschont von der Seuche sind bis jetzt noch Aichhalden, Ett- mannsweiler, Beuren und Fünfbronn. Wegen der in der Gegend herrschenden Seuche ist die Abhaltung des auf den 18. Oktober fallenden Viehmarktes in Simmersfeld sehr in Frage gestellt. — Während des starken Gewitters, das sich gestern abend über unserer Gegend entlud, schlug der Blitz um 9 Uhr inBesenfeld in das Anwesen des nicht unvermöglichen Taglöhners Klumpp. Das Haus desselben, das äußerste Haus rechts, nach der Steige Schönegründ zu gelegen, brannte mit der gesamten Fahrnis bis aus den Grund nieder. Die Bewohner konnten kaum das nackte Leben retten. Das Vieh wurde von Nachbarn aus dem Hause geschafft; doch ein Schwein verbrannte. Die Fahrnis ist versichert, jedoch nur nieder. (In einer Korrespondenz aus, Besenfeld werden die obigen Angaben gleichlautend gemeldet. Die Red.)
* Aus Merklingen, 29. Sept. schreibt man dem „Schw. B.": Gestern abend kam der Sohn achtbarer hiesiger Eltern, der beim Militär diente, hier an, um bei seinen Eltern Hilfe zu suchen. Nach seiner Angabe sei er von seinem Unteroffizier, sowie von seinem Vizefeldwebel mißhandelt worden. Auch habe er sich, weil er das Regiment verlassen, kürzlich eine Strafe zugezogen. Während dieser Zeit habe er es wirklich nicht am besten gehabt. Der Dienst, den er ungefähr 3 Wochen verrichten mußte, soll ihm nicht einmal den Schlaf ermöglicht haben. Aus diesem Grunde ging er wieder nach Hause. Wahrscheinlich um weiteren Folgen zu entgehen, nahm sich der junge Mann heute nacht das Leben. Man hat ihn diesen Morgen erhängt aufgefunden. Daß die Eltern über den Verlust des einzigen Sohnes, der erst 22 Jahre alt war, untröstlich sind, braucht nicht erst gesagt zu werden. Jedenfaas wird nähere Untersuchung den wahren Sachverhalt ergeben.
* Stuttgart, 29. Sept. In einer heute abgehaltenen Versammlung der Volkspartei unterzog Redakteur Schmidt vom „Beobachter* die zu erwartende Militärvorlage einer scharfen
Kritik. Er erhob die Frage, wie man angesichts der so vielseitig gegebenen Friedensversicherungen noch von einer Heeresvermehrung sprechen könne. Angezeigter wäre, statt den Gamaschen- und Paradedienst so stark zu kultivieren, unserer Armee eine bessere anderweitige Ausbildung an- gedethen zu lassen. Die Volkspartei werde in- solange keinen Mann und keinen Groschen bewilligen, bis die Regierung die alten Forderungen: zweijährige Dienstzeit und Aenderung des Militärgerichtsverfahrens bewilligt habe. Bangaier Hausmeister verlangte, daß die Regierung den Abgeordneten unter dem Siegel der Verschwiegenheit ihre Pläne enthülle, bevor sie an den Reichstag mit einer Forderung der Heeresvsrmehrung komme, die für Deutschland den finanziellen Niedergang bedeute.
* (Stand des württembergischen Volksschulwesens.) Auch Heuer wieder zeigt sich, wie im letzten Jahr, nach der nunmehr fertiggestellten amtlichen Zusammenstellung eine Abnahme der Volksschüler, wenn auch in geringerem Maßstab, als dies im letzten Jahre der Fall war; die Gesamtzahl der (männl.)Volksschüler in den evangel. Volksschulen betrug (inkl. der isr. Schüler) im Schuljahr 1891/92 106,872 gegen 107,054 im Vorjahr. Dagegen tritt eine nicht unbeträchtliche Vermehrung der Volksschülerinnen zu Tage, deren Zahl sich von 118,017 im Jahr 1890/91 auf 119,244 im Schuljahr 1891/92 gesteigert hat. Die Zahl der Lehrstellen beträgt 3227. Da auch die Lateinschulen im abgelaufenen Schuljahr eine Abnahme von 44 Schülern zu verzeichnen haben, so dürfte die Abnahme der Zahl der Volksschüler den Realschulen, welche im abgelaufenen Schuljahr eine Zunahme von 366 Schüler zu verzeichnen hatten, zu gut kommen.
"(Verschiedenes.) In Ulm starb dieser Tage ein Fräulein, das von Geburt an blind, ein Alter von 83 Jahren erreicht hat. Ihr schweres Schicksal benahm ihr nicht Herzensgute und Freundlichkeit. Von Haus aus wohlhabend, hinterließ sie ein durch ihre anspruchslose Lebensweise sehr beträchtlich angewachsenes Vermögen. — In der Gemeinde Göggingen ging ein solcher Wolkenbruch nieder, daß das Wasser metertief durch die Straßen strömte, alles was im Wege war mitreißend. Der entstandene Schaden wird auf 25 000 Mark geschätzt. — Am 28. abends wurde die geistesgestörte Ehefrau eines Handwerkers zuNeudek (Oehringen), tot aus der Brettach gezogen. — In Pliezhausen fiel das einzige 2jähr. Mädchen des Maurermeisters Zeeb in einen Brunnentrog und ertrank. — Landesökonomierat Schosser in Kirchberg erhielt aus Anlaß seines 25jähr. Jubiläums als Vorstand des landw. Bezirksvereins Sulz die goldene landw. Verdienstmedaille verliehen. — Zwei in Bietigheim stationierte ! Vertreterinnen der Heilsarmee wurden bei einem Gange nach Untermberg von mehreren Vermummten angefallen, geschlagen und ihrer Schriften und Barschaft beraubt. — Letzter Tage geriet der Gemeindepfleger N. in Mieter-
kingen mit dem Bauern I. H. von S ch w a r z- ach in Streit. In der Aufregung biß der elftere dem letzteren die Nasenspitze fast voll- ^ ständig vom Nasenbein weg. Letzteres soll so- j gar selbst noch verletzt sein. Die Verletzung ist ! nach Aussage des Arztes gefährlich. — Am Freitag vormittag wurde in Cannstatt eine bis jetzt noch unbekannte männliche Leiche aus dem Neckar gezogen.
* Mannheim, 30. Sept. Ein Schreinergeselle hat sich mit der Tochter seines Meisters im Rheine ertränkt. Die Leichen, die zusammengebunden waren, wurden heule geländet.
* Aus Frankfurt a. M. wird berichtet:
Der unerhobene Treffer der elektrischen Ausstellungslotterie, welcher bekanntlich 20000 Mk. betrug und lange Zeit in den Köpfen mancher - Loseverlierer spuckte, soll nach Amerika gefallen ! sein. Der jetzige Besitzer des Loses kaufte dasselbe in Ludwigshafen, wo er seiner Zeit Aufseher in der dortigen Anilin- und Sodafabrik war; er nahm es mit sich nach Amerika und l scheint dort leider das Ergebnis verpaßt zu haben. Da das Anspruchsrecht schon längst erloschen ist, hat er nun das Nachsehen.
* Berlin, 1. Okt. Die „Nationalzeitung" >
will wissen, die Militärvorlage sei vorgestern !
dem preußischen Staatsministerum zugegangen.
In der Vorlage werde für die Zeit bis zum 31. März 1899 eine Jahresdurchschnittsstärke an Gemeinen und Gefreiten, nicht wie bisher eine Maximalstärke festgestellt, während die Zahl der Unteroffiziere alljährlich im Etat normiert werden solle. Die zweijährige Dienstzeit für die Infanterie sei, außer für bestrafte Mannschaften, als Regel angenommen. Die Begründung der Vorlage bezeichne als Ziel derselben die volle Ausnutzung der Wehrkraft des deutschen Volkes.
* Der „Sozialist" verteidigt nicht nur immer
cynischer den Meineid im Partei-Interesse, er mißbilligt auch das Vorgehen der Hamburger Sozialdemokraten, welche zur Bekämpfung der Cholera freiwillige Sanitäts-Kolonnen gestellt haben. Bei solcher Gesinnung kann es nicht verwundern, wenn der „Sozialist* in der Mein- cidssrage heute schreibt: „Wir pfeifen auf die Heiligkeit des Eides; wir bekämpfen ihn, wie alle Institutionen der bürgerlichen Gesellschaft. Moral, Ehre und Wahrheit anerkennen wir nur im proletarischen Sinne; bürgerliche Begriffe sind für die Arbeiterklasse nicht maßgebend. Oberste Pflicht jedes Genossen ist es, seine Sache ^
vor Gefahren zu schützen, wo und wie immer ^
es sei; er hat insbesondere den Organen der Klassenjustiz die Wahrheit zu verschweigen, falls
es das Interesse der Sache erheischt — welchen Weg er hierzu wählt, das hat er von Fall zu Fall nach Zweckmäßigkeitsrücksichten selbst zu entscheiden. Wer dies thut, wer so das bürgerliche Gerichtsverfahren durchkreuzt und erschüttert, mit seiner persönlichen Freiheit dafür einstehend — der handelt revolutionär."
Gine Mrdlandsfayrl. °°rb°tm.)
Von A. Th.
(Fortsetzung.)
Du bezeichnest deinen Standpunkt auf der Karte, über die du deinen Blick mit dem Bewußtsein gleiten lassest, daß die ganze norwegische Wasser-, Insel- und Buchtenwelt dir offen steht, daß du deinen nächsten Halteplatz nachBelieben bestimmen kannst. Du zeigst dem Lotsen den gewählten Punkt; du kennst die Fahrgeschwindigkeit deines schwimmenden Hauses; du soupierst, rauchst deine Abendzigarre ans Deck, ziehst dich in deine behagliche Kabine zur Ruhe zurück und am Morgen erwachst du am gestern gesteckten Ziele sicher verankert.
Doch genug des allgemeinen.
An jenem Juniabend dampften wir fröhlich von Southampton ab. Bis zum Udsire Leuchtfeuer, wohin unser Kurs gelegt wurde, hatten wir 700 Seemeilen zurückzulegen. Die Jacht konnte in ruhigem Wasser zehn Knoten in der Stunde machen. Das Wetter war schön, aber für die Jahreszeit ungewöhnlich kalt. Wir schliefen gleich die erste Nacht in unseren Kojen vortrefflich und erwachten am Morgen frischer und munterer, als uns das in den letzten Wochen in London beschieden gewesen war. Der Boden der Koje ließ sich an Angeln wie eine Fall- thüre aufheben und in das darunter angebrachte Bassin wurde durch das Drehen eines Hahne - dem Meerwasser Zutritt gewährt. Nach eingenommenem Bade klappte man das Ding zu, welches die auf Deck postierten Matrosen durch eine Leitung wieder leer pumpten. Die Straße von Calais hatten wir bereits passiert, bald verschwanden die Küsten Englands unter der westlichen Horizontlinie. Mit schwachem Winde im Stern und glatter See flogen wir rasch dahin. Ich faulenzte den ganzen Vormittag auf einem Diwan in der oberen Kajüte, rauchte eine
Zigarre nach der anderen und las in Xeuophons „Memorabilia". Ein Tag verging und der zweite. Am Abend des zweileu Juli fuhren wir mitten durch eine kleine Flottille englischer Fischerbarken — Bruchteile des großen Apparates, welcher unausgesetzt an der Arbeit ist. den schier unersättlichen Magen der Riesenstadt an der Themse zu füttern. Das Loggen ergab eine Tagesgeschwindigkeit von 200 Seemeilen. Der schwache Luftzug war uns treu geblieben; der Spiegel der Nordsee hob und senkte sich nur unter dem Einflüsse des nie ruhenden Grundschwalls.
Auch die Damen verspürten nicht die leiseste Anwandlung von Unbehagen.
Am dritten Nachmittage schlug das Wetter um. Die Kälte der höheren Breite veranlaßte uns, die Winterkleider hervorzuholen. Heftiger Wind erhob sich, von Nordwest her blasend, Regen und schwere See mit sich bringend. Die Jacht rollte 20 Grad. Wir passierten das Udsire Leucht- j feuer am dritten abends gegen 7 Uhr und ließen die Maschine mit halber Kraft arbeiten, um langsam und vorsichtig unfern Weg weiter zu fühlen. Gab's auch hier oben im Hochsommer so zu sagen keine Nacht mehr, so lagerte doch dichter Nebel über dem Wasser und behinderte den Fernblick. Schließlich lasen wir einen Lotsen auf, der uns glücklich nach Bergen brachte, wo wir unsere erste Bekanntschaft mit Norwegen machen wollten.
Bergen liegt auf einer langen, felsigen Landzunge, am Fuß hoher Klippen und kann vom Meere her durch drei Fjorde erreicht werden.
Der Handelsverkehr ist ein rühriger; die vier-zigtausend Einwohner scheinen vollauf beschäftigt zu sein.
Wir landeten also in Bergen und bummelten herum. Wirklich schöne Häuser oder durch ihre Architektur hervorragende öffentliche Bauten, sahen wir nicht, aber auch keine Bettler, keine Anzeichen von Bedürftigkeit. (Fortsetzung folgt.)