Schaaren von durchziehenden Staaren beobachten, die immer munter und geschwätzig, zunächst den Weingegenden und dann dem sonnigen Süden zusteuern; ihnen folgt binnen Kurzem das Rot­schwänzchen und dann die Lerche, die um Licht­meß wieder die erste ist, uns den nahenden Früh­ling zu künden!

(Eingesendet.) Bezüglich des Artikels aus Neubulach in Nr. 113 unseres Blattes geht uns von zuständiger Seite folgende Erwiederung aus Altbulach zu: Wir verstehen die Angriffe auf unser neues Wasserwerk nicht. Neubulach hat uns die Stollenquelle zu unserem Gebrauche und die Mitbenutzung des Neubulacher Reser­voirs gegen eine Vergütung von 2000 Mark überlassen und dieser Betrag ist bezahlt. Weitere Verpflichtungen gegen Neubulach sind wir nicht eingegangen und es hat sich auch nie um solche gehandelt. Wir haben unser Wasserwerk und seine Leistung für unfern eigenen Ge­brauch eingerichtet, nicht für andere Ge­meinden. Die Zumutung, unfern Nachbar mit Wasser aus unserem Werk zu versehen, was doch nur auf unsere Kosten durch verteuerte Anlage hätte geschehen können, finden wir um so merkwürdiger, als uns nach den bisherigen wiederholten Versicherungen Neubulachs von einem dortigen Wassermangel nichts bekannt war; erst der Artikel hat die überraschende Neuigkeit gebracht. Was die Leistung unseres geschmähten Pumpwerks anbetrifft, so sind wir mit derselben vollauf zufrieden; es giebt daran nach Ausweis wiederholter Pro­ben schlechtweg gar nichts zu mäckeln, sondern nur zu loben. Die außerordentliche Trockenheit des Sommers hat die Wafferlieferung zwar um Vz vermindert, was wohl angesichts anderer Orte nicht zu verwundern ist; nachdem dieser Abgang aber nun über die Dauer des Kleinwassers durch provisorische Beiziehung andern eben so reinen Wassers ersetzt wurde, fördert unser Pumpwerk täglich 27000 Liter Wasser nach Altbulach, V» mehr als der Ver­trag vorschreibt. Diesen Thatsachen gegenüber erscheint das Gerede von getäuschten Annahmen, Mißständen, zum Schaden Neubulachs ver­schlungenem Wasser rc., in ganz eigentümlichem Lichte, und vollends wertlos und von echt freundnachbarlicher Gesinnung zeugend ist es, wenn zur Beurteilung der Maschine nur ihre Wasserverhältniffe aufgeführt, ihre Druckver- hältniffe, die doch auch maßgebend find, aber verschwiegen werden. Unsere Anlage ist nur in Einem Punkte verfehlt: in der Mit­benutzung des Neubulacher Reser­voirs und die letzten Vorgänge veranlassen uns zu überlegen, ob es nicht besser wäre, ein eigenes Reservoir so bald als möglich zu bauen.

* Stuttgart, 28. Sept. Von den Ver­handlungen des württembergischen Finanzmini- sters mit Herrn v. Maltzahn ist bis jetzt auch in die Kreise des Ressorts nicht das mindeste gedrungen. Doch darf wohl als feststehend an­gesehen werden, daß eine Erhöhung der Brau­

steuer resp. Malzsteuer in Aussicht genommen ist. Da indes die Erhöhung der Brausteuer um das Doppelte und weiter wird man ' doch wohl schwerlich gehen den finanziellen Bedarf nicht im mindesten deckt, so ist die Heran­ziehung eines weiteren allgemeinen Konsum- artikels ein zwingendes Bedürfnis.

* Heilbronn, 28. Sept. Ueber das in gestriger Sitzung der bürgerlichen Kollegien vorgetragene Gutachten des Medizinalkollegiums, welches den suspendierten Oberbürgermeister Hegelmaier für geisteskrank u. unzurechnungsfähig erklärt hat, erfährt man, daß es sich nach den Darlegungen des Regierungspräsidenten um einen typischen Fall von Qaerulantenwahnstnn handle auf Grund erblicher Belastung und in- j folge krankhafter Ernährungsstörungen des Ge- , Hirns. Die Störung datiere in ihren Anfängen

auf eine Reihe von Jahren zurück, sei unheilbar und bleibend, kaum einer Besserung zugängig und leicht mit weiteren Explosionen verknüpft.

Aus dem vorzetragenen Belastungsmaterial gehe hervor, daß Hegelmaier wegen dienstlicher und moralischer Unbrauchbarkeit hätte des Dienstes entlassen werden müssen; dessen Ver­fehlungen feien noch ärger, als man gewußt habe. Nun muß er wegen Geisteskrankheit des Dienstes enthoben werden. Ist das Gutachten, wie nicht zu zweifeln, richtig, so folgt daraus, daß Hegelmater schon, als er in städtische Dienste trat, geistig nicht normal gewesen sein konnte. Dem Staat hatte er 14 Jahre Dienst geleistet, der Stadt Heilbconn als Vorstand derselben?. Zur Regelung der Pensionssrage ist eine Kommission eingesetzt worden. (Nachschrift:

Der Gemetnderat ist geneigt, Hegelmaier eine angemessene Pension zu gewähren.)

* (Verschiedenes.) In Hohenhas­lach, OA. Vaihingen, sind am Dienstag nacht 2 Wohnhäuser und eine Scheuer vollständig ab­gebrannt. In der Kienlesbergkaserne in Ulm sind einige Soldaten an Typhus erkrankt.

Auf ärztliche Anordnung ist nun das Stroh aus den sämtlichen Strohsäcken der von den erkrankten Leuten bewohnten Zimmer in vor­sorglicher Weise auf der Gänswiese verbrannt worden. In Lauffen fiel ein 3jähriges Kind in einem unbewachten Augenblick in eine s Dunggrube und ertrank. In Schwaigern ; brachte ein Aufstchtsbeamter seine Hand in die Schrotmühle; sie wurde ihm von der Walze -

zerquetscht und mußte abgenommen werden.

In Berlichingen ist am 24. d. M. ein !

Bäckergeselle beim Baden in der Jagst ertrunken.

In Reutlingen wurde tn einem Feld­häuschen vor der Stadt ein junges Frauen­zimmer in Sträflingskleidung entdeckt; dasselbe war aus dem Gefängnis für weibliche Sträf­linge in Rottenburg entsprungen, wohin es auch alsbald wieder eingeliefert wurde. In Oeh- ringen hat sich ein wegen Sittlichkeitsvergehen in Untersuchung gezogener Steinhauer im Amts- gerichtsgefängnts erhängt.

Dingen ihren rechten Namen beilegt und das Verächtliche mit Verachtung straft. Glücklicher­weise kann ein einzelner Richterspruch das freie Wort nicht in unzerbrechliche Ketten schlagen, und wie auch in Trier geurteilt werden mag, andere deutsche Gerichte werden sich davon nicht beeinflussen lassen. Vorerst ist es nur ein Zeichen der Zeit, daß und wie der Bischof sein Jahr­hundert in die Schranken fordert; aber ein Zeichen der Zeit ist es, ein sehr merkwürdiges.

Laudesuachrichteu.

* AlLensteig, 30. Septbr. Da unsere Straßen außerordentlich viel durch schwer be­lastete Holzfuhrwerke befahren werden, erweist sich deren Beschotterung durch Kalksteine nicht zweckmäßig. Dieses Material ist zu weich, wird deshalb in kurzer Zeit zusammengeführt und fördert deswegen bet Trockenheit den Staub (auf dem Viehmarktplatz tritt er überaus massen­haft, belästigend und gesundheitsschädlich auf), und bei nasser Witterung den Schmutz auf den Wegen enorm. Namentlich seit der Betriebs­eröffnung der Bahn war letzten Winter die Bahnhofstraße kaum passierbar und dem Schmutz war nicht auszuweichen. Um dem Uebel abzu­helfen hat nun diesen Sommer die Stadt die betr. Wegstrecke mit Porfirsteinen beschottern und mit einer Dampfwalze einwalzen lassen. Hie­durch ist die Straße in sehr guten Zustand ver­setzt worden und es wäre nur zu wünschen, daß bei den anderen Straßen innerhalb Etters die gleiche Radikalkur vorgenommen würde, denn Trottoirs fehlen hier noch durchgehends und bei den bestehenden baulichen Verhältnissen sind sie eben auch schwer anzubringen. Jedermann würde wenigstens die gehörige Instandsetzung der Wege mit Genugtuung aufnehmen. Nicht unterlassen dürfen wir zu verzeichnen, daß auch die König!. Straßenbau-Inspektion für unsere Bahnhofstraße ein Einsehen hat, denn wirklich läßt sie auf der linken Seite der Straße ein Trottoir erbauen, wenigstens soweit die Staatsstraße läuft. Die Stadt wird nun nicht Zurückbleiben können und muß eben den willkommenen Fußpfad in die Stadt weitersühren. Wie wir hören, soll diese Absicht auch bestehen. Letzter Tage wurde vor dem Bahnhof der Devise:Mehr Licht!" gehuldigt, insofern daselbst ein Laternenstock auf­gestellt wurde. Solchen Fortschritt kann man sich ebenfalls gefallen lassen. Die Farren- schau-Behörde für den Bezirk Nagold ist pr. 1. Mai 1892 bis 30. April 1895 in folgender Weise zusammengesetzt: Vorstand: Oberamts­tierarzt Wallraff, Nagold; Stellvertreter: Tier­arzt Bühler, AUcnsteig; Mitglieder: Oekonom Rueff, Sptelberg, Oekonom Bihler, Gültlingen; Stellvertreter: Oekonom Dürr, Sulz, Pflugwirt Gutckunst Nagold. Zufolge Allerhöchster An­ordnung wird die kirchliche Feier des Geburts­festes I. M. der Königin am Tage des Geburts­festes selbst, den 10. Oktober, stattfinden.

* Alten steig, 30. Sept. Nachdem die Schwalben uns verlassen, kann man täglich

könig festgebannte Katarakte, quellen aus Spalten und Schluchten Glet­scher hervor, über die sich in lebendigen Kaskaden die Schmelzwasser stürzen; breite Wasseradern um die Mittagszeit, schwächer und schwächer werdende Bäche, wenn gegen Abend die Sonne ihre Kraft verliert, bis endlich die Kälte das muntere Geplätscher in Eisfesseln schlägt und während der Nacht Ruhe und Schweigen überall da erzwingt, wo nicht wirkliche, tiefer aus dem Binnenlande kommende Flüsse rauschend und tosend sich in die See ergießen.

Rechts und links' von den großen Zentralfjorden zweigen sich kleinere ab; manche nur Einbuchtungen, kurzen Sackgäßchen vergleichbar; andere lange, vielfach gewundene Kanäle, die die Hauptwasserstraßen mit­einander in Verbindung bringen.

Wer dieses Labyrinth durchschifft, dessen Blick ruht auf fortwäh­rend wechselnden Landschastsbilderu, aber der Wechsel ist immer nur ein kaleidoskopischer, kein radikaler; immer sind's die gleichen, nicht sehr- mannigfachen Grundstoffe und Formen, die, abhängig von dem jeweiligen Standpunkte des Beschauers, in den sonderbarsten Kombinationen in- und durcheinander geschoben werden. Neberall dieselben Kanäle, dieselben Bergwälle mit ihren Schneekappen und Gletschern, dieselben Fichten- und Birkenwälder auf dem saftgrünen, den Boden dicht bedeckenden Teppiche der Heidelbeerbüsche. Die rechtwinkelig zur Küste einschneidenden Längs­fjorde stehen den vorherrschenden Westwinden offen; wenn die da hinein blasen, treiben sie schaumgekrönte Wellen vor sich her, jagen sie wild durcheinander und bringen Bewegung und Leben in die Landschaft. Da­von aber werden die wohlgeschützten Querkanäle nicht berührt; auf ihren kaum je von einem leichten Kräuseln bewegten Spiegelflächen erscheinen die Bilder der Uferszenerie fast ununterbrochen in wunderbarer Klarheit. Ob auch hoch oben über den Kämmen der gigantischen Felswände die Wolken in rasendem Fluge vorübereileu und weit draußen die Brandung

donnert, hier drinnen regt sich kein Lüftchen; Ruhe, Stille und Friede lagert über Land und Wasser.

Wie die Fjorden entstanden sind, darüber gehen, glaube ich, die Meinungen noch auseinander. Mir erscheint die Oberfläche Norwegens wie eine plötzlich von den vulkanischen Gewalten glühend aus dem Erd- innern hervorgestoßene Gesteinmasse, die während des Abkühlungspro- zesfes in tausend Risse und Spalten, kreuz und quer auseinander ge­borsten ist. Die Klüfte mögen sich dann in späteren geologischen Pe­rioden abwechselnd mit Meerwasser und Eis gefüllt haben und oberhalb der heute noch deutlich sichtbaren Grenzen, bis zu denen die Füllungen reichte, ist der unbedeckte Fels durch Jahrhundertt-msende den atmo­sphärischen Einflüssen, den Wind- und Regenstürmen ausgesetzt gewesen, j

Ein derartig gestaltetes Land zu bereisen, dazu braucht's einen I Dampfer, ein Fahrzeug, das in seinem Kessel die erforderlichen Winde mit sich führt und nicht wie eine Segeljacht von Poseidons Launen ab­hängig ist. Die Romantik des Jachtens erleidet dabei freilich eine

Einbuße; neben dem mit seinen schneeweißen graziösen Segeln, einem Schwane gleich, über die Wogen streichenden Schoner erscheint der schmuckeste Dampfer prosaisch. Aber der Schoner verlangt offenes Wasser, er muß Seeraum haben, soll er seine Fähigkeiten zur Geltung bringeu, in norwegische Fjorde paßt er nicht, wenigstens nicht als Ver­gnügungsboot. Eingeschlossen zwischen den hohen Bergwällen, kannst du in einem Segelboot wochenlang Herumtreiben, ohne recht vom Fleck zu kommen; in einer Dampfjacht verfolgst du deine Reise so sicher und bequem wie in dem auf Gummireifen über eine schöne Kunststraße rollen­den Wagen. Deine Jacht ist dein Haus, mit dem du, wie auf dem

Zaubert ppich sitzend, befördert wirst, wohin du willst.

(Fortsetzung ! folgt.)