* München, 29. Sept. Beide städtische Kollegien genehmigten zur Unterstützung für die Armen Hamburgs 6000 Mk.
* Montag abend versuchte in Chemnitz ein 16jährtger Buchbinderlehrling die Frau seines Meisters zu erdrosseln und legte dann Hand an sich selbst. Beide Anschläge mißlangen; der Thäter ist verhaftet.
* Steinau a. d. Oder, 28. Sept. Bei einer in vergangener Nacht in Tauer auZge- brochenen Feuersbrunst, welche die Dyrsche Besitzung zerstörte, kamen die Frau des Besitzers .und deren Schwester in den Flammen um.
* Berlin, 26. Sept. Kaiser Franz Joseph wurde gebeten, die Patenstelle bei der jüngstge- Hornen Prinzessin zu übernehmen, ebenso der König und die Königin von Württemberg.
* Berlin, 29. Sept. Der Bau einer katholischen Ludwigsktrche in Berlin zum Andenken Windthorsts ist laut Germ, gesichert; der Bauplatz ist bereits erworben.
* Wilhelmshafen, 28. Sept. Auf dem Torpedoboot „v 5* verbrühten heute vormittag infolge einer Kcsselsprengung vier Mann aufs schwerste. Maschinist Meyer und zwei Heizer find bereits ihren Verletzungen erlegen.
* Trier, 27. Sept. Gegen das Urteil im Prozeß Reicherd wegen Beschimpfung des Trierer Rocks legten die Angeklagten Revision beim Reichsgericht ein.
* Hamburg, 27. Sept. Der Gesundheitszustand weist auch heute eine kleine Abnahme der Erkrankungen und Todesfälle auf.
* Das Schicksal einer aus Hamburg nach Wismar geflüchteten Familie erregt in weiten Kreisen Teilnahme. In den letzten Augusttagen kam eine Frau Meyer aus Hamburg in Wismar an und fand mit ihren vier Kindern Aufnahme bei ihren betagten Eltern. Nach drei Tagen waren der Vater, Eisenbahnarbeiter Kamp, die alte Mutter und zwei Kinder an der Cholera erkrankt. Die beiden Kinder und der Großvater stalben, die alte Großmutter liegt noch an Cho- leratyphoid schwerkrank im Cholera - Lazaret, während die Frau Meyer selbst nur leicht erkrankte und nach sechs Tagen aus der Beobachtungs-Baracke entlassen werden konnte. Am Freitag abend kam ihr Gatte von Hamburg an — er war in Hamburg als Leichenträger beschäftigt gewesen — und mußte sich vom Bahnhof aus, ohne seine Frau vorläufig anders als von weitem begrüßen zu dürfen, in das Gebäude der alten Stadtschule begeben, wo er, um die vorgeschriebene Quarantäne durchzumachen, in
einem Zimmer des ersten Stockwerks untergebracht wurde. Hier versuchte er den Quarantänewärter durch Angebot eines Thalers zu bewegen, ihn frei zu lassen, welchem Ansinnen natürlich nicht entsprochen wurde. In der Nacht gegen 1 Uhr öffnete Meyer ein Fenster und suchte mit Hilfe einer abgerissenen Rouleaux- schnur zu entfliehen. Die Schnur riß, Meyer stürzte auf das Pflaster, brach das Genick und war auf der Stelle tot. Die arme Frau, die jetzt mit ihren zwei verbliebenen Kindern in der Wohnung der Mutter allein ist, hat in wenigen Wochen eine furchtbare Leidens-Geschichte erleben müssen.
Ausländisches.
* Paris, 28. Sept. Die ,Rep. fr/ »er-- öffentlicht einen öffiziösen Artikel, worin sie die Vertragsmächte auffordert, den Congostaat daran zu erinnern, daß er lediglich von Europa geschaffen sei, damit er allen Nationen den Handel im Congobecken eröffne. Es sei die höchste Zeit, daß der Congostaat an seine Pflichten gemahnt werde.
* Amsterdam, 29. Sept. Der Minister des Innern macht bekannt, daß in vergangener Woche in den Niederlanden 23 Cholerafälle vorgekommen sind.
* London, 28. Septbr. Der Konsul von Mozambique meldet, eine portugiesische Schaluppe mit einem Teil der Forschungsexpedition unter Führung Vivyians sei im Juli an einer Sandbank im Flusse Moma gescheitert. Alle Insassen, ausgenommen der Engländer Gardner, seien ertrunken. Unter den Toten befinden sich die Deutschen Hasselbach, Herz, Renner, Fritz Homann.
* London, 29. Sept. Die Times meldet, der Sultan sei durch die russische Note (in der wegen des Empfangs Stambulows Beschwerde geführt war) schwer verletzt, er werde in der Antwortnote sein Recht betonen, seine Unter- thanen wie ihm beliebe zu regieren, russische Einmischung und Ratschläge kurz abweisen. — Der Swet erklärt, Rußland werde den etwaigen Empfang des Koburgers durch den Sultan als offenen Bruch des Berliner Vertrags ansehen.
* Rostow am Don, 28. Sept. In der Nacht des 26. September überfiel eine bewaffnete Bande von 15 Mann bei der Station Kono- kowo den nach Rostow fahrenden Zug, überwältigte das Stationszugspersonal, verwundete und beraubte den im Zug befindlichen Eisenbahnkassenboten um 5000 Rubel und verwundete
ferner den zweiten Maschinisten, sowie einer: Techniker. Der Kaffenbote erlag seinen Wunden.
Handel und Verkehr.
* Calw, 28. Sept. Biehmarkt. Der heutige Markt war von vielen Händlern besucht, wodurch sich bald ein lebhafter Handel entwickelte. Die Preise neigten eher zum Steigen als zum Sinken. Obwohl der Markt von der Waldseite wegen herrschender Klauenseuche schwach befahren werden konnte, waren doch 690 Stück Rindvieh zugebracht. Schweine fanden ebenfalls guten Absatz; es wurden erlöst für Milchschweine 20—30 Mk., für Läufer 40-80 Mark pro Paar. Zufuhr von elfteren 75 Körbe, von letzterem nur 5 Stück. Pferdehandel flau. - * Stuttgart, 29. Sept. Kartoffelmarkt am Leonhardsplatz: Zufuhr 600 Zentner, Preis per Zentner 2 Mk. bis 2 Mk. 80 Pf. Kraut- markt: Zufuhr 2200 Stück Filderkraut, 16 bis 18 Mark per 100 Stück.
* (Ob st preise vom 26.-29. Septbr.) Auf dem Bahnhof in Nagold wurden 4 Mk. 80 Pfg. bis 5 Mk., in Kirchheim u. T. 5 Mk. bis 5 Mk. 40 Pfg. für den Ztr. bezahlt. Auf dem Güterbahnhof in Stuttgart waren 15 Waggon aus der Schweiz und2 Waggon aus Hessen zugeführt. Preis schweizerisches per Waggon 700 bis 800 Mk., das andere 900—1000 Mk , per Ztr. 4 Mk. bis 4 Mk. 30 Pf. und 5 Mk. bis 5 Mk. 20 Pf. Auf dem Wilhelmspatz waren 1800 Ztr. zugeführt. Preis für württem- bergisches 6 Mk. bis 6 Mk. 20 Pf., für nicht- württembergisches 4 Mk. 50 Pf. bis 4 Mk. 80 Pf. per Zentner.
* (Weinpreise vom 26. — 28. Septbr.) Es wurden Weinkäufe abgeschlossen in Cleebronn zu 140—150 Mk. per 3 Hektol., in Marbach zu 115—120 Mk. per Eimer. In Deidesheim wurden 16—17 Mk. 50 Pfg., in Wachenheim 15—16 Mk. 25 Pfg. für je 40 Liter Portugieser bezahlt.
* (Hopfenberichte vom 26.—27. Sept.) In Nagold fanden Verkäufe zu 130, 135 und 140 Mk. per Zentner statt. In Gärt- ringen wurden für prima Hopfen 145 Mk. pr. Ztr. bezahlt. JnSindelfingen wurden Käufe abgeschlossen zu 115—125 Mk. nebst Trinkgeld. In Tübingen wurden 145 Mk. für Prima-Qualität bezahlt. In Reutlingen wurden größere Posten zum Preis von 112 und 115 der Ztr., ohne Trinkgeld aufgekauft.
Verantwortlicher Redakteur: W. Kieker, Wensteiz.
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