bulach die Rechnung ohne die Altbulacher Pumpmaschine gemacht hat. Diese liefert nämlich so wenig Wasser, daß ins Reservoir gar nichts kommt und sogar der früher vorhandene Wasservorrat, den die Neubulacher Maschine heraufpumpte, größtenteils von der Leitung Altbulachs verschlungen wurde, so daß der Hochbehälter jetzt leer steht. Man nahm nun an, die „Stollenquelle" reiche nicht aus (das Pumpwerk braucht zum Betrieb und liefert nur V-„ Wasser), weshalb die Gemeinde Altbulach noch einen Teil des Ziegelbachwassers zum Pumpwerk leitete, samt eine größere Quantität Wasser zu Berge gefördert würde, allein vergeblich. Allem Anschein nach rührt der Mißstand davon her, daß das Wasser von der Quellfassung bis zum Pumpwerk zu wenig Gefäll bat, um den nötigen Druck auszuüben. Die Neubulacher wären nun froh, wenn sie ihres Vertrags mit Altbulach ledig wären.
* Rottweil, 22. Sept. Die Stiefmutter des nach vielen Mißhandlungen kürzlich gestorbenen 5jährigen Mädchens des Kronenwirts von Freudenstadt wurde in die Untersuchungshaft vorige Woche hieher etngeliefert. Gestern wurde sie im Krankenhause von 2 Knaben entbunden.
* Stuttgart, 22. Sept. Vor der Strafkammer standen heute nachmittag die wegen Diebstahls bezw. Hehlerei Angeklagten Mälzer Endriß und Konditor Hoflieferant Rivinius von Ludwigsburg. E., Mälzer in der Aktienbrauerei in L., ist beschuldigt, seit etwa 2 Jahren seiner Brauerei ein größeres Quantum Gerste und Malz entwendet und solches R. überliefert zu haben, welcher die Frucht als Hühnerfutter benützte. R. belohnte hiefür E. mit verschiedenerlei Präsenten. E. wurde zu 4 Monaten, R. zu 6 Monaten Gefängnis, je mit Zjährigem Ehrverlust, verurteilt.
* Ulm, 22. Sept. (Rede des Ministers v. Schmid.) Eine bemerkenswerte Stelle in der gestrigen Rede des Staatsministers des Innern v. Schmid lautet: „Seine Majestät ist mit voller Kraft bemüht, eine gleiche Förderung aller Hauptzweige des wirtschaftlichen Lebens, insonderheit von Gewerbe und Landwirtschaft zu bewirken. Namentlich hält der König seine schützende Hand auch über das hochzuschätzende Handwerk. Klar und bestimmt sind die hierin vorgezeichneten großen Rechte und Zielpunkte. Die Freiheit der Bewegung im Gewerbe ist, wie die Entwicklung sich nun einmal gestaltet hat, dessen eigenster Lebensnerv, was nicht ausschließt, daß schädigende Auswüchse, soweit dies noch nicht geschehen, beschnitten werden. Dagegen ist eine Verbesserung der Organisation, insonderheit des Handwerkes zur aktuellen Vertretung seiner Interessen anzustreben und wohl auch ln nicht allzu ferner Zeit zu erreichen. Gemeinsame Arbeit thut not und ein kräftiges Zusammenwirken zwischen der Regierung und den Interessenten, gleichmäßig frei von sehnsüchtigen Rückblicken auf vergangene und nie wiederkehrende Zustände wie von sehnsüchtigen
Ausblicken auf eine utopistische Entwickelung der Zukunft."
* (Verschiedenes.) In der Nacht von Mittwoch auf Donnerstag brannten in Nellingen 2 Scheuern nieder. Brandstiftung wird vermutet. — In Schwenningen ist die Zündholzfabrtk von Gebrüder Jauch abgebrannt. — In Ebersthal, wo die Diph- theritts schon in diesem Frühjahr zahlreiche Opfer forderte, ist sie mit neuer Heftigkeit ausgebrochen, so daß die Schulen geschlossen werden mußten.
* Karlsruhe, 22. Sept. Ein eigenartiger Fahrgast reiste vorgestern früh von hier nach Basel zurück. Das etwa 8jährige Söhnchen des Maurers Keller aus Basel soll in der Nähe von in einem Sackgeleise aufgestellten Eisenbahnwagen mit noch anderen Kindern „Versteckens" gespielt haben. Der kleine Keller verschlupfte sich in ein in einem Packwagen sich befindliches Wandkästchen, wo es ihm so wohl behagte, daß er einschlief. Der Packwagen wurde später in den Nachtschnellzug 16 eingestellt und der kleine Schwerenöter, dessen rätselhaftes Verschwinden seine Eltern in keine geringe Unruhe versetzt hat, wäre schließlich bis Frankfurt gelangt, wenn nicht zufällig in Karlsruhe das Kästchen aufgesprungen wäre und der Schaffner den Kleinen, der immer noch ruhig schlief, bemerkt hätte. Mit dem nächsten Personenzuge wurde der Kleine nach Basel seinen Eltern zurückgeschickt.
* Berlin, 23. Sept. Der „Reichsanzeiger" veröffentlicht ein Handschreiben des Kaisers an den Reichskanzler, worin es heißt: „Aus zahlreichen telegraphischen und schriftlichen Segens- Wünschen, die mir aus Anlaß der Geburt einer Prinzessin zugegangen sind, habe ich mit lebhafter Freude ersehen, welcher herzlichen Teilnahme das durch Gottes Gnade uns beschienene Familienglück in allen Kreisen des engeren und wetteren Vaterlandes begegnet. Mögen alle, die mir bet dieser Gelegenheit so liebevolle Aufmerksamkeit erwiesen haben, meines aufrichtigen Dankes versichert sein.
"Berlin, 24. Sept. Das „Tageblatt" meldet aus Hamburg: Zur Befferung der sanitären Verhältnisse werde die Niederlegung des Gängeviertels ernstlich erwogen.
* Berlin. Ein interessantes volkstümliches Unternehmen beabsichtigt der Große Berliner Handwerkerverein ins Leben zu rufen. Er geht nämlich mit dem Plane um, die ersten Versuche zur Organisation einer Handwerker-Universität zu machen, die sich an die aus drei Unterrichtsstufen bestehende Fortbildungsschule anschließen soll.
* Die Sedanfeier hat in ganz Deutschland von Anfang an einen durchaus friedfertigen Charakter gehabt. Ueberall kommt an diesem Nationalfeste die Freude an der Wieder- aufrichtung des Deutschen Reiches und die Hoffnung und der Wunsch, daß der Frieden erhalten werden möge, zum lebhaften Ausdruck.
Wohl des Vaterlandes werde für ihn stets die oberste Richtschnur bilden. Die Versammlung war von hier und den Orten der Umgebung sehr zahlreich besucht.
-r. Alten steig, 24. Sept. Beim Graben einer Brunnenleitung in der obern Stadt stießen die Grabarbeiter ganz in der Nähe der Kirche auf ein kellerartiges Gewölbe, das 5 m lang und 4 in breit und weiß ausgetüncht ist. Von dem Gewölbe aus führt ein unterirdischer Gang zum alten Schloßgebäude und ein anderer thalabwärts zur Schill'schen Mühle.
-r. Spielberg, 26. Sept. Gestern nachmittag erfreute uns der Musikverein Pfalzgrafenweiler mit einem Besuch. Der Verein hat sich gebildet unter der Vorstandschast des Hrn. Fetzer, Dampfsägmühlebesttzer und der Direktion des Hrn. Lehrer Hebsacker. Es wurden gespielt eine 1. und eine 2. Geige, Flöte, Viola, Cello, Contrabaß. Der Verein, der sich alle Mühe giebl und viel Zeit zu Uebungen aufopfert, wird in löblicher Weise von der Gemeinde unterstützt, welche auch sämtliche Instrumente angeschafft hat. Neben eigener Ausbildung macht sich der Musikverein noch die Aufgabe, Zöglinge heranzubilden, welche später eine Blechkapelle bilden sollen. Heute führte uns der Verein ein Programm mit 14 Numern vor: Märsche, Tänze, Arien, Potpourri ec., auch die Waldaudacht von Abt. Der Verein leistete namentl. in Anbe tracht seines kurzen Bestehens wirklich Schö ies; er erntete auch reichliche Anerkennung.
* Die große Trockenheit dieses Sommers zwingt manche Gemeinde, sich nach einer genügenden Wasserleitung umzusehen. So soll auch nach Grömbach das Wasser aus einem nahen Thal hinaufgeschaft werden und zwar diesmal nicht nach dem Kröber'schen System, sondern mit einer Windmühle. Ein Techniker aus Bayern hat sich anheischig gemacht, die Gemeinde auf diese Weise hinlänglich mit Wasser zu versorgen. Da die Luft in dem hoch und frei gelegenen Grömbach häufig bewegt ist und die Kosten im Verhältnis mit anderen Systemen geringe wären, so hat das Projekt manches für sich, zumal auch im bayrischen Hochlande gute Erfolge erzielt worden seien.
* Neu bulach, 22. Septbr. Infolge der großen Trockenheit des verflossenen Sommers beginnt auf unserer Höhe Wassermangel einzutreten, und unsere Wasserleitung, die seit ihrer Anlage im Jahre 1888 sich aufs beste bewährt hat, versagt zeitweise ihre Dienste, sofern sie mit täglich 22,400 Liter nicht mehr genügend Wasser.liefert. Damit ein etwa eintretender Waffermangel gedeckt werden könnte, überließ die hiesige Gemeinde der Nachbargemeinde Altbulach zu ihrer Wasserleitung die aus dem ehemaligen Wilhelmsstollen kommende, sehr starke Quelle unentgeltlich unter der Bedingung, daß die Altbulacher Leitung in das hiesige Reservoir gerichtet und dieses somit beiden Gemeinden dienen würde. Wie schon früher mitgeteilt, ist das auch geschehen; aber nun zeigt sich's, daß Neu
Der falsche Graf. ^-4^ Eb-re».)
(Kriminal-Roman von Karl Schmeling.)
(Fortsetzung.)
„Ja so," meinte der Minister, „wenn es sich nur um Verheimlichung der Adoption handelt und der Graf früher ein rechtschaffener Mann gewesen, soll nichts geschehen. Hat er jedoch Verbrechen begangen, namentlich dadurch seine Stellung erworben, soll die Gerechtigkeit ihren Lauf haben."
„Das klingt schon anders und giebt mir freie Hand, Exzellenz."
„Was gedenkt Ihr zu thun?"
„Was Exzellenz befehlen; es giebt nämlich, meiner Ansicht nach zwei Wege, die eingeschlagen werden können. Diplomatische Erkundigungen und Verhaftung nachher; jene machen jedoch die Angelegenheit vielleicht zu früh bekannt und verscheuchen uns den bereits gewarnten Verbrecher."
„Dies könnte sein — doch der andere Weg?"
„Sofortige Verhaftung und spätere Erkundigungen; ich rechne aber darauf, daß der öffentliche Wandel uns eher an das Ziel bringt, als jene; der Staatsprokurator muß auch seinen Teil thun."
„Aber, wenn nun alles Irrtum wäre; wenn nichts bewiesen werden könnte?"
„Dann geht der Graf gereinigt aus dem Fegfeuer hervor, und Exzellenz — jagen mich zu allen Teufeln!"
„Na — das thäte ich nicht gern."
„Ich meine auch nur, Exzellenz, um mich ein Jahr später wieder anzustellen."
„Ja so; nun das läßt sich hören, Ihr handelt also ohne Befehl, auf eigene Verantwortung."
„Nur so, Exzellenz?"
„Gut denn; Spektakel genug wird der Fall übrigens veranlassen?"
„Ich meine auch; ich darf mich unterthänigst empfehlen, Exzellenz."
„Ja, geht nur — gute Verrichtung!"
Vidocq verließ jetzt schnellen Schrittes seinen hohen Chef, der ihm kopfschüttelnd nachblickte.
Der Kommissar begab sich ohne Aufenthalt in seine Wohnung zurück, beorderte zwei seiner besten Agenten und war nach einer Stunde schon mit ihnen auf dem Wege nach Orleans.
Vierundzwanzig Stunden später trafen die drei Männer in d'Er- ville ein, wo sie Quartier in dem Gasthause nahmen, das Vidocq und Bennoit schon benutzt hatten.
Dort trafen sie auch den früher bereits abgeschickten Agenten, der seinem Chef meldete, daß der Graf anwesend sei.
Vidocq nahm sich nur so viel Zeit, ein wenig zu genießen und seine Kleider reinigen zu lassen; dann wies er seinen Leuten ihre Posten an und schickte sie voraus; er selbst folgte einige Minuten später und begab sich direkt in das Schloß.
Man kann sich leicht denken, welcher Art die Stimmung des angeblich gräflichen Paares in den zuletzt verflossenen Tagen gewesen sein mußte. Mehrmals schon hatte Gilbert zu Julie geäußert, daß er nach Paris zurückgehen möchte.
Julie äußerte dazu nichts; was sollte sie auch sagen, ihre frühere Aengstlichkeit hatte sich ohnehin schon dem fonst so siegesgewissen Gilbert mitgeteilt.
Unter solchen Umständen ward abermals eine Karte des Barons , Seemann abgegeben.
„Ah!" sagte Gilbert zu Julie, als Jean sich entfernt hatte, „nun werden wir sehen."