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Dienstag den 27. Seplvr.

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1892.

Amtliches.

ll ebertragen wurde die Schulstelle in Freuden­stein, Bez. Knittlingen, dem SLullehrer Barner in Garr- weiler.

Gestorben: Privatier Krauß, Stuttgart; Kaufmann Vetter, Stuttgart.

D Der alte Kosiuth,

-er am 19. d. seinen neunzigsten Geburtstag feierte, ist heute noch der populärste Mann in Ungcnn, obwohl er dort nicht eine einzige Partei mehr für sich hat. Fast sämtliche Städte Un­garns, soweit sie dies nicht schon gethan, haben ihm zu seinem 90. Geburtstag ihre Ehrenbürger­briefe zustellen lassen und selbst die Hauptstadt Budapest, die erst vor kurzem (zur Feier des 25. Jahrestages seiner Krönung zumKönige von Ungarn") dem Kaiser Franz Joseph so begeisterte Huldigungen dargebrächt hat, ernannte mit großer Mehrheit Kossuth zu ihrem Ehren­bürger.

Kossuths Name weckt die Erinnerung an eine wildbewegte Vergangenheit. Die Stürme, die imtollen Jahre" 1848 von Paris aus- gingen, zogen über Deutschland, Italien und Oesterreich hin und erweckten auch in de« Un­garn das Verlangen nach Wiederherstellung ihrer alten Unabhängigkeit, die sie zu gunsten der habsburgischcn Hausmacht hatten opfern müssen. Es kam zu blutigen Kämpfen, in denen die Ungarn Sieger blieben. Die österreichischen Truppen unterlagen bei Schwechat, Gödöllö. Waitzen, Nagy-Sarlo, Komorn, und Görgeis, Klapkas und Kossuths Namen wurden damals in ganz Europa genannt. Die Ungarn hätten auch zweiffcllos ihr Z el erreicht, wenn ihnen die Russen nicht in den Arm gefallen wären. Görgci mußte sich ihnen am 13. August 1849 bet Vtlagos mit seiner ganzen Armee ergeben; an seinen Namen haftete sich das Schandmal des Verrats ob mit Recht oder Unrecht, ist heute noch nicht erwiesen; dagegen wurden auch in den Zeiten der schwersten Reaktion, die nun in Ungarn folgten, die Namen Klapkas und vor allem Kossuths hoch in Ehren gehalten.

ztossuth wurde nach dem Zusammenbruch des ungarischen Aufstandes anderthalb Jahre lang gefangen gehalten, ging dann nach Eng­land und lebt seitdem, obwohl längst amnestiert, in Turin. (Klapka ist vor wenigen Monaten gestorben; Görgei lebt seit 1868 zurückgezogen aüf einem Gute bei Visegrad in Ungarn.) In seiner freiwilligen Verbannung zieht Kossuth mit Festigkeit die Folgerungen aus seinem früheren politischen Auftreten. Er hatte, im Vollbesitz der Gewalt, am 14. April 1849 die habsburgische Dynastie des ungarischen Thrones für verlustig erklärt und erkennt heute noch nicht den staatsrechtlichen Zustand der Verhältnisse seines Vaterlandes an; er betrachtet sich nicht als Unterthan des Kaisers und Königs Franz Joseph und lebt darum freiwillig in der Ver­bannung, wie er auch sein ungarisches Heimats- rccht hat verfallen lassen. Sich dieses zu retten, wäre für ihn ein Leichtes gewesen; er hätte nur eine formelle Erklärung vor einer ungarischen Behörde abzugeben brauchen; er verweigerte dies aber.

Eine kleine Partei in Ungarn, die äußerste Opposition, deckt sich zwar noch mit Kossuths Namen, Kossuth selbst aber verleugnet sie. Wie Parnell lange Zeit hindurch der ungekrönte König von Irland genannt wurde, so heißt Kossuth heute noch derungekrönte König von Ungarn" und zu seiner 90. Geburtstagsfeier

gab es in Ungarn keinen Partei-Unterschied; wenigstens hat sich keine Stimme gegen die nationale Kossuthfeier erhoben. Dieselben Un­garn, die im Juni dengekrönten" König Franz Joseph mit allgemeinen und herzlichen Huldigungen begrüßt haben, brachten am 19. d. demungekrönten König" in Turin ihre weitgehenden Huldigungen dar.

Seit 25 Jahren besteht der formelle Friedensschluß zwischen dem habsburgischen Kaiscrhause und Ungarn, derAusgleich". Un­garn ist ein selbstständiger Staat mit eigener Regierung und eigenem Parlamente geworden, und einer der 1849er Aufständischen, der da­mals zum Tode verurteilte Graf Julius An- drassy, erklomm sogar die höchste Stufe der gemeinsamen Beamtenhierarchie: er wurde öster­reichisch ungarischer Reichskanzler. Kossuth ver­urteilt dievergängliche Generation", die dem Ausgleich zugestimmt hat und verurteilt mithin auch die äußerste Linke.

Für die ungarische Regierung ist die im Herzen eines jeden Ungarn schlummernde Kossuth- Verehrung ein unbezahlbares Auskunftsmittel, wenn es sich einmal darum handelt, zuwcit- gehenden Ansprüchen des Wiener Hofes eni- gegenzutretcn. Die Ungarn sind das muß man ihnen lassen verfassungstreu und der habsburgischen Dynastie aufrichtig ergeben. Aber sie bewachen auch eifersüchtig ihre erworbenen Rechte und wenn diese irgendwie in Frage gestellt erscheinen, dann erklingt der Name des National- herus Kossuth öfter und lauter. Das weiß man in Wien und darauf richtet man sich ein.

Lav-esvachnchteu.

* Altensteig, 26. Scpt. Samstagabend hielt im Gasthaus zumgrünen Baum" unser ReichstagsabgeordneierHr. Landgerichtsrat Frhr. Wilhelm v. Gültlingen einen Vortrag über die letzte Reichstagssitzungsperiode. Nach­dem ihm Hr. Holzhändler Maier sen. das Wort erteilt hatte, betonte der Hr. Rcichstags- abg. zunächst, daß die letzte Sitzungsperiode, welche in 3 Tagungsabschnitte zerfalle, eine un­gewöhnlich lange und arbeitsreiche gewesen sei. Im ganzen waren 47 Gesetzentwürfe eingebracht worden, von denen 41 ihre Erledigung fanden, während 6 unerledigt blieben. Auch über 23 Verträge und 64 Anträge rc. war Beratung zu pflegen. Hiezu waren ca. 270 Plenarsitzungen nötig und je eine noch größere Zahl Kommis- sions- und Fraktionssitzungen. Nahezu 59,000 Petitionen zumeist solche für und gegen das Je­suttengesetz gingen dem Reichstage zu. Die erste und wichtgste Beratung bildeten die mit Oester­reich, Italien, Belgien und später mit der Schweiz abgeschlossenen Handelsverträge. Der Abg. verbreitete sich über dieselben sehr eingehend und legte überzeugend den Grund dar, welche deren Abschluß bedingten. Die meisten Verträge mit den europ. Staaten liefen ab, es machte sich bei denselben eine überaus schädigende Ab­schließungspolitik bemerkbar, und ein heftiger Zollkrieg wäre unausbleiblich gewesen. Man wollte nun diesem Abschließen Vorbeugen und sich einen bestimmenden Einfluß auf die Zollpolitik sichern. Wenn das gelinge, sei das gebrachte Opfer angezeigt. Jetzt schon ein abschließendes Urteil über den Wert der Verträge zu fällen, sei ein Ding der Unmöglichkeit. Die stattge­fundene Zollermäßigung bedeute kein Verlassen des Schutzzollsystems und in der Hauptsache sei daran festgehalten worden, der nationalen Ar­beit zweckmäßigen Schutz zu sichern. Durch die

Verträge seien sichere und dauernde Verhältnisse geschaffen worden, und mgn habe durch sie die Gewähr, daß eine weitere Zollherabsetzung nicht stattfinde. Bedauerlich sei, daß die Verträge vom Reichstag, der sich in einer Zwangslage befunden habe, mit zu großer Eile beraten wer­den mußten. Nächste Beratungsgegenstände wa­ren und fanden Erledigung: Das Uebereinkommen mit Oesterreich, betr. des Patent-, Muster- und Markenschutzes, das Gesetz über die Zollbefrei­ung resp. Ermäßigung gegenüber den nicht meist­begünstigten Staaten (Spanien, Amerika); das Uebereinkommen über den Schutz der Urheber­rechte mit Amerika, das deutsch-englische Ueber­einkommen betr. der Insel Helgoland, das Gesetz über den Paßzwang in Elsaß-Lothringen, das Weingesetz, das Tetegraphengesetz, die Revision des Aktiengesetzes, das Krankenkassengesetz rc., wie auch mehrere Anträge aus der Mitte des Reichstags. Von diesen hob der Abg. besonders den vom Reichstag angenommenen Antrag Rich­ter hervor, in welchem die Regierung aufgefordert wurde, ein Gesetz vorzulegen, in welchem geeignete Vorkehrungen gegen die Soldatenmißhandlungen getroffen werden. Diesem Antrag hat auch der Hr. Abg. zugestimmt. Das noch bestehende ge­heime Militärgerichtsverfahren bezetchnete Redner als unzeitgemäß u. hält es für dringend erforder­lich, daß die bayrische öffentl.Militärgerichtsbarkeit im ganzen Reiche zur Einführung komme. Der Hr. Abg. nahm Anlaß sich gegen die Gesetzgebungs­sucht auszusprechen; für den vom Reichstag an­genommenen Antrag auf Gewährung von Diäten an die Reichstagsabgg. kann er sich nicht erwär­men, da er befürchtet, cs könnte durch deien Ge­währung das allgemeine Wahlrecht gefährdet werden. Abgelehnt wurde vom Reichstag das Ge­setz betr. der Immunität der Abgg., da sich hier Wandel durch Abänderung der Geschäftsordnung des Reichstags schaffen laste. Nicht zur Be­ratung kamen der Trunksuchtsgesetzentwurf, der Gesetzentwurf über Bekämpfung der Unsittlich­keit u. a. m. Schließlich verbreitete sich der Abg. über den zum Gesetz erhobenen Gesetzentwurf betr. der Entschädigung der zu militärischen Uebungen einberusenen Rerservistcn u. Landwehrleute. Der Abg. hat demselben nicht zugestimmt und ist des­wegen heftig angegriffen worden. Er hielt die Be­stimmung über Festsetzung der Entschädigungsbe- träge, welche nach Prozenten desortsüblichen Tagc- lohns zu erfolgen hat, als keine gerechte Grundlage, da die ortsüblichen Tagelöhne in den einzelnen Bezirken des Reiches ganz verschiedene sind. So komme z. B. ein Bezugsberechtigter schlecht weg in einem Bezirk, wo der ortsübliche Tage­lohn 80 Pf. beträgt, gegenüber einem, in desscnBe- zirk der orksübl. Tagelohn auf 2M. 50Pf. u.mehr festgesetzt ist. Es sei ein verbesserter Gesetzentwurf in Aussicht gestellt worden und das sei mit der Grund, weshalb er gegendas Gesetz gestimmt habe. Der Abg. verwendete sich für eine Besserstellung der Militärpenstonäre der unteren Klaffen, die sich noch über manche unerquickliche Verhältnisse zu beklagen hätten. Nachdem der Redner den Zuhörern den Dank für die erwiesene Aufmerk­samkeit ausgesprochen, griff Hr. Stadtpfarrer Hetterich zum Wort um in schwunghafter Ansprache die Verdienste des Hrn. Reichstags­abgeordneten zu feiern und ein 3saches Hoch aus ihn auszudrmgen. Dasselbe fand die leb­hafteste Aufnahme. Der Hr. Reichstagsabg. kam noch auf die in Aussicht stehende Militär- Vorlage zu sprechen, bezüglich welcher auf die Verteidigungsfähigkeit sowohl als auf den Steuer- beulel gleich sehr Rücksicht zu nehmen sei. Das

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