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schleudern. Was die Sämereien an langt, so werde« die Laudwirtsch. Darlehenskaffenvereine und Kreditvereine den Landwirte« wohl unter die Arme greife». Auch wird die Regierung für Frachtermäßigungen besorgt sein, wenn es nötig ist. Wenig geeignet erscheint mir im gegen­wärtigen Augenblick, daß staatliche Futtermittel beschafft werde«. Bezüglich der Ausgabe von Streu wird die Regierung Erleichterungen ein­trete» lasten. Die Regierung wird alle» tun, um den Landwirten zu helfe» (Bravo!) Ich möchte nur davor warnen, die Lage in der Oeffentlichkeit zu düster zu schildern. Hiedurch werden die Landwirte nur geschädigt und veran­laßt, vorzeitig zu Schleuderpreisen zu verkaufen, andererseits werde« die Preise für Futter etc. in die Höhe getrieben, wozu kein Grund vor­liegt. Finanzminister v. Geßler: Wir werde» an die Forfiämter Anweisungen ergehen laste» zu außerordentlicher Abgabe von Waldstre«. So­weit ein Bedürfnis vorhanden ist, soll Nadel-und Laubstreu zu angemestenen Preise» abgegeben werden. Gegen die im Antrag Keßler erwähnte unentgeltliche Abgabe liegen erhebliche Bederken vor. Neben der Waldstrru kommt noch Torf- fireu in Betracht. Auch Waldgras soll, soweit vorhanden, abgegeben werden. Es entspann sich eine längere Geschäftsordnungsdebatte über Zulassung eine» Antrags Keßler betr. die Streu- und Futternot. Der Antrag wird schließlich zu- grlaffeu und auch in die Besprechung eingezogrn. Augst (Vp.) Bei dem Ausbau von Sämereien sollte die Hilfsaktion rintreten. Man sollte im Bundesrat eine zeitweilige Aushebung der Mais­zölle erwirken. Keilbach (Z.): Da wo eine Notlage vorhanden ist, muß abgeholfcn werde». Die Hilfsaktion mvß geschehen durch die Ge­nossenschaften. Die Regierung könnte sich durch Gleichstellung der Frachtsätze für Mais ein Ver­dienst erwerben. Keßler (Z) begründet seinen Antrag. Hornung (Soz.): E» sind schon viele Laubreden hier im Hause gehalten worden, denen aber die Tat nicht nachgefolgt ist. Redner be­schwert sich darüber, daß bei Abgabe von Laub verlangt wurde, daß d?.". Abrechen de» Laubes nur durch städtische Arbeiter geschieht, wodurch das Laub verteuert wird. Schließlich wird zum Antrag Keßler ein Amendement Augst, Schock, Rrihling eingebracht, dem Antrag Keßler anzu- füge«, die vorübergehende Aufhebung der Futter­mittelzölle, insbesondere der Maiszölle, im Bundes- rat zu beantragen. Das Amendement wird mit 37 Ja gegen 35 Nein abgelehnt, da "/- Mehr­heit erforderlich ist. Für Aufhebung der Zölle hatten auch eine Anzahl Zentrumsabgeordnete gestimmt. Bantleon (D.P.): Man müsse bei Abgabe der Waldstreu wohl eiwa» zurückhalten, um nicht Schaden anzurichte» und dem Wald­

boden die Nahrung zu entziehe». Es ist dem Landwirt ganz gut möglich im gegenwärtigen Moment, mit dem ihm zur Verfügung stehenden Stroh sein Vieh durchzubringen, denn so schlimm ist die Lage noch nicht. Durch die heutigen Ver­handlungen werden nur die Preise für Streu und Futter in die Höhe getrieben. Dambacher (Ztr.) hat gern den Antrag des Abg. Keßler unterzeichnet, der sich auf Streu beschränkt. Von einer Not wie 1893 ist bi» jetzt keine Rede. Ich danke der Regierung für ihr wohlwollende» Entgegenkommen. Eventuelle« Gesuchen um Ab­gabe von Streu möchte möglichst entsprochen werde». Schließlich wurde ein Antrag der Volklpartei angenommen, wonach die Kammer die Erklärung der Regierung billigt, daß die erforderlichen Maßnahmen zur Behebung der Futter- und Streunot ringrleitet seien, und hofft, daß die Regierung die weiter in Aussicht gestellte« Maß­nahmen rechtzeitig einleiten werde. Alle andere Anträge wurden abgelehnt. Der Antrag auf Abänderung de» Diätengesetze» wurde in erster und zweiter Lesung ohne Debatte angenommen. Da» Haus setzte dann die Beratung über die Vereinfachung der StaatSwaltung fort. Minister v. Pischek rechtfertigte den Vorschlag der Denkschrift, mehrere Oberämter zusammenzulege». Die geplanten Maßnahmen würden auf Jahre verteilt und bei nächster Gelegenheit wieder rück­gängig gemacht, wen« sie beim Publikum keinen Anklang finden. Schließlich wurde über da» Lank eSverficherungsamt gesprochen. Morgen Fort­setzung und andere«.

Ludwigs bürg, 9. Aug. Die Klage über die höheren Fleischpreise ist hier wieder ein­mal zeitgemäßer den» je. Zwar haben auch die hiesigen Metzger neuerdings einen Abschlag ein­trete» lasten, aber trotzdem ist der Preis für Kalbfleisch noch 4 Pfg, für Ochsenfleisch 2 Pfg., und für Rindfleisch 1 Qualität 7 Pfg., höher als in Stuttgart. Beim Schweinefleisch ist hier keine Ermäßigung eingetreten, es kostet 6 bezw. 10 Pfg. mehr al» in der Residenz. Man findet hier absolut keine stichhaltigen Gründe für diese Preisdiffernz und in Konsumentenkreisen ist man höchst ungehalten über das Gebühren der Metzger. E« wird wieder lauter denn je ausgesprochen, daß die letzteren durch ihre hohe Preise sich schadlos halte» wollen für das. was ihnen bei ihren größeren Lieferungsgeschäften (Militär etc.) am Nutzen entgeht. Die Freie Fleischerinnung hielt es auf de« gegen sie gerichteten Vorwurf gar nicht für der Mühe wert, eine sachliche Er­widerung zu geben, sondern erklärte protzig, sie brauche ihre Fleischverkaufspreise nicht zu recht- fertigen. Ludwigsburg wird also auch weiterhin die Ehre gewahrt bleiben, unter den mittleren

Städten des Landes eines der teuerste« Pflaster des Lande» zu sein.

Besigheim 9. Aug. Der Stand unserer Weinberge ist in den Berglagea dem Jahr­gang entsprechend «och gut zu nennen und läßt einen Drittelherbst erhoffen. Auf der Ebene wurde der Ertrag durch die ungünstige Witterung während der Blütezeit allerdings stark reduziert. Von Krankheit ist weder an den Stöcken noch an den Trauben selbst etwa» zu entdecke«, nur wird beobachtet, daß einzelne Blätter infolge des Schwefeln» einen kleinen Brand aufwrise». Auch ist noch zu erwähnen, daß trotz de» starken Auftreten« des Heuwurms der Sauerwurm völlig ^verschwunden ist. Ein jetzt eintretenrr warmer Regen würde die Reife der Trauben derart fördern, daß man einen wohl selten so früh dageweseven Herbst erleben würde.

Niederstetten OA. Gerabronn 8. Aug. Zur Zeit kommen hier schon große Quantitäten neuen Getreide» zur Ablieferung. Die Qualität, besonders der Gerste ist ganz außer­ordentlich schwer und gut in Farbe und Geruch. Im Fruchthandel werden für Gerste und Weizen 10 Mk. pro Ztr. bezahlt.

Schussenried 9. Aug. (Seltsame Brandursache.) In den Feldern de» Zeller­hof« ging ins reife Getreide der Rest eines kleinen Heißluftballons nieder. Die Spiritus­flamme zündete die Frucht an. Zum Glück sahen e» auf dem Felde arbeitende Leute des Hofe» und löschten den Brand. Diese Ballon» find, wie auch der bekannte Fall von Buchau zeigt, nicht so harmlos, wie man annimmt.

Straßburg 8. Aug. Die außerordent­liche Trockenheit hat die Getreideernte so gefördert, daß sie in einem großen Teil de» Lande» beendet ist. Den Berichten der land­wirtschaftlichen Vertrauensmänner zufolge ist der Ertrag de» Winterweizrns, de» Winterroggen» und der Gerste im allgemeinen ein guter gewesen, Hafer ist zum Teil auch schon abgeerntet und wegen Notreife sehr leicht, auch dürftig im Stroh. Sehr geschadet hat die große Trockenheit de» Kartoffel». Sie find meist »och grün, aber frei von Krankheiten, brauchen aber baldigen und durchdringenden Regen. Klee und Luzerne haben nur eine» schwachen zweiten Schnitt er­geben. Die Wiesen sind vielfach abgebrannt und werden sehr geringe Oehmderträge ergeben. Tabak ist durch die Trockenheit im Wachstum zurückgeblieben, die Pflanzen find jedoch gesund und können da» Versäumte noch nachhole». Auch dem Hopfen war das heiße, trockene Wetter schädlich. Die Dürre verhinderte die Ausbildung der Seitentriebe, so daß »ach den derzeitigen

falle« und-und er könnte dann nicht wünschen-daß

Du-"

Sie brach ab, beschämt darüber, daß ihre bebende Angst, der fremde Mann könne ihr ihr Kind entfremde«, sich verraten hatte.

Assunta suchte sie zu beruhigen. Da» sei ja Unsinn, was sie da fürchte. Ferry würde sie lieben wie ein Sohn. Wer sollte den» sie, die Gute selbst, nicht lieben? Wie könnte irgend etwas auf Erden die Tochter je der Mutter entfremden?

Durch all ihre Worte klang trotz der Zärtlichkeit eine gewisse un­ruhige Ungeduld. Und endlich sagte sie es direkt heraus:Mußt nicht weinen, Mamatschi, siehst Du, Ferry, kann solche Sentimentalitäten nicht leiden. Er meint immer, man erschwere sich da» Leben damit unnütz.

Mach' auch keine große» Worte, wenn er kommt-sei bloß recht

lustig, ja?"

Lustig?" Frau Lore blickte hilflos auf. Dann trocknete sie hastig die nasse» Augen.

Ja, Herzenskind. Alle», alles will ich tun für Dich! Auch lustig sei». Und da» wird schwer sei»! Wenn Du 'mal selber das Glück Deine» Kinde» in fremde Hände legen mußt, wirst Du'« vielleicht besser begreifen-"

Dann ging sie hinüber in ihre» Mannes Stube. Herr Fabrizius saß grollend am Fenster und wütete innerlich, daß seine gelähmte» Beine ihm nicht erlaubte«, auf und davon zu gehe», eheder Mensch" kam.

Sie hatten'« ihm zwar abgrschmeichelt mit Bitte» und Flehen, daß er nicht geradezu »ein sagte zu der verrückten Geschichte, aber gutheißen würde er sie nie. Niemals!

Er wußte schon ganz gut, was im Gruude dahinter steckte. Ihm konnten sie zehnmal vorplappern vonLiebe" und dem ausreichenden Einkommendieses Menschen", und daß er da» MA»el ohne einen Kreuzer Geld wolle, rein um ihrer selbst willen. Mit dem sollte man einem Mensche» wie ihm nur gar nicht kommen. Al» ob ei« vernünftiger Mensch

beim Heiraten nicht auf Geld sähe! Wäre auch nur in der Ordnung. Er selber hätte ja auch nicht geheiratet, wenn LoreS Eltern nicht eine« Batzen Geld im Hintergrund gehabt hätten. Freilich, er habe auch verstanden, mit diesem Gelds zu wirtschaften, es zu vermehren und festzuhalte». Und darum fiele es ihm auch nicht im Traume ein, so '»em hergelaufene« Menschen ohne akademische Bildung, sichere Stellung und Pensionsberechti­gung auch nur einen Heller davon zukommen zu lassen. Wenn er nur gesund wäre die Treppe schmisse ich de« Kerl hinab. Aber so-"

Mit zuckenden Lippen mußte Fra« Lore den oft gehörten Wortschwall noch in letzter Stunde über sich ergehen lassen. Ihr war das Herz zum Brechen schwer, und dieser Man», der Vater ihrer Kinder, sprach vom Gelde, nur vom Gelde-

Es war eine jener Stunden, da selbst ihre Geduld zu reißen drohte, und sie sich verzweifelt fragte, wie sie das dreißig Jahre lang habe er­tragen könne»?

Und da» sag' ich Dir, Lore", schloß Herr Fabrizius,daß du mir de« Mensche» unter keiner Bedingung da hrreivläßst! Macht drüben, was ihr wollt ich will ihn nicht sehen."

Aber Hans! Er wird doch unser Sohn! Assuntas Gatte!

Papperlapapp. Deswegen brauch' ich ihn doch nicht kennen zu lernen. Einen, der auf meine« Tod spekuliert!"

Wie darfst Du da» sagen! Hat Peter nicht gerade über den Geldpunkt auf Deine« Wunsch eingehend mit ihm gesprochen? Er will ja gar nicht» von uns, hat selber genug nur unser Kind-"

Verstellung. Glaube ich einfach nicht. Die vom Theater haben'« noch nie dick gehabt. Könne» ihr Lebtag nichts anderes al« verschwenden."

Frau Lore »ahm alle Kraft zusammen und versuchte es mit Güte.

Lieber Hans", sagte sie weich,mau soll nie urteilen, ohne zu kenne«. Sei vorsichtig meinelwege«, aber tu's Deinem Kinde zu lieb."

(Fortsetzung folgt.)