185. Amts- und AnMeblatt fiir dm Gberamtsbyirk Calw. 86. )chg»»,.
SrscheinungStage: M»ntag, Dienstag, Mittwoch, »onnerStag, Freitag und SamStag. JnsertionSpreit II Wsg. Pr» -eile für Stadt u. Bezirksorte; außer Bezirt 1» Psg.
Donnerstag, den 10. August 1911
Bezuggpr. i. d. Stadt >/^SHrl. m. DrLgerl. Mk. 1.LS. Postbezugrpr. s^d.vrts-u.NachbarortSverk. >/^LHrl. Mk. 1.20, im Fernverkehr Mk. 1.30. Bcstellg.in Württ.SO Pfg., in Bagern u. Reich SSPta-
Amtliche Vekanntnr<rch«ngs«.
Bekanntmachung.
Durch Allerhöchste Entschließung Sr. Majestät des Königs vom 8. Juli ds. IS. ist den nachstehend aufgeführten Personen die Medaille der König- Karl-Jubiläums-Stiftung verliehen worden:
1) Braun, Michael, Zigarrenmacher bei Heinrich
Hutten Nachfolger in Calw.
2) Schnürle, Maria geb. Luz, Weberin in den
Vereinigten Deckenfabrikcn in Calw,
3) Zeiler, Jakob, Waldarbeiter (Holzhauer
obmann) im Betriebe der Staatsforstverwaltung in Stammheim.
Calw, 9. August 1911.
K. Oberamt.
Amtmann Rippmann.
Tsgesnenigkeiteu.
* Calw 10. Aug. Der gestrige Abendhimmel gewährte einen prächtige» Anblick. Zahlreich waren die Sternschnuppen, die fielen und in der heiteren Nacht ein schönes und entzückende» Schauspiel boten. Diese Steru- schnuppenfällr kehren regelmäßig zwischen dem 9. und 12. August wieder. Sie kommen alle aus derselbe« Richtung her, die für unser» Standpunkt durch das schöne Sternbild de» Perseus bestimmt ist. Der Meteoritenschwarm der Prrseiden kann, da wir heiteres Wetter haben, an de« nächsten Abenden von 9 Uhr an beobachtet werden.
-X- Bad Liebenzell 9. Aug. Das großartige Kunstfeuerwerk, ausgeführt von dem Kgl. Hoffeuerwerker Fischer au» Cleebronn, lockte gestern abend eine große Zahl von Zuschauern in die festlich beleuchtete» König Wilhelm- Anlagen. Die Abendzüge brachte» viele Besucher I
von auswärts, sodaß der Park von nicht weniger als 1200 Personen besucht war. Außer der Wandelhalle war gestern abend auch der an Stelle de» abgebrannten BirkenhäuSchen erstellte Pavillon mit farbigen Glühbirnen geschmückt. Viel Spaß bereiteten die hier weilenden Heidelberger Schüler, die in morgenländischer Tracht mit Lampions feierlich durch die Anlagen zogen. Dieselben find in den hiesigen Schullokalen untergebracht. E» ist eine Freude, diese stattliche Schar junger Leute in militärischer Ordnung durch die Straße« ziehen zu sehen, hinaus in Feld und Wald zum Kriegsspiel, zum erfrischenden Bad in der Nagold, oder zu den Mahlzeiten unter die schattigen Bäume bei der Mühle von Karl Haisch. Man sieht es ihnen an, daß sie sich hier wohl fühlen und gewiß werden sie noch lange gern zurückdenken an die schönen Tage, die sie hier zubringen durften.
Wildbad 9. Aug. (Auch hier eine Enttäuschung.) Mit dem Besuche de» Luft- schiffes „Schwaben", der heute vormittag */-9 Uhr bestimmt über dem Sommerberg kreuzen sollte, scheint e« zu gehen, wie am letzten Sonntag in Freudenstadt. Ei« Motordefekt ließ e» der Fahrtleitung angrzeigt erscheinen, die Reise auf morgen zu verschieben. Gestern abend 10 Uhr traf die Absage hier ein, leider viel zu spät für alle Schaulustigen, die heute früh hieher geströmt waren, um da» Luftschiff zu bewundern. Darunter befanden sich solche, die schon am vorigen Sonntag vergeblich Freudenstadt aufgesucht halten und ihrem Mißvergnügen nun kräftigen Ausdruck verliehe». Um so größer wird hoffentlich die Freude morgen sein.
Stuttgart 9. Aug. (Landtag.) Die Zweite Kammer befaßte sich heute vormittag
zunächst mit zwei Anträgen und zwar 1) mit einem Antrag Schock (Vp.): „Was gedenkt der Herr Staatsminister des Innern angesichts de» Futterausfalle» nicht nur in Württemberg sonder« nahezu im ganzen Deutsche« Reiche infolge der andauernden Dürre und Trockenheit zu tun, um die Landwirte vor der Verschleuderung ihre» Vieh», wie dies im Jahre 1893 der Fall war, zu schützen und die damit im Zusammenhang stehenden volkswirtschaftlichen Schädigungen abzuwenden? Sollte nicht jetzt schon in der Richtung Fürsorge getroffen werden, daß beim Eintritt von Rege« genügend Sämereien zum Herbstfutterbau zu annehmbare« Preisen de« Landwirten zur Verfügung stehen und daß ein Ersatz für da» Stroh gegeben wird, etwa durch Abgabe von Laub und Waldstre« au» den StaatS- waldungen, damit sämtliche» Stroh als Futterstroh verwendet werde« kann?" Damit wird verbunden die Beratung des Antrages Vogt (B.K.): Ist die K. Staatsregierung bereit, angesichts der immer schlechter werdenden Aussichten auf einen ausreichenden Futterertrag, die Forst- verwaltunge« anzuweise«; au» Staat»- undKörprr- schastrwaldungen genügendem Maße Streumaterial an Viehbefitzer abzugebe«, damit das gut eingebrachte Stroh verfüttert werden kann? „Die Abgg. Schock (V) und Vogt (B.K.) begründen ihre Anträge mit einer Darlegung der durch die anhaltende Trockenheit hervorgerufene» Calamität für die Landwirte. Staatiministrr v. Pischek: Die Zentralstelle für die Landwirtschaft hat bereit« im laudwirtschaftl. Wochenblatt die Maßnahmen besprochen, die zur Abhilfe in Anwendung gebracht werde» sollen. Sie findet auch die Lage gegenwärtig noch nicht so schlimm. Immerhin hat sie die Warnung hinausgehen kaffen an die Landwirte, das Vieh nicht zu ver-
Lrau Lores Lebenswerk.
7) Roman von Erich Ebenstein.
«Fortsetzung.)
Lanzrndorf brachte heraus, wann Assunta ihre Einkäufe besorgte, und erwartete sie regelmäßig irgendwo. „Ich wußte wohl, daß eS eigentlich nicht recht sei", meinte Assunta zuletzt, „aber es ist unmöglich, ihm etwa« abzuschlagen, wenn er darum bittet! Ihr werdet doch das selbst begreife», wenn ihr ihn kennt."
„Morgen gehe ich zu ihm", sagte Peter Lott endlich, und Frau Lore erinnerte sich im selben Moment erschrocken, daß e» höchste Zeit sei, in die Villa Fabriziu« heimzukehren.
So «ahm man denn Abschied, und Peter Lott blieb allein in seinen vier Wänden zurück.
4. Kapitel.
Acht Tage später machte Ferry Lanzendorf den ersten Besuch bei Fabriziu». Onkel Lott sollte ihn bringen. Am Nachmittage, ganz gemütlich, ohne de« Klimbim von Phrasen und leere» Etikettformen, so hatte er e« gewünscht, und Frau Lore war ihm dankbar dafür.
Ihr schlichter, gerader Sinn empfand rein äußerliche Forme« immer dann am störendste», wenn e» sich um Sache« de» Gemüts handelte. Da sollten einzig Vernunft und Herzenstakt da« Wort führen.
E« wäre lächerlich gewesen, wenn Lanzendorf im Frack um die Mittagszeit erschiene» wäre, Phrase» mit ihr gewechselt und in zehn Minuten wieder gegangen wäre. Dadurch, daß Ferry sich mit Assunta verlobt hatte und die durch Onkel Lott eingezogene» Erkundigungen keine» Anlaß boten, etwa» gegen die Vorlobnng einzuwende», war er in Fra« Lore» Auge«
ein Mitglied de» Familienkreises geworden, durfte sich als solches geben und sollte danach empfange» werde«.
Sie hatte einen einfachen Kaffeetisch richten lasse», gab ihr beste» Silber heraus und deckte eigenhändig den Tisch so zierlich als möglich. Assunta hatte ihr unbewußt einen Heidenrespekt vor dem kritische» Blick de» zukünftigen Schwiegersohnes eingejagt. Er sollte nicht» zu tadeln finde« und gleich sehen, daß er in ein gut bürgerlich Haus kam, wo e« keinen Luxus gab, aber dafür alles gediegen und ordentlich war.
Dazwischen klopfte ihr da« Herz von Minute zu Minute unruhiger. Eine feierlich gerührte Stimmung, gegen die sie vergeben» auzukämpfen versuchte, drohte sie mehr und mehr zu übermannen.
Sie ging hinüber zu Assunta, die in einem weißen Pongiekleid unendlich anmutig aussah und mit verträumtem Lächeln auf einen Strauß dunkelroter Rosen starrte, de« Lanzendorf am Morgen geschickt hatte.
Al» die Mutter eintrat, wandte sie sich lächelnd um.
„Freust Du Dich mit mir, Mama?" sagte sie weich. „Wirst Du ihn lieb haben?"
„Mein Kind-meine Assunta-" weiter kam Fra«
Lore nicht. Ein Schluchzen erschütterte ihre Brust, sie schlang die Arme um die Tochter und küßte sie stumm in leidenschaftlicher Zärtlichkeit wieder und wieder.
Assunta blickte bestürzt auf die Weinende. Zum ersten Male im Leben verstand sie die Mutter nicht. Tränen an diesem goldensten aller Tage?
„Mama-warum weinst Du den«? Siehst Du den»nicht,
wie glücklich ich bin?"
„Du-" stammelte Frau Lore, „ja-Dir tut sich
ei» neue» Lebe» auf. Aber ich-werde ich Dich nicht verliere«?
Hab' ich'» nicht schon zum Teil? Mißversteh' mich nicht Kind-
es ist nicht Eifersucht oder Egoismus, nur die Angst, ich könnte ihm «iß-