* Alten steig, 15. Juli. Der Landmann blickt seit mehreren Tagen mit sehnsüchtigen Blicken nach Regen hinauf zum Firmament, aber obwohl zahlreiche regenschwangere Wolken vorüberziehen, zum Regnen kam es nicht und doch lechzen die Fluren nach dem erquickenden Naß. Von den sengenden Strahlen der Sonne sind manche Abhänge schon grau ausgebrannt worden und auf Wiesen und Fluren ist infolge der Trockenheit das Wachstum der Wanzen zum Stillstand gekommen. Heute hatte es nun wieder den Anschein, als ob sich der ersehnte Regen einstellen wollte. Möchte es doch Thatsache werden, daß wir für einige Tage einen recht ergiebigen Regen erhalten, damit die Vegetation wieder neu aufleben kann.
-r. Altensteig, 15. Juli. Heute Nacht 12 Uhr brach auf dem Sindlinger Gut bei Herrenberg Feuer aus. Der Dachstuhl des Viehhauses stand plötzlich in Flammen. Das Vieh, gegen 100 Stück Weidvieh und über ein Dutzend Pferde, konnte gerettet werden. Dagegen wurden sämtliche Futtervorräte, wohl 150 Wagen diesmal bester Qualität darunter 60 Wagen Kleeheu, ein Opfer der Flammen.
* Die Beilage des „Staats - Anzeigers" (Nr. 159) enthält die Bekanntmachung der Prüfungskommission für Einjährig-Freiwillige, die Prüfungsordnung zum Einjährig-Freiwilligen- dienst betr., welche wir Interessenten auf Wunsch gerne zur Verfügung stellen. — Sodann enthält der „Staats-Anzeiger" Nr. 161 eine Bekanntmachung über Abhaltung des landwirtschaftlichen Hauptfestes in Cannstatt am 28. Septbr. d. I., womit eine Prämiierung von Pferden, Rindvieh, Schafen und Schweinen, sowie eine Ausstellung der prämiierten Tiere, landwirtschaftl. Maschinen und Geräte, Obst, Trauben und anderen landwirtschaftl. Produkten verbunden ist, worauf wir Interessenten ebenfalls aufmerksam machen.
* Halt erb ach, 12. Juli. Ein hiesiger Bürger wurde heute mittag beim Holzaufladen im Walde von einem Hitzschlage getroffen und sank auf dem Wagen tot zusammen. Seinen Bruder ereilte vor einem halben Jahr ein ähnliches Schicksal; ein Schlaganfall machte seinem Leben während des Holzspaltens ein Ende.
(N. Tagbl.)
- Stuttgart, 13. Juli. Mit Zustimmung der beiderseitigen hohen Eltern und mit allergnädigster Einwilligung Seiner Majestät des Königs und Seiner Majestät des Kaisers von Oesterreich haben Sich Seine Königliche Hoheit der Herzog Albrecht von Württemberg mit Ihrer Kaiserlichen und Königlichen Hoheit der Erzherzogin Margaretha Sophia von Oesterreich gestern zu Reichenau verlobt. Die hohe Braut, geboren zu Schloß Artstetten in Nieder-Oesterreich am 13. Mai 1870, ist die Tochter Seiner Kaiserlichen und Königlichen Hoheit des Erzherzogs Carl Ludwig von Oesterreich, des älteren der beiden am Leben befindlichen Brüder Seiner Majestät des Kaisers Franz Joseph I.,
und der am 4. Mai 1871 verstorbenen Erzherzogin Maria Annunziata, Tochter weiland Seiner Majestät des Königs beider Sizilien Ferdinand II.
* Stuttgart, 13. Juli. Wie dem„Schw. M." aus zuverlässiger Quelle mitgeteilt wird, ist Oberbürgermeister vr. v. Hack in eine auswärtige Heilanstalt eingetreten. Wie seither darf die Hoffnung auf eine vollständige Wiedergenesung des durch Ueberarbeitung erkrankten Oberbürgermeisters aufrecht erhalten werden.
* Stuttgart, 11. Juli. (Die Armee- Inspektion in Württemberg.) Die Kabinettsordre, welche den Uebertritt des 13. (württem- bergischen) Armeecorps zur dritten Armeeinspektion bestimmt, löst die Schwierigkeit, welche hinsichtlich der Ausübung der Inspektion in Württemberg bestanden zu haben scheint. Es ist schon früher einmal darauf hingewiesen worden, daß Herzog Wilhelm berufen sein dürfte, nachdem er dem deutschen Heere als württem- bergischer General der Infanterie angehört, dem ersteren den reichen Schatz seiner militärischen Erfahrungen und seine anerkannte militärische Tüchtigkeit zu widmen. Bei eintretender Vakanz oder einer Neuordnung der Armee-Inspektionen wird Herzog Wilhelm, nachdem er sich inzwischen in die deutschen Heeresverhältnisse wieder einzuleben Gelegenheit gehabt hat, auch wohl in ein entsprechendes Verhältnis eintreten.
* (Aus der Residenz.) Dem Vernehmen nach hatte letzter Tage eine Deputation des Vereins der württ. Gemeindebeamten, bestehend aus dem Vorstand Landtagsabg. Hartranft von Freudenstadt und 3 Ausschußmitgliedern, Audienz bei dem Staatsminister des Innern, um sich über den Stand der Pensionierungsangelegenheit der Korporationsbeamten und der dienstlichen Stellung der Verwaltungsaktuare zu erkundigen. Die Herren sollen von der erhaltenen Auskunft durchaus befriedigt sein. — Bei dem Stadtgartenfest hat Se. Maj. der König alle Gemeinderäte angesprochen. Nun wandte er sich auch an Hrn. Lotter mit den Worten: „Sie sind Demokrat nicht wahr, ich erinnere mich Ihrer Kandidatur bei der letzten Reichstagswahl in Stuttgart." „Allerdings Majestät", erwiderte der tapfere L., „ich bin Partikularist und meine Partei hat es sich immer angelegen sein lassen, eine Stütze des Königshauses zu sein und die Selbständigkeit Württembergs zu bewahren." „Das lassen Sie meine Sache sein, Herr L.", meinte der König lächelnd und Herrn L. auf die Schultern klopfend.
* Ettlingen, 11. Juli. In der Nacht vom 8. auf 9. Juli wurde bei Malsch an einem Bauersmann ein Raubmord verübt. Der der That dringend verdächtige Mann, ein Handwerksbursche von etwa 20 Jahren, soll bei dem Getöteten auf dem Wagen gesessen sein und ihn mit einer sogenannten Wagenleixe totgeschlagen und dann seines Geldbeutels mit etwa 20 Mark beraubt haben.
* Ravensburg, 13. Juli. Stadtrat und
bräuntes Gesicht zeigte auf den Wangen die feine Röte, welche unverkennbar ein Zeichen fester Gesundheit ist. Die schnelle Bewegung und eine innere Erregung hatten in diesem Moment noch die Lebendigkeit der Erscheinung des Obersten erhöht, sein Mienenspiel war lebhaft, seine Augen blitzten, und der laute Schall der Klingel konnte am besten als der Ausdruck seiner Ungeduld gelten.
Indessen war diese jedenfalls eine freudige, darauf deuteten alle Zeichen hin.
Der Glockenklang vibrierte noch, als ein Diener in der Thür des Zimmers erschien.
„Jean l" rief der Oberst, „fragen Sie an, ob ich der Frau Gräfin meine Aufwartung machen darf."
Jean verbeugte sich und ging wieder.
Während er entfernt war, warf der Oberst seine Pelzmütze von sich, rieb sich die Hände, sah in den Spiegel, lächelte und nickte seinem Ebenbilde zu, drehte die Spitzen seines Bartes aufwärts, kurz, machte allerlei Manöver, welche die Annahme einer großen freudigen Erregung seines Innern zu bestätigen geeignet waren.
Jean erschien wieder. „Es würde Ihrer Gnaden der Frau Gräfin sehr angenehm sein!" rapportierte der Diener.
Der Oberst hatte seinen Manövern bei der Annäherung Jeans schnell wieder ein Ende gemacht, schnallte jetzt jedoch auch den Säbel ab, um ihn dem Diener zu überreichen.
„Wir werden reisen, Jean," sagte er dabei, „beginnen Sie immer alles vorzubereiten; wir gegen aufs Land!"
Jean zwang seinen wohlgewachsenen Körper zu einer neuen Verbeugung und entfernte sich. Der Oberst verließ sofort nach ihm das Zimmer, schlug jedoch eine andere Richtung ein und betrat eine Art Vorgemach, in welchem er eine Zofe fand.
Kassier Buob wurde gestern abend gegen 7 Uhr, als er mit Frau und Tochter auf dem Lindauer Schiff in Friedrichshafen ankam, verhaftet und mit dem gegen 8Vr Uhr abends eintreffenden i Zug durch den in Ztvilkleidung befindlichen Stationskommandanten von Friedrichshafen hierher und nach dem Amtsgefängnis gebracht. Auf Grund der bisherigen Ermittelungen ist gegen Buob zunächst wegen verschiedener Vergehen gegen das Genossenschaftsgesetz nunmehr das Untersuchungsverfahren eingeleitet.
* (Verschiedenes.) In Cannstatt sind neuerdings unter der Kinderwelt die roten Flecken (Masern) aufgetreten. — In Pfullingen kam das 3jäyrige Söhnlein des Kaufmanns Griesinger in der Nähe des Gasthofs zum Hirsch zwischen zwei sich begegnende Fuhrwerke und wurde von einem Pferde derart an die Schläfe getroffen, daß der Tod sofort etn- trat. — Ein trauriges Nachspiel halte das Reutlinger Sängersest für die Sänger von Neuhausen bei Eßlingen Zwei Vereine von dort, Sängerbund und Eintracht, beteiligten sich beim Wettgesang und beide wurden mit Preisen bedacht, der eine mit einem ersten, der andere mit einem zweiten für Volksgesang.
Ein festlicher Empfang wartete ihrer in der Heimat. Doch bet der Fahrt von Nürtingen nach Neuhausen scheuten die Pferde eines Wagens, letzterer wurde umgeworfen und verschiedene Insassen mußten teils schwer, teils leichter verletzt, ins Krankenhaus nach Nürtingen verbracht werden. — In Calw ist der16jährtge Sattlerlehrlmg Karl Volz von dort beim Baden in der Nagold ertrunken. — Uever die Markungen Rohracker undSillenbuch entlud sich am Dienstag ein schweres Gewitter, verbunden mit reichlichem Hagel, wodurch in Feld und Weinberg bedeutender Schaden verursacht wurde.
* Karlsruhe, 14. Juli. Mehrere hundert badische Bismarckoerehrer gehen am 24. Juli mit Sonderzug von Karlsruhe nach Kissingen. Fürst Bismarck hat den Empfang derselben zu gesagt.
* Konstanz, 12. Juli. Wie alljährlich, so wurde auch Heuer am 6. Juli, dem Todestag des Reformators Johannes Hus, der Husen- stetn dahier festlich geschmückt. Aus Böhmen waren prachtvolle Kränze gekommen, in origineller Weise aus unzähligen Visitenkarten zusammengesetzt, welche die Namen der Verehrer Hus' tragen, und mit kleinen Lorbeerblättern durchflochten. Prächtige Seidenbändec mit schleifen, welche die Widmung enthalten, sind um die Kränze gewunden.
* Fretburg i. B. Bürgermeister Müller von Rhetnweiler ist vom hiesigen Schwurgericht wegen Betrugs, Fälschung, Brandstiftung und Meineids zu einer Zuchthausstrafe von 11 Jahren verurteilt worben. Der Verurteilte hatte, wie der Staatsanwalt in seinem Plaidoyer dar- lcgie, die im badischen Oberland vorhandene
„Guten Morgen, Felice!" sagte der Oberst mit der Herablassung eines Weltmannes, „melden Sie mich der Gräfin!"
„Sehr wohl, Herr Graf!"
Die Zofe verschwand durch eine Thür, erschien jedoch schon nach einigen Augenblicken wieder. „Der Herr Graf werden sehr angenehm sein!" sagte sie, die Thür weit öffnend.
Der Graf schritt durch dieselbe hindurch, blieb an der Schwelle stehen und verbeugte sich.
„Guten Morgen, teuerste Julie!" rief er, „du bist wohl, ich sehe es, erkenne es an deiner Beschäftigung und freue mich dessen!"
„Guten Morgen, lieber Oskar!" antwortete eine der beiden im Zimmer anwesenden Frauen und trat dem Mann näher, um ihm die Hand zu reichen. Der Graf ergriff und küßte diese Hand.
Es konnte nicht zweifelhaft sein, der Gras und die Gräfin warm Gemahl und Gemahlin, bildeten ein Paar, und was äußere Vollkommenheit betraf, ein durchaus passendes.
Denn wie der Graf, war auch die Gräfin von ausgezeichnetem Wüchse, von herrlichen Formen; das Negligee von schneeweißem Musselin ließ dies deutlich erkennen, jede noch so leichte Bewegung der Gestalt legte es an den Tag.
Die dreißig Jahre, welche die Gräfin zählen mochte, thaten also ihrer Schönheit keinen Eintrag, wohl aber der sehr dunkle Teint, welcher nächst den dunklen Augen und dem blauschwarzen Haar anzudeuten schienen, daß die Gräfin ein Kind südlicher Gegend sei.
Außer ihr waren noch zwei andere menschliche Wesen im Zimmer: ein Knabe von vielleicht zwei bis drei Jahren und eine andere Frau, unverkennbar die Bonne des kleinen Sprößlings des gräflichen Paares.
.'(Fortsetzung folgt.)