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Erscheint wöchentl. S««lr Dienstag, Donners­tag und SamStag und kostet in Mtensteig SO ^ im Bezirk 90 außerhalb l das Quartal.

Samstag den 16 . Juki

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1892.

Amtliches.

In Anbetracht dessen, daß Gewichte mit den Bezeich­nungen Pfund und Zentner zur Eichung und Stempelung nur noch bis zum 31. Dezember 1896 zugelassen sind, werden die Behörden höheren Ortes aufgefordert, darauf hinzuwirken, daß die bisher noch vielfach übliche Rechnung nach Zentner und Pfund namentlich im öffentlichen Ver­kehr, auf Märkten und Börsen aufhöre, und daß zur Ver­hütung von Mißverständnissen und Mißbräuchen fortab nur noch nach Gramm, Kilogramm und Tonnen gerech­net werde.

Die zweite Lehr erdien stprü fu ng haben u. a. mit Erfolg bestanden: Hermann Ansel, Unterlehrer in Calw; Christian -Glück, Seminarunterlehrer in Nagold; Rudolf Knaupp, Unterlehrer in Wildberg; August Leib­fritz, Unterlehrer in Effringen; Heinrich Mailänder, Schul­amtsverweser in Hochdorf (Lez. Nagold); Johannes Schänz- lin, Unterlehrer in Psalzgrafeniveiler.

Bestätigt wurde die Aufstellung desvr. insä. Lud­wig Bauer von Mösfingen zum Distrikts- und Armenarzt in Befeufeld.

Gestorben: Kaufmann Föhr, Stuttgart; Kanzlei­rat a. D. Mörike, Stuttgart; Apotheker Obermiller, Cann­statt; Kaufmann Stumpp, Stuttgart.

D Französische Ministerkrisis.

Das Sparsystem, das die meisten Groß­mächte bei ihrem Kolonialwesen üben, hat sich von jeher schwer gerächt. Seitdem Ferdinand Eortez im Anfänge des sechzehnten Jahrhunderts mit einer Handvoll Soldaten das alte König­reich Mexiko erobert hat, glauben die zivilisier­ten Nationen bei ihrenKulturbestrcbungen" in unzivilisierten Gegenden immer mit wenigen Leuten aaszukommen. Es scheint geradezu eine Art Ehrensache geworden zu sein, denWilden" ungenügende Streitkräfte entgegenzusetzen. Zahl­lose Expeditionen sind in dieser Weise verun­glückt und haben ihren Mitgliedern Tod und Verderben gebracht: man scheint aber aus solchen Erfahrungen nichts lernen zu wollen.

Wir könnten diesen Vorwurf auch an eine sehr nahe Adresse richten, indessen haben wir es heute mit unseren lieben transoogesischen Nachbarn zu thun, die sich an zwei Stellen zu gleicher Zeit die Finger verbrannt haben: in Dahomey und in Tongking. Der Krieg gegen Dahomey droht schon seit Jahren und trotzdem hat es die französische Regierung unterlassen.

nach Portonovo, ihrer Dahomey vorgelagerten Besitzung an der westafrikanischen Küste, genü­gende Streitkräfte zu senden. Auch heute noch sind die dort vorhandenen Truppen ungenügend und haben die schrecklichen Greuel der Dahomeyer Krieger nicht verhindern können.

Die letzteren haben einen unvermuteten Vorstoß gemacht und die Franzosen zu einem rühmlosen Rückzug gezwungen. Darüber ist man natürlich in Frankreich empört und beson ders auch darüber, daß die Kredite für Dahomey bereits aufgebraucht sein sollen, ohne daß man bisher gemerkt hat, daß etwas Ernstliches unter­nommen worden ist. Man kann sich daher vor­stellen, daß eine am Montag in der französischen Deputiertenkammer verhandelte Interpellation über diese Angelegenheiten nicht gerade angenehm für die Regierung verlief; der Marineminister Cavaignac setzte sich zudem noch auf das hohe Pferd und suchte den radikalen Interpellanten von oben herab abzuferligen. Von seiten des Interpellanten wurde besonders getadelt, daß ein Schiffskapitän Oberbefehlshaber in Porto­novo sei, während diese Stellung eigentlich einem höheren Offizier gebühre. Clemenceau bemerkte ironisch, seines Wissens hätte der König Behan- zin keine Flotte, es handle sich also um einen Landfeldzug, der Kommandierende der Land­truppen müsse also auch den Oberbefehl haben. Die Radikalen brachten denn auch eine Resolu­tion ein, daß das Oberkommando einem höheren Offizier übertragen werden solle.

Der Marineminister stellte darauf die Ver­trauensfrage und beanspruchte den einfachen Uebergang zur Tagesordnung. Da kam er aber schön an, besonders da inzwischen eine Depesche vom Gouverneur in Cochinchina bekannt geworden war, der zufolge in Tongking ein französischer M'Iitärtransport von räuberischen Chinesen an­gegriffen worden sei und sich unter schweren Verlusten habe zurückziehen müssen. Die radi­kale Resolution wurde mit großer Mehrheit angenommen. Infolge dessen zog sich das ganze Ministerium zurück und beriet. Es beschloß, seine Entlassung zu geben. Cacnot dagegen

forderte die Minister auf, im Amte zu bleiben und diese ließen sich denn auch zureden. Nur Cavaignac, gegen den die Kammer gestimmt hatte, trat zurück.

Jedenfalls hat die Abstimmung bewiesen, auf wie schwachen Füßen das Kabinett Loubet steht, und wenn am 14. Juli nicht das National­fest wäre, das man nicht durch eine Mtnister- krisis feiern möchte, dann hätte Carnot auch wohl die Entlassung des ganzen Ministeriums Loubet genehmigt. Dasselbe amtiert seit dem 29. Februar d., nachdem am 18. Februar das Ministerium Constans-Freycinet über das Ge­nossenschaftsgesetz gestolpert war.

Lavdesuachrichtea.

* Altensteig, 15. Juli. Unser Lieder­kranz beabsichtigt in den Tagen des 22., 23. und 24. Juli eine gemeinsame Sänger­fahrt nach den von den Retzen der Natur so sehr begünstigten Gestaden des Bodensees zu unternehmen. An dieser Excurston können sich auch die passiven Mitglieder beteiligen, was manchem derselben willkommen sein dürfte. Das Programm für den Ausflug wird in einer am Sonntag nachmittag um 4 Uhr imSchwanen" stattfindenden Versammlung endgtltig festgestellt werden. Wie wir hören, soll der Fahrpreis (es ist der Besuch von Constanz, Bregenz und einiger anderer Bodensee-Uferstädte in Aus­sicht genommen), auf der Eisenbahn und dem Dampfboot für die Hin- und Rückfahrt bei einer Beteiligung von 30 Mann blos ca. 9 Mk. be­tragen. Mancher, der das schwäbische Meer und seine herrliche Umgebung noch nie gesehen hat, dürfte die günstige Gelegenheit sich gerne zu nutzen machen, weshalb eine zahlreiche Be­teiligung in sicherer Aussicht steht. Obwohl bei dem gesunden Humor unserer Sänger ein unter­haltender genußreicher Ausflug vorhergesagt wer­den kann, so wollen wir dennoch nicht unterlassen zum guten Gelingen die Gunst des Himmels zu wünschen, denn die schönste Würze zu dem beabsichtigten Unternehmen muß eben der Sonnen­schein verleihen. Also, mild lächle die Sonne!

Der falsche Graf. ^->4^ °°rb°-°n.)

(Kriminal-Roman von Karl Schmeling.)

(Fortsetzung.)

Der Polizeimann warf dem Sprecher einen scharfen Blick zu. Wohl, ich kenne ihn!" antwortete er dann,was ist's mit ihm?"

Führt mich zu ihm; er wird Euch sagen, daß ich nicht ge­bettelt habe!"

Gut, gehen wir zu Martin," sagte der Munizipalgardist.

Bennoit mochte wohl recht gut wissen, daß die Bürgschaft Martins zweifelhaft sein mußte. Daher hatte er einen anderen Grund, diesem zugesührt zu werden; sein Entschluß war gefaßt.

Schweigend wauderten beide Männer so ziemlich denselben Weg zurück, welchen Bennoit erst gekommen, bis sie Martins Herberge erreichten.

Der Gastwirt befand sich im Schaukzimmer und sah die beiden Leute ohne jedes Staunen eintreten; sein behagliches Lächeln war das­selbe wie immer.

Herr Martin!" rief Bennoit sofort,ich gehe auf Ihren Vor­schlag ein, aber sagen Sie gefälligst diesem Herrn, daß ich nicht gebettelt habe, noch betteln kann!"

Martins Gesicht wurde einem Fragezeichen ähnlich.

Ja, darum handelt es sich!" meinte der Beamte;ich sah, wie dieser Mensch, mit der Mütze in der Hand, vor jemand stand; er be­hauptet, nur eine Frage an die Person gerichtet zu haben, die freilich auch keine bestimmte Beschuldigung ausgesprochen hat!"

So, so!" erwiderte der Wirt grinsend,dann ist es natürlich, wie mein Freund Bennoit gesagt hat!"

Gut, ich bin zufrieden!" antwortete der Beamte und entfernte sich.

Nun also?" fragte Martin.

Bennoit teilte mit, wie er jemand, mit dem er bekannt zu sein

glaubte, in ein Haus habe gehen sehen und deshalb Erkundigungen ein­ziehen wollen, wobei ihn der Polizist überrascht.

Ich meine das nicht!" fuhr der Gastwirt fort,sondern ob Ihr wirklich entschlossen seid?"

Ja, ich bin es; Ihr habt recht, ich sehe es ein, mir bleibt keine andere Wahl!"

Gut so. unsere erste Sorge muß jetzt sein, einen andern Menschen aus Euch zu machen, und dann wollen wir sehen; folge mir!" Der Wirt brachte den Geworbenen auf ein oberes Zimmer; ein Barbier ward gerufen, dem Sträfling Bart und Haare zu bearbeiten; er mußte ein Bad nehmen.

Inzwischen hatte Martin für Garderobe gesorgt, und nach unge­fähr zwei Stunden stand Bennoit als respektabler Bürgersmann da.

Er lächelte, als er sich im Spiegel betrachtete, seit fünfzehn Jah­ren fühlte er vielleicht zum ersten Male wieder einen Funken von Lebens­lust in sich.

4.

Ein Glücklicher.

Wie der Husaren-Offizier, welcher die Aufmerksamkeit Bennoits erregt hatte, große Eile hatte, das Hotel zu erreichen, so waren die Worte, welche derselbe an den Portier gerichtet, ebenfalls nur schnell hingeworfen worden.

Im Portal beeilte er sich wo möglich noch mehr, weiter zu kom­men, und flog förmlich zur Treppe hinan, welye in den oberen Stock führte; hier trat er schnell in ein reich ausgestattetes Zimmer, offenbar ein Arbeits-Kabinett, und setzte sofort einen Klingelzug in Bewegung.

Der Oberst war ein Mann von vielleicht fünfunddreißig Jahren und mittlerem Wüchse; seine Glieder standen im schönsten Ebenmaße, seine Bewegungen deuteten auf Gelenkigkeit und Kraft; sein etwas ge-