Seit 1889 wurde für 40,000 M. Rassevieh, männliches und weibliches, im bad. Oberland und der Schweiz aufgekauft und im Bezirk zum Verkauf gebracht. Die Königl. Zentralstelle für Landwirtschaft unterstützte das Bestreben durch einen Beitrag von 500 M. Die Vieh- zuchtgenofsenschaft zählt jetzt 461 Mitglieder und hat 812 schöne Tiere im Heerdbuch eingetragen, was als ein guter Erfolg zu betrachten ist. Die Bemühungen des Vereins, der Landwirt­schaft bessere Erträge von Grund und Boden durch Anwendung von Kunstdünger abzugewtn- nen, waren ebenso von Erfolg. Seit 1885 sind im Bezirk gegen 300,000 M. für Kunstdünger verausgabt worden. Im Bezirk sind bis jetzt auch 7 landwirtschaftl. Darlehenskassen gegrün­det worden, die gut prosperieren. Wettere der­artige Kassen sind in Gründung begriffen. Die Mitgliederzahl des landwirtschaftl. Vereins ist nun auf circa 1000 angewachsen und zählt er damit zu den stärksten landwirtschaftl. Vereinen des Landes.

* Weiler im Schwarzwald, 5. Juli. In derWestl. Post", einer Zeitung, die in St. Louis im Staat Missouri erscheint, wird ein Erbe gesucht Namens Johann Friedrich Maier aus Weiler. Es ist nun nicht gesagt, ob dieses Weiler in Baden oder Württemberg oder sonst wo im deutschen Reich liegt. Vielleicht ist es aber doch möglich, auf dem Wege der Presse den betr. Glückspilz zu ermitteln. Der in der genannten Zeitung unterschriebene Markworth in St. Louis, der den Aufruf erläßt, erbietet sich, das Nähere mitzuteilen.

* Vom denkbar schönsten Wetter begünstigt, feierte Reutlingen das 23. allg. Liederfest des Schwäb. Sängerbundes. In großen Massen strömten von allen Seiten die Gesangvereine und das Publikum herbei. Das Leben und Treiben sowohl auf dem Festplatz als in der Feststadt war ein äußerst belebtes und bot ein großartiges Bild. Es mögen circa 5000 Sänger dort ge­wesen sein. Quartiere und Verpflegung hört man allgemein loben. Das Ergebnis der Preis­verteilung ist folgendes: 1. Abteilung ländlicher Volksgesang: Einen ersten Preis: Neuhausen a. F., Sängerbund: einen zweiten Pr.: Neu­hausen a. F., Eintracht; Böckingen, Germania; Möhringen a. F., Männergesangverein und Wä­schenbeuren, Liederkranz. In der II. Abt. höherer Volksgesang: Einen ersten Pr.: Saul­gau, Liederkranz; Karlsvorstadt Heslach, Alle- mannia; Stuttgart, Fortuna und Mezingcn, Liederkranz, einen zweiten Pr.: Ludwigsburg, Liederkranz; Tübingen, Harmonia; Kirchheim u. T., Bürgergesang-Verein; Schramberg, Lyra und Stuttgart, Sängerbund. In der III. Abt. Kunstgesang: Einen ersten Pr.: Eßlingen, Bürgergesang-Verein; Pforzheim, Freundschaft und Göppingen, Liederkranz; einen zweiten Pr.: Sigmaringen, Männerchor; Stuttgart, Lyra; Stuttgart, Sängerkranz und Pforzheim, Lieder­halle.

* Herrenberg, 11. Juli. In einem der

Dev fatsche Kvaf.

(Kriminal-Roman von Karl Schmeling.)

(Fortsetzung.)

Doch auch jene kümmerten sich nicht um ihn, und Bennoit schlich in sich gekehrt weiter; er bemerkte nicht, wie ihn ein Munizipalgardist scharf beobachtete und ihm in einiger Entfernung folgte. Vielleicht sann der Sträfling nach, sich irgend einer Bekanntschaft von früher zu erinnern, durch die er Unterstützung seiner Absichten finden möge.

Bald jedoch verließ er auch den Boulevard wieder nnd wendete sich dem Mittelpunkt der Stadt zu, bis er auf einem Platz anlangte, dessen Umgebung Paläste bildeten.

Der Munizipalgardist, welcher Bennoit zuerst beobachtet, war ihm indessen nur eine kurze Strecke gefolgt. Er hatte einem Kollegen seinen Observaten bezeichnet, und jener war an seine Stelle getreten. Zweimal noch wechselten so die Verfolger Bennoits, bis dieser den Platz erreichte, und als er stehen blieb, stand auch der letzte Polizist.

Der Platz war gegen die Straßen, durch welche Bennoit bis hier­her gekommen, verhältnismäßig leer, und der Sträfling starrte die ge­waltigen Gebäude rings umher mit nichtssagender Miene an. Plötzlich jedoch zuckte er zusammen und sein Auge erhielt neuen Glanz. Der Gegenstand, auf welchen dasselbe gefallen, schien indessen in keiner Be­ziehung zu dem niedrigen Menschen stehen zu können.

Jener war ein mit schnellen Schritten über den Platz eilender Offizier in der prächtigen Uniform eines Husaren-Obersten.

Auch Bennoit mußte wohl glauben, sich zu täuschen, denn er legte die Hand an die Stirn und rieb dieselbe, als wollte er dadurch seine Begriffe klären.

Träume ich denn!" murmelte er,es kann ja nicht sein, und dennoch!"

Bennoit ließ die Hand wieder sinken, um das Phänomen, welches er zu sehen glaubte, noch aufmerksamer zu betrachten, wonach er endlich den Kopf schüttelte.

Er ist es!" sagte er dann mit einer heftigen Bewegung,aber wie!"

Der Offizier hatte inzwischen seinen Gang über den Platz beendet und das Portal eines der Paläste erreicht. Aus demselben trat ihm ein Portier oder Schweizer, wie man sie gern in Paris nennt, mit devo­tester Verbeugung entgegen.

Der Oberst richtete einige flüchtige Worte an denselben, auf welche sich der Thürhüter nochmals tief verbeugte, und jener eilte in das Palais.

Ueberzeugt von der Richtigkeit seiner Wahrnehmung, hatte plötzlich Bennoits ganzer Körper Leben bekommen. Ohne an seinen Anzug zu denken, setzte er sich mit einer Elastizität in Bewegung, welche man ihm kaum hätte zutrauen sollen.

Bald genug hatte er das Portal und den noch vor demselben weilenden Portier erreicht, vor dem er jetzt höflich seine Mütze zog. Um Vergebung, mein Herr!" sagte er,wie heißt der Offizier, welcher eben das Palais betrat?"

Der Portier, eine große, wohlgenährte Figur, hatte bereits mit Staunen die Annäherung des vorkommenen Individuums beobachtet. Auf die Frage desselben blies er gewaltig die Backen auf. warf sich in die Brust und machte eine wegwerfende Bewegung mit der Hand; zu­gleich starrte er mit zurückgeworfenem Kopfe neben dem Frager fort ins Blaue.

Bennoit errötete; sein Blick fiel auf seine Beine, und sein Gesicht ward verlegen, sein Benehmen scheu und unsicher.

größten Gebäude hiesiger Stadt, dem sogen. Fruchtkasten, brach heute früh Feuer aus, wel­ches sich in kurzer Zeit so schnell verbreitete, daß 9 Gebäude zum Opfer fielen. Das K. Oberamtsgebäude, sowie das zweite Stadtpfarr­haus waren sehr in Gefahr, doch konnten solche noch gerettet werden. Das Pfarrhaus ist durch Wasser, ziemlich beschädigt worden und vorerst nicht mehr bewohnbar. Ein großes Glück war es, daß Windstille herrschte; sonst wäre ohne Zweifel der ganze obere Stadtteil abgebrannt, da die Häuser daselbst sehr enge bei einander stehen und kein Wasser vorhanden ist. Brand­stiftung liegt zweifellos vor. Zur Hilfeleistung wurden 6 auswärtige Feuerwehren befohlen und hatten solche ein schweres Stück Arbeit, bis das große Feuer bewältigt war, da anfangs ein großer Wassermangel herrschte und in der Nähe weder ein ergiebiger Brunnen noch sonst Wasser vorhanden ist.

* Herrenberg, 11. Juli. Der heutige Brand äscherte 8 Haupt- und 7 Nebengebäude ein und beschädigte 11 Gebäude. Der Schaden beläuft sich auf ca. 52000 Mark.

* Aus der Residenz. In der heute Montag stattgefundenen Sitzung der dortigen bürgerlichen Kollegien ist die Rathausfrage nicht zur Entscheidung gekommen, da ein nach der Geschäftsordnung nicht ablehnbarer Antrag von 6 Mitgliedern auf Vertagung gestellt wurde. Die Vertagung wurde auf vier Wochen bestimmt.

* Laufen, 11. Juli. Vergangene Woche wurden für die Papierfabrik Gemmrigheim zwei Dampfkessel von ungewöhnlicher Größe (Gewicht 400 bezw. 300 Ztr.) auf hiesigem Bahnhof ausgeladen und von hier über Neckar­westheim nach Gemmrigheim transportiert. Die liefernde Fabrik (Kuhn in Berg) hatte eigens zum Transport einen Wagen gestellt, dem das einemal 16, das anderemal 10 Pferde vorge­spannt waren. Die beiden Riesenkeffel sollen gegen 600 Pferdekräfte Dampf erzeugen.

* Heidenheim, 11. Juli. Gestern wur­den hier zwei Leichen beerdigt, die den großen Transport von Chicago bezw. Philadelphia bis hierher durchgemacht hatten, und zwar Vater und Sohn: ersterer starb im Mai, letzterer im Oktober 1891. Der Mann, welcher in den sechziger Jahren von hier nach Amerika aus- wanderte und sich dort ein schönes Vermögen erwarb, äußerte vor seinem Tode den Wunsch, in der Heimat begraben zu werden. Diesem Wunsche hat nun die Witwe entsprochen, trotz der vielfachen Unannehmlichkeiten und großen Kosten, die ein solcher Transport mit sich bringt.

* Ulm, 11. Juli. Von der Schweiz ist dieser Tage der Buchbindergeselle Felix Stüb- ler hierher ausgeliefert worden. Derselbe wurde seinerzeit zusammen mit dem kürzlich zu fünf Jahren Zuchthaus verurteilten Verwaltungskan­didaten Klein aus Italien durch die Schweiz an die deutsche Grenze abgeschoben und zwar sollte Stübler, weil nur aus allgemeinen Grün­

(Nachdruck verboten.)

den ausgewiesen, in Schaffhausen freigelaffen werden. Er ließ sich nun von dem Verbrecher Klein unterwegs bestimmen, mit diesem seinen Namen zu tauschen und so kam es, daß die Schaffhausener Polizei den Klein mit den 12 000 Frs. statt des Stübler laufen ließ. Stübler wird nun wegen Begünstigung der Flucht, Klein wegen Anstiftung dazu von der Strafkammer prozessiert.

* (Verschiedenes.) In Walddorf OA. Tübingen, ist am Freitag ein Wohnhaus samt Scheuer abgebrannt. In der Nähe von Menning bei Ingolstadt wurde eine männ­liche Leiche aus der Donau gezogen. Der Selbstmörder ist etwa 35 Jahre alt und hatte noch ca. 14 Mk. Geld in den Taschen seiner Kleider. Am Sonntag brannte in Det­tingen, OA. Rottenburg, das Haus des Bauern Schüttle vollständig nieder. 4jährige Kinder sollen den Brand verursacht haben.

In Metterzimmern hat sich ein 50 Jahre alter Bauer in seiner Scheuer erhängt.

In Jmnau, OA. Haigerloch, fiel ein 6- jähriger Knabe vom Bühnenladen aus, 3 Stock hoch hinunter, wobei er außer einem Armbruch gänzlich unverletzt geblieben ist. In Stutt­gart starb kürzlich eine ältere Dame, welche einen sehr verzogenen Papagei hatte. Als das Testament eröffnet wurde, ergab sich, daß eine Familie, welche den Papagei während der Bade­reisen der alten Dame zur Fürsorge anoertraut bekommen hatte, den Papagei als Erbschaft er­hielt und gleichzeitig, so lange derselbe lebt, eine jährliche Rente von 500 Mk. Der Te­stamentsvollstrecker ist verpflichtet, wenigstens 4 mal im Jahre nachzusehen, wie sich der Papa­gei befindet. Daß unter den obwaltenden Um­ständen von der Familie alles geschieht, den Papagei so lange wie möglich zu erhalten, dürfte ohne Zweifel sein.

* Würzburg, 10. Juli. Ein furchtbares Unwetter hat gestern in den hessischen u. bayrischen Rhönbezirken gehaust. Mehrere Gebäude wur­den umgeweht und Hunderte von Obstbäumen entwurzelt. In mehreren Dorfgemarkungen ist die ganze Ernte vernichtet; besonders schwer ist das Dorf Gefäll bei Bad Kissingen heimge­sucht worden.

* Aus Unterfranken, 10. Juli. Einen überaus traurigen Anblick gewähren die Gemark­ungen Götzenberg, Langenthal und Küstenbach. Wo noch vor einigen Tagen herrliche Fluren, lachende Auen, vielversprechende Saaten gestan­den, ist jetzt ein Chaos, wie es schlimmer nicht gedacht werden kann vom Sturm zerrissenes Erdreich, von den Kieseln zerschlagenes Getreide, zerbrochene und entwurzelte Bäume. Die ganze Ernte auf dieser Seite ist total vernichtet. Wunderschön, wie selten, standen die Feldfrüchte und berechtigten zu den besten Hoffnungen und nun ist alles dahin. Viele Thränen flössen beim Anblick dieser Verheerungen; viele Arme haben buchstäblich alles verloren. Vielfach