796

bereit, angesichts der immer schlechter werdende» Aussichten auf eine» ausreichenden Futterertrag, die Forstverwaltungen anzuweisen, aus StaatS- und KörperschaftSwaldunge» in genügendem Maße Streumaterial an Viehbefitzer abzugebe«, damit das gut eingebrachte Stroh verfüttert werden kan» ?" Die Anfrage der Volkspartei an den Staatsminister de» Jnnern lautet:Was gedenkt der Herr StaatSminister de» Jnnern zu tu», angesichts de» Futterausfalls nicht nur in Württem­berg sondern nahezu im ganzen deutschen Reiche infolge der andauernden Dürre und Trockenheit, um die Landwirte von der Verschleuderung ihre» Vieh», wie die» im Jahre 1893 der Fall war, zu schütze» und die damit im Zusammenhang stehenden volkswirtschaftlichen Schädigungen an- zuwendea? Sollte nicht jetzt schon in der Richtung Fürsorge getroffen werden, daß beim Eintritt von Regen genügend Sämereien zum Herbstfutterbau zu annehmbaren Preisen den Landwirten zur Verfügung stehe« und daß ei« Ersatz de» Streustroh gegeben wird, etwa durch Abgabe von Laub und Waldstreu au» den StaatSwaldungrn, damit sämtliches Stroh als Futterstroh verwendet werden kann?"

Stuttgart 5. Aug. I» der Büchsen­macherei des Grenadierregiments Königin Olga war ein Soldat damit beschäftigt, ein alte» Zündnadelgewehr zu zerlegen. Dabei entlud sich rin Geschoß, da» noch im Laufe steckte und drang ihm in de» Unterleib. Er mußte sofort zur Operation in» Lazarett geschafft werden.

Untertürkheim 7. Aug. Nachdem erst vor wenigen Tagen auf dem hiesigen Güter­bahnhof ein Unterbeamter schwer ver­unglückt ist, wurde gestern ein 33 Jahre alter Ankuppler tot aufgefuuden. Er war unter einen Zug geraten, der ihm beide Füße abfuhr. Bevor der Unglückliche aufgrfunden wurde, verblutete er.

Waldenbuch 7. Aug. (Automobil- nnfall.) Da» heute früh 6.15 Uhr von hier nach Degerloch abgefahrene Personen- und Postautomobil der Linie Tübingen Degerloch hat auf der hohe« Aich einen Unfall erlitten. Infolge Kettenbruchs fuhr der schwere Wagen rückwärts und geriet in den Straßengraben, wobei er umftürzte. Von den Insassen versuchte ei« Fräulein Rosine Woltz au» Waldenbuch heraus- zuspringe». Sie fiel so unglücklich auf den Kopf, daß sie eine Gehirnerschütterung erlitt und nach Stuttgart in ei» Krankenhaus geschafft werden mußteMDie übrige» Paffagiere kamen mit leich­teren I Verletzungen, zumeist mit dem blosen Schrecken davon. Darunter befand sich auch ein Arzt, der «ine Zeit lang bewußtlos war. Als der zweite Wagen der Linie an die Unfallstelle kam, sprang der Chauffeur ab und versuchte zu

helfe». Dabei setzte sich auch dieser Wage» in eine rückläufige Bewegung und wäre beinahe gleichfalls verunglückt. Untersuchung ist ein­geleitet.

Heilbronn 7. Aug. (Gegen den Krieg.) Eine große Friedensdemonstration haben gestern die organisierten Arbeiter de» Unterlandes in Heilbronn veranstaltet. Der Festzug zählte 51 Korporationen mit mehr al» 3000 Teilnehmern. Auf dem städtische» Hammel­wasen wuchs die Besucherzahl auf etwa 8000 an. Gegen die deutsche Marokkopolitik und gegen den Krieg hielten der Landtagsabgeordnete Feuer­stein sowie Dr. Karl Liebknecht mit Beifall aufgenommene Reden. Störunge» kamen nicht vor.

Güglingen 7. Aug. Die Wespen treten seit 3 Tagen in solcher Zahl auf, daß man nur zu wehren hat in Küche und Speir- kammer. Wird nicht Maffenfang und Massen­mord der naschhaften Tiere eingesetzt, dann werden die noch da und dort spärlich hängenden Aepfel und Birne« an- und weggefrrssen. Eine organisierte Bekämpfung der Wespen mit Fang­gläsern wäre im Interesse der Weingärtner nicht weniger notwendig al« der Kampf gegen den Sauerwurm. Ob die Puppen des Sauer­wurms durch die Brathitze auch in den Zaber­weinbergen draufgegangen find, wie von der Moselgegend berichtet wird, konnte bis jetzt nicht fkstgestellt werden. Wen» aber die Wespen nicht maffenwei« getötet werden, dann kommen die Trauben fort, auch wenn kein Sauerwurm die Beere» ansticht.

Aalen 7. Aug. (Ausreißer.) Auf dem hiesigen Bahnhof wurden zwei Fürsorge­zöglinge festgehalte», die in Heidenheim mehr al» 100 ^ bei einem Diebstahl geraubt hatten. Man nahm ihnen da» Geld ab und brachte sie in sichere» Gewahrsam. Die beiden Guledel sind au» Stuttgart gebürtig und erst 15 Jahre alt. Sie wollten mit dem gestohlenen Geld nach Hamburg und sich dort auf einem Schiff ver­dingen.

Horb 7. Aug. Nachdem gestern viele tausende Mensche« in Freudenstadt da» Luft­schiff vergeblich erwartet hatte», wurde heute morgen 8 Uhr da» Luftschiff über dem Glattal gesichtet. E» fuhr in mäßiger Höhe über unsere Stadt, Nagold zu, um anscheinend wieder nach Baden-Baden zu fahren.

Rottweil 7. Aug. (Geometertag.) Die gestern hier abgehaltene Hauptversammlung de« württembergischen Geometerverein» wurde mit einem Ausflug in Automobilen nach Schramberg geschloffen. Nach einem kurzen Spaziergang wurde da» Mittagessen im Hotel Lamm einge­nommen. Für den Nachmittag hatte die Stadt

den Gästen ein Konzert im Berneckbad geboten, worauf abend» die Heimfahrt erfolgte.

Heidenheim 7. Aug. Ueber da» Thema Christentum und Klassenkampf" sprach gestern im großen Saale desRad" vor einer zahlreiche» Zuhörerschaft Verbaudssekretär Krug (Stuttgart). Er führte u. a. au», daß e« nie eine Gesetzgebung geben werde, die die soziale Arbeit de» Christentums entbehrlich mache, wenn auch durch eine Arbeite- und volksfreundliche Gesetzgebung viele» zur Besserung der sozialen Verhältnisse geschehen könne. Soziale Hilfe bestände in der Herbeiführung einer ausgleichen­de« Gerechtigkeit im StaatSleben, d. h. eines gesetzlichen Schutzes der wirtschaftlich Schwachen und der Förderung aller genossenschaftlichen Gliederungen mit bestimmte» Pflichten, Rechten und Freiheiten. Zu solcher sozialen Hilfe sei e» Bedingung, daß der Geist der Gerechtigkeit und Liebe, aber nicht der de» Klafseukampfe» in der Gesellschaft herrsche. Darum bestehe das Verlangen »ach der Beherzigung einer christlichen Ethik im Wirtschaftsleben zur Bekämpfung der Habgier und der Selbstsucht. Der Klaffenkampf zerklüfte und zersplittere unser Volk. Dagegen müsse durch die Förderung christlich nationaler Berufsorganisationen angekämpft werden. Im Gegensatz zum Arbeitersekretär Springer von den evangelischen Arbeitervereinen steht Redner auf der felsenfesten Ueberzrugung, daß rin Christ, al« Mitglied eine» evangelischen Arbeitervereins bei richtiger Würdigung de« Motto» der Arbeiter­vereine:Tut Ehre jedermann, habt die Brüder lieb, fürchtet Gott und ehret den König" nicht Mitglied der freien Gewerkschaftsbewegung sein könne. An der längere» Aussprache über da» Referat beteiligte sich v. a. auch Stadlpfarrer Ströle, der sich teilweise zustimmend, teilweise kritisch zu den Ausführungen äußerte.

Neukirch O.A Tettnang 7. Aug. Ein verheirateter Radler von Bodenegg wurde von einem Automobil an einer scharfen Straßen- wendung im hiesigen Otte überfahren und erlitt am Oberschenkel solche Verletzungen, daß er alsbald nach Ravensburg übergeführt wurde. Die vielen gefährlichen Wendungen innerhalb der Ortschaften an der Straße Wangen-Tett- nang werden von einzelnen Automobile» und Motorrädern in so rasendem Tempo genommen, daß man sich wundern muß, daß nicht noch mehr und schlimmere Unglücksfälle geschehen.

Vom Bodensee 7. Aug. (Ballonun­fall) Der Konstanzer BallonBodensee" der gestern vormittag mit den Herren Hagge, Kauf­mann Noppel, Aviatiker Fiedler und Plan­tagendirektor Weygand au» Sumatra an Bord aufgestiegev war, landete mittags 1.30 Uhr wenig glücklich 30 km östlich von München bei Raithofen.

Und plötzlich den Blick groß und voll Angst auf ihn richtend, begann sie hastig zu sprechen:

Gestern abend vor dem Schlafengehen, al» ich auf ihrem Bette saßffuud wir ein wenig plauderten, wie jeden Tag, da sagte sie mir'S. Sie liebt, Peter! Und wird wiedergeliebt . . . ganz heimlich, hinter unser« Rücken, hat sich da» abgesponnen. Da» vor allem tut mir weh. Wen» alles bei un» wäre wie bei andere» Leuten, und ich dürfte ihr natürliche« Verlange» «ach Geselligkeit nur einigermaßen befriedigen, dann wäre da» wohl nicht geschehen. Ich hält'» kommen sehe». Hält'» mit ihr erlebt .... so aber hat er mich auch um da» gebracht. Die Kinder, für welche ich allein lebe, um derentwillen ich still alleS'trug, bloß damit ich ihnen da» friedliche Elternhaus hielt ... sie verschenke« Herz und Seele an Mensche«, die ich nicht einmal kenne! An sich ist'» ja so natürlich! Assunta ist längst kein Kind mehr obwohl wir'» nicht beachteten. Muß ihr heißes, stürmische» Herz sich nicht nach Liebe sehnen, ihr tief ausgeprägte» Weibgefühl nach Erfüllung seiner Bestimmung? Ach, ich begreife ja alle«. Auch daß, da niemand zu uns kommen darf, sie außerhalb de» Elternhauses de« Manu ihrer Wahl suchte und fand. Aber es ist doch bitter für mich als Mutter, daß ich zuletzt davon erfahre, durch Zufall, bloß, weil eine

weiche Stimmung sie übermannte.nicht wahr, Du verstehst es,

Peter? Sich sage» zu müssen: gestern noch warst Du Deinen Kindern alle», kein Schatte» in ihrer Seele, den du nicht zuerst sahst, keine Schönheit, an der Du Dich zuerst erfreutest, kein Wunsch in ihnen, al» Dir zu gefallen .und heute? Wa» bin ich denn heute noch für sie? Eine Neben­person .... eine Sache, die ihren Zweck erfüllt hat!"

Sie brach in wilde» Schluchze» au«. Peter Lott stand reglo«, wie erstarrt, und blickte hinaus in de» sonnigen Frühlingstag. Er hatte die Empfindnng, als sei es plötzlich stockfinster um ihn geworden. Der schmale Silberstrahl von gestern abend vorbei erloschen alle» tot, zwecklos, leer, undurchdringlich. Eisige Tropfen standen auf seiner Stirn.

Ei« rieselte über seinen Rücke». Und dann eine blendende, grelle, blutrote Helle mitten in die Finsternis hinein:Du liebst sie, Wahnsinniger! Und ein anderer nimmt sie hin in all ihrer Pracht al» sein gute» Recht" Frau Lore trocknete ihre Augen und blickte wieder in verzehrender Angst auf ihren Schwager.

Beide auf einmal verlieren, da» ist hart, nicht wahr? Aber ich will'« ja lernen muß e» wenn ich nur über da« eine beruhigt sein könnte, ob e» wirklich da» Glück ist, dem sie entgegengehen? Die Ehe kann etwa» so Große«, Heiliges sein und etwa» so tief Entwürdigendes. Und «un zu denken, daß ich als Mutter machtlos dastehen muß, in meinen Kindern preiSgegebe» der Gnade oder Ungnade fremder Menschen! Für mich Hab' ich nicht gefürchtet, nicht geklagt, aber für sie Wa» weiß denn die Jugend von de» Tiefen des Lebe«»!"

Wer ist es?" fragte Peter Lott mit rauher Stimme, und Fra« Lore seufzte.

Weiß ich'» denn genau? Sie will nachher selber zu Dir komme« und Dich bitten Du sollst uns nämlich helfen, Peter. Er heißt Ferry Lanzendorf, der Regiffenr vom hiesigen Theater, weißt Du, und Direktor der dramatischen Schule, die man vor Jahresfrist gründete."

Sin Schanspieler!" murmelte Peter bitter und verächtlich. Nicht gerade da». Er spielt nicht selbst. Und dennoch Han» wird außer sich sein! Er, der nur akademische Bildung gelten läßt. Es wird furchtbare Stürme geben, aber das ist es nicht, da» wolle« wir ja gerne tragen, gelt, wenn nur und er liebt Affunta rasend. Will sobald al» möglich in» Hau», sobald als möglich heiraten sie hofft auf Dich. Du sollst e» Han» begreiflich mache«, sollst Lanzendorf einführen" Nie!" Peter stieß e» hart und wild Hera«». Dann übersprudelten sich die Worte förmlich.

(Fortsetzung folgt.)