183.

86. Zichqmg.

Amts- und Aiyeigeblatt für den MeramtsbeM Calw.

TrscheinungStage: M»nta», DIenrta«, Mitt«»S, S»nn«rttag, Freitag und Samttag. Jnserti»n«pre>« iS Vtg- Pr» Zeile für Stadt u. Be>irk-or1e; außer Bezirk 1» Psg.

Dienstag, den 8. August 1911.

BezugSpr. i. d. Stadt '/^ährl. m. LrLgerl. Mk. i.LS. Postbezugrpr. f.d. OrtS-u.NachbarortSuerk. ^.jährl. Mk. i. 26 , im Fernverkehr Mk.1.30. Beftellg.in Würrt.M Pfg., in Bayern u. Reich 4L Psg.

Tagesueuigkeiteu.

* Calw8. Aug. Die Getreide- und Oehmdernte Hit in diesem Jahr frühe be­gonnen. Das heiße und trockene Wetter hat die AuSreifung der Getreidefrüchte sehr gefördert. Der Körnerertrag ist hinsichtlich der Qualität vorzüglich, hinsichtlich der Quantität befriedigend. Gestern sahen wir die ersten Garbenwagen in die Stadt fahren. Die Garben sind recht schwer und die Körner schön und voll ausgewachsen. Wen» so die Getreideernte zur Zufriedenheit de» Landmanns ausfällt, so ist die» bei den Futter­gewächsen nicht der Fall. Der Ertrag ist hier wenig befriedigend; nur Wiese«, deren erster Schnitt frühzeitig gemäht worden ist, geben einen einigermaßen ordentlichen Ertrag, dagegen liefern spätgemähte Wiese» beinahe gar keinen zweiten Schnitt mehr. Die Oehmdernte ist fast voll­ständig schon vorüber; auf einen dritte« Schnitt kann vorerst nicht gerechnet werden. Die an­haltende Dürre wirkt leider auch auf die Obst- ausfichte« ungünstig ei». War schon früher der Obstertrag in keinem Ort des Bezirk« nur auch mittel, so sind jetzt überall geringe und sehr ge­ringe Ernten in Aussicht zu nehmen. Aepfel und besonder« die Zwetschgen, welch letztere einen guten Ertrag versprachen, fallen infolge der Trockenheit ab; manchen Zwetschgenbäume habe« bereits dürre» Laub und können daher die Früchte nicht mehr ernähren. Massenhaft liegen die Zwetschgen auf dem Boden. Eine Folge der Trockenheit ist auch da» starke Auftreten der Mäuse. Auf den abgemähten Wiesen sieht man sehr viele Gänge der lästigen und schädlichen Tiere.

Unterreichenbach 7. Aug. Der gestern hier abgehaltene Bezirks-Kriegertag nahm einen glänzenden Verlauf. Trotz der

Ernte- und Oehmdarbeiten beteiligten sich 19 Vereine an dem kameradschaftlichen Beisammen­sein! Einfach aber würdig gestaltete sich der Empfang der Vereine seiten» der Gemeinde und der hiesigen Kameraden. Nicht endenwollenden Beifall fand die Ansprache de» Hrn. Bezirks­obmann», Stadtschultheiß Conz au» Calw. Sogar die zur Feier anwesendenBadenser- Schwaben", die frühere« Angehörigen de» XIII. Armeekorps, die jubelnd hier empfangen wurden, bekundeten iu warm empfundener Ansprache dem Herrn Bezirksobmann und den hies. Kameraden ihre» Dank für die schönen und erhebenden kameradschaftlichen Darbietungen. Höchste Bei­fallskundgebungen ernteten dir verehr!.Calwer Vereine" durch die ausgezeichneten und aus­dauernden Leistungen ihrer mitgebrachtenJugend- kaprlle", die überall symphatisch begrüßt wurde. Ein kleine» Tanzvergnügen unserer hiesigen fleißigen Musikkapelle beschloß die patriotisch an­regende Feier.

Wildbad, 6. Aug. Zeppelin kommt! Die Enttäuschung von Freudenstadt ficht ««» nicht an. Am Mittwoch den 9. August hoffen wir umso bestimmter auf den Besuch de» Luft­schiffe»Schwaben" in Wildbad. E» wird von Baden-Baden über den Sommerberg fliegen, über Wildbad eine halbe Stunde kreuzen und dann nach Baden-Baden zurückfliegen. Der Aufstieg ist auf 7 Uhr vormittags, da» Erscheinen über dem Sommerberg auf '/r99 Uhr festge­setzt. Nur wen« die Hitze nachläßt, wird die Fahrt, dem Antrag de» Stadtvorstande» gemäß, um 13 Stunden verschoben. Ein Abstieg iu» Tal ist nicht vorgesehen. Die Bergbahn hält numerierte Sitzplätze für Zuschauer bereit.

Nagold 7. Aug. (Waldbrand.) Im Stadtwald Distrikt Killberg brach Feuer au»,

das leicht hätte schlimme Folgen haben könne«. Al« da» Wachkommando auf dem Brandplatz ankam, war da» Feuer aber von der früher be­nachrichtigten Feuerwehr von Oberschwandorf iu der Hauptsache gelöscht. Nach angestrengter ein- stündiger Arbeit konnte auch da» Wachkommando wieder einrücke«. Der Brandplatz hat eine Au»- dehnuug von 5 ar. Der Brand ist zweifellos durch Unvorsichtigkeit entstanden. Der Täter ist unbekannt.

Freudenstadt 7. Aug. Da» Zeppelin'sche LuftschiffSchwaben" hat die Scharte von gestern bereit» au»gewetzt. Nachdem der Barometerstand sich erheblich gebessert hatte, von dem starke« Westwind nichts mehr zu spüre» und da» ge­brochene Kugellager im Getriebe a«»gebeffert war, verließ das Luftschiff heute früh Uhr seine Halle in Oo» bei Baden-Baden und unternahm durch da» Murgtal die Höhenfahrt nach Freuden- stadt, wo die Ankunft um Uhr erfolgte. Da» Luftschiff machte eine prächtige Schleifeu- fahrt über der Stadt und fuhr sodann langsam in der Richtung nach Horb zu, wobei e» die viele» Tausende die gestern au« der Umgegend vergeblich hierher gekommen waren, durch seinen Anblick zu entschädige« trachtete. E« blieb »och etwa V» Stunde lang sichtbar.

Böblingen 7. Aug. (Brand.) Inder der Oekonomirverwaltung der Zuckerfabrik ge­hörige« 50 Meter vom frühere» Fabrikgebäude entfernten, mit Heu und Stroh gefüllten Schmer brach au» unbekannten Gründen Feuer au». Die Scheuer wurde total vernichtet.

Stuttgart 7. Aug. Wie berichtet, sind wegen de» Futterau»falls an die Staat»- regierung zwei Anfrage» ergangen. Die de» Bauernbunde» lautet:Ist die K. Staattregierung

Frau Lores Lebenswerk.

S) Roman von Erich Ebenstein.

«Fortsetzung.)

Ein friedliche» Alter? Sanfte» Zurruhegehe« «ach hartem Kampf: Peter lachte höhnisch auf. Al» ob'» da» gäbe irgendwo oder irgendwann! Nur daß der Mensch wenigsten» so viel Weisheit und Scham gelernt hat, seine brennenden Schmerzen nicht mehr an die Glocke zu hänge«.

Da» Alter trägt schweigend, wa» die Jugend in alle Winde schreit und da« ist der ganze Unterschied. Sonst aber-

Peter Lott stand plötzlich auf. Was grübelte er den» da zusammen? Narrheit. Uusin». Verworrene Gefühle warfen ihn au» dem Gleichge­wicht, so unklare und lächerliche Gedanken, wie sie einer hat, dem die Jugend oder der Alkohol den Sinn verwirrt

Er machte Licht und wusch sich den graue« Kopf mit dem Spitzbart in eiskaltem Wasser. Wieder und wieder, al» könne er damit die Ge­danken au» seinem erhitzten Gehirn spüle».

Dan« legte er sich zu Bett und la» in einer Sammlung merk­würdiger Kriminalfälle bi» lange nach Mitternacht.

Gegen Morgen fuhr er jäh au» dem Schlafe auf. E» war ihm gewesen, als habe eine weichtönende Stimme gerufen:Morgen komme ich zu Dir, Onkel Peter!"

3. Kapitel.

Gegen 10 Uhr klingelte e» bei Peter Lott. Die Aufwärterin, welche täglich früh kam, um Ordnung in de« zwei Stube« zu mache», war schon fort; so mußte er selber öffne».

Der Ton der Klingel hatte ihn so erschreckt, daß ihm alle» Blut zum Herze» schoß obwohl er seit einer Stunde darauf wartete.

In zwei Sekunden war er draußen.

Aber e« war nicht Assunta, die nun etwa» atemlos von den vier Treppen vor ihm stand, sondern Frau Lore Fabriziu».

Sie kam vom Markte, wo sie Fisch und Geflügel für den ver­wöhnten Gaume» ihre» Gebieter» gekauft hatte, und e» war nicht» Auf­fällige« dabei, daß sie auf dem Heimweg, wie auch sonst oft, bei dem alten Mann vorsprach, in dessen Vereinsamung ihre weibliche Fürsorge manchen Lichtstrahl trug.

Und doch hatte Peter Lott bei ihrem Anblick sofort da, Gefühl, daß sie heute etwa» Außerodentliche» zu ihm führe.

Schon ihr Gang kam ihm anders vor al» sonst, müde, schleppend beinahe, und die sonnigen Auge» schienen verschleiert.

In der Stube angekommen, ließ sie sich schwer auf eine» Stuhl fallen, öffnete ihre Tasche etwa» und legte ein Büschel Gentianen und duftende Alpenprimel» auf den Tisch.

Ich weiß, daß Du Blumen lieb hast, Peter, und da dachte ich, Du würdest vielleicht Freude daran haben. Auch Hab' ich Krebse gekauft -wenn Du abend» zu uns hinauskommst-."

Er dankte mechanisch und sah dabei immer nur den unruhige», ge­quälte» Blick ihrer verschleierten Auge», der ihn selber unruhig machte.

Du bist nicht deshalb allein gekommen, Lore, nicht wahr?" fragte er endlich.

Sie schüttelte den Kopf.

Nein. Ich brauche Deine« Rat. Vielleicht auch Deine Hilfe. Du weißt ja, daß ich ihm mit dergleichen nicht kommen darf .... er so reizbar .... und Du warst «»» allen immer ein treuer Freund. Wohin sollte ich sonst gehen, wenn mir da» Herz schwer ist. So schwer, Peter."

Sie seufzte tief auf und er nahm ihre Hand beruhigend in die seine

Wa» ist, Lore? Rudi» Verlobung?"

Nein. Assunta."