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Stuttgart, 3. Aug. (Hoteldiebstähle.) Der Buchbinder Adolf Müller logierte sich in zwei hiesigen Hotel« unter dem Namen eine« Studenten ei» und stahl Hotelgäste» gehörige Stiefel und Kleid«»g»stücke. Der Angeklagte ist trotz seiner Jugend wegen Diebstahl« wiederholt vorbestraft. Nach Verbüßung seiner letzten Strafe wurde er in einer hiesigen Buchbinderei untergebracht. Da« geordnete Lebe» gefiel ihm aber nicht und er verlegte sich wieder auf» Stehlen. Er stammt au» ungünstigen sozialen und familiären Verhältnissen; zudem wurde er durch da» Lesen von Schundliteratur in seiner Phantasie verdorben. Da» Urteil der Strafkammer gegen ihn lautete wegen 9 Diebstähle i. R. auf I Jahr Gefängnis abzüglich 1 Monat Uatersuchung«haft.
Stuttgarts. Aug. (Tierquälereien.) Man schreibt der „Wükttemberger Zeitung": Fast jede» Samstag nachmittag passieren ein oder zwei Tranlporte Großvieh «ach Mannheim Stuttgart, von wo au» mit dem Zug« 5,12 Uhr die Weiterfohrt erfolgt. Die Waggon», die meisten» vom Remital kommen, find oft derart mit Vieh vollgepfropft, daß man sich nur wundern muß, wie da» möglich ist. Wohl dürfte eine Bestimmung existiere«, wonach so und so viel Vieh auf eine» Waggon kommen soll, jedoch ist wie überall ein Unterschiede» gibt große und kleine. So war am letzte» Samstag wieder ei» Transport zu sehen, der jeder Beschreibung spottet. Die Seitentüre war nur ei» klein wenig geöffnet, sodaß man gerade noch mit dem Kopfe hineivlugen konnte, die armen Tiere standen zusammengepreßt nebeneinander und trieften vor Schweiß. Ein Tränken oder Füttern war hier ««»geschloffen. Schreiber diese« konnte nur erfahre», daß der Wagen in Kornwestheim abgekuppelt wird, wie lange e» dauern würde, bi» er in seiner Bestimmung»station eintrifft, war nicht zu ermitteln. Man braucht sich also nicht zu wundern, wenn manchmal auf dem Transporte einige Tiere krepieren. Am Samstag vorher «ahm ebenfall« eine Anzahl Personen Stellung gegen eine gleiche Ladung, die mit demselben Zuge abging. Hier war au der Seitentüre noch ein Tier angebracht, da» sich wahrscheinlich au» Mattigkeit niederließ. Da» Tier war an den Hörnern in die Höhe gebunden, konnte somit weder recht liegen noch aufstehen. Von der andere« Sette her schrie ein Kalb um Hilfe, da» von dem Großvieh fast zusammengedrückt wurde. ES wäre nun an der Zeit, daß gegen solche Vorkommnisse eingeschritte» würde. — Mt Rücksicht auf die Gefahren, die de» Schweine- sendunge» infolge der allzugroße« Hitze droheu, hat die Generaldirektion der badischen Staatreisenbahnen angeordnet, daß Kleinvieh in Wagen
ladungen nur mit Begleitung angenommen werde« darf. Die norddeutschen Verwaltungen find ersucht worden, von de» Versendern da» gleiche zu fordern. Sendungen, die unbegleitet auf den badische» Grenzstationen ankommen, werden eisenbahnseitig mit Begleitung versehen und erst weiterbefördert, wenn die Tiere gefüttert und getränkt find. In den letzte» Tage« trafen begleitete Sendungen in Karlsruhe an. Die Tiere waren trotz 2—8 tägigem Transport in guter Verfassung.
Stuttgart,3.Aug. (Vom Obstmarkt.) Auf dem heutige« Großmarkt galten folgende Preise: Heidelbeere» 26 bi» 28 Pfg-, Johanni», beeren 18 Pfg., Stachelbeeren 16 Pfg., Aprikosen 25—40 Pfg., Pfirsiche 30—40 Pfg., Pflaume» 10—15 Pfg., Birnen 15—25 Psg., Aepfel 15—30 Pfg., Bohnen 14—16 Pfg., per Pfund, 100 Stück kleine Einmachgurken 55 bi« 65 Pfg.
Stuttgart 3. Aug. Bei de« Daimlerwerken ist die Lage vorerst immer noch unverändert. Gestern nachmittag hat eine dreistündige Verhandlung stattgefunden zwischen de« Vertretern de» Verband» der Metallindustriellen und der Arbeitnehmer. E» wurden dabei die Ansichten eingehend ausgetauscht; ein endgültiges Ergebnis wurde nicht erzielt. E» ist anzunehmen, daß die Verhandlungen im Laufe der nächsten Tage fortgesetzt werden.
Untertürkheim 3. Aug. (Arbeiterbewegung) Ueber die bereit» erwähnten Verhandlungen wegen der Aussperrung bei den Daimlerwerken, wird der Deutsche Metallarbeiterverband de» Arbeitern der Fräserei heute abend Bericht erstatten. Morgen früh 7 Uhr soll auf einem freien Platze hinter der Wolff'sche» Fabrik in Untertürkheim eine Versammlung der gesamte» Daimlerwerke abgehalten werden.
Mühlacker 3. Aug. (Der falsche Haken.) Der Eilzug Mühlacker—Karlsruhe, Mühlacker ab 1.39 Uhr mittag», hielt gestern unweit der Station Enzberg, ohne daß die Paffagiere wußten we»halb. Nach kurzem Aufenthalt ging die Fahrt weiter. I« Pforzheim erfuhr man, daß ei« junger Tourist seine» Rucksack an die Notbremse gehängt hatte, da, wie er bei seiner Vernehmung angab, sonst kein Kleiderhaken frei gewesen sei! Der Mißgriff kostete 30
Güglingen, 3. Aug. Die Ernte ist in vollem Gang. Gerste und Roggeu ist daheim, der Dinkel ebenfall» mit wenig Ausnahmen; ebenso der weiße Winterweizen. Auch der rote Stachelweizr» der sonst etwa» später kam, ist zum Schneiden reif. Die Haberäcker auf dem Heuchelberg stehen wunderschön »ud sind in
Wie immer in ähnliche« Fällen, genügte schon Frau Lore» sauste Stimme, um den Kranken ruhiger zu machen, «ud der Appell an seine „Güte" — die gar nicht vorhanden war — schmeichelte dem Alten.
Er beguügte sich also, wie ei» bissiger Hund, dem man eine» Knochen hingrworfe» hat, mit der knurrenden Versicherung, daß er im Grunde nicht» dagegen hätte, wenn jemand partout in» Unglück rennen wollte, nur solle mau nie vergessen, daß er unter keinen Umständen Geld Herausrücken werde. Alle atmete» auf, und der Friede schien wieder hergestellt. Nur Rudolf schien etwa» gedrückt und blickte manchmal verlege» und unsicher »ach der Mutter hin, bis diese, endlich verstehend, sich erhob und unter dem Vorwand, etwa» zu holen, die Veranda verließ.
Gleich darauf folgte ihr der Sohn.
Und draußen im dunkle« Flur schlang er die Arme flehend um ihre Schultern.
„Mama — Liebe, Beste — hilf mir! Ich liebe sie so sehr und — und —"
Zärtlich strich sie ihm über den blonden Schopf.
„Wa» denn, Liebling? Wa» ist'»."
„Nimm Eva zu Dir bi» zur Hochzeit! Ich wagte e» drinnen nicht zu sage» vor Papa, und siehst Du, ich kann sie doch nicht vor den fremde» Leuten weg, bei denen sie dient, heiraten. Nicht wahr, da» siehst Du ein?"
Fra« Lore nickte. Ja, sie sah e» ei». Aber eine Flut von Stürmen stieg dabei vor ihr auf. Der Kranke drin — wie ihn dazu bringen? Er, dem jeder fremde Mensch ein Greuel war-
Rudolf sprach leise i« sich Hinei«.
„Eva hat nie ein Heim gehabt. Sie weiß nicht, wa» Mutterliebe ist. Sie weiß nicht» von de» Segnungen de» Familienleben» — Mama, wer könnte ihr da» alle» zu teil werden lassen al» Du?"
Sie war gerührt, erschüttert. Ihr weiche», edle» Herz, da» in Liebe die gauz« Welt umfaßt, maste sich au», wie glücklich sie dieses arme Mädchen mache« wollte, wie sie sie entschädige« wollte für alle«, wa» diese
einige« Tagen infolge der anhaltende« große« Hitze schnittreif. Die Erdkruste lechzt und hat große Sprünge. Seit sech« Woche« ist kein auch nur einigermaßen reichlicher Regen mehr gefallen. Gewitter steigen auf und verschwinden bald wieder ohne Niederschlag. Nacht» über ballen sich dunkle Wolken, um gegen früh zu verschwinden. Die Nächte, da» ist da» einzig Gesunde an dieser Temperatur, find kühl. Die Wasserleitung funktioniert vorzüglich und die Voraussicht der Stadtverwaltung, die entgegen der öffentlichen Meinung eine Pumpstation durchdrückte, hat sich im ersten Jahr der Tätigkeit de» Werke» glänzend bewährt. In den Weinbergen steht Laub und Traube gesund, nur vereinzelt sieht man Schaden durch Mehltau. Ein reichlicher Niederschlag würde bei dem vorgeschrittene« Entwicklungsgrad der Trauben den Wrin bald zum Einschießen bringen. Da» Drückendste bei der große» Hitze ist die kolossale Staubplage, die durch den Autoverkehr stark zunimmt.
Schwaigern OA. Brackenheim 3. Aug. Ei« hiesiger Bauer hatte gestern einen halbe« Morgen Haberfeld glücklich abgeerntet und zog mit dem hochbeladenen Wagen seiner Scheuer zu. Gewohnheitsmäßig rauchte er seine Pfeife und da sie nicht richtig zog, hantierte er in ihr herum, sodaß Funken au» dem Kopfe flogen. Plötzlich brannte der Haber auf dem Wage». Da» Feuer war nicht zu löschen, bi» die ganze Frucht und auch zum Teil der Wage« verbrannt war. Hätte« nicht Nachbarn geholfen, wäre da» Feuer sogar auf die nahen Fruchtfelder übergesprungen.
Eßlingen, 3. Aug. (Fleischabschlag.) Die hiesige Mrtzgergenoffenschaft hat beim Ochsen- und Rindfleisch einen Abschlag von 2 Pfennig und beim Kalbfleisch einen solchen von 5 Pfg. je für da» Pfund eintreten lasten, sodaß nunmehr kostet: Ochseufleisch 92 Pfg., Rindfleisch 88 Pfg., Schweinefleisch wie seither 85 Pfg., Kalbfleisch 90 Pfg., Hammelfleisch wie seither 75—85 Pfg. je per Pfund.
Reutlingen 3. Aug. Nachdem da» hiesige Technikum für Textilindustrie vor einigen Jahre» unter Mitbeteiliguvg der K. Zentralstelle für Gewerbe «vd Handel auf eine gewissermaßen staatliche Grundlage gestellt wurde, geht der weitere Au»ba« schrittweise und sicher vor sich. ES wurde zunächst eine Au»legestelle für Patentschriften der einschlägigen Industries»» eingerichtet, dann wurde ein K. Prüfamt für Textilstoffe geschaffen und jetzt hat da» Technikum selbst die Bezeichnung „Kgl." zu führen. Wenn e» in diesem Tempo weiter geht, geht schließlich auch der Wunsch der maßgebende» Kreise hiesiger
entbehrt hatte — Drei Kinder statt zwei — eine neue Tochter, der sie ganz und gar Mutter sein durfte. Ach, und überhaupt ein Mensch, der sie brauchte, jemand, der ihre Liebe wollte, schon da» hätte genügt — eine überströmende Zärtlichkeit schwellte ihr Herz für die unbekannte Waise. Geben! Liebe, Fürsorge, Zärtlichkeit geben dürfen, und immer wieder gebe», war alle», wa» diese Frau sich vom Lebe« wünschte.
„Bringe mir Deine Eva!" sagte sie weich. „Ich werde mich so freue« ihr Mutter sein zu können."
„Und Papa?"
„Laß nur. Wenn er mir auch nicht» zulieb täte, er hängt doch in seiner Bequemlichkeit von mir ab. Er wird e» mir nicht versagen — uud ich werde ihn doppelt hege» und pflegen dafür."
„Mama! — Wie engelsgut Du bist!" Er umarmte sie stürmisch. „Alle«, wa» Gute» uud Schöne» in meinem Lebe« war, danke ich dir! Alle» nimmst Du auf Dich für Affunta und mich — wie werden wir Dir da» jemals vergelte« können?"
„Liebt »sich I" murmelte Frau Lore leise, „für wen lebt den» eine Mutter sonst, al» für ihre Kinder?"
E» durchschauerte den jungen Man» seltsam bei diese» demütig bittende« Worte«. Daß er eine gute Mutter gehabt, wußte er schon lange, die beste vielleicht — aber jetzt, wo er im Begriff stand, selbst eine Familie zu gründe», durchzuckte ihn da» Wort „Mutter" plötzlich wie ein ganz «euer, erhabener Begriff. (Forts, folgt )
Humoristisches.
Unangenehm. „Vater, der Gerichtsvollzieher wartet im Wohnzimmer auf dich!" „Hast du ihm einen Stuhl angeboten?" „Jawohl; den hat er sofort gepfändet."
Ein gute» Fischwasser. Fremder: „In de« Flusse hier wird ja geaugell . . . werden den« auch Fische erwischt?" — Polizist: „O ja — aber mehr Angler al» Fisch'!"!
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