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Amts- und Anzeigedlatt für den Oderamtsbezirk Calw» 86. Jahrgang.

Lrschednin-»tage: M»nta», Dienstag, Mittiooch, »»nnerttag, Freitag und SamStag. JnsertianSpreiS t> Wfg. pro Zeile für Stabt u. BejirkSorte; außer Be,irt 1» Pfg.

Ireitag, den 4. August 1911.

»ezugSpr. t. b. Stadt '/.jLhrl. m. Träger!. Mk. 1.25. PostbezugSpr. f. d. Orts-u. Nachbarortsverk.- ,jährl. Mk.! .20, im Fernverkehr Mk. 1.30. Bestellg. in Württ. S0Psg., in Bayern u. Reich SüPf»

Tagesneuigkeiteu.

Calw 4. Aug. Die Feuerwehr­abgaben werden künftig erhöht werden. Seither waren 3 Stufen festgesetzt, nämlich 2, 6 und 10^; künftig betragen die Satze 3, 6, 10, 15 und 20 Die Genehmigung zu dieser Er­höhung hat die Behörde gegeben, so daß die neuen Abgaben vom 1. April 1912 an in Kraft treten werden.

X Calw 4. Aug. Für den Fall, daß bei günstigem Weiter am Sonntag da« Luftschiff Schwaben" eine Fahrt von Baden-Baden nach Freudenstadt unternimmt, wird ein Sonder - zug von Calw nach Freudenstadt abge- laffe». Abfahrt in Calw vorm. 5 Uhr, Ankunft in Freudenstadt 7 Uhr 4 Min. vorm. Da» Luftschiff trifft keine»fall« vor V-8 Uhr in Freudeustadt ein.

* Calw 4. Aug. Die Periode der große« Trockenheit und Hitze wird nun allmählich durch Gewitterregen unterbrochen. Zwar sind e« stet» Gewitter, die de« erwünschten Regen bringe», der Landregen bleibt immer noch au», aber doch kommen wenigsten» einige Niederschläge, die dem Erdreich Erquickung bringen. Gestern abend zog sich ein Gewitter zusammen, da» sich in der Hauptsache nicht über unserer Stadt entlud, aber von einem kräftigen Regen begleitet war. Der Regen brachte auch eine starke Abkühlung und köstlich war die Luft auf den Anhöhen der Stadt, während im Tale selbst die Schwüle weniger abnahm. Im allgemeinen sind die Nächte aber sehr angenehm und die Wohltaten unsere» Schwarzwalde» machen sich in den heißen Tagen auf» vorteilhafteste bemerkbar.

X. Hirsau 4. Aug. Da» am 29. Mai hier stattgefuudeneGemeinde- undKinder-

fest hat durch sein interessante» Programm, namentlich durch den originellen, entzückenden Festzug, durch die lustigen und reizenden Be­wegung»- und Singspiele, sowie durch die teil» ernsteren erhebenden, teil» heiteren, köstliche«, zum Lachen hinreißenden Deklamationen so große Freude und Bewunderung hervorgerufev, daß die Gemeinde den Veranstalter de» Ganzen ge­beten hat, unseren verehrten Kurgästen zulieb eine Wiederholung vorzunehmen. Diese wird, wie schon ein Inserat in diesem Blatt angezeigt hat, am kommenden Sonntag, den 6. d». Mt»., stattfinden. Der Festzug wird dieseSmal noch wesentlich erweitert sein, namentlich durch Ein­reihung einiger neuer spaßiger Gruppe«. Wegen der hochgradigen Hitze empfindet man e» doppelt dankbar, daß un» der schattige Klostergartev al» Feflplatz überlasten wurde. Am Abend werden die Festgäste »och erfreut werde» durch die Be­leuchtung der Klosterruinen seiten» de» Vrrschö- nerungßvereiv». Die Musik leistet un» die gut­geschulte vollständige Calwer Stadtkapelle. Wegen der nicht unbedeutenden Kosten wird am Festplatz ein kleine» Eintrittsgeld, von den Erwachsenen im Betrag von 20 erhoben werden; von den Kindern über 6 Jahren die Hälfte.

Stuttgart 3. Aug. (Landtag.) Die Zweite Kammer setzte heute ihre Be­ratung der Denkschrift über die Vereinfachung der Staatsverwaltung beim Departement de» Auswärtigen fort. Namen» de» Zentrum» ver­trat Vizepräsident Dr. v. Kiene den Leitsatz, daß eine Vereinfachung weder volkswirtschaftliche, noch politische oder ideale Interessen gefährden darf. Redner regte eine Aufhebung der General- direktionen der Eisenbahnen und der Post durch Angliederung al» Miuisterialabteilung an da» bestehende oder durch ein neu zu bildende» Ver­

kehrsministerium an, desgleichen eine Anzahl Neuorganisationen innerhalb der Verkchr«- verwaltung. Baumann (D.P.) vermißte die Erwähnung der Gesandschaften in der Denk­schrift, im Gegensatz zu seinem Vorredner ist er nicht für deren Beihaltuvg, wünschte aber gleich­falls eine Steigerung des Verantwortlichkeits­gefühl» der Beamten. Nach einigen Vereiu- fachunglvorschlägenderAbg. Graf-Stuttgart (Z.) und Wieland (D.P.), der eine Art technisches Ministerium forderte, erwiderte der Minister­präsident, ein Techniker, der nicht praktischer Verwaltungsman« sei, könne zur Vereinfachung der Verwaltung nicht beitragen. Eine Aufhebung der Generaldirektionen werde keine wesentliche» Ersparnisse ergeben. Nach weiterer unerheblicher Debatte ging das Hau» zum Departement de» Innern über. Präsident v. Payer verlangte weitere Erhebungen über die Frage der Ab­schaffung der Kreisregierungen. Diese dürfe nicht so ohne weitere» erfolgen. Morgen kleinere Vorlagen und Fortsetzung.

Stuttgart 3. Aug. (Die Zeile« ändern sich.) Gestern vormittag 9 Uhr kamen mit dem Pariser Schnellzug etwa 20 junge Franzosen unter der Führung ihre» Lehrer» Professor Charlochst au» Etampe» hier an, der schon im vorigen Sommer mit einer Anzahl Zöglinge hier weilte. Die jungen Franzose» wollen 12 Monate hier bleiben um Deutsch zu lernen. Jeder der Gäste kommt in ein andere» Haus, damit er seine Muttersprache weder höre« noch sprechen soll. Der Professor sammelt seine Schüler täglich eine Stunde um sich, um ihnen Unterricht in der deutschen Sprache zu erteile». Die Teilnehmer de» vorjährigen Kurse» waren von ihrem Stuttgarter Aufenthalt sehr befriedigt. So haben sich die Zeiten geändert.

Frau Lores Lebenswerk.

2) Roman von Erich Ebenstein.

iFortsetznng.)

Frau Lore hatte recht, wenn sie sagte: wir dürfe» stolz auf ihn sein. Sie war e» auch. Und nicht bloß auf seine Stellung, seine Beliebt­heit, seine Schönheit, sondern darauf am meisten, daß e» keinen besseren, zärtlicheren Sohn gab als ihren Rudi.

Der junge Mann hatte inzwischen Onkel Lott begrüßt und schob nun mit starken Armen den Fahrstuhl des Vater» in da» Speisezimmer an den Kaffeetisch, denn Minna hatte den Kaffee aufgetragen.

2. Kapitel.

Fra« Lore fragte immer wieder, ob denn niemand eine zweite Taffe wünsche? Dabei glitt ihr Blick immer unruhiger und fragender «ach dem Sohn, der still lächelnd vor sich hinsah.

Und da sagte er e» ihnen endlich. Genau da», was Assunta er­wartet hatte: vor Jahresfrist hatte er sich verliebt, jetzt, »ach seiner Er­nennung zum Bezirk»richter in Schlohstädt verlobt, und in einem halbe» Jahre wollte er, wenn alle» gut ging, heiraten.

Mit kurzen, schlichten Worten, den Blick immer voll aus die Mutter gerichtet denn wer konnte ihn wohl besser verstehe» al» sie? erzählte er von Eva König und seiner Liebe zu ihr.

Aber er sprach nur von ihrer Schönheit, ihrer liebliche» Mädchen­haftigkeit, ihrer Sanftmut und Geduld nicht» von ihre» äußeren Ver­hältnissen, worauf der alte Fabriziu» doch gerade bräunte. Endlich konnte der sich nicht länger hatte» u»d platzte ungeduldig «Uten in da»verliebte Gedusel", wie er e» verächtlich nannte, mit der Frage hiuetn:Na,

hoffentlich hat Deine Zunkünftige auch eine» hübschen Batzen Geld und einflußreiche Verwandte?"j

Rudolf errötete. Dann aber sagte er, den Vater gerade anblickend, sehr bestimmt:Nein Papa. Eva ist eine arme Waise, die sich ihr Brot als Gouvernante erwirbt. Wa» mich bewegt, sie zu heirate», ist Liebe wahre Liebe."

Einen Augenblick war e» still. Assunta saß etwa» vorgebeugt da und hing mit leuchtende« Blick an de« Bruder» Antlitz. Frau Lore war rot geworden wie ein junge« Mädchen, und e» war, als ob eine Last von ihrer Brust gefallen wäre. Peter Lott lächelte ei« sarkastische» Lächeln. Aber der alte Fabriziu», der einen Moment sprachlos gewesen war, unter­brach die Stille jetzt, indem er seinen hageren Körper emporschnellte, mit der geballten Faust auf den Tisch schlug und wild herautstieß:

Und damit wagst Du mir zu kommen? Mir? Hinter meinem Rücken! Mit einer so hergrlaufenrn Person! Wa» glaubst Du denn? Daß ich meine Einwilligung gebe« werde? Nie, sage ich Dir! Nie!"

Das würde mir sehr leid tu», Papa, aber e» könnte an meinem Entschluß doch nicht» ändern. Ich bin großjährig und habe genug, um ein Weib ernähren zu können."

Al» Bezirk»richter! Hahaha! Uud wenn Kinder kommen? Wen« Krankheiten eivkehren? Dann glaubst Du wohl, daß der Alte einspringen wird? Aber ich sage Dir"

Lieber Han», wozu erregst Du Dich re««? Du weißt, daß e»

Dir schadet Rudi wird unsere Hilfe ja nicht brauchen, da seine Eva

al« arme» Mädchen gewiß keine großen Ansprüche macht. Ich finde, e»

ist eben darum ein Glück, daß er just so gewählt hat. Liebe Hilst ja

über alle» Hinwegs und reiche Mädchen find heutzutage sehr verwöhnt. Ich bin sicher, Du hättest Dich in eine anspruchsvolle Schwiegertochter viel schwerer gefunden, und dann Du bist doch gut! Du liebst doch Dein Kind. Du wirst ihm gewiß sei« Glück nicht verdüstern «olle«"