uische Majestät ist in Berlin im Aufträge des Hofmarschallamts ein Sonnenschirm von riesigen Größeuverhältnissen angefertigt worden. Der Form nach entspricht der Schirm dem kolossalen Sonnendach, welches hoch über dem Haupt des zu Pferde thronenden Sultans von Marokko gehalten zu werden pflegt, damit seine geweihte Person, vor heißen Strahlen geschützt, mit kühlem Schatten bedeckt bleibe.

* Berlin, 4. März. Der Reichsanzeiger meldet: Der Kaiser hat den Ministe: des Innern beauftragt, der Schutzmannschaft für ihr besonnenes, umsichtiges und energisches Ver­halten bei den jüngsten Straßenunruhen seine Anerkennung auszusprechen.

* Von nationalliberalen, deutschfreifinnigen und volksparteilichen Reichstagsabgeordneten wird zum Etat des Auswärtigen Amts bean­tragt, den Herrn Reichskanzler zu ersuchen, zu veranlassen, daß bei dem gegenwärtigen fried­lichen Einvernehmen mit den auswärtigen Mäch­ten Verhandlungen eingeleitet werden, welche zum Zweck haben, durch Uebereinkunft von Staat zu Staat die Freiheit des Privateigentums zur See in Kriegszeiten zu einem vertragsmäßig anerkannten Grundsatz des Völkerrechts zu er­heben.

* Dem preußischen Abg.Hause ist ein Gesetz­entwurf betr. den Anschluß der Kirchengemeinde Helgolaud an die ev.-luthertsche Kirche der Provinz Schleswig-Holstein zugegangen.

* Danzig, 4. März. Der Magistrat ließ, um Arbeit zu schaffen, heute früh Erdarbeiten auf den Rieselfeldern beginnen. 220 Arbeiter sollten mittels Dampfer befördert werden, es waren aber 800 an der Landungsstelle des Dampfers erschienen. Die Zurückgebliebenen begingen Ausschreitungen, besonders gegen Bäcker­läden und Brotträger; ein Wagen mit Fleisch wurde geplündert. Jetzt sind zahlreiche Gruppen von Arbeitslosen in Bewegung, welche von der Polizei unschwer zerstreut werden.

* Schleswig. Ein fast verhungerter Deserteur, den angeblich das Vorgehen seines Unteroffiziers zur Fahnenflucht bewogen, wurde der hiesigen Schloßwache zugeführt. Er hatte am 11. Februar seinen Truppenteil verlassen; man entdeckte ihn in der Scheune eines Land­mannes im benachbarten Hüsby, wo er sich volle 12 Tage aufgehalten, fast ohne die geringste Nahrung zu genießen; mit einigen Tropfen Wasser stillte er den brennenden Durst. Der Arme war fast zum Skelett abgemagert. Der Deserteur beheuptet, daß er beabsichtigt habe, Hungers zu sterben, da das Verhalten seines Unteroffiziers ihm unerträglich gewesen. Eine Untersuchung dürfte nähere Aufklärung über diesen bedauerlichen Vorfall geben.

Ausländisches.

* Wien, 2. März. Der Landessanitäts­rat machte eine Eingabe an die Statthalterei, wonach die Uebelstände des Beerdigungswesens am sichersten durch die Leichenverbrennung zu

beseitigen seien und empfiehlt die Förderung der Bestrebungen der Vereine für Feuerbestattung. Die Statthalterei wies die Eingabe dem Ma­gistrat zur Berichterstattung zu.

* Innsbruck. Die Enthüllung des An­dreas Hofer-Denkmals auf dem Berge Jsel ist für September in Aussicht genommen; die-- selbe wird sich voraussichtlich zu einem Landes­feste Tirols und Vorarlbergs gestalten, an dem auch viele Fremde teilnehmen dürften.

* Peter, der wegen Unterschlagung verhaftete Verwalter der Kantonalbank Filiale Winter­thur hat mit Hülfe von Verwandten den Fehl­betrag gedeckt und ist deshalb auf freien Fuß gesetzt worden.

Ueb' immer Treu und Redlichkeit,

Bis du im Grab wirst wohnen;

Doch wenn du einmal stehlen willst,

So stiehl nur Millionen!"

* Rom. Auf die Glückwünsche der Kardi- näle zu seinem Geburtstage antwortete der Papst, er habe, gleichwie Jnnocenz II., alle Bemühungen auf die Unabhängigkeit der Kirche gerichtet und werde den betretenen Weg im Ver­trauen auf die Kraft der Kirche weiter verfolgen und den Rest seines Lebens dieser schwierigen Aufgabe widmen.

* Paris, 3. März. Der.Temps" wider­legt die Behauptung wegen der 800000 Paar Schuhe. Sie sei arg übertrieben; es komme immer vor, daß eine gewisse Anzahl ausrangtert werden müsse, welche das lange Lagern in den Magazinen verderbe. Selbst wenn es 800000 wären, so wäre die Mobilisierung nicht gefähr­det, da viele Millionen Paar Schuhe in den Magazinen liegen, denn es handle sich um die Beschuhung von 23 Millionen Mann.

* Frankreich bleibt das Land der Ueber- raschungen. Nach der ungemein schlechten Auf­nahme, die das Kabinett Loubet in der Presse fand, war zu erwarten, daß schon die erste Vor­stellung der Minister in der Kammer am Don­nerstag keinen großen Erfolg haben werde. Aber man hat sich getäuscht, die Kammer hat mit einer überwältigenden Mehrheit, mit 325 gegen 75 Stimmen, die Erklärungen des Ka­binetts gebilligt.

* Mit der gewohnten Energie setzt der kalt- gestellte Constans den Kampf gegen seine ehe­maligen Ministerkollegen in Szene. Gestern war es Freycinet, heute kommt Ribot, der Mi­nister deS Aeußern, an die Reihe. Diesem wirft er imMatin" vor, er habe zur Zeit der Kron- städter Flottendemonstration den Admiral Ger­vais abberufen wollen, weil dieser durch sein Anbrüdern mit den Russen die französische Po­litik blamiert. Nach Ribots Ansicht wäre Ruß­land nicht aufrichtig und nicht zuverlässig für Frankreich, und deshalb habe der Minister auch, um nicht in russische Abhängigkeit zu geraten, dem Flottenbesuch in Kronstadt den in Hngland folgen lassen. Unwahrscheinlich klingt dies nicht, wenigstens scheinen die Thatsachen die An­gaben Constans' zu bestätigen.

uiedergebrannt. Die bürgerlichen Kollegien der Stadt Eßlingen haben den Gehalt des neu zu wählenden Stadtschultheißen auf 5500 Mark für einen akademisch gebildeten Bewerber festgestellt. Die Nachricht, es seien auf der Liederkranz-Redoute inStuttgart 3000Flaschen Champagner getrunken worden, ist unzutreffend; es wurden lt.N. Tgbl." nur etwa 300 Flaschen Schaumwein konsumiert. In Sontheim wird die elektrische Straßenbeleuchtung eingeführt. Dem Eierhändler E. in Cannstatt find von seinen eingemachten Kalkeiern über 40000 Stück zu Grunde gegangen. Der verwendete Kalk war zu stark angemacht, so daß die Eier davon angegriffen wurden. Vor einer Be­erdigung inLustnausank eine Frau im Trauer­hause plötzlich tot nieder. In dem Steinbruch der Wtw. Elsäßer in C a n n st a t t fiel der Sohn und ein Steinbrecher etwa 50 Fuß hoch herab; während der Sohn nur unbedeutend verletzt ist, ist der Steinbrecher so schwer verletzt, daß an seinem Aufkommen gezweifelt wird. Einem Bauern in Klingenberg scheuten 2 Kühe infolge eines heranbrausenden Eisenbahnzugs u. sprangen samt dem Wagen in den Neckar, wobei beide Tiere ertranken. Se. Maj. der König hat dem Taglöhner C. Kolb in Oberkochen an­läßlich der Geburt seines siebenten und achten lebenden Knaben (Zwillinge) ein Gnadengeschenk von 25 Mk. überweisen lassen. Der Lieute­nant Krapf vom Trainbataillon in Ludwigs- bu r g hat bei Kameraden und Bekannten Wechsel- accepte von hohen Beträgen herausgeschwindelt und ist, nachdem er die Wechsel zu Geld ge­macht hatte, nach Amerika geflüchtet. (Drüben fitzt er bereits hinter Schloß u. Riegel.) Ueber das Vermögen des Besitzers der altdeutschen Bierstube Ernst Hiller in Stuttgart wurde der Konkurs eröffnet. Ihre Majestät die Königin hat dem Ulanenregiment in Ludwigs­burg 250 Mk. zur Verteilung an kranke und bedürftige Unteroffiziere überwiesen. Der Fürst von Hohenzollern hat zur Her­stellung einer normalspurigen Eyachthalbahn einen Beitrag von 20000 Mk. in Aussicht gestellt.

* München, 4. März. Der Finanzaus­schuß der Kammer erhöhte auf Antrag des Finanzministers infolge Nonnenfratzes die für Holzhauerlöhne ausgeworfene Summe um 485000 Mark, den Etatsposten für Vertilgung von Forst­insekten um 980 000 Mk., die zu Baumleim und Leimschutzringen in den von Nonnnenfraß bedrohten 28000 Hektar umfassenden Forst­revieren erforderliche Summe um 60000 Mk.

*Darmstadt, 5. März. DieDarm­städter Zeitung" meldet: S. K. H. der Groß­herzog wurde gestern nachmittag um 3 Uhr von einem Schlaganfall betroffen. Die rechte Kör­perhälfte ist gelähmt, das Bewußtsein hat sich erhalten. Die Nacht war ruhig. Heute früh sind die Krankheitserfcheinungen im wesentlichen unverändert.

* Berlin, Als Geschenk für eine afrika-

gebens darauf gefreut, gestem mit ihr zu tanzen; werde Versäumnis auf der Hochzeit nachholen. Apropos, Hochzeit! Habe gestern Dürings gratulieren wollen; versicherten aber, daß ihnen nichts von Hochzeit be­kannt. Wie, Herr Justitiar?"

Meine guten Verwandten haben Ew. Erlaucht nicht getäuscht. Dennoch bin ich so kühn, zu sagen, daß meine Hochzeit mit Fräulein Johanna Selbig binnen kurzer Frist stattfinden wird, wenn es, wie ich hoffe, dem Himmel fo gefällt."

Aha, erst mit der Erwählten verständigt, und dann mit den Ver­wandten. Recht so! Werden keine Einwendung machen, die braven Dirings, weiß es."

Ich fand mich bewogen, Seiner Erlaucht von der Freude des Meizerschen Ehepaares über das überaus gnädige reichsgräfliche Hand­schreiben von gestern zu sprechen.

Na, der alte Narr wird sich hoffentlich nun vollends zufrieden geben. Ihr Vorgänger im Amte hat über Melzer gesprochen, wie Sie; werde seiner zu seinem silbernen Amtsjubiläum gedenken. Guten Mor­gen, mein lieber Justitiar!"

Auf dem Rückwege verließ ich den Wagen vor dem Hause meiner Verwandten, dessen Thür mir die gute Tante öffnete.

Wie, Gustav, schon so früh, und in großer Toilette ? Was hat das zu bedeuten?"

Daß ich von Seiner Erlaucht, dem Herrn Reichsgrafen, komme, bestes Janchen!" erwiderte ich heiter und küßte herzhaft deren Wangen. Aber jetzt bitte ich um Verzeihung; ich muß vor allen Dingen mit Hainichen sprechen."

Mit Hannchen?" In den Augen der guten Frau schimmerte freudige Erwartung auf. Doch sagte sie:Da uiuß ich bedauern, Gustav;

deine Kousine ist heute noch nicht sichtbar geworden. Sie hat mich ge­beten, den Vormittag in ihrem Zimmer zubringen zu dürfen."

Das thut nichts, bestes Tantchen."

Und mit drei Sätzen war ich auf dem oberen Korridor.

Jetzt aber fühlte ich mein Herz heftig pochen. Ich machte einen tiefen Atemzug und leise, wie e n Bittsteller an der Thür des hochge­bietenden Ministers, klopfte ich an Johannas Thür.

Ein sanftes, meinen Ohren unsagbar wohlklingendesHerein!" gestattete mir den Eintritt in das kleine Heiligtum.

Johanna saß arbeitend an dem nach dem Garten gehenden Fenster.

Sie befand sich in einfacher, aber wundervoll kleidsamer Toilette.

Lebhaft errötend bei meinem Anblick, erhob sie sich und reichte mir die Hand.

Hannchen Johanna!"

Gustav!"

Unsere Blicke sagten uns, daß wir keiner weiteren Erklärung be­durften. Bald saßen wir, Hand in Hand, beieinander.

Die ersten Eröffnungen und Gefühlskundgebungen eines Mädchen­herzens dem Manne ihrer keuschen Liebe gegenüber sind heilig. Der leiseste unreine Hauch entweiht sie. Man erwarte daher nicht deren Mitteilung.

Und kannst du mir wirklich aus vollem Herzen den bösen Arg­wohn verzeihen, Geliebte?"

Aus vollstem Herzen, Gustav! Sprachen doch alle Anzeichen für deinen Argwohn, unter welchem du selbst am schmerzlichsten gelitten."

Ich leugne es nicht, Teure."

(Fortsetzung folgt.)