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Erscheint wöchmtl. 8»ial: DimStag, Donners­tag und SamStag und kostet in Wtenstetg 90 ^ im Bezirk 90 außerhalb l dar Quartal.

Dienstag dm 8. März

I EinrückungSpreiS der lspalt. Zeile für Altensteig l und nahe Umgebung bei imal. Einrückung 8^1 ^ 892 .

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Gestorben: Regine Fritz, geb. Burkhardt, Christophs­thal ; Reallehrer a. D. Fink, Geislingen; Maler Jeremias, Stuttgart.

Die Beschlußunfähigkeit des Reichstags

ist in dieser Tagung eine geradezu chronische. In den letzten 66 Sitzungen war der Reichstag, wie Präs. v. Levetzow im Seniorenkonvent mitteilie, nur 13mal beschlußfähig! Wie man weiß, sieht man die Gründe dieser beschämen­den Erscheinung bald in derDiätenlosigkeit" der Abgeordneten, bald in mangelndem Pflicht­gefühl, bald in dem Nebeneinandertagen des Reichstags und der verschiedenen Abgeordneten­kammern. Einen andern Gesichtspunkt stellt die Tägl. Rundschau" auf, welche schreibt:

Tag um Tag kommt von oben ein neue Vorlage! Der reißende Strom der Gesetz­gebung droht nochgerade auch die wenigen Volksvertreter, die noch todesmutig auf ihren Sitzen ausharren, hinweg zu schwemmen. Ihnen graut, wenn sie daran denken, daß noch das Trunksuchtsgesetz, das Spionengesetz, das Wein­gesetz, das Kuppeleigesetz, lauter hochwichtige Entwürfe, der Erledigung harren. Ist es doch kaum möglich, die Vorlagen, die schon gegen­wärtig zur Beratung stehen, zu erledigen. Die schwache Besetzung der Parlamente hat zur Folge, daß die Mehrheit gar nicht im Stande ist, den Redefluß durch Schlußanträge zu ver­stopfen, da sonst die Gegner sofort die Beschluß­fähigkeit des Hauses bezweifeln, die dann auch regelmäßig alsbald festgestellt wird; damit ist fast jedesmal ein ganzer Arbeitstag verloren. Das sind beschämende Zustände! Wir glauben, wie unter den Gründen, welche für die Leere in den Parlamenten angeführt werden, mit an erster Stelle die Ueberfülle an Gesetz­entwürfen zu nennen ist. Die Arbeitslust muß verloren gehen, wenn der Arbeitsstoff sich derart anhäuft, wie es jetzt der Fall ist. Die Abgeordneten sind nicht mehr im Stande, sich von Inhalt und Tragweite ihrer Entschlüsse Rechenschaft zu geben, die Redakteure, deren Pflicht es ist, den parlamentarischen Stoff ver­ständlich zu verarbeiten, stehen hoffnungslos vor

den turmhoch anwachsenden Aktenstößen, und die Zeitungsleser geben es schließlich einfach auf, die Arbeiten der Gesetzgebung aufmerksam zu verfolgen. Auf diese Weise aber geht die geistige Verbindung, die bezüglich dieser Arbei­ten zwischen Wählern und Gewählten, zwischen fachmännischen Kreisen und Abgeordneten vor­handen sein muß, völlig verloren, und es bleibt nur eine eintönig klappernde Gesetzfabrik, die nicht mehr, als Fabrikware, billig und schlecht, liefern kann. Wenn gegenwärtig über Mittel und. Wege nachgedacht wird, wie der Teilnahm- losigkeit der Reichs- und Landboten abzuhelfen wäre, dann möge ja nicht die Bitte an die Regierung vergessen werden, dem an sich ja recht löblichen gesetzgeberischen Fleiße in den Reichsämtern und Ministerien Einhalt zu ge­bieten.

Deutscher Reichstag.

Am Dienstag wurde die Beratung des Extraordinariums des Marineetats fortgesetzt. Die Bewilligung der ersten Rate für die Kor­vette L. wurde in zweiter Lesung abgelehnt. Dagegen wurden die ersten Raten für zwei neue Panzerfahrzeuge bewilligt; die Forderung von 1 300 000 Mk. für neue Trockendocks in Kiel wurde abgelehnt, ebenso trat das Haus den übrigen Streichungen der Kommission bei und darauf in die weitere Beratung des Tele­graphengesetzes ein. Bet der Abstimmung über einen freisinnigen Antrag zu § 7a wurde die Beschlußfähigkeit bezweifelt. Der namentliche Aufruf ergab die Anwesenheit von nur 188 Mitgliedern, also thatsächlich wiederum dieBe- schlußunfähkgkcit des Hauses; zu Anfang der Sitzung zählte man auf den Bänken sogar nur etwa 3040 Abgeordnete.

Am Mittwoch beschäftigte sich das Haus mit dem Antrag Auer u. Gen. (soz.) betr. Verstaatlichung der Apotheken. Abg. Bebel (soz.) führte in seiner Begründung u. a. aus, daß man den Verdienst der Apotheker durch­schnittlich auf 200 Prozent berechne; trotzdem würden die Gehilfen schlecht bezahlt und über­

mäßig angestrengt. Daher kämen auch die vielen falschen Akzeptierungen. Um nun der Ausbeutung armer Familien durch die Apotheker und um dem Vertriebe der Geheimmittel, der hauptsächlich durch die Apotheker erfolge, wirk­samer zu begegnen, müsse der Staat die Apo­theken übernehmen, wenn nicht eher, so doch nach dem Tode der gegenwärtigen Besitzer. Abg. Witte (frs.) sprach sich gegen die Verstaat­lichung aus, weil er nicht glauben könne, daß dadurch die Preise für die Heilmittel billiger werden würden. Nachdem der Staatssekretär v. Bötticher die Apothekenverstaatlichung als undurchführbar bezeichnet und erklärt hatte, daß eine Neuregelung durch eine gleichmäßigere Ver­teilung der Apotheken auf das Reich und eine Reform der Taxe in Aussicht genommen worden sei, wurde zur Abstimmung über den Antrag Auer geschritten. Das Haus war jedoch wiederum nicht beschlußfähig.

Laudesmchrichteu.

* Dem Württ. Kriegerbund ist die Erlaubnis zur Veranstaltung einer Geldlotterie mit Aus­gabe von 100,000 Losen zu 1 Mk. und Aus­setzung von Gewinnen im Gesamtbetrag von 40,000 Mk. zum Besten seiner Witwen- und Waisenkasse erteilt worden. Der Reinertrag aus dieser Lotterie muß als Kapitalvermögen der Kasse erhalten bleiben, während die Rente all­jährlich zu Unterstützungen verwendet wird. Es ist nicht zu zweifeln, daß die Lotterie ihres wohlthätigen Zweckes wegen allseitigen Sym­pathien begegnen wird.

* Ravensburg, 3. März. In der heu­tigen Sitzung des Gemeinderats wurde beschlossen, die mitteleuropäische Einheitszeit auch für die bürgerlichen Verhältnisse etnzuführen. Die Schul­zeit wird für bevorstehendes Sommersemester wie in früheren Jahren von 7 Uhr an betbe­halten, die endgiltige Regelung für das Winter­halbjahr wird später vollzogen.

* (Verschiedenes.) Am Mittwoch abend ist das Oekonomie-Anwesen des Schultheißen Ott in Dürrenwaldstetten vollständig

Der Herichlslurm.

Kriminal - Erzählung von L. Grothe.

(Nachdruck verboten.)

(Fortsetzung.)

Die herabgeklappte Steinplatte ließ sich mittels der in dem un­terirdischen Raume befindlichen einfachen Maschinerie aus alter Zeit mit leichter Mühe in ihre horizontale Lage znrückbringen. Wir kehrten auf demselben Wege, jetzt von dem Nachtwächter begleitet, nach unserem Aus gangspunkte zurück.

Hier entdeckten wir, jedoch erst nach längerem Forschen, eine Ver­zweigung des unterirdischen Ganges nach den übrigen Räumen des Kellers; doch vermochten wir die wahrnehmenden Eingänge in die letz­teren nicht zu öffnen.

Nunmehr begannen wir die Durchsuchung der übrigen unteren Ge­fängniszellen und fanden in einer derselben in der That Elisabeth Wer­ner vor. Die Arme lag in scheiutodähnlicher Betäubung die Wir­kung eines Schlaftrunkes, wie sich später herausstellte auf einem Bettstück; sie befand sich noch in der von der Armenanstalt gelieferten Kleidung; ihre Füße zeigten Spuren der gewaltsamen Entfernung der Kettenschließringe.

Wir brachten sie für jetzt in Melzers Wohnung, wo dessen wackere Gattin sich der Bedauernswerten liebevoll annahm. Schließlich fanden wir in einer kleinen Wandhöhlung, vornan im unterirdischen Gange, auch noch die keineswegs mehr neuen Schlüssel, mittels deren Theodor nicht allein seine und die übrigen unterirdischen Zellen, sondern auch deren ge­meinsamen Eingang, die Turmpforte und alle übrigen Thüren innerhalb des Gebäudes zu öffnen vermocht hatte.

Ich konnte nur Johannas in der Kapelle kundgegebene Vermutung teilen, daß Theodor feiner früheren Stellung als Aufseher dieses Turmes

die Kenntnis der unterirdischen Räume desselben verdanke, und ferner lag auch die weitere Vermutung nahe, daß die von ihm gebrauchten Schlüssel ebenfalls aus jener Zeit herrührten.

Es war vier Uhr morgens, als ich wieder in meiner Wohnung anlangte.

Mein Schlaf war nicht sehr ruhig; aber es waren glückselige Em­pfindungen, die ihn keine Festigkeit erlangen ließen. Nach drei Stunden erhob ich mich frisch und so gestärkt, als hätte ich einen langen und un­unterbrochenen Schlaf genossen.

Frau Melzer meldete mir, daß Elisabeth noch nicht aus ihrer Betäubung erwacht sei, aber der bereits herbeigerufeue Arzt ihren Zustand bei angemessener Pflege für durchaus nicht beunruhigend er­klärt habe.

Nachdem ich Sorge für die Zurücknahme des Steckbriefes und die sonst nötigen amtlichen Benachrichtigungen getroffen, fuhr ich nach dem Schlosse am See, um dem Reichsgrafen die neuen Ereignisse zu berichten.

Ich wurde wieder sehr freundlich empfangen.

Von dem, was Johanna betraf, überging ich alles, was zum rich­tigen Verständnis nicht durchaus notwendig war.

Seine Erlaucht hörte meinen Bericht mit großer Aufmerksamkeit und sichtlicher Befriedigung an.

Alles recht, was geschehen. Haben in allem wohlgethau, mein lieber Justitiar. Der Theodor Werner wird hoffentlich nicht ohne seinen verdienten Lohn aus der Welt gehen; gut, daß Sie ihn nicht gleich totgeschossen. Für seine Schwester, wenn wirklich schuldlos, wie Sie jetzt glauben, soll gesorgt werden; mögen ihr jede Strafe für ihr unfreiwilliges Verschwinden erlassen. Aber die kleine Selbig, so heißt ja wohl die Nichte meiner wackeren Dirings ist ein Prachtfrauchen für einen Kriminal-Beamten, beschämt meine Polizei. Hatte mich ver-