Sonntag zum Austrag gebracht und glänzend gewonnen. Der junge Mann machte den 78 Kilometer langen Weg in 12 Stunden, wovon 3 zur Erholung und Erfrischung in Laupheim und Ulm verwendet wurden. Er erhielt von den Wettenden 100 Mk. für seine Leistung. — Der Bauer Münze inFrommern erhielt von einer Kuh dieser Tage 3 kräftige Kälber. — Von der Strafkammer zu Rottweil wurde ein Mann wegen einfachen Diebstahls im Rückfall zu 3 Monaten Gefängnis verurteilt; derselbe hatte von einem von einer Witwe angesammelten Haufen Leseholz ein Quantum entwendet. — Bei dem Diebstahl in der Oberamtspflege zu Blaubcuren wurden u. a. auch eine goldene Zivilvcrdienst-Medaille und die silberne Jubiläums-Medaille entwendet. Auf die Entdeckung des Thäters sind 500 Mk. Belohnung ausgesetzt.
* Lörrach, 13. Sept. In einer hiesigen Gaststallung sind seit dem 8. d. M. gepfändet 6 Basler Pferde und die dazu gehörigen 6 Droschken stehen im Hof davor. Der Rechtshandel, der hier vorliegt, nahm einen so originellen Verlauf, daß er wohl allgemein interessieren dürfte. Ein Basler Schmiedmeister konnte seit Jahren sein Guthaben bei einer dortigen Droschkenanstalt nicht flüssig machen und als er die Hilfe des Gerichts in Anspruch nehmen wollte, wurde ihm bedeutet, davon ad- zulassen, weil die Droschkenanstalt nur nominell dem Manne gehöre, dessen Name als Firma dient, während ein Pferdehändler eigentlicher Eigentümer sei. Ein Schuhmacher von Stetten sprang unserem Schmied in seinen Nöten bei, kaufte ihm seine Forderung ab und erwirkte Arrest auf etwaiges Inventar der in Frage stehenden Droschkenanstalt, dessen man im Jnn- land habhaft werden könne. War es Zufall oder Fügung, daß am Montag sechs Freunde des Schmieds sechs verschiedene der betr. Anstalt gehörige Fuhrwerke mieteten und ins Manöver fuhren. Ueber der Grenze angekommen, waltete der badische Gerichtsvollzieher seines Amtes und schuf die eingangs erwähnte Situation. Wieder mag es Zufall gewesen sein, daß der Schmied seine sechs um die gemieteten Fuhrwerke gekommenen Freunde in Lörrach antraf, ihnen ein währschaftes „Zriüni" bezahlte, wobei auch die depossedierten Droschkenkutscher nicht leer ausgegangen sein sollen und mit ihnen allen auf einem ungepfändeteu badischen Break flott ins Manöver fuhr.
* In Weidenthal (Pfalz) legte in der Nacht zum Sonntag der dortige Stationsvorsteher Dahl seinen Kopf auf die Schienen, um sich von dem Nachts 2 Uhr durchfahrenden Blitzzuge überfahren zu lassen. Leider gelang ihm die That, der Kopf wurde vollständig vom Rumpfe getrennt.
* Darmstadt, 14. Seprbr. Der Kaiser ernannte den Großherzog von Hessen zum Generalobersten der Infanterie.
* Berlin, 16. Sept. In der vorgestrigen Kaiserrede bei der Erfurter Paradetafel heißt es: Dieser Boden ist durch die Ueberlieferungen der Geschichte für unser Vaterland besonders wichtig; in diesem Orte hat der korsische Eroberer die deutschen Fürsten aufs schwerste gekränkt und unser niedergeworfenes Vaterland tief gedemütigt, damals keimte in der Seele meines seligen Urgroßvaters der Gedanke an den Widerstand aufs äußerste, der dann zur sühnenden Erhebung von 1813 heranreifte. Der Kaiser drückte sodann die Hoffnung aus, das Korps werde auch jetzt in Krieg und Frieden sich bewähren als eine gute, scharfe und schneidige Waffe, und schloß mit einem Hoch auf das Korps und dessen Führer.
* Berlin, 16. Sept. Forderungen für Vermehrung der Kreuzerflotte dürften im nächsten Etat erscheinen. Gegenwärtig stellt sich das Bedürfnis der Anwesenheit deutscher Schiffe an der chinesischen Küste dringend heraus.
* Berlin. Verhaftet an seinem Hochzeitstage wurde ein Buchhalter M., der beschuldigt ist, eine Reihe von Unterschlagungen verübt und sie durch falsche Buchungen verdeckt zu haben. Der Betrug wurde in der vorigen Woche entdeckt und der Staatsanwaltschaft angezeigt, die nun die Verhaftung M.'s anordnete, welche erfolgte, als das Brautpaar eben von der Kirche zurückgekehrt war. Die junge Frau wurde ohnmächtig auf ihr Zimmer gebracht und die Feier natürlich alsbald abgebrochen. Die Eltern der unglücklichen jungen Frau haben bereits Schritte gethan, um deren Scheidung von dem Verhafteten zu erwirken.
* In Berlin sprang ein 18jähriges Dienstmädchen, welches wegen eines geringfügigen Vergehens zu Gefängnisstrafe verurteilt worden und diese Strafe demnächst antreten sollte, aus dem 3. Stock auf die Straße und schlug auf ein eisernes Gitter. Es erlitt schwere innerliche Verletzungen.
* Ein siebzehnjähriger Handlungslehrling in Dortmund unterschlug seinem Lehrherrn 7000 Mark und entfloh.
' Trier, 16. Sept. Die Zahl der Pilger hat gestern nach der „Köln. Volksztg." eine Million überstiegen, darunter waren 20 Bischöfe und 2 Aebte.
* Hamburg, 16. Sept. Ueber 1000 Dock- und Speicher-Arbeiter haben die Arbeit eingestellt wegen Nichtberücksichtigung höherer Lohnforderung.
* Die Maschinenwerkstätten der Oesterr.-Ungar. Staarsbahn in Holleschowitz bei Prag sind am 15. nachts teilweise abgebrannt. Zahlreiche zur Reparatur gestandene Waggons, Oele und Fette sind mitverbrannt. Der Schaden wird auf 300000 Gulden geschätzt.
* Neapel. Vor einigen Tagen war der verheiratete und kaum 30jährige Baron Enrica Bresciamorra mit seiner Kousine, einer neapo-
Ministers von Schmid. Als Ort der nächstjährigen Versammlung wählte man Reutlingen.
* Heilbronn, 15. Sept. In der heute um halb 12 Uhr abgehaltenen außerordentlichen Sitzung der bürgerlichen Kollegien erschien Herr Oberregierungsrat Holland von Ludwigsburg, um mitzuteilen — nicht daß der Oberbürgermeister vom Amt suspendiert sei, nicht daß feine Verabschiedung bevorstehe, sondern, — daß eine weitere Disziplinar-Untersuchung gegen Hegelmaier eingeleitet werde. Die „Neckarztg." veröffentlicht den Wortlaut der Beschwerdeschrist der bürgerlichen Kollegien Heilbronns gegen den Oberbürgermeister Hegelmaier. Die Eingabe des Gemeinderats schließt mit der Bitte: „Königliches Oberamt Heilbronn wolle Vorstehendes zur Kenntnis der Königlichen Kreisregierung Ludwigsburg bringen und unser erneutes Gesuch um Enthebung des Oberbürgermeisters Hegelmaier von seinem Amte befürworten." Die Eingabe des Bürgerausschusses verlangt ebenfalls die alsbaldige Enthebung des Oberbürgermeisters und schließt: Ebensowenig ist eine Gesundung unserer öffentl. Verhältnisse insolange zu erhoffen, als Herr Oberbürgermeister Hegelmaier seines Amtes als Stadtvorstand waltet; denn er hat längst das Vertrauen und die Achtung verloren, welche für den Vorstand einer Gemeinde von der Bedeutung der ersten Handelsstadt unseres Landes zwecks eines ersprießlichen Wirkens erforderlich sind. Ein weiteres Zusammenarbeiten mit dem Herrn Oberbürgermeister Hegelmaier, dessen Penstonsgesuch ä. ä. St. Moritz 6. Sept. d. I. der Bürgerausschuß einstimmig abzulehnen beschlossen hat, dürfte als nutzlose Pein für beide Teile erscheinen.
* (Verschiedenes.) In Renningen wollte ein 6jähr. Mädchen von hinten auf einen Wagen aufsteigen, wobei es den rechten Fuß in das Wagenrad brachte, sodaß im nächsten Augenblick der Unterschenkel vom Knie vollständig abgetrennt war; ein zu Hilfe eilender Mann hob zuerst den Fuß auf und befreite dann das Mädchen aus seiner schrecklichen Lage. — In Nebringen bei Herrenberg brannten in der Nacht vom 16. auf 17. d. acht Gebäude ab. — Seit Donnerstag früh wütet ein großer Brand in Rexingen, welchem bereits eine große Anzahl von Gebäuden zum Opfer gefallen ist. Das Feuer war bis zu Abgang des Berichts noch nicht gelöscht. — In der Nähe vonAlten- stadt bei Geislingen stürzte ein Mann von einem Steg kopfüber in die Fils und konnte nur mit Mühe von einem Vorübergehenden vom Tode des Ertrinkens gerettet werden. Ebendaselbst kam ein Bauer unter seinen Wagen und erlitt solch schwere Verletzungen, daß er nach einigen Minuten seinen Geist aufgab. — Zwei inBiberach als Kurgäste weilende Engländer hatten in den jüngsten Tagen mit einander gewettet, daß ein dortiger, als guter Läufer bekannter Metzgerbursche nicht im Stande sei, die Strecke von Biberach nach Ulm und zurück in 17 Stunden zu laufen. Die Wette wurde am
Und er hatte doch geblaubt, alles das längstens überwunden zu haben! Oder war es doch nur die Furcht, von dem Ehepaar erkannt zu werden, die ihn so erregte?
Geweiß, so war's! Nach und nach kehrte damit auch sein sicheres Selbstbewußtsein zurück. Er überdachte nochmals, daß ihn die Jahre stark verändert hatten, daß besonders Theodor wenig Verkehr mit ihm gepflegt habe und sich nicht mehr seiner erinnern werde, ferner, daß jedermann einen solchen Betrug, wie er ihn ausgeführt, nicht auf eine bloße Aehnlichkeit hin vermuten werde, und endlich, daß er ja Frau Weller als Werkzeug benutzen könne, um die fabelhafte Aehnlichkeit, die Robert Marfeld mit Heinrich Sormann teilte, entsprechend hervorheben zu lassen, was jeden auskeimenden Verdacht sofort Niederschlagen mußte.
Er ging auch bei der nächsten Gesprächswendung direkt auf jenes Ziel los und nahm Gelegenheit, Frau Weller nach passender Einleitung auf seinen Jugendgespielen Heinrich Sormann zu bringen, der ja hier im selben Hause mit ihm aufgezogen worden sei. —
Während Heinrich in seinem Zimmer die Toilette vollendete, die er dem Empfange der Gäste angemessen erachtete, besorgte die rührige Frau Eleonore das Nötige, um die letzteren von der verfrühten Ankunft des Herrn Robert Marfeld verständigen zu lassen.
Als der Hausherr den großen Empfangssalon betrat, verfehlte er nicht, Frau Weller feine Anerkennung auszusprechen über das geschmackvolle Arrangement, das er hier fand. Der Saal war prachtvoll ausgestattet, gleichsam als solle er jedem Gaste ein Zeugnis von dem Reichtum des Hauses geben.
„Ich wollte, wir säßen schon beim Markgräfler und Niersteiner", sagte Sormann seufzend, „und der offizielle Teil dieses Frühstücks wäre vorüber!"
„Sie zeigen ja eine förmliche Scheu vor Ihren Gästen!" meinte Frau Weller etwas pikiert.
„Weil ich keinen einzigen davon kenne. Es ist wahrscheinlich komisch, wie ich mich in meinem eigenen Hause von Leuten begrüßen lassen muß, als wäre ich der Gast und sie die Wirte. Aber das kommt davon, wenn man der Heimat fremd geworden ist! Sind's doch schon achtzehn Jahre, daß ich dieses Haus verließ, und so bin ich hier ein Fremdling geworden. Keiner erinnert sich meiner, wie auch ich mich an keinen zu erinnern vermag!"
„Doch, doch, rief Frau Eleonore lebhaft. „Einer dürfte sich noch finden. Ach, daß ich erst daran denke!"
Sormann hielt in seinem Gang durch das Zimmer inne und sah die Sprechende erschreckt an. Dann wandte er sich ab.
„Wer soll das sein?"
„Ein alter Diener Ihres Hauses, der es als den letzten Wunsch seines Lebens betrachtet, Sie noch sehen zu können. Von Tag zu Tag hoffte der alte Fabian auf diese Stunde."
„Der alte Fabian, wahrhaftig? Der lebt noch?"
Es war nicht gerade der Ton der Freude, mit welchem Heinrich diese Worte ausrief.
„Ein fast neunzigjähriger Greis. Er ist gelähmt und halb taub. Er kann dem jungen Gebieter nicht mehr entgegen eilen; er ist an seine Stube gefesselt."
Sormann überlegte. Ein neunzigjähriger Greis? Gebrechlich und wohl auch schwachsinnig? Was sollte er von dem zu fürchten haben?
„Ich werde ihn aufsuchen", sagte er nach einer Weile. „Der gute Alte soll nicht länger auf mich warten. Ehe die Herren ankommen, kann immerhin noch eine halbe Stunde vergehen. Ich könnte sie nicht bester ausfüllen, als mit diesem Akt der Pietät. Bitte, führen Sie mich zu ihm!"
(Fortsetzung folgt.)