erfüllt quasi eine Pflicht, wenn man ihm be­kannte Personen, welche nach obigem auf Alters­und Invalidenrente Anspruch erheben können, aus dieses Recht hinweist, und sie unter geeig­neter Belehrung zur Geltendmachung desselben veranlaßt!

* Der Gewcrbeverein Nagold hat beschlossen als Unterrichtszeit der Fortbildungsschule win­ters die Zeit von 57, und sommers von 6 bis 8 Uhr abends festzusetzen.

* Tübingen, 24. Dezbr. Ein Straffall gelangte vor der hiesigen Strafkammer am 22. d. M. zur Verhandlung, der auch in weiteren Kreisen bekannt zu werden verdient. Der wegen Diebstahls schon mehrfach, letztmals im Juni 1881 mit 5 Jahren Zuchthaus bestrafte lcd. Schuhmacher Karl Friedrich Fromm von Kirchen­tellinsfurt, O.A. Tübingen, wurde schuldig er­klärt, so lange er im Jahre 1886 in Backnang als Schuhmachergeselle thätig war, verschiedene Diebstähle ausgeführt zu haben: 1) in der Nacht vom 18. bis 19. Juni bei Kleiderhändler Sachs in Reutlingen, welchem er nach Erbrechung der Riegelwand aus seinem Laden Kleider im Wert von 400 Mk. stahl; 2) in der gleichen Nacht bei Konditor Mauchers Ehefrau daselbst, in deren Haus er sich einschlich und wobei er aus dem Schlafzimmer der Frau, während diese schlief, eine goldene Broche und einen Haus­schlüssel entwendete; 3) im August bei der Firma Haueisen u. Cie. in Stuttgart, wo er sich an einem Aufzug hinaufzog, einige Behältnisse er­brach und einen Firmastempel, Paß und Zeug­nisse an sich nahm, sodann 4) im Juli bei Frau Marquardt in Backnang, wo er zum Trocknen aufgehängte Kleidungsstücke mit fortnahm. Die Strafe wegen dieser Diebstähle beträgt 7 Jahre Zuchthaus, Verlust der bürgerlichen Ehrenrechte auf 8 Jahre und Zulässtgerklärung von Poli­zeiaufsicht. Der Angekl., welcher wegen einer ganzen Reihe anderer Fälle mangelnden zu­reichenden Beweises außer Verfolgung gesetzt werden mußte (so wegen Diebstahlsversuchs im Bahngebäude zu Kirchentellinsfurt, in welchem die Thüre des Stationsvorstandszimmers an- gcbohrt wurde, eines Stempels und Formu­lariendiebstahls im Rathaus in Wannweil und im Oberamtsgebäude zu Reutlingen), zog die Diebstähle in Abrede; er konnte Mar nicht widersprechen, daß die gestohlenen Gegenstände in seinem Besitze gesunden worden seien, er machte aber geltend, daß er die Gegenstände sämtlich in einem Pack im Bahnhotabtrirt zu Cannstatt gefunden und mit nach Backnang ge­nommen, und er sich deshalb allerdings eines Fnnddiebstahls schuldig gemacht habe; es ist nun aber weiter festgestellt, daß der Angekl. von einem Bürger in Kirchentellinsfurt am Morgen nach dem Diebstahl au Sachs bei Betzingen mit einem großen Pack gesehen worden, und daß der Angekl. sich einem Gespräch, das sein Lands­mann mit ihm anknüpfen wollte, dadurch entzog, daß er ohne eine Erwiderung auf die Seite sah, ferner hat der Angekl. eine dem Sachs ent­

wendete Knabenhose bei der Pfandleihertn Oppen­länder in Stuttgart verkaufen wollen, sich aber nachdem die Frau Oppenländer Verdacht schöpfte daß die Hosen gestohlen sein könnten, schleunigst aus dem Staube gemacht, nachdem er die Hosen in den Abtritt der Frau Oppenländer geworfen hatte. In ebenso auffallender Weise hat sich der Angekl. aus Backnang entfernt, als daselbst Erhebungen angestellt wurden. Er begab sich in die Schweiz nach Altstetten bei Zürich und später nach Stein a. Rhein, wo es ihm mit Hilfe selbstverfertigter falscher Papiere nicht nur möglich wurde, bis in die neueste Zeit unter falschem Namen sich aufzuhalten, sondern sich daselbst auch zu verehelichen. In Folge der Kündigung des deutsch-schweizerischen Nieder- laflungsvertrags wurden die Papiere des Angekl. geprüft und als falsch erkannt, worauf derselbe an die deutschen Gerichte ausgeliefert wurde.

* (Verschiedenes.) Das 1V»jähr.'Kind des Schuhmachers Lang in Bracken heim fiel auf einen auf dem Stubenboden stehenden Hasen heißen Wassers und verbrannte sich so schwer, daß es bald nachher starb. Im Amts­gerichtsgefängnis in Wangen ist ein Insasse, welcher vor einiger Zeit wegen Bettels und Land­streicherei aufgegriffen wurde; er behauptet im­mer, er wisse weder wo und wann er geboren sei, noch wie er heiße oder welcher Religion er angehöre, obwohl er geläufig deutsch spricht und gut schreibt. Auf Ausschreiben im Fahndungs­blatt und Einsendung der Photographie kam aus Bremen die Nachricht, daß dessen Signale­ment übereinstimme mit einem .seit dem Jahre 1886 von dort wegen Raubmords verfolgten Verbrecher. -Ein Polizeibeamter von Bremen wird den Verbrecher abholen. In Winnen­den stürzte ein mit dem Fällen einer Pappel beauftragter Arbeiter so unglücklich von dersel­ben herunter, daß er das Genick brach. In Eßlingen ertrank im Neckar der 20 Jahre alte Schmied Schanbacher von Berkheim. Beim Schlittschuhlaufen brach unter ihm die Eisdecke. In Geislingen ereignete sich ein schweres Unglück. Zwei Brauer in der Brauerei zum Rößle" hatten die Braupfanne ca. 60 vm hoch mit Wasser gefüllt, um dann mit dem heißen Wasser ihre Geräte vor den Feiertagen noch zu reinigen. Der hölzerne Deckel, der aus 2 ge­trennten Teilen bestand, lag über der Pfanne. Um auszuruhen und warm zu haben, legten sich beide Knechte auf den Deckel. Sie schliefen ein und im Schlaf machte einer eine ungeschickte Bewegung, die Deckel rutschten auseinander und die Knechte stürzten ins heiße Wasser. Beide sind am ganzen Körper mit Brandwunden be­deckt; an ihrem Aufkommen wird gezweiselt.

* Mosbach, 22. Dez. Den Führern der hiesigen Sozialdemokraten sollen ihre Arbeitgeber eröffnet haben, daß wenn sie ihre sozialistische Thätigkeit nicht einstellen, sie aus der Arbeit entlassen würden.

* Aus Franken, 25. Dezbr. Gestern

wurde von einem städtisch gekleideten Fremde« im Pfarrhofe zu Möhrendorf auf den allein zu Hause befindlichen Pfarrverweser Zindel ei« frecher Raubmordversuch gemacht. Der Fremde überreichte dem Pfarrverweser einen Brief und bat in demselben um ein Darlehen von 50 Mk. Der Verweser gab auf verschiedene Drohunge« hin das Geld her, da zog der Fremde einen Revolver und jagte dem Verweser eine Kugel in den Hals, die in der Mundhöhle stecken blieb. Darauf nahm der Räuber noch 70 Mk. mit und entfloh. Der sich erholende Pfarrver­weser rief nach Hille und die Bauern verfolgten den Räuber, der noch 4 Schüsse auf seine Ver­folger abgab und in dem nahen Wald entkam. Der Verwundete wurde in die Klinik nach Er­langen gebracht, wo die Kugel wieder entfernt werden konnte.

* Eine Schreiners-Ehefrau in Wiesbaden, die ihr 4jähriges leibliches Kind in einen sol­chen Zustand der Verwahrlosung geraten ließ, daß das arme Kind mit Wunden am ganzen Körper bedeckt und trotz seiner 4 Jahre nicht im Stande war, zu stehen oder zu gehen, wurde von -er dortigen Strafkammer zu 3 Monaten Gefäng­nis verurteilt.

* Berlin, 24. Dez. Zwischen den Mi­nistern des Unterrichts und der Finanzen einer­seits und dem Geheimrat Koch und seinen Mit­arbeitern anderseits, ist über die Ueberlaffung der Herstellung und der Verteilung des Koch- schen Heilmittels verhandelt und eine Verein­barung erzielt worden. Die Vereinbarung unter­liegt gegenwärtig der Prüfung des Staats­ministeriums. Zwei amerikanische Aerzte, Dr. Starkloff, gegenwärtig Ver. Staaten-Konsul i« Bremen und Dr. E. Bievend aus St. LouiS haben eine Unterredung mit Prof. Koch gehabt und darüber dem Berliner Korrespondenten deS N.-A. Herald" Mitteilung gemacht. Darnach hat Prof Koch gesagt:Ich bin todmüde und wünsche, daß ich Berlin für einige Zeit ver­lassen könnte. Ich werde nie wieder etwas er­finden. Man hat es meinen Händen entrissen lange bevor ich bereit war, es zu veröffentlichen. Ich würde sicher noch ein Jahr oder vielleicht noch länger gewartet haben. Hunderte von Aerzten kommen nach Berlin, um von mir direkt über meine Behandlung der Tuberkulose etwas zu hören und zu lernen. Die Mehrzahl der­selben wird Berlin enttäuscht verlassen, denn es ist thöricht hierher zu kommen, um in einigen Wochen eine Behandlung kennen zu lernen, deren Wohlthaten wahrzunehmen Monate genauester Beobachtung nötig wären. Es ist viel instruk­tiver, die von sorgsamen HospitalärzteN nieder­geschriebenen Hospitalberichte zu lesen. Es ist mir unmöglich, viele Aerzte. welche mich sprechen wollen, zu empfangen; ich finde nicht einmal die Zeit, meine Briefe zu lesen. Die Lymphe kann man augenblicklich nur durch Dr. Libbertz erhalten ; ich habe damit nichts mehr zu thun.

* Es ist unverkennbar, so schreibt dieNat. Lib. Korr.", daß der Jesuitenantrag des Zen-

Der IMchtting.

Historische Novelle von August Nordheim.

(Fortsetzung.)

VII.

In früher Morgenstunde des nächsten Tages erklangen die Trom­peten der eintreffenden Reiterschwadron durch den Park. Die Hausglocke rief soeben zum Frühmal und die Ankommenden wurden eingeladen, teil­zunehmen, ehe sie an die Erfüllung ihres Auftrages gingen. Sir Francis, mit verbundenem Arm, führte demgemäß die Offiziere wie Mannschaften in die große Halle, wo der Schloßhcrr an der Spitze seiner Hausgenoffen­schaft die Einziehenden gastfreundlich begrüßte. Alle waren versammelt; nur Jane entdeckte Sir Francis suchendes Auge nicht in der langen Reihe. Erst als Platz geschafft und die neue Gästeschar sich niedergelassen hatte, erschien Jane in einfachem Morgenkleide, ein Spitzenhäubchen auf den Locken, Sie war noch etwas bleich und sah angegriffen aus, allein ihre Erscheinung machte deshalb einen um so reizenderen Eindruck. Unwill­kürlich erhoben sich bei ihrem Eintritt die fremden Krieger ehrerbietig von ihren Sitzen. Freundlich erwiderte die Tochter des Hausherrn diese stumme Huldigung und nahm leicht errötend ihren Platz zwischen dem Vater und dem ersten Befehlshaber der Truppe ein. Unbefangen ver­suchte sie zu sprechen und zu antworten; doch wollte an der ganzen Tafel die Unterhaltung nicht recht in Fluß kommen ein jeder fühlte den Druck der Verhältnisse und es war wohl allen eine Erleichterung, als General Clifton zum Aufbruch mahnte.

Je früher wir fertig sind", sagte er aufstehend,desto besser! Major Keating, kommandiert gefälligst eine mit schußfertigen Karabinern versehene Abteilung Eurer Schwadron ins Haus. Postenkette um den ganzen Park, unter dem strengen Befehl, auf ihrem Stand zu Pferde

zu bleiben, bis ein Gegenbefehl gegeben wird. Nun, Vetter Eton", wandte er sich an diesen,wollt Ihr mir einen Platz anweisen, wo die Dienerschaft während der Haussuchung unter Bewachung verbleiben kann? Ich hoffe, Ihr sowie Miß Jane werdet uns die Ehre Eurer Gesellschaft in den oberen Räumen schenken."

Wie Ihr wollt, Clifton!" entgegnete der alte Graf zustimmend. Allein ich wiederhole meinen gestrigen Ausspruch: Ihr macht Euch un­nütze Mühe, Ihr werdet niemand finden außer uns. Im übrigen wie­der Speisesaal Euren Zwecken entsprechen, er hat nur zwei Eingänge, die leicht von Schildwachen zu besetzen sind."

So sei es", bestimmte Sir Francis, umsomehr von dem Gelingen der Nachforschung überzeugt, als der wahrheitsliebende Graf keineswegs leugnete, jemand versteckt zu halten, sondern immer nur den Umstand be­tonte, daß niemand gefunden werden würde.Ihr, Major Keating, stellt Posten im Hofe aus, laßt diese Thüren durch je einen Kornett mit zwei Mann bewachen und durchsucht mit dem Euch bleibenden Rest der Mannschaft das ganze Gebäude vom Keller bis zum Giebel. Ich lege hiermit sämtliche Schlüssel, die mir mein Vetter ausgeliefert, in Eure Hände. Hauptsächlich auch gebt acht auf hohle Wände, verborgene Al­koven und dergleichen. Findet Ihr etwas Ungewöhnliches, so ruft mich auf der Stelle; ich werde inzwischen mit meinen Verwandten im Biblio­theksaal verweilen."

Bei diesen Worten ergriff er Janes Hand und geleitete die Koustne, indem sich der Vater ihnen anschloß, in den verhängnisvollen Raum. Hier saßen die drei Personen in scheinbar harmlosem Gespräch, wäh­rend zweien von ihnen das Herz zum Zerspringen voll war von quälender Unruhe.

Zwei Stunden oder etwas darüber mochten in trägem Lauf ver­flossen sein, als der Major mit dem Bericht hereintrat, daß die Unter