trums auch in der katholischen Bevölkerung kei­neswegs überall Zustimmung findet. Bei der ultramontanen Gewaltherrschaft kann sich frei­lich der Widerspruch im kathol. Volk nicht recht hervorwagen, trotzdem fehlt es nicht an be­weisenden Anzeichen, daß er in der That vor­handen ist. Namentlich in Süddeutschland, in Baden und Württemberg, wo ein großer Teil der katholischen Bevölkerung liberal und national gesinnt ist, mit dem Staat in Frieden leben will und die unaufhörliche Verhetzung bedauert, ist auch unter guten Katholiken eine starke Strö­mung gegen die Jesuiten vorhanden, deren Wirk­samkeit man freilich dort auch bitter genug em­pfunden hat. Wenn heute Reichstagswahlen flattfänden, so würde dabei in Süddeutschland die Jesuitenfrage eine große Rolle spielen, und dem Zentrum würden ohne Zweifel in Baden alle seine neueroberten Mandate verloren gehen. Selbst die württembergischen Demokraten haben sich schon veranlaßt gesehen, dieser Volksströ­mung Rechnung zu tragen, und es ist sehr fraglich, ob deren Vertreter im Reichstag für den Antrag Windthorst stimmen werden, was auch bei einem Teil der Deutschfreistnnigen noch sehr fraglich ist. Damit ist überhaupt die Ge­winnung einer Mehrheit für den Jesuitenantrag im Reichstag sehr zweifelhaft, und es könnte zu einem ablehnenden Beschlüsse kommen, wenn nicht das Zentrum in Voraussicht dieses Aus­gangs eine Abstimmung überhaupt hintertreibt. Es soll auch innerhalb der klerikalen Partei nicht an Stimmen fehlen, welche die Meinung äußern, daß man mit der Einbringung dieses Antrags einen Fehler gemacht habe. Der Wider­stand, der sich dagegen erhebt ist offenbar stärker, als man im Zentrum erwartet hatte.

* Berlin, 24. Dez. DieVoss. Ztg." er­fährt aus London, der Kaiser habe den Plan, Breslau zu einer Festung ersten Ranges um­zuwandeln, nach dem Vorschlag der Landesver- teidigungskommisfion genehmigt. Die Arbeiten sollen alsbald beginnen.

* Berlin, 26. Dezbr. Bei fortdauernder Fieberlosigkeit befindet die Kaiserin sich durchaus wohl, so daß von der Ausgabe weiterer Bulle­tins abgesehen werden kann. Auch in Berlin zirkuliert jetzt eine Petition gegen Zulassung der Jesuiten.

* Nieder zier (Kreis Düren), 23. Dezbr. Der Kaiser hat einer hiesigen armen Familie eine große Weihnachtsfreude bereitet. Ein Sohn dieser Familie war als Soldat wegen eines schweren Vergehens gegen die Disziplin mit fünf Jahren Festungshaft bestraft worden. Un­gefähr die Hälfte dieser Strafe, die noch zu verbüßen war, hat der Kaiser ganz erlassen.

ÄvMstdijcheS.

* Wien, 23. Dez. Man nimmt an, daß der Zoll-Vertrag mit Deutschland bestimmt zu Stande kommt, nachdem die Verhandlungen bis­her einen durchaus befriedigenden Verlauf ge­nommen haben. Oesterreich verlangt eine Herab­

setzung der Getreide-, Agrar-, Glas- und Papier­zölle; Deutschland die Herabsetzung der Eisen- und Textil-, insbesondere der Schafwollzölle.

* Budapest, 23. Dez. DemNemzet" zufolge wird die Regierung auf dem Sandgebiete von Deleblat 3000 ungarische Winzerfamilien anstedeln und ihnen Wohnungen bauen und, so­lange die Anpflanzungen noch nicht gediehen sind, ihnen eine jährliche Unterstützung von je 240 Gulden gewähren.

* Zug (Schweiz), 21. Dez. Ein hiesiger Einwohner schickte seinen Bernhardtnerhund in einer Kiste wohlverpackt einem Freunde nach Brüssel. Einige Tage nach der Ankunft war das Tier entlaufen, um nach 14 Tagen todmüde und abgemagert, um Einlaß winselnd, vor der Thür seines früheren Herrn in Zug anzukommen. Der treue Hund erlag aber nach wenigen Tagen den Folgen der ausgestandenen Entbehrungen und Anstrengungen. Was ist in diesem Falle mehr zu bewundern, die Treue oder die erstaun­liche Orientierungsgabe und die zähe Ausdauer des Hundes?

* Rom, 23. Dez. DerAgenzia Stesani" wird aus Tripolis gemeldet, daß gestern vier berittene französische Spahis dort eingebracht worden sind. Dieselben sind am 12. Dezember durch türkisches Militär bei Nahut, 60 Kilo- merer von der türkischen Grenze entfernt, gefangen genommen worden.

* Paris, 26. Dez. Wegen Begünstigung der Flucht Padlewski's wurde heute Labruyere zu 13 Monaten, Madame Duc-Quercy zu 2 Monaten und Gregoire zu 8 Monaten Gefäng­nis verurteilt.

* Mehreren Pariser Blättern zufolge wurde in der Sitzung des Generalrats des Seinedepar- tements vom 22. ds. eine Zuschrift des Kriegs­ministers Freycinet verlesen, welche die früheren Meldungen über bevorstehende Aenderungen in der Pariser Stadtbefestigung bestätigt. Die neue Ringmauer soll sich in weit größerer Aus­dehnung als bisher geplant war vom Point du Jour oder einem benachbarten Punkte auf dem linken Seineufer bis jenseits der Befestigung von St. Denis erstrecken und hierdurch die dichtbevölkerten Ortschaften an beiden Usern mit umfassen.

* Brüssel, 23. Dez. Die Banque de Bel- gique erlitt durch Unterschlagungen einen Ver­lust von einer halben Million Franken. Der Bureauchef Lambix wurde verhaftet.

* Kilkenny, 23. Dez. Der Antiparnellit Sir Popo Hennessy ist mit großer Mehrheit (2502 gegen 1356 St.) gewählt. Die Frauen von Nord-Kilkenny haben zur Wahl einMani­fest" erlassen, das mit Parnell bös ins Gericht geht.Stolz sind wir darauf so heißt es in diesem Schriftstück daß wir eine Kriegs­erklärung gegen dich erlassen können; gegen dich, der du nach jahrelangem wohlbedachtem Betrug endlich vor der Welt entlarvt dastehst. Das unglückliche Irland! Daß du ihm noch einen neuen Schlag versetzen solltest! In seiner

thränenreichen Krone leuchtete ei« Kleinod: die Reinheit seiner Töchter und die Heiligkeit seine? Hausstandes; und du bist gerade der herzlose Despot, der Unterdrücker der öffentlichen Mei­nung, der schamlose Betrüger eines FreMeA der Falsche, der Entehrte, den wir zst nstMut Führer erwählen sollen! Niemals, tausendmal niemals!" Dagegen überreichten andere Dame« von Kilkenny Parnell einen weißen Lilienstrauß mit einer Adresse, worin sie den Strauß als ein Zeichen der Bewunderung des Mutes int Kampfe für die Unabhängigkeit der irische« Partei bezeichnen.

"Petersburg, 27. Oez, Äuf dringen­den Wunsch der Kaiserin unterbricht der Thron­folger seine Weltreise und kehrt demnächst rtäch Petersburg zurück.

* Aus Pine Ridge, 23. Dezi wird (ge­meldet: Die Polizei hat den indianischenMes­sias", der so viel Unheil unter den^ Rothäuien angerichtet hat, in dem' Liger Rothwolkes ver­haftet. Er ist ein harmloser Fanatiker, Na­mens Hopkins, aus Nassau, Iowa.

* Rio de Janeiro, 24. Dezbr. Die Konfiskation aller Güter der Tochter des Ex­kaisers, welche den größten Teil des Kolonial- landes der Provinz Santa Cathariua ausmachen, erregt allgemeinen Unwillen.

Be r ckis Ft e S.

* (Humor auf dem Sterbelager.) In einer Stadt Schlesiens hatte den Postmeister eine schwere Krankheit aufs Lager, geworfen und endlich nahte die Sterbestunde. Mit aufrichtiger Trauer vernahm man allenthalben das Schick­sal des wegen seines jovialen Wesens und Hu­mors beliebten Mitbürgers. Betrübt umstanden die nächsten Angehörigen das Lager des Todes­kandidaten, welcher übrigens mit offenen Augen und klarem Bewußtsein der letzten Stunde ins Antlitz blickte. Da hörte man ein Pochen an der Thür und eine Besucherin trat mit der von den Umständen gebotenen Leichenbittermiene an das Bett des Postmeisters.Ach- Herr Post­meister", begann sie,ist's denn währ, daß Ihr die Welt verlassen wollt? I hätt' noch eine klee Litt' an Sie. Wollt Ihr nit so gut sei« und mei' Mann oben grüße?" Da blitzte noch einmal der alte Humor in dem Todeskandidaten auf und der sterbende Schalk sagte:Das will ich gerne ausrichten, liebe Frau. Haben Sie vielleicht auch noch ein kleines Packet an ihre« Mann mitzugeben?"

Handel »ad Be kehr.

"Stuttgart, 26. Dezember. Zur Ledermeffe am 18. De;, d. I. waren zugesührt rund 1350 Zentner (gegen 1400 Ztr. im Vorjahr). Käufer waren zahlreich erschienen, das Geschäft ging lebhaft von statten, in den Preisen war jedoch eine Besserung nicht zu verspüren. Verkauft und vermögen wurden: Sohlleder 160 Ztr. 9 Pfd., Vacheleder SO Zlr. 4 Pfd-, Wildschmalleder 665 Ztr. 92 Pfd-, deut­sches Schmälleder 198 Ztr. 76 Pfd., Kalbleder 63 Ztr. 37 Pfd., Zaumzeugleder 72 Ztr. 39 Pfd., zusammen 1240 Ztr. 57 Pfd. mit einem Gesamtumsatz von rund 160,000 Mk.

Verantwortlicher Ätdakteuri SL. Nieter, Aftensttkg.

suchung beendet sei. Kein noch so dunkler Winkel, kein noch so kleiner Raum war den Späheraugen der bewaffneten Schar entgangen, kein Plätzchen, an dem auch nur ein winziges Mäuschen hätte einen Zufluchts- wrt finden können, unerforscht gelassen.

Ruhig hörte der General den Bericht an.Nun wohl!" sagte er endlich, sich zu voller Höhe aufrichtend", ich habe es nicht erwartet. Sobald also noch dieses Gemach durchsucht sein wird, ist unsere Arbeit zu Ende. Jetzt beginnt meine Aufgabe! Habt die Güte, mein Herr Vetter, die Bücherständer wegrücken zu lassen, welche die geheime Thür maskieren, und laßt einige Fackeln herbeischaffen! Haltet Eure Waffen bereit, Major, und prüft das Pulver auf der Pfanne! So? Ihr wollt das Geheimnis nicht freiwillig preisgeben? Hierher, Landsknecht! Springe hinauf und entferne die Bücher aus jener Reihe, dort, die dritte vom Fenster! So ist es gut! Ich sah das Kunststückchen einmal als Knabe, Vetter; Ihr mögt meine Anwesenheit damals nicht beachtet haben, aber ich ließ mir nie träumen, daß diese damals gleichgültige Entdeckung mir eines Tages von so hoher Wichtigkeit werden könnte. Drauf und dran!"

Mit einem kräftigen Stoß das Schloß sprengend, legte er vor den erstaunten Augen der Soldaten den versteckten Gang bloß.

Nun wollen wir sehen, was wir finden können! Reicht mir eine Fackel und entzündet noch ein Dutzend mehr! Drei Mann bewachen den Eingang, die anderen folgen mir!"

Mit einer gebieterischen Bewegung schwang er die Fackel in der kräftigen Linken und drang in die Finsternis hinein, den Soldaten voran, die mit gezückten Schwertern ihm aus dem Fuße nachfolgten, schon im Vorgefühl eines glänzenden Erfolges dieses unerwarteten Handstreichs schwelgend. Doch manche Enttäuschung harrte ihrer, der Uneingeweihten; -hier endete ein schmaler Gang plötzlich an der festen Mauer dort fan­

den die mühsam Forschenden sich nach zeitraubenden Versuchen wieder auf demselben Platze, von welchem sie ausgegangen, und mußten ärger­lich dieselbe Arbeit noch einmal vornehmen, um abermals irre zu gehest. Nach langem Suchen fand Sir Francis in Begleitung einiger Offiziere die richtige Thür.

Ha, endlich! endlich sind wir am Ziel!" rief er mit erleichterte«, Atemzuge. Doch er hatte zu früh gefrohlockt.O weh! der Schlüssel hängt außerhalb. Ich fürchte, wir haben dennoch Zeit und Mühe ver­lorenst"

Er öffnete die eisenbeschlagene Thür und betrat die kleine Zelle­in welcher die Nacht zuvor noch derjenige eines sichern Schlummers ge­nossen, um defsentwillen alle die weitläufigen Vorkehrungen getroffen waren.

Alles war leer und verödet, kein Zeichen, daß vor kurzem ein menschlicher Fuß diese Schwelle, diesen Boden betreten haben könnte! Die wenigen vorhandenen Gegenstände waren mit dem dicken, undurch­dringlichen Staub von Jahrhunderten bedeckt die eifrig nachdrängen, den Soldaten hätten hierauf geschworen! Spinnengewebe an den Wän­den, Flocken und Federchen hier und da am Boden. Umsonst war alle Arbeit, zu früh das Frohlocken gewesen! Die Forschungen mußten als nutzlos aufgegeben werden.

Als Elision sich nach einiger Zeit von seinen Verwandten verab­schiedete, war er wie alle seine Untergebenen fest und ehrlich überzeugt, daß er seinem Vetter dennoch unrecht mit seinem Verdachte gethan habe, daß der fremde Ritter ihnen auf der Flucht durch irgendwelche listige Weise entkommen und jetzt vielleicht schon auf welschem Boden und in Sicherheit sei. (Fortsetzung folgt.)

* (Lesefrucht.) Der Faule bittet um Arbeit mit den Lippen, aber in seinem Herzen bittet er Gott, daß er keine finden möge.