ihm zu: „Mehr giebt's nicht!" ^Darauf erklärte der Augeredete, daß er ja gar nichts verlangt habe; er wolle nur seine Frau erwarten, die hier Einkäufe mache. In demselben Augenblicke hielt eine Kutsche vor dem Geschäft, eine ältere, fein gekleidete Dame stieg aus und trat in den Laden. Der Kaufherr erkannte in ihr sofort eine seiner besten Kundinnen, welche, wie er jetzt erfahren mußte, die Frau des Mannes war, den er für einen Almosen-Empfänger gehalten hatte. Der Geschäftsinhaber erschöpfte sich sofort in tausend Entschuldigungen. Der vermeintliche Bettler jedoch lächelte darüber und meinte: „Das Zwanzig-Pfennigstück gebe ich nicht wieder zurück, denn es ist das erste und hoffentlich auch das letzte Geld, das ich in meinem Leben als — Almosen erhalten habe."
" Ein Familienvater mit der stattlichen Anzahl von 22 Söhnen dürfte gewiß zur Seltenheit gehören. Bei der Volkszählung in Elbing stellte sich, wie der „Dauz. Ztg." geschrieben wird, heraus, daß der Maurer M. in der langen Niederstraße die oben genannte Zahl von Nachkommen besitzt. Derselbe ist zum zweiten- male verheiratet und hat noch sechs eigene und ein Pflegekind, alles Söhne, im Alter von 1 bis 20 Jahren bei sich zu Hause. Vor den anderen stehen zwei bei der Garde und drei bei anderen Regimentern. Zwei sind vor kurzer Zeit verstorben, die übrigen arbeiten in Berlin und seiner Umgebung. Der Vater ist ein noch sehr rüstiger Dian» von 48Vr Jahren.
* In Hernsdorf bei Hirschberg ist der Chemiker Häusel, früher in Berlin, samt seinen beiden Dienstmädchen durch Bcilhiebe tötlich verletzt worden. Der Thäter ist anscheinend der eigene Sohn, dessen blutige Kleider aufgefunden wurden; er entfloh nach dem Hochgebirge.
* Erfurt, 6. Dezbr. Eine schwere Strafe hat einen Landwehrmann aus Mühlhausen i. Th., Vater mehrerer Kinder, getroffen, der sich während einer militärischen Uebung, zu der er hierher eingezogen war, tatsächlich an einem Unteroffizier vergriffen hatte. Er erhielt deswegen eine Festungsstrafe von 3 Jahren 3 Monaten zudiktiert.
Ausländisches.
* Paris, 10. Dez. Ex-König Milan ist gestern aus London hier eingetroffen. (Derselbe soll von der Aufnahme in London, insbesondere seitens der Königin nnd des Prinzen von Wales, so wenig erbaut gewesen sein, daß er alsbald wieder abreiste.)
* Paris, 11. Dez. In Saint-Denis wurde ein neuvermähltes Ehepaar auf dem Heimweg von dem abgcwiesenen Liebhaber der jungen Frau erschossen.
Paris, 11. Dez. In Nancy sind 6 Personen wegen Verführung von Kindern verhaftet worden. Viele angesehene Einwohner sind bloßgestellt.
* Bezüglich des angeblichen Raubanfalls auf eine Dame in einem Zuge zwischen Monaco
und Toulon hat die Polizei jetzt herausgebracht, daß die Dame den Raub fingiert hat. Sie hatte in Monaco viel Geld verloren und wollte ihrem Gatten, zu dem sie heimkehrte, den Verlust erklärlich machen.
* Der seit Langem schon verehelichte Bürgermeister von Pan in Frankreich hatte in den letzten Tagen seine und die Verwandten seiner Frau zu einem Diner geladen. Die Geladenen hatten sich in großer Anzahl eingefunden. Beim Dessert nahm der Gastgeber das Wort zu der Erklärung, er lebe mit seiner Frau in schlechtem Einvernehmen und so hätten sie Beide sich zu einer friedlichen Trennung entschieden. Da die Frau eine gleichlautende Erklärung abgab. so händigte ihr der Mann die am Vermähluugs- tage emtffanaene Mitgift ein. Dcnn trennte man stm und jeder der beiden Telle kehrte zu seiner Familie zurück.
* London, 4. Dez. Die Britische Südafrikanische Gesellschaft erhielt eine Drahtmeldung aus Kimberley. derzufolge 800 Reef Alluvial Goldansprüche am Umfulifluß in Mashonaland abgesteckt seien. Es sei ein reichhaltiges bis 58 Fuß Tiefe geprüftes Goldreef entdeckt; dasselbe ergebe 4—5 Unzen Gold pro Tonne. Ueber 1> 0 Männer, sowie Vertreter von 17 mächtigen Syndikaten hätten Capftadt verlassen.
* London, 11. Dez. Aus China wird gemeldet: In Tschnng Ring wurden 20 zum Christentum bekehrte Chinesen niedergemetzelt und ihre Häuser verbrannt. — Alle Bahnbauten in China sind eingestellt, die Staatskassen sind leer. In Futschen ist die Thee- nnd Tabakernte völlig mißraten. In Wohn flog die Pulvermühle in die Luft, wobei 300 Personen teils getötet, teils verwundet und 1000 Häuser zerstört wurden.
* London. In einem langen Telegramm an die „Times" sucht Stanley den schlimmen Eindruck, den seine Enthüllungen über die Nachhut seiner Expedition gemacht haben, zu verwischen, indem er ausführt, daß Ausschreitungen wie diejenigen Jamesons nnd Barttelots nur vereinzelte Handlungen seien nnd nicht den Engländern im Allgemeinen zur Last gelegt werden könnten; im Gegenteil, die Engländer verständen am besten mit den Negern ümzugehen. Nur durch sittliche Ueberlegenheit könne inan Afrika beherrschen u. s. w.
* Dublin, 10. Dez. Parnell wurde heute abend bei der Fahrt im Wagen des Lordmayors nach dem Rotnndasaale von einer zahlreichen Volksmenge stürmisch begrüßt; die Pferde des Wagens wurden ausgespannt und letzterer von der Menschenmenge nach dem Rotundosaal gezogen. .Nachdem Healy unter der Menschenmenge erkannt war, wurde er von derselben hin- und hergestoßen.
' Wie aus Petersburg gemeldet wird, zeigt sich auch unter der bäuerlichen Bevölkerung des Gouvernements Sarakow eine lebhafte Au s- wanderungsbewegüng. Bisher haben etwa 20000 Personen erklärt, nach den Bezirken Barnaul
und Minussinsk in Sibirien auswandern zu wollen. Da diese Bewegung ihr Ziel nicht im Auslande hat, wird die russische Regierung nicht viel dagegen einzuwenden haben. Für das wirtschaftliche Elend in Rußland ist die Bewegung gleichwohl bezeichnend.
* Finnland soll mit Dampfgeschwindigkeit russtfiziert werden. Die in Petersburg tagende Kommission zur Begutachtung der russisch-finn- ländischen Zollverhältniffe hat sich für einstweilige Beibehaltung der Differentialzölle ausgesprochen, jedoch sollen die finnländischen Zollämter die gleiche Organisation wie die russischen erhalten und russischer Leitung unterstellt werden. Die Kommission betonte dabei die Zweckmäßigkeit einer baldigen gänzlichen Aufhebung der russisch-finnischen Zollgrenze.
"Krakau, 10. Dez. Zwanzig russische Bauernfamilien, welche auswandern wollten, wurden an der Grenze von russischen Gendarmen aufgegriffen und zurückgeschafft. Die russische Regierung verfügte, daß solchen Auswanderern ohne Rückerstattung des gezahlten Kaufschillings ihre Häuser und Güter zurückzugeben seien. Ueberdies erhalten die Käufer noch Gefängnisstrafen.
* Dem „Berl. Tagebl." wird aus Sansibar telegraphiert: Emin Pascha ist am Viktoria- Nyanza eingetroffen, nachdem er südlich vom See mit arabischen Sklavenjägern Kämpfe zu bestehen gehabt hatte. Alle europäischen Begleiter Emins sind gesund.
* Von Emin Pascha ist ein Brief bei dem Bremer Arzte Dr. Hartlaub eingetroffen, in welchem es heißt: „Mich hat der liebe Gott für Reisen in Afrika prädestiniert. Nachdem ich mein Kind versorgt, ist es mein heißer Wunsch, auf afrikanischem Boden zu sterben und begraben zu sein inmitten der Szenerie, die ich nun einmal zu lieben gelernt habe."
Handel «ud Berkehr.
* Fellbach, 9. Dez. Der hier noch vorrätige Hopfen wurde gestern zu 160 Mk. per Zentner verkauft.
* Bietigheim, 4. Dezbr. Der Zutrieb zum Viehmarkte war geringer als man hoffte, dagegen hatten sich sehr viel Käufer eingefunden. Der Handel ging außerordentlich lebhaft. Milchkühe galten einen sehr hohen Preis. Für Ochsen und Ochsenstiere wurden bezahlt 39-52 Karolin, Schmalvieh galt das Paar 22-37Vg Karolin, Kühe erzielten 175—400Mk.
* Mannheim, 9. Dez. (Fetrviehmarkt.) Es waren beigetrieben und wurden verkauft per 100 Kilo Schlachtgewicht; 39 Ochsen zu 132 bis 140 Mk., 437 Stück Schmaloieh zu 120 bis 132 Mk., 11 Farren zu 108—116 Mk., 233 Kälber zu 140 Mk., 631 Schweine zu 116 bis 120 Mk.;'zusammen 1349 Stück im Gesamterlös von 187,377 Mk. Auf dem Ferkelmarkt waren 187 Stück im Preise von 9 bis 11 Mk. pro Stück beigetrteben.
„Wie eine alte Waffertonne", ergänzte das Mädchen lachend. „Habt doch nur eine Minute Geduld, Jenny ist schon unterwegs mit einem Frühstück, an dem eine Armee genug hätte. So seid Ihr jetzt zufrieden?"
„So zufrieden, Margret, daß ich dich dafür küssen möchte!" erwiderte der Jäger neckend, indem er Miene machte, den Worten die That folgen zu lassen. Gewandt entschlüpfte ihm die Dorfschöne und war mit einem Sprunge davongeeilt.
„Ein grünes Wams und eine schwarze Kappe müßten schon eine größere Seltenheit sein, wenn ihrem Eigner eine solche Gunst gewährt werden soll!" rief sie noch schelmisch über die Schulter zurück, ehe sie in der niedrigen Hausthür verschwand.
„Beim Sankt Hubert, Frank," bemerkte James Brent scherzend, „dieser Schuß des Mädchens traf bester, als du jemals einen Zehnender getroffen!"
„Auf dreißig Schritt Entfernung", ergänzte der Geneckte, keineswegs beleidigt, denn er hatte im Vorbeigehen einen Blick der Schönen sufgefangen, welcher ihre Worte Lügen strafte. „Nun, was thut's? Mädchengunst ist wandelbar, heute so, morgen anders! Der Schelm soll uns den Appetit nicht verderben. — Langt zu, Meister Bartram, Ihr habt's redlich verdient," und ein tüchtiges Weidmannsmesser aus dem Ledergurt ziehend, begann er selbst einen kräftigen Angriff auf die vorhandenen Lebensmittel, die unterdes von Jenny aufgetragen worden waren. Seine Gefährten unterstützten ihn wacker. Eine Weile waren alle drei so sehr mit den Gaben des Wirtshauses beschäftigt, daß kein Wort gesprochen wurde.
Plötzlich aber erregte ein nahes Geklapper von Pferdehufen ihre Aufmerksamkeit. Gleich darauf ritt ein Reiter auf einem prachtvollen Rappen in den Garten hinein.
„Sieh da! Du, John Röster?" rief Frank erfreut. „Einen Trunk auf dein Wohl, Nachbar."
„Danke, danke!" nickte der Ankömmling. „Wohl bekomm's, mein Junge ! Nun, wie schaut's ans? Grüß Gott, James, und auch Ihr, Meister Bartram. Ihr wäret lange nicht in dieser Gegend."
„Ein paar Monate mögen wohl verstrichen sein", versetzte Meister Bartram „seit ich Frau Bettys Kochkunst bewundern konnte. Aber steigt ab, Freund, und nehmt teil. Wollt Ihr?"
„Sag mir doch, Mann", fragte jetzt der junge Jäger, der während Meister Bartrams Worten verwundert bald das Pferd, bald dessen Reiter genauer betrachtet hatte — „sag mir doch, wie in aller Welt kommst du zu dem Roß? Ein Graf dürfte sich dessen nicht schämen. Golddurch- wirkte Satteldecke, silberner Zaum, eine wäre Pracht! Komm, komm, erzähle uns dein Abenteuer, denn ohne ein solches konnte der Hengst unmöglich in deine Hände kommen."
„Für dieses Mal mußt du schon ohne Abenteuer fürlieb nehmen", entgegnete der Landmann, der Aufforderung zum Absteigen Folge leistend. „Denn mit dem besten Willen kann ich nichts Besonderes in dem Umstande bemerken, daß ich, aufmerksam gemacht dlwch ein lautes Wiehern, das Pferd dort unten am Flusse an einen Baum gebunden fand. Ich nahm es mit nach Hause, warf ihm Futter und Streu vor, und nun bin ich hier. Wahrscheinlich hat einer der Anhänger des Königs, der bei der gestrigen Schlacht geflohen, es hier zurücklassen müssen.
„Ei, ei, das wäre!" tönte es im Kreise. Und James Brent setzte bedächtig hinzu: „Ich möchte behaupten, es ist das Streitroß des armen Burschen, den die vermaledeiten Rundhüte gestern auf Schloß Eton jagten.
„Was ist das? was ist das?" rief Frank stürmisch. „Erzähle doch, Mann! Wie in aller Welt kommst du dazu, hier