Verschulden durch die Schwierigkeit genügender Kenntnis der Vorschriften über ihre Rechte und Pflichten zu Schaden kommen. Auch wird darüber geklagt, daß es an einer gemeinfaßlichen Darstellung des Gegenstandes fehle. — Dem gegenüber ist zu bemerken, daß durch die ergangenen Vollzugsanordnungen des Ministeriums des Innern in Württemberg den Versicherungspflichtigen und deren Arbeitgebern in weitestem Umfang eigene Mühe und Verantwortlichkeit beim Vollzug des genannten Gesetzes abgenommen wird. Nach der Vollzugsverfügung vom 24. Oktober d. I. werden für alle versicherungspflichtigen Personen, welche einer Orts- (Bezirks-) Krankenkasse, Jnnungskrankenkasse, Gemeindekrankenversicherung oder Krankenpflegeversicherung angehörcn, also für den größten Dell der gewerblichen und land- und forstwirtschaftlichen Arbeiter und Dienstboten die Beiträge für die Jnvaliditäts- und Altersversicherung durch die genannten Krankenkassen mit den Kraukenversicherungsbeiträgen cingezogen. Auch ist Anordnung getroffen, daß für alle diese Personen die Quittungskarten, in welche die Beitragsmarken von den Einzugsstellen eingeklebt werden, von Amtswegen ausgestellt und den Beteiligten behändigt werden. Die Arbeitgeber und Dienstherrn dieser Personen haben also die Mühe und Verantwortlichkeit der Erwirkung von Quittungskarten, des Ankaufs Und Einklebens von Marken und der Berechnung der Beiträge nicht, sie brauchen nur auf ergehende Aufforderung die schuldigen Beiträge in Geld an die einziehenden Beamten zu bezahlen. Ueber- dies wird bei der erstmaligen Zustellung der Quittungskarten jedem Versicherungspflichtigcn eine kurze Belehrung über die aus dem Reichsgesetz folgenden Rechte und Pflichten von Amts- Wegen zugestellt werden. Für weitaus den größten Teil aller Beteiligten sind alio alle Schwierigkeiten thuntichft beseitigt. Für eine verhältnismäßig kleine Zahl Versicherungspfllch- tiger, nämlich die zu vorübergehenden Dienstleistungen verwendeten Personen, namentlich die in den Häusern der Kunden arbeitenden Wäscherinnen, Näherinnen u. dergl. liegt die Zache allerdings nicht so einfach. Die grundlegenden Bestimmungen über die Versicherungspflicht dieser Personen sind erst unterm 27. November vom Bundesrat erlassen worden.
* Hall, 9. Dez. Den Mahnruf an das Publikum, seine Einkäufe nur am Platze zu bewerkstelligen, beantwortet ein Bierbrauer im „Haller Tagblatt" damit, es möge der verehrt. Gewerbeoerein auch für die Haller B erbrauer einen Mahnruf an das Publikum und insbesondere an die Herren Kaufleute erlassen, in Zukunft mehr Haller Bier zu konsumieren und sich von dem fiemden abzuwenden.
* Bei der herrschenden Witterung emvfiehlr es sich, in jeder Gemeinde die Spritzen nachzusehen und sich zu versichern, ob auch, trotz seiner Zeit bei den Herbstübungeu vorgenommener Leerung und Austrocknung der Spritzen-
Zhlinder und Ventile, nicht wieder Wasser in denselben sich gesammelt hat, In vielen Fällen wird man sich überzeugen muffen, daß eine mehr oder weniger mächtige Eisschichte in den Maschinen, deren sofortige Inbetriebsetzung zur Unmöglichkeit macht. Auftaueu mittelst Petroleum oder Spiritus, Austrocknen des Wassers mittelst Schwamm, Reinigung der die Bewegung versagenden Teile und Einschmieren derselben mit flüssigem Glycerin ist das einzige Mittel, vor Schaden bewahrt zu bleiben.
* (Verschiedenes.) Musketier Hertig in Tübingen erhielt wegen Rettung eines Menschen aus Todesgefahr unter Einsetzung des eigenen Lebens die silb. Verdienstmedaille. Derselbe hat am 19. Novbr. beim Hirschaner Steg ein Dienstmädchen aus dem Neckar gerettet. — Ein Wagner von Wald buch ist auf dem Heimweg von Bretzfeld in einem Bach, über den er zu gehen hatte, ertrunken. — Ein ebenso seltener als komischer Fall hat sich dieser Tage in der Volksschule in Niederstetten ereignet. Als die Kinder nämlich zur Schule kamen, konnten sie vor Rauch und Qualm in das Schullokal nicht eintreten. Man schickte nach dem Schlosser und dieser entdeckte nach eingehender Untersuchung im Ofenrohr eine verkohlte, mächtig große Eule, welche dasselbe verstopfte. — Ein Jagdliebhaber in Heidenheim wollte ein geschossenes Reh per Bahn verschicken. Bei der Aufgabe am Bahnhof wurde die Sendung beanstandet und zwar wegen der Maul- und Klauenseuche. Das tote Reh mußte vom Tierarzt untersucht werden, ob es nicht an dieser Krankheit leide.
* Konstanz, 8. Dez. Ins hiesige Gefängnis eingeliefert wurde am Donnerstag der frühere Kassier des Vorschußvereins Gcisingen, Otto Herrmann, durch dessen Schuld der Vorschußverein einen Verlust von rund 150000 Mark erlitten hat. Derselbe hat mehrere Monate in der Irrenanstalt zu Jllenau zugebracht, da sich seit jenem Augenblicke, als der Staatsanwalt zu seiner Verhaftung schreiten wollte, Spuren von Geistesgestörtheit bei ihm gezeigt haben sollen. Herrmann ist jetzt geheilt und wird sich demnächst vor Gericht zu verantworten haben.
" Gera. Amerikanische Erbschaften gehören bekanntlich zumeist in das Gebiet der Einbildungen. In diesen Tagen ist aber eine solche ihatsächlich nach Gera gefallen und zwar im Betrage von 405 000 Mk., welche zu gleichen Teilen an drei hier in einem Vororte wohnende Erbberechtigte zur Auszahlung gelangen. Ein amerikanischer „Onkel" war so gffcheit, drüben reich zu werden und Junggeselle zu bleiben.
* Berlin, 9. Dez. Die Anerkennung der Vereinigten Staaten von Brasilien seitens des Deutschen Reiches ist seit gestern amtlich vollzogen.
* Berlin, 10. Dezbr. Der Andrang von Lungenkranken in die hiesigen Krankenhäuser ist derart angewachsen, daß die Ausnahme und
Der Iküchtling.
Historische .Novelle von August Nordheim.
(Fortsetzung.)
Aber wo waren jene frohen Tage, welche einst die Jugend des Dorfes um seinen Stamm versammelten? wo die heitern, harmlos fröhlichen Feste, die von lustigem Tanz und aus dem Herzen kommenden Gesang üdersprudelten? Der gewaltige Bürgerkrieg hatte über das schöne, lustige, leichtlebige England einen größeren Ernst gebreitet. Jedermann erkannte die Wichtigkeit, mithandeln zu müssen. Deshalb war auch überall der Kern des Landvolkes mit hinausgezogen ins Feld, zum Teil der alten überlieferten Fahne treu, zum Teil aber auch mit Begeisterung den neuen, immer siegreicher vordringcnden Ideen durch immer neue Erfolge Bahn brechend. Diesem Aufwachen eines allgemeinen politischen Geistes, eines wahrhaften Gemeuigefühls, dieser Darangabe aller einzelnen Kräfte an große gemeinsame Sachen, kurz, diesem gewaltigen bürgerlichen Aufschwung der Cromwellscheu Zeit sollte England auch die Begründung seiner Weltmachtstellung verdanken!
Es war am Tage nach den im Schlosse vorgefallenen ungewöhnlichen Ereignissen. Eine kleine Anzahl Landleute erhob sich soeben von der roh gezimmerten Bank, auf welcher sie nach der zeitig begonnenen Morgenarbeit einen auffrischenden Trunk genommen. Drei Männer nur blieben unter dem schattigen Laubgang an dem eichenen Tisch zurück: der eine, seiner Kleidung nach ein Förster, der andere, ein noch junger Mann von herkulischem Körperbau, aber offenem, freundlichem Gesichls- ausdruck, ein Jäger oder Waldhüter, in grünem, knapp anliegendem Wams, einen Bocksschwanz au der silbernen Einfassung des schwarzen, keck auf die kurzen Locken gedrückten Saintbaretts, an der Seite die kurze Flinte nebst Pulvrrhorn und Kugeltasche.
Behandlung anderer Kranken darunter notleidet. Es finden deswegen viele Abweisungen neuangemeldeter Lungenkranken statt.
* Berlin, 10. Dez. Professor Koch beabsichtigt Berlin auf einige Wochen mit Urlaub zu verlassen. Das Ziel seiner Reise ist noch unbekannt.
* (Vom Reichstag.) Das Interesse des Publikums an den Verhandlungen der am 20. Februar gewählten deutschen Volksvertretung ist nach verschiedenen Nachrichten gegenwärtig ein sehr kleines. Der „Rhein. Wests. Ztg." schreibt man darüber: „Woran liegt es, daß unsere parlamentarischen Verhandlungen nicht mehr die frühere Anziehungskraft bewähren? Vielleicht daran, daß seit dein Rücktritt des Fürsten Bismarck die Politik im allgemeinen nicht entfernt mehr so interessant ist, wie vordem. Jedenfalls ist es Thatsache, daß die öffentlichen Tribünen unserer Parlamente recht schlechte besucht werden, so auch heute bei der ersten Lesung des Reichshanshaltsplanes im Reichstage, trotzdem dazu bewegte und lebhafte Verhandlungen erwartet werden konnten." Daß Windthorst jetzt den Reichstag ganz und gar beherrscht, dürfte auch nicht nach Jedermanns Geschmack sein, und so bleiben die Zuhörer lieber weg.
* Berlin. Ein berühmter Arzt wurde vor einigen Tagen zu einer im östlichen Stadtteile Berlins wohnenden begüterten Fam lie gerufen, in der bereits mehrere Aerzte ein Kind an starken Kolikanfällen erfolglos behandelt hatten. Er fand dort ein ziemlich herabgekommenes Kind von etwa sechs Wochen vor, dessen Hautfarbe bleifarbig bläulich aussah und das, immerfort schreiend Füße und Händchen zusammenzog. Er forschte nach allen möglichen Ursachen der sonderbaren Krankheil, konnte jedoch keine ermitteln, bis er endlich am Freilag zufällig einen Blick auf das Gesicht der Amme des Kindes warf, worauf ihm, so erzählt das „B. Tgbl.", die Ursache der Krankheit klar wurde. Die Amme hatte nämlich ein auffallend hübsches, weißrotes Gesicht. Der Arzt fuhr nun mit dem Zeigefinger darüber und entdeckte auf demselben eine ziemlich starke Portion Llelschminke, die an dem Finger kleben blieb. Die Amme hatte sich, wie sie gestand, schon seit längerer Zeit mir diesem „Schönheitsmitt-l" geschminkt.
* (Eine peinliche Verwechslung) begegnete dieser Tage dem Chef eines großen Modewaren-Geschäfts in der Friedrichsstraße zu Berlin. Ein infolge der riesigen Ausdehnung der Stadt durch günstigen Verkauf seiner Grundstücke reich gewordener Bauer, sog. Millionen- bancr, aus einem Vorort des Berliner Westens kam dorthin u. da gerade sehr viele Käuferinnen anwesend waren, blieb er bescheiden, die Mütze in der Hand, an der Thür stehen. Einer der Geschäftsinhaber, in der Meinung, der Manu sei ein Bettler, gab ihm ein 2Ö-Pfennigstück, das der Beschenkte kopfschüttelnd betrachtete. Als er sich nicht zum Fortgehen anschickte, rief man
Die dritte der in dem kleinen K:c'S befindlichen Personen, nnev offenbar ein friedliches Gewerbe. Die staubbedeckten, von der Witterung arg mitginommenen Kleider, die derben, hohen Stiefel bewiesen, daß das Wandern ihrem Eigentümer nicht fremd sei; vermutlich hatte die frühe Morgenstunde ihn schon weit hergeführt, und das kleine, mit Leinen überzogene Päckchen, welches dort an der Bank lehnte, war das Erkennungszeichen eines von Ort zu Ort ziehenden Krämers und Händlers.
Noch ein viertes menschliches Wesen befand sich im Garten, allein es gehörte nicht zu der Gefellschaft, — ein großer, schlanker Jüngling von vielleicht siebzehn Jahren. Er ruhte bald liegend abseits der drei Wirtshausgäste in einem Armstuhl, vom Strahl der Morgensonne warm beschienen. Ein Blick in sein Antlitz konnte eine traurige Geschichte lesen. Die niedrige Stirn, das verständnislos ins Leere stierende Auge, die dicken, aufgeworfenen Lippen, hinter denen zwei Reihen blendend weißer Zähne glänzten, gleich denen eines Raubtieres — ein Schwachsinniger, kaum der Sprache mächtig. Armer junger Mann, was ist dir das Leben, das andern deines Alters ein Quell nie versiegender Freuden scheint?
Zu den Füßen des Bedauernswerten kauerte eine riesige alte Dogge, dem Anschein nach schlummernd; die leiseste Bewegung seines Schützlings jedoch ließ das Tier das Haupt erheben, welches erst nach einem wachsamen Blick ringsum in die vorige Stellung zurücksank.
„Halloh, schöne Margret, was fehlt denn dir heute?" rief der junge, stattliche Jäger wohlgelaunt der hübschen Anfwärterin zu, nachdem der letzte der Bauern verschwunden. „Wie lange sollen wir noch fasten? Hier, James Brent, ist seit früh vier Uhr an der Arbeit, und Meister Barkram, der Handelsmann, bereits von Barringion heraufgekommen, und das sind zehn Meilen, wohl gezählt — und ich bin auch noch da, Frank Burdon; mein Magen ist so leer wie, wie-"