Von einem empfindlichen Verlust wurde in Ebingen ein dortiger Bierbrauer betroffen. Am Freitag nachmittag erschien ein Knabe in dem Schanklokal der Bierbrauerei mit der Nachricht: aus dem Lagerkeller lause Bier heraus und die Kellerthür sei verschlossen. Sofort eilte der Besitzer zum Keller und nach Erschließung desselben fand er, daß der „Bierstrom", welcher wie ein starker Regenguß vom Bühl bis an die Dohle beim Schwanen die Kandel füllte, davon herrührte, daß 5 Lagerfässer mit dem Gesamtgehalt von 4000 Liter über das weichende Faßlager der oberen Lage herabgefallen und geplatzt waren. — In Lustnau brachte eine Kuh des Fischers Hirn 3 lebendige, völlig normale Kälber zur Welt. — In Ulm wurde ein Schutzmann, der einen auf dem Trottoir fahrenden Radfahrer anhiclt, von 6 bis 7 Per- ^ sonen ohne jegliche Veranlassung angefallen, zu j Boden geworfen, mit den Füßen getreten und, schließlich in den Rücken gestochen, so daß er längere Zeit dienstunfähig war. Zwei der Angreifer, die in der Frühe des andern Tages die Stadt eilends verließen, sind inzwischen ermittelt worden. Dieselben sind aus Bibcrach gebürtig. — In Untertürkh eim fiel der 21jährige Knecht des Fabrikanten L. Weber von seinem Wagen herunter und erlitt so schwere Verletzungen, daß er nach einer halben Stunde starb. — In einer Wirtschaft in Vaihingen a. E. gerieten 2 Bursche miteinander in Streit, wobei der eine dem andern einen Schuß in die Brust beibrachte. — In Fornsbach wurde der geistesschwache Gottlicb Kübler von Hintcr- westmurr tot in dem Scheuernabtritt des Rosenwirts aufgefunden. — In Haiterbach ist die Familie des Stuttgarter Luftkurgastcs V. von schwerem Unglück betroffen worden. Der 10jährige Knabe derselben machte sich am Aufziehseil im Garbcnloch der Scheuer zu schaffen und stürzte so unglücklich auf die Tenne, daß man das Schlimmste befürchten muß. — In letzter Zeit wurde zwischen Friedrich shafen und Ulm eineKupferdoppelleitung zwecks einer neuen Telephonverbindung mit Mm erstellt. — In Bietigheim stürzte ein mit Gerste beladener Wagen um. Von den Garben wurde eine Frau, welche neben dem Wagen einherschritt, zugedcckt und mußte schwerverletzt hervorgezogen werden. Von den in die Augen gedrungenen Halmen scheint ein Auge derart beschädigt worden zu sein, daß dasselbe gänzlich verloren geht. — Am Sonntag hat sich in Waiblingen ein 80jähriger Greis in der Wohnung seines Sohnes erhängt.
* München, 27. Juli. Die Equipage des Prinzre: ersten stieß gestern abend 7 Uhr in der Münchener Vorstadt Nenhausen mit der Nymphenburger Dampftrambahn zusammen. Der Prinzregent wurde herausgeschleudert, blieb jedoch glücklicherweise ohne jedwede Verletzung; der ebenfalls herausgestürzte Adjutant wurde leicht verletzt.
* München, 28. Juli. Hinsichtlich der jüngsten sensationellen Meldung in der Presse, Freiherr von Stauffenberg habe einen Rechnungsfehler von 6 Millionen im Eisenbahnetat übersehen, bin ich ermächtigt, zu erklären, daß ein Rechnungsfehler nicht existiert, dagegen allerdings ein Druckfehler, betreffend 5 Millionen in der Nachweisung zum Etat; doch stimmt jede Ziffer, auch wurde jener Druckfehler vor der Etatsberatung in der Abgeordnetenkammer bei den Referenten seitens der Regierung bekannt gegeben. Gegen den Urheber der böswilligen Behauptung ist Untersuchung eingeleitet.
* Berlin, 27. Juli. Der Direktor der hiesigen Frauenklinik, Professor Olshausen, ist nach Athen zur Kronprinzessin von Griechenland berufen worden. (Die Kronprinzessin Sophie, eine Tochter der Kaiserin Friedrich, ist bekanntlich vorzeitig niedergekommen.)
* Berlin, 27. Juli. Das Neueste ist die demnächstige Uniformierung der in der Verwaltung der Post und Telegraphie, namentlich im Telephoiuvesen beschäftigten weiblichen Arbeitskräfte. Dieselben erhalten postblaufarbene Schoß- taillcn aus Trikotstoff mit den bei den männlichen Beamten giltigcn orangefarbenen Kragen und Aufschlägen nebst blanken Knöpfen, die sie im Dienst zu tragen haben. Hinsichtlich der Kieiderröcke sollen sie es auch fernerhin nach ihren- Belieben halten können. In der vorigen Woche ist den in Berlin beschäftigten Damen zu der „Amtskleidnng" Maß genommen worden. Die neue Tracht dürfte nicht unkleidsam sein, dennoch soll sie den Beifall der beteiligten Damenwelt keineswegs gefunden haben.
* Berlin, 28. Juli. Die Sozialdemokraten von Berlin wollen den 31. August, den Todestag Lasalles, durch einen großen Massenausflug feiern.
* Berlin, 29. Juli. Der Paßzwaug in Elsaß-Lothringen wird dahin gemildert, daß Franzosen zum Besuche von Familienfesten in den Neichslanden einen oder mehrere Tage sich ohne Paß aufhalten dürfen.
* Berlin, 29. Juli. Der „Reichsanzeiger" veröffentlicht eine Denkschrift des Reichskanzlers v. Caprivi über die Beweggründe zu dem deutsch-englischen Abkommen. Danach bezweckte dasselbe die Beseitigung der Differenzpunkte und die Unterstützung der Erhaltung des europ Friedens. Die gesam.en Streitfragen wurden von einem Gesichtspunkte behandelt, um durch gegenseitige Konzessionen bei der Verschiedenheit des Wertes der einzelnen Gebietsteile eine Verständigung zu erreichen. Die Walfischbai habe keineswegs den landläufig geschilderten Wert, desgleichen das Ngamisee- gebiet. Witu sei nach dem Verlust von Patta, Manda und Lamu wertlos. Deutsche Privatrechte blieben gewahrt. Deutschland erklärte im Jahr 1889 amtlich in London, daß Uganda und Wadelai nördlich des ersten südl. Grades außerhalb der deutschen Kolonialbestrebunzen liegen, während die Tangayka-Küste für Eng
Aie Pflegekinder des Kommerzienrats.
Novelle von Carl H artin an n-P lö n.
(Nachdruck
verboten.)
(Fortsetzung.)
„Jsabella!" Es war ein Jubelruf des Entzückens — in der nächsten Sekunde lagen sie sich in den Armen, ein langer unendlicher, beseligender Kuß besiegelte den geschlossenen Bund der Liebe.
„Auf diese Ueberraschung war ich in der That nicht mehr vorbereitet", sprach plötzlich hinter ihnen eine Stimme. Es war die des Grafen, der in das Zimmer getreten war, ohne daß die Neuverlobten in ihrem Liebesrausch .es gehört hatten. Diese flogen auseinander. Jsabella näherte sich sogleich ihrem Vater und sagte:
„Papa, ich liebe ihn, du hast mir gestattet, frei mir den Mann zu wählen, der mich durchs Leben geleiten soll — alle Mißverständnisse haben sich gelöst — gieb uns deinen Segen!"
„Du liebst ihn also?" sagte der Graf. „Nun, auch ich liebe ihn, ich habe von Anfang an keinen anderen Wunsch gehabt, als daß ihr euch finden möchtet!"
Er reichte Heinrich die Hand und fuhr fort: „Seien Sie mir als Sohn willkommen!' Und nun seine Tochter umarmend, sagte er mit feierlicher Stimme: „Mein Gott, mache du mein einziges Kind glücklich und gieb du diesen beiden deinen Segen, den ich ihnen nur wünschen kann, der aber von dir, mein Herr und Gott, ausgehen muß!"
In diesem Augenblicke klopfte cs sehr laut an die Thür.
„Das ist Jakob", sprach der Graf, „was kann er wollen?"
Er rief „Herein!" und gleich darauf öffnete der Diener die Thür und rief durch die Spalte:
„Herr Willhöft, soeben war Jean hier, er hatte Sie hierher gehen
land ein hervorragendes Interesse beanspruchen könnte. Das Gebiet zwischen Nyassa habe keinen besonderen Wert, dagegen sei ein größerer Anteil des Nyassasees und ein möglichst ausgedehnter Küstenbesitz des Viktoriasees für Deutschland wertvoll. Die Denkschrift betont die Notwendigkeit einer dauernden Erwerbung des Küstenstrichs der deutsch ostasrikauischsn Gesellschaft. Die Ueberlassung des Protektorats über Sansibar an England sei unschädlich. England verlange formell den Einfluß, welchen es materiell längst besitze und welchen zu beseitigen den deutschen Bemühungen nicht gelungen sei. Auch die ost- afrikanische Gesellschaft habe dem deutschen Besitz eines Küstenstriches den Vorzug gegeben. Die Denkschrift begründet schließlich den Artikel betreffend freie Verkehrswege und Religionsfreiheit und hebt den nationalen sowie den Affektionswert und die militärische Bedeutung Helgolands hervor, dessen Besitz die Verteidigung der Nord- ieeküste, sowie des deutschen Meeres erleichtere, einem Feinde die Blokade erschwere und dem Nordoflseekanal erst seinen vollen Wert verleihe.
* Wilhelmshaven, 28. Juli. Die Torpedobootflottille ist heute nachmittag wohl-, behalten im Hafen eingelaufen. Der Kaiser blieb den Tag über an Bord der Hohcnzollern und erledigte Regieruugsgeschäste.
* Straß bürg, 26. Juli. Die feierliche Enthüllung des Erinuerungssteincs für den Lieutenant Herbert Winslos, den ersten im Kampfe gegen Frankreich 1870 gefallenen deutschen Soldaten, hat am letzten Freitag, am Todestage des Gefallenen, auf dem scheuerlen- hof in Anwesenheit von Vertretern der badischen Dragonerregimenter stattgefunden.
Ausliiadisches.
* Budapcst, 28. Juli. Der „Nemzet" dementiert kategorisch die in russischen Blättern verbreitete Nachricht, Oesterreich beabsichtige die Besetzung des Saudschaks Novibazar, bemerkt aber dabei, Oesterreich habe nicht nötig, Rußlands Einwilligung nachzusuchen, falls die Okkupation notwendig würde.
* Pest. Ein eigentümlicher Scheiduugs- gruud macht hier viel von sich reden; ein Kaufmann hat seine Eh: lösen lasse», weil ihn seine Gattin systematisch bewuchert hat. Die Frau hatte ihm wiederholt verschiedene Beträge, die sie angeblich selbst als Darlehen ausgenommen, zu hohen Wucherziuseu vorgestreckt. Der Gerichtshof erkannte an, daß ein Mann durch ein derartiges Gebühren seiner Gattin wohl dazu gelangen könne, ein Gefühl unüberwindlicher Abneigung gegen dieselbe zu fassen, und entschied zu seinen gunsteu. Die Dame appellierte gegen die gerichtliche Entscheidung, welche jedoch von der königl. Kurie bestätigt wurde.
"Basel. Die Schweiz ist der Zufluchtsort von vielen exzentrischen Köpfen. Besonders ist sie das Versuchsfeld für Baptisten, Methodisten, Chiliasten u. s. w. Sehr oft müssen die Behörden den allzulauten Aeußerungen der Ucber-
sehen, er läßt Sie bitten, sogleich nach Hause zu kommen, es sei ein Unglück dorr geschehen."
„Ein Unglück?" rief Heinrich bestürzt. „Welch' ein Unglück? Hat er es nicht gesagt?"
„Ich fragte ihn auch danach, verstand aber nicht, was er mir antwortete, er stürzte eiligst wieder fort und ich hörte nur noch, daß er sagte, er müsse einen Arzt holen!"
Jakob schloß die Thür wieder, doch nicht ohne vorher einen erstaunten Blick auf die beiden sich umschlungen Haltenden zu werfen.
„Sollte meinem Onkel etwas zugestoßen sein?" sagte Heinrich besorgt. „Du entschuldigst wohl, Jsabella, wenn ich sogleich —"
„Ich gehe mit!" erwiderte sie. „Dein Onkel ist jetzt der meine, ich gehöre zu deiner Familie und will deren Freuden mitgenießen, aber auch an deren Leiden teilnehmen."
„So soll unsere Verlobung kein Geheimnis mehr bleiben?"
„O, beschäme mich nicht mit dieser Frage! Als ich es früher wünschte, geschah es aus ganz besonderen Gründen, die ich jetzt einzugestehen erröten müßte!"
Sic eilte ins Nebenzimmer, holte einen Shawl, schlug ihn um die Schultern und sagte: „Ich bin bereit."
„Auch ich schließe mich euch an", sagte der Graf.
Gleich darauf verließen sie die Villa.
XIII.
Nicht lange, nachdem der Kommerzienrat den Brief auf Heinrichs Schreibtisch gelegt und darauf in den Park gegangen war, trat Martin in Katharinas Zimmer.
„Was giebt's?" fragte das junge Mädchen, welches in völliger Dunkelheit auf einem Schaukelstuhle saß und sich leise wiegte.