schachten eines alten Turmvcrliescs, 1,4 munter Straßcnhöhe, fand man 60 steinerne Kanonen­kugeln mit 10 vm Durchmesser und 2,1 lro Gewicht, ferner aus Erde gebrannte Gewehr­kugeln, dolchartige Hirschgeweihzinken u. s. w.

1 m unter Grundwasser fand sich ein kupferner Kessel mit einer Menge Gold-, Silber- und Kupfermünzen römischen und deutschen Gepräges vor.

* In Herbrechtingen ist in jüngster Zeit eine großartige Dampfziegelei erbaut wor­den mit zwei Oefen egyptischer Art. Sand zu feuerfester Ware und Lehm in vorzüglichster Qualität ist in nächster Nähe reichlich vorhanden.

* Biberach , 3. Juni. Ein hiesiger junger Mctzgermeifter bedient sich zu seinen Geschäfts- und anderen Ausflügen des Velozipedes. Gestern vormittag 10Vs Uhr, als der Bahnzug nach Friedrichshafen fällig war, kam derselbe au den geschlossenen Bahnkörper. Schnell wandte er > sein Vehikel die schiefe Ebene hinab »ach dem in der Nähe befindlichen Durchlässe, schlug aber infolge der raschen Fahrt so fürchterlich an den Eisenkörper der Brücke, daß er von der Stirn aufwärts beinahe skalpiert wurde. Der herbei- gcrusene Arzt mußte die losgerissene Kopfhaut wieder zurückziehen und zusammcnnähen. Der Verunglückte hat große Schmerzen zu leiden.

* Ulm, 5. Juni. Vor der hiesigen Straf­kammer gieng gestern abenv ekne zweitägige Ver­handlung gegen den praktischen Arzt Dr. Mayer aus Laichingen zu Ende. Derselbe ist des jahre­lang fortgesetzten Betrugs an den Orts- und Bezirkskraukenkassen seines Bezirks beschuldigt, indem er 23mal mehr Besuche bei Kranken- kassen-Mitgliedern berechnete und sich ausbezahlen ließ, als er thatsächlich gemacht hatte. 44 Zeugen wurden vernommen, deren Aussagen schwer belastend waren. Der Staatsanwalt beantragte 6 Wochen Gefängnis, 100 M. Geld­strafe und Tragung der Kosten. Das Urteil wird nächsten Mittwoch verkündigt.

* Eriskirch am Bodcnsec, 3. Juni. Eine junge 22jährige Frau von hier, die einzige Tochter ihrer Eltern, der Landwirtsehelcnte L., die sich im Herbst v. I. an einen Restaurateur nach Sigelsdorf bei Fürth verheiratet hatte, ist ferne von ihrem Heimatdorfc in schrecklicher Weise ums Leben gekommen. Dieselbe wollte dieser Tage Kaffee kochen; beim Nachfüllcn des Apparates, dessen Flamme die Frau verlöscht vermeinte, aus einem 2 V? Liter Spiritus enthal­tenden Gefäß explodierte dessen Inhalt und ergoß sich brennend auf die Unglückliche. Der Ehemann war von Hause fort, die anwesenden Gäste flüchteten zum Teil zu den Fenstern hinaus vor der in die Gaststube eilenden, Hilfe suchen­den brennenden Gestalt, und bis endlich Hilfe kam, hatte die junge Frau fürchterliche Brand­wunden erhalten. Im Spital zu Fürth hauchte sie bei vollem Bewußtsein ihr Leben ans.

* (Br and statt stik.) Im Monat März l. I. sind 50 Brandfälle zur Anzeige gekom­men. Es brannten ab: Hauptgebäude 27,

Nebengebäude 20; mehr oder weniger beschä­digt wurden: Hauptgebäude 37, Nebengebäude 22. Die Zahl der beschädigten Personen und Körperschaften beträgt 117. Die Gebäude­brandversicherungsanstalt hat au Entschädigungen im Ganzen die Summe von 180,633 Mark zu bezahlen. Der Mobiliarschaden beläuft sich auf 115,487 Mk.

* (Verschiedenes^) In Eßlingen wurde einBau- und Sparverein" gegründet, der billige Arbeiterwohnungcn bauen will. 90 Mitglieder sind bis jetzt beigetreten. In Neuen stadt feierte der Bürger Johann Grämlich mit seiner Frau das Fest der goldenen Hochzeit. In Backnang wurde der vier Jahre alte Knabe des Steuerwachtmeisters von einem Fuhrwerk überfahren, wobei er außer bedeutenden Hautschürfungen einen Bruch des linken Schenkels erlitt. - In Saulgau wurde ein Straßenarbeiter von einer einstürzeuden Erdmasse erdrückt und war augenblicklich tot.

* In sehr vielen Orten des südlichen Schwarzwalds herrscht zur Zeit wieder die Influenza. Allgemein tritt sie aber weit heftiger auf als das erste Mal, und vielfach ist sie jetzt Ursache schwerer entzündlicher Krank­heiten, die nicht selten mit dem Tode endigen. Ueberhaupt ist man mit dem allgemeinen Ge­sundheitszustand nicht zufrieden, da fast alle Patienten, die beim ersten Auftreten der In­fluenza erkrankten, sich immer noch nicht ganz wohl fühlen.

* Berlin, 3. Juni. Fürstbischof Kopp gab die Erklärung ab, die Sperrgelder-Vorlage sei annehmbar, wenn eine gewisse Aenderung in einem mehr nebensächlichen Punkte eintrete.

* Berlin, 3. Juni. Die Arbeiterschutz- kommission des Reichstags hat einen wichtigen Beschluß gefaßt. Sie hat das Grundprinzip der Bestimmungen über die Sonntagsruhe ver­worfen. Die Vorlage bestimmt, daß die Arbeit­nehmer zu Arbeiten an Sonn- und Festtagen nur insoweit verpflichtet werden können als die Novelle entsprechende Anordnungen trifft, d. h. nur für Betriebe und Arbeiten, für die die Vor­lage Ausnahmen von der Sonntagsruhe zuläßt. Diese Forderung der Regierung nun ist abge- lehut worden, allerdings mit Stimmengleichheit, so daß der Beschluß in der zweiten Lesung noch rückgängig gemacht werden kann; das Plenum des Reichstags ist ja ohnehin nicht an die Vor­schläge der Kommission gebunden. Die heutige Abstimmung behält aber unter allen Umständen ihren hohen Wert. Sie zeigt, wie schwer es einer Reihe von Parteien wird, von der über­lieferten wirtschaftspolitischen Betrachtungsweise loszukommen. Es ist ein Schritt in unbekanntes Neuland hinein, der mit der reichsgesetzlichen Erzwingung der Sonntagsruhe gethan werden soll, und vor diesem Schritt bangt doch so manchem. Der Beschluß der Kommission ist um so bemerkenswerter, als die Vorlage sehr .umfassende Ausnahmen von der Sonntagsruhe

verfügt und überdies noch weitere Ausnahmen durch Anordnungen im Verwaltungswege Vor­sicht. Ein übertriebenes Maß vonAusnahmen" hat die Sonntagsruhe bekanntlich in Oesterreich so gut wie illusorisch gemacht.

* Berlin, 4. Juni. Die Arbeiterschutz- kommission beschloß: Die den Arbeitern zu ge­währende Ruhe beträgt für jeden Sonntag oder Festtag Mindestens 30, für Weihnachten, Ostern und Pfingsten 60, in sonstigen Fällen für zwei aufeinanderfolgende Sonn- und Festtage 48 Stunden. Die Ruhezeit hat am vorhergehenden Werktage frühestens um 6, spätestens um 12 Uhr abends zu beginnen.

* Berlin, 4. Juni. Der Kronprinz von Italien wird bestimmt am 8. Juni hier eiu- treffen.

' Berlin, 5. Juni. Die Gehälter der Reichsbeamten sollen bis zur Gehaltsstufe von 6000 Mk. aufgebessert werden; es sollen Stellen­zulagen vorgeschlagen werden. Die Arbeiter­schutzkommission beschloß, daß im Handclsgewerbe GehiUeu, Lehrlinge und Arbeiter au Sonntagen und Festtagen nicht länger als 5» Stunden be­schäftigt werden sollen. Am ersten Feiertage zu Weihnachten, Ostern, Pfingsten dürfen die­selben überhaupt nicht beschäftigt werden. Für die letzten 4 Wochen vor Weihnachten, sowie für einzelne Sonntage und Feiertage kann, wenn die örtlichen Verhältnisse einen erweiterten Ge­schäftsverkehr erforderlich machen, die Polizei­behörde eine Vermehrung der Arbeitsstunden, jedoch nicht über 10 Stunden hinaus zulassen. In der Reichstagskommission für Gewerbegerichte wurde die Befreiung aller Staatsbetriebe von der Zuständigkeit der Gewerbegerichte bis auf die Betriebswerkstätten der Militär- und Marine­verwaltung gestrichen. Die Arbeiter der Staats- bahnverwaltungeri, der Reichs- und Staats­druckereien und der Münzverwaltungen fallen dann also unter die Zuständigkeit der Gewerbe­gerichte.

* DerReichs-Anzeiger" schreibt: Es gehen bei dem Auswärtigen Amt andauernd zahlreiche Gesuche um Verwendung im kolonialen Dienst des Reichs ein. Dieselben können, wie schon wiederholt bekannt gemacht worden ist, bei dem Mangel au Vakanzen nicht berücksichtigt werden. Auch Anträgen auf Erteilung von Auskunft über die Verhältnisse in den Schutzgebieten, so­wie auf Beihilfe zur Auswanderung oder auf kostenfreie Beförderung nach denselben kann keine Folge gegeben werden.

' In Berlin versuchte ein 16jähriges Mädchen, Namens Emma Schulz, seine eigene Mutter durch Beilhiebe zu betäuben und dann zu berauben. Es war der Tochter nämlich bekannt, daß die Mutter ihre geringen Spar­pfennige, eine Summe von 3040 Mk., der Sicherheit wegen stets bei sich, nämlich in einem Täschchen auf der Brust trug, und auf dieses Geld hatte es die ungeratene Tochter abgesehen. Dieselbe ergriff ein Küchenbeil und - versetzte mit der Rückseite desselben der Mutter

Aie Pflegekinder des Kommerzienrats. ^Lm.1

Novelle von Carl Hartmann-Plön.

(Fortsetzung.)

Jetzt aber zeigte sich ein Hoffnungsstrahl und beruhte derselbe auch nur auf einer Liebe, die sich erst entwickeln sollte, so war doch die Mög­lichkeit vorhanden, daß dies geschehen würde.

Er hatte sich, in seinem Zimmer angelangt, auf denselben Lehn­stuhl niedergelassen, auf dem er vor einigen Stunden so sorgenvoll über traurigen Gedanken gebrütet hatte und rief es dazwischen auch jetzt noch in seinem Innern:Wenn es aber nicht geschieht, was dann?" so war seine Brust doch etwas freier geworden.

Er faltete die Hände und die Augen zum Himmel wendend, betete er:Mein Gott, gieb mir den Frieden Reiner Seele wieder!"

VII.

Es war ein so herrlicher Herbst, ein Nachsommer, so warm und sonnenklar, wie man ihn selten erlebt. Noch am dreiundzwanzigsten Oktober prangten alle Bäume, alle Gesträucher im schönsten Grün und nur wenige verwelkte Blätter erinnerten an die vorgerückte Jahres­zeit. In den Gärten blühten in üppiger Pracht die Remontantenrosen, brüsteten sich stolz die farbenglänzenden Georginen, schauten wieder Primeln, als wenn der Frühling sie gerufen, aus dem Grase zum Himmel aus; sie alle freuten sich ihres schimmernden Blumendaseins, unbekümmert darum, daß sie vielleicht schon morgen durch einen tückischen, tätlichen Nachtfrost bis ins Herz getroffen, trauernd die Köpfe hängen lassen würden.

Die Gemüter derjenigen, die unmittelbar vor einer hochwichtigen Ent­scheidung standen, von derGlückoder Unglück, Tod oderLeben abhing, befanden

sich in ciner ungeheuren, unerträglichen Spannung und die einzige, die 'durch ein einfaches kleines Wort die Entscheidung herbeiführen konnte, zögerte, dieses Wort auszusprechen.

Heinrich Willhöft war seit einiger Zeit fast täglicher Gast in der Waldsee'schen Villa. Der Graf war ein so leidenschaftlicher Triospieler geworden und zwar in noch weit höherem Grade, als zu Lebzeiten seines Freundes Bentheim, daß er schon früh morgens seine Sehnsucht nach dem Abende aussprach und die Noten aussuchte, die gespielt werden sollten und brach die Dämmerung herein, so schickte er den Diener in die Villa nebenan mit einem Gruße von ihm und mit der Frage, ob der Herr Willhöft Lust habe, mit ihm zu musizieren, dann möge er die Güte haben, sich um 8 Uhr einzufinden.

Um die genannte Stunde betrat dann Heinrich das Haus des Grafen. Zunächst wurde ihm eine Tasse Thee gereicht, den Jsabella selbst bereitet und den sie ihm mit eigener Hand präsentierte. Eine halbe Stunde etwa konversierte man, dann spielte man bis zehn oder halb elf Uhr ein Trio nach dem anderen, worauf man ins Nebenzimmer ging, um ein einfaches Abendbrot etnzunehmcn und ein Glas Wein dazu zu trinken. Nach dem Essen blieb man dann noch bis zwölf Uhr beisammen, es wurde aber in den seltensten Fällen noch weiter musiziert, dagegen bewegte man sich meistens auf den verschiedensten Gebieten der Unter­haltung in der angenehmsten und anregendsten Weise.

Jsabella war im allgemeinen wohl noch freundlicher gegen Hein­rich, wie sie es auf Hohenfels gewesen, sie behandelte ihn durchaus wie ihresgleichen, sie zeigte ihm auch ein gewisses Vertrauen in bezug aus sich selbst und andere, aber im übrigen merkte man keine Veränderung an ihr. War ihr Interesse für ihn ein tieferes geworden, so wußte sie es meisterhaft zu verbergen, denn noch hatte kein wärmerer Blick ihn getroffen, noch nicht der geringste Farbenwechscl etwas verraten. Nur