stattersNast aus, daß in erster Linie beabsichtigt sei, die Ortsvorsteher mit den Funktionen, die das Gesetz mit sich bringt, zu betrauen, selbst­verständlich gegen entsprechende Entschädigung. Das ganze Gesetz wurde in der Samstagssitznng zu Ende beraten und unverändert genehmigt und schließlich in der Endabstimmung mit 82, allen abgegebenen Stimmen angenommen, worauf sich das Haus auf Donnerstag vertagte.

Laudesuachrichtell.

* Wie verlautet, wird die Gemeinde Sim­mersfeld demnächst mit Altensteig durch einen Telephon verbunden werden. Es dürfte diese neue Einrichtung von der Gemeinde als eine wahre Wohlthat empfunden werden.

* Freuden st adt, 5. Mai. Heute fand die Einweihung des vom Staate erbauten neuen Schulgebäudes mit feierlichem Umzug vom alten zum neuen Schulhaus statt. Au diese Feier reihte sich ein Festessen an.

* Stuttgart, 2. Mai. Am 30. April wurde vom Schöffengericht Leonberg eine Milch- produzentin von Weil im Dorf, welche durch Wasserzusatz verfälschte Milch hieher geliefert und sich einem hiesigen Polizeibeamten bei der Entnahme der Nachprobe widersetzt hatte, wegen Widerstands gegen die Staatsgewalt zu der Gefängnisstrafe von 16 Tagen und wegen Milchfälschung zu der Geldstrafe von 40 Mk. und Tragung der Kosten verurteilt. In der Zeit vom 1. bis 30. April wurden in den vier Polizeidistrikten bei 837 hiesigen und auswär­tigen Milchhäudlern 1494 Milchproben visitiert und hiebei 5 beanstandet.

* In Stuttgart haben die graphischen Vereinigungen (Guttenberg-Verein, graphischer Klub rc.) beschlossen, anläßlich des 450jährigen Jubiläums der Erfindung der Buchdruckerkunst am 21. Juni d. I. ein großes Fest abzuhalten.

* (Ständisches.) Im Druck erschienen ist der Bericht der Finanzkommission der Kammer der Standesherren über den Entwurf eines Ge­setzes, betreffend die Kommunalbesteuerung des Hausiergewerbes. Berichterstatter Staatsrat Dr. v. Riecke. Die wichtigste Abweichung von den Beschlüssen der zweiten Kammer ist, wie derSt.-Anz." hervorhebt, bei Art. 2 Abs. 1, wo die Kommission Wiederherstellung der Re­gierungsvorlage beantragt. In der Motivierung ist gesagt:Der Hausierer hat wie jeder andere Geschäftstreibende Anspruch auf gleiches Recht in der Besteuerung; der Hausierhandel ist, so­weit er unter den schon einschränkenden Beding­ungen der Gewerbeordnung von 1883 überhaupt noch betrieben werden darf, als ebenso legitim zu behandeln, wie die übrigen Gewerbe. Die Ausdehnungsabgabe ist eine Steuer; Steuern aber sollen Geld einbrtngen, nicht prohibitiv wirken. Der von der K. Regierung vorgeschlagene Satz dieser Abgabe enthält eine genügende Aus-' gleichung für etwaige besondere örtliche Leist­ungen der seßhaften Gewerbe, somit einen ge­nügenden Schutz der letzteren."

* Heilbronn, 5. Mai. Ein eigenartiger Fund wurde in den letzten Tagen beim Abbruch des Schönfärber Schwarz'schen Hauses an der Sülmerstraße indessen oberen Räumen gemacht. In einer mit Mörtel bedeckten Vertiefung zwi­schen Kamin und Holzwerk stieß man auf ein Packet mit einer größeren Anzahl scharfer Pa­tronen und einem Quantum losen Pulvers. Eingewickelt waren diese gefährlichen Dinge in eine Zeitung vom Jahre 1848 und darüber ein alter Frauenhut. Wahrscheinlich hat hier ein alter 1848er zur Zeit des über unsere Stadt verhängten Belagerungszustandes seinen Vorrat an Munition verborgen und später vergessen, denselben wieder an sich zu nehmen.

^ Folgender ergötzliche Meinungsaustausch eines sanften Ehepärchens aus Deißlingen ist in einem dortigen Lokalblatte zu lesen.Er" macht bekannt, daß er für Schulden, die seine Frau ohne sein Wissen mache, nicht mehr auf­komme.Sie" setzt auf diese Liebenswürdig­keiten folgenden zärtlichen Erguß:Auf die veröffentlichte Warnung erwidere ich, daß ich noch niemals Schulden gemacht ohne Wissen meines Mannes; was ich holen mußte, war Bier und Branntwein, um die erhitzte Leber des Musikers K. B. (d. h. des Mannes) etwas zu kühlen, davon giebt seine blühende Nase den besten Beweis. A. B., geb. B." Da hängt sicher der Ehehimmel nicht voller Baßgeigen.

* (Verschiedenes.) In Stuttgart beging der frühere Reichstagsabgeordnete Sig­mund Schott am Samstag die Feier seiner goldenen Hochzeit. In der Sodafabrik in Waldsee wurden dem Sohne des Eigen­tümers die Splitter einer Flasche, welche beim Füllen von Sodawasser zersprang, mit solcher Gewalt an den rechten Arm geschleudert, daß die Pulsadern abgeschlagen wurden. In Stutt­gart fiel von einem Dach in der Militärstraße, auf welchem Maurer beschäftigt waren, eine Dachplatte herunter und einem etwa 9 Jahre alten Knaben auf den Kopf, wodurch derselbe so schwer verletzt wurde, daß an seinem Auf­kommen gezweifelt wird. --- In Saulgau wurde ein Mann von einem Fuhrwerk über­fahren und war sofort tot. Von Nordheim wird berichtet: Die Maikäfer treten Heuer, wie vorauszusehen war, so massenhaft auf, daß Schritte zu ihrer Vernichtung gethan werden müssen. Die hiesige Gemeinde zahlt für das Simri 48 Pf. und läßt dieselben auf geeignete Weise töten. Damit auch die Kinder sich am Sammeln beteiligen können, beginnt die Schule erst morgens um 8 Uhr. Ein reicher Kinder­legen ist einer Familie in Plochingen beschert worden, indem am Sonntag der Storch den 6 seither in der Familie vorhandenen Brüdern noch zwei weitere Brüderchen und ein Schwester­chen gebracht hat. Sämtliche 9 Kinder, auch die neu angekommenen Drillinge, befinden sich wohl und gesund.

* Die Strafkammer Freiburg i. B.

Aie Pflegekinder des Kommerzienrats.

Novelle von Carl Hartmann-Pion.

(Fortsetzung.)

Es ist mir aufgefallen, daß du seit unserer Rückkehr von der Reise einen Ernst zeigst, der mich befremdet. Du bist stiller, wortkarger geworden, du blickst oft gedankenvoll vor dich hin, dein Auge zeigt sich umflort es wäre doch undenkbar, daß eine Gräfin Waldsee an einen bürgerlichen Reserveoffizier, der ein gewöhnlicher Geschäftsmann ist, mit tieferen Gefühlen zurückdächte, als sie es vor ihrem Range verant­worten kann."

Das wäre ganz undenkbar."

Du hast auf Hohenfels dem Leutnant Willhöft eine Berücksichti­gung geschenkt, ihn den. Offizieren von Geburt in so sichtlicher Weise vorgezogen, daß ich aus dem Erstaunen und Erschrecken gar nicht heraus kam,' Ich habe dir damals schon Vorstellungen gemacht."

Und ich kann Ihnen heute nur dasselbe erwidern, Tante: Will­höft führte eine ausgezeichnete Unterhaltung, eine bessere, wie die übrigen dort Anwesenden und Sie wissen, wie sehr mich die übliche fade Salon­konversation anwidert."

In einer Gesellschaft, wo sich sogar Prinzen von Geblüt befunden, hättest du deinem Range mehr Rechnung tragen müssen, als deinem Geschmacke."

Ich weiß ganz genau, was ich meinem Range schuldig bin!" rntgegnete Jsabella in einem entschiedenen Tone.Es setzt mich durchaus nicht herab, wenn ich mich bei einer so außerordentlichen Gelegenheit mit einem jungen Manne gern unterhalte, mag derselbe auch in der Rangordnung einige Stufen unter mir stehen. Derselbe trug den Rock Sr. Majestät des Kaisers, uns war,- so lange er darin verweilte, mit den andern gleichberechtigt."

verurteilte den Bürgermeister der evang. Ge­meinde Neuenweg zu sechs Tagen Gefängnis, weil er wie s. Zt. mitgeteilt am Buß- und Bettag (24. November v. I.) den Pfarrer in der Predigt durch die Rufe:Ruhe!" unter­brochen und dann mit mehreren Bürgern die Kirche verlassen hatte; der Pfarrer hatte in der Predigt den Bürgermeister der heuchlerischen Frömmigkeit beschuldigt.

* München, 5. Mai. Die Verleihung der Rechte der Privatkirchengesellschaft der Alt­katholiken wurde auch auf die Diözösen Bamberg, Augsburg, Pafsau, Speyer und Würzburg aus­gedehnt.

* Berlin, 1. Mai. Die Infanterie des deutschen Heeres wird, lt.Allg. Ztg.", binnen kurzem das früher von ihr geführte lange Seiten­gewehr oder Faschinenmesser wieder zu ihrer Ausrüstung als blanke Waffe zählen. Wenn auch in dieser Hinsicht noch keine Ordre des Kaisers veröffentlicht ist, so geht diese Verände­rung in der Jnsanteriebewaffnung zweifellos aus der ergangenen Anweisung hervor, daß die Truppenteile der Infanterie sofort mit der An­fertigung von Säbeltaschen alten Modells zu beginnen haben.

* Berlin, 2. Mai. Der Kaiser beab­sichtigt, dem Sultan einen kostbaren Säbel zu schenken. Der Säbel hat die Form unseres Jnfanteriesäbels, der Griff zeigt einen silbernen und reich vergoldeten Löwenkopf, auf dem Bügel befindet sich das mit Brillanten besetzte Mono­gramm des Kaisers, am Griff ein gekröntes 'W. Die Klinge ist aus damasziertem, reich­vergoldetem Stahl, die Stahlscheide reich ver­nickelt, das Koppelschloß mit großen Brillanten besetzt und mit dem Monogramm des Sultans geschmückt.

* Berlin, 5. Mai. DieBörsenzeitung" behauptet, statt des Sozialistengesetzes werde dem Reichstag eine Vorlage zugehen, welche für Ausschreitungen, besonders für die durch Zwang zum Streiken hervorgerufenen, eine aus­nahmsweise strenge Ahndung verlangt.

* Berlin, 5. Mai. DerReichsanzeiger" schreibt: Die Militärvorlage, deren jährliche Kosten 18 Millionen Mark nicht übersteigen, bezwecke die notwendige Verstärkung der Feld­artillerie um 70 Batterien und die Ergänzung von Spezialtruppen für die errichteten zwei neuen Corps. Die Präsenzziffer sei zu erhöhen; ferner sei die Etatserhöhung der Infanterie und Cavallerie an der West- und Oftgrenze beab­sichtigt, welche bei Eintritt eines Krieges, ohne die Reserven abzuwarten, an die Grenze vor­zurücken und Einfälle abzuwehren bestimmt sei; endlich bezweckt die Vorlage hiermit korrespon­dierend die Vermehrung von zwei preußischen Korps, die Organisation einer fünften bayerischen Division und die Einführung von Dienstprämien für Unteroffiziere.

* Berlin, 6. Mai. Die Friedenspräsenz­stärke wird 486,983 Mann betragen, die Ein­jährigen nicht eingerechnet. Die einmaligen

Gleichberechtigt? Ein bürgerlicher Offizier gleichberechtigt mit einem adeligen ? Oh nein, mein Kind, diese bürgerlichen Offiziere werden nur als notwendige Nebel geduldet."

Das sind Ansichten."

Es wäre doch zu schrecklich, Jsabella, wenn ein Mann von so untergeordneter Stellung dir ein wärmeres Interesse abgewonnen hätte!"

Ein wärmeres? Nein! Aber ein gewisses Interesse ja! Er besitzt ungewöhnliche Vorzüge und gerade solche Eigenschaften, wie ich sie an Männern schätze. Er ist nicht allein ein sehr hübscher Mann, er hat auch untadelhafte, chevalereske Manieren und vor allen Dingen ist er so gediegen an Charakter, wie an Verstand und Kenntnissen!"

Das sind ja schon Ausbrüche der Schwärmerei!"

Sie irren, Tante, von Schwärmerei ist keine Rede, aber leugnen will ich nicht, daß, wenn er von gleicher Geburt wäre, wie ich, es ihm vielleicht gelingen könnte, meine Neigung zu gewinnen."

Gott im Himmel!" rief die Gräfin Scheck, wobei ihre etwas schnarrende, näselnde Stimme einen scharfen Ton annahm,diese Aeu- ßerung bestürzt mich! Das ist ja schon eine wirkliche Neigung, die du dir nur noch nicht selbst eingestanden hast!"

Unbesorgt, gnädige Tante!" erwiderte Jsabella lächelnd.In dem Vorhofe meines Herzens steht gepanzert und gewappnet die lange Reihe unserer Ahnen, welche jeden Unberechtigten zurückscheucht, der das Wagnis unternehmen sollte, in die Hcrzenskammer eindringen zu wollen. Ich habe gottlob so viel Selbstbeherrschung über mich, daß ich mich niemals von meinen Gefühlen unterjochen lassen und ihnen die Macht gestatten würde, mich nur für einen Augenblick zu beunruhigen."

Der Gedanke wäre auch zu lächerlich! Wenn ich es mir ausmale,